Protocol of the Session on July 4, 2007

Deshalb zwei wichtige Punkte zum Schluss. Erstens. Wir dürfen die Steuermehreinnahmen nicht kopfl os verwenden, sondern müssen ihre nachhaltige Verwendung sorgfältig planen. Für Konzepte und Planungen brauchen wir zum jetzigen Zeitpunkt keinen gesonderten Nachtragshaushalt 2007.

Zweitens. Vordringliche Maßnahmen wie die zum Beispiel von Ihnen angesprochenen Maßnahmen zur Vermeidung des Unterrichtsausfalls und zum Abbau übergroßer Klassen sowie zusätzliche Impulse für staatliche und kommunale Investitionen werden im Rahmen des Haushaltsvollzugs, Herr Staatsminister, in enger Abstimmung mit der CSU-Fraktion zügig bzw. rechtzeitig zu Beginn des neuen Schuljahres umgesetzt. Deshalb: Brauchen wir einen Nachtragshaushalt? Ich sage: Nein, wir brauchen keinen. Das wäre nur ein unnötiger Aufwand für unsere Verwaltung; sie hat genug zu tun.

(Beifall bei der CSU)

Ich gebe nun noch bekannt, dass bezüglich des Dringlichkeitsantrags der SPD-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt worden ist.

Herr Staatsminister Faltlhauser, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Haushalten, solides Haushalten ist eine Marathonaufgabe, ist Langlauf und nicht kurzatmiges Sprinten. Sie kennen wahrscheinlich aus dem Sport das Bild, dass bei einem 10 000-Meter-Lauf jemand wie ein Wilder die erste Runde vorneweg läuft und sich vor dem Feld befi ndet. Dieser wird aber nicht als Sieger ins Ziel kommen. Das ist die Erfahrung. Sie müssen sich alles einteilen.

(Beifall bei der CSU)

Wenn Sie in einem Staat eine solide Haushaltspolitik machen wollen, müssen Sie den langen Atem der Vernunft haben. Ich glaube, der bayerische Staatshaushalt ist von diesem langfristigen, vernünftigen Handeln geprägt.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, wir haben in schwieriger Zeit ab dem Jahr 2001 in diesem Haus oftmals heftig diskutiert. Wir haben, wie alle anderen auch, deutlich weniger Steuereinnahmen gehabt und daraus harte Konsequenzen gezogen. Obwohl wir so geringe Steuereinnahmen hatten, haben wir als erstes und einziges Land in der Bundesrepublik Deutschland erstmalig im Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt. Ich erlaube mir immer, Sachsen nicht mitzurechnen; denn wenn man mehr als 6 Milliarden Euro an Transferleistungen vom Bund und aus dem Länderfi nanzausgleich erhält, kann man nicht unbedingt von einem ausgeglichenen Haushalt sprechen. Die Leistungen in Sachsen sind gut, aber bitte schön nicht mit Bayern vergleichbar.

Diese Haushaltspolitik, die wir wiederum auch im Doppelhaushalt 2007/2008 durchgehalten haben, meine Damen und Herren, ist in Deutschland Benchmark geworden. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es keinen Finanzminister, der, wenn er in seinem Landtag auftritt, nicht auf Bayern verweist und sagt: So, wie die es machen, wollen wir es auch machen. Was heißt dies aber? – Dies heißt natürlich, dass man in der Ausgabenpolitik sorgfältig mit dem Geld, das die Bürger abgeben, den Steuergeldern umgeht. Das bedeutet, Herr Mütze, dass man dann, wenn erfreulicherweise zusätzliche Steuereinnahmen entstehen, das Geld nicht schon gewissermaßen am nächsten Tag ganz schnell aus der Hüfte geschossen ausgibt. Die Entscheidung darüber wird im normalen und seriösen Verfahren dieses Hauses getroffen.

(Beifall bei der CSU)

Dieses Haus hat ein Königsrecht. Dieses Königsrecht ist der Haushalt. Jeder in diesem Haus hat das verdammte Recht, in Seriosität entsprechend seiner Schwerpunktbildungen, in der Bildungspolitik genauso wie in der Sozialpolitik und in der Hochschulpolitik, Vorschläge einzubringen, die im Rahmen der Debatte dann gemeinsam abzuwägen sind.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Mütze?

Nein.

Das nennt man demokratische Haushaltsaufstellung. Falsch ist es, aus der Hüfte zu schießen und das Geld sofort wieder auszugeben.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben ein großartiges Beispiel genannt, wonach Nordrhein-Westfalen Geld in einen Pensionsfonds einfl ießen lässt. Ich kann Ihnen sagen, dass Nordrhein-Westfalen, obwohl es deutlich mehr Steuereinnahmen hat, auch nachdem es den Pensionsfonds entsprechend fi nanziert hat, immer noch 2,34 Milliarden im entsprechenden Jahr an Nettoneuverschuldung eingehen muss. Wollen Sie das als Beispiel für den Freistaat Bayern nehmen? Ich halte nichts davon, einen Pensionsfonds auf Pump anzulegen. Das ist doch unerträglich.

(Beifall bei der CSU)

Das können Sie in den Ländern machen, in denen Sie vielleicht einmal mitregieren, aber nicht in Bayern. Wir sind den bayerischen Bürgern gegenüber für eine seriöse Politik verantwortlich.

Zum Wort Stillstand: Wir sind im ersten Jahr eines Doppelhaushaltes für die Jahre 2007 und 2008 und wir haben in diesem Doppelhaushalt in unser Investitionsprogramm „Investieren in Bayerns Zukunft“ Mittel im Umfang von 770 Millionen zusätzlich eingestellt, davon fast 200 Millionen für den ländlichen Raum, fast 300 Millionen für die Hochschulen, Bildung und Wissenschaft und 50 Millionen für Kinder und Familie – zusätzlich, obendrauf. Das wird jetzt abgearbeitet und das muss jetzt auch abgearbeitet werden. Es darf nicht einfach in einem Dezemberfi eber Geld aus dem Fenster geworfen werden.

(Beifall bei der CSU)

Sie heizen irgendwelche Ausgabephantasien an. Das mag die Politik der GRÜNEN sein, das ist aber nicht die Politik der CSU. Das muss ich in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben nun Gott sei Dank deutliche Steuermehreinnahmen. Wir haben – ich habe es freimütig bekannt, obwohl das den Finanzminister in die Schwierigkeit bringt, von zahlreichen Begehrlichkeiten verfolgt zu werden; nicht von den Ihren, die nehme ich nicht so ernst, aber von Begehrlichkeiten aus verschiedenen Fachbereichen – in den zwei Jahren zusätzliche Steuermehreinnahmen im Umfang von etwa 3,3 Milliarden. Das ist aber nicht einfach so zum Ausgeben. Sie müssen einberechnen, dass wir davon alleine grob gesagt 280 Millionen automatisch an die Kommunen weitergeben müssen, dass wir den Beamten ab 1. Oktober einen Einkommenszuwachs von

3 % bezahlen müssen, die sich für diese Großzügigkeit sehr bedankt haben. Wir haben weiß Gott bei den Beamten immer gespart. Es war nicht immer leicht, aber jetzt, wo wir zusätzlich Geld haben, haben wir gesagt, diesen fl eißigen bayerischen Beamten wollen wir zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Einkommenszuwachs im Umfang von 3 % geben. Das kostet viel Geld.

(Beifall bei der CSU)

Wir hatten in den Doppelhaushalt Privatisierungserlöse in einer Größenordnung von etwa 470 Millionen eingestellt. Diese brauchen wir jetzt nicht, weil Steuergeld fl ießt. Wir können die Privatisierungserlöse gewissermaßen für die Zukunft bunkern. Das ist ein Stück Sicherheit, nicht für dieses Haus, nicht für diesen Finanzminister, sondern für die bayerischen Bürger und für die Politik in der Zukunft.

(Beifall bei der CSU)

Das ist ein Stück des Haushaltsmarathons. Man darf nicht gewissermaßen an die Überschrift des nächsten Tages denken, man darf nicht an die Dankbarkeit des einen oder anderen Verbandes im nächsten Monat denken, sondern man muss daran denken, was im nächsten oder übernächsten Jahr möglich ist.

Wunderbar, Herr Fraktionsvorsitzender Dürr, Sie sind da. Durch das Gebrüll habe ich es jetzt festgestellt. Sie sind sofort sehr lautstark, wie immer. Herzlich willkommen. Kaum ist er da – ich stelle es immer wieder fest –, äußert er sich lautstark, ohne vorher nachzudenken. Das ist typisch.

(Beifall bei der CSU)

Gleichwohl müssen zusätzliche Steuereinnahmen in einem Haushalt berücksichtigt werden. Das werden wir im Zuge des Nachtragshaushalts 2008 machen. Das Verfahren bei der Aufstellung des Nachtragshaushalts – für denjenigen, der das vielleicht nicht verfolgt hat – ist wie folgt: Im März dieses Jahres, im Jahr 2007, hat die Arbeit an dem Nachtragshaushalt bereits begonnen. Es fi nden Gespräche zwischen den Referenten der einzelnen Häuser und Vertretern des Finanzministeriums statt. Das wird bis zum Juli bis auf die Ebene der Ministerialdirektoren hinaufgehen. In der neuen Regierung werden dann die Chefgespräche stattfi nden, um Schwerpunkte zu setzen. In diese Chefgespräche werden die Schwerpunkte des Programmes 2020 einfl ießen. Dieses Programm – das will ich Ihnen nicht vorbeten –, habe ich seit Monaten gemeinsam mit meinen Kollegen vorbereitet, nicht so schnell formuliert, wie Sie das gemacht haben. Seit Monaten bereiten wir das detailliert und unter Überprüfung aller Möglichkeiten und Notwendigkeiten vor. In dieses Programm werden Bildung, Betreuung, Hochschulen, neue Aspekte des ländlichen Raums sowie die CO2-Klimakomponente einfl ießen. Das bedeutet, alle wichtigen aktuellen Themen sind in dem Programm 2020 zusätzlich beinhaltet.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Soziale Fragen?)

Alle Fragen, die sich querfeldein auf den gesamten Haushalt beziehen – Herr Kollege, das darf ich auf Ihren Zwischenruf sagen –, werden selbstverständlich im Nachtragshaushalt behandelt. Sie müssen in einem Sonderprogramm die programmatischen Schwerpunkte bedienen und nicht alles auf der grünen Wiese des Gesamthaushaltes abarbeiten.

Wir führen unsere langfristig angelegte Haushaltspolitik, die in der Bundesrepublik Deutschland beispielhaft ist, weiter fort. Ich bedanke mich bei der CSU-Fraktion, dass sie die harten Jahre gemeinsam mit mir als Finanzminister durchgestanden hat. Ich bedanke mich für die konstruktive Debatte hinsichtlich des neuen Programms 2020. Eines machen wir mit Sicherheit nicht: eine Politik des schnellen Geldes, wie sie die GRÜNEN wollen und wie sie in dem Antrag gefordert wird. Das ist das Gegenteil von konstanter und dauerhafter Haushaltspolitik. Das ist das Gegenteil dessen, was Bayern in der Bundesrepublik Deutschland mit seiner Haushaltspolitik berühmt gemacht hat.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Zu einer Zwischenbemerkung erteile ich Herrn Kollegen Mütze das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Minister, Sie haben mir Unseriosität vorgeworfen. Sie haben gesagt, unser Vorschlag wäre unseriös. Ich fi nde es sehr interessant, dass Sie gerade uns das vorwerfen, obwohl Ihre Kollegen der CDU sowohl in Niedersachsen als auch in Nordrhein-Westfalen nach dem Bekanntwerden der erhöhten Steuereinnahmen im Mai einen Nachtragshaushalt aufgelegt haben, der im letzten Monat eingebracht wurde. Ich fi nde es sehr interessant, wenn Sie Ihre beiden Kollegen als unseriös bezeichnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Noch etwas zur Tonalität des Hauses: Herr Minister, derjenige, der zuerst laut geworden ist, waren Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister, bitte schön.

Herr Kollege Mütze, gar nicht laut, sondern ganz ruhig teile ich Ihnen mit, wie das in anderen Ländern, auch wenn sie CDU-regiert sind, üblich ist: In diesen Ländern wird praktisch jedes Jahr ein Nachtragshaushalt gemacht. Wir haben ein völlig anderes Verfahren; wir haben einen Doppelhaushalt und machen für das zweite Jahr einen Nachtragshaushalt. Das ist unsere Übung seit vielen Jahren. Das hat sich ausgezahlt. Dies bringt Ruhe in die Haushaltspolitik und ist seriös. Die anderen Länder haben generell Nachtragshaushalte und müssen die Nachtragshaushalte, wenn sie, wie in diesem Fall, höhere Steuereinnahmen haben, nicht zuletzt deshalb aufstellen, um ihre deutliche Verschuldung abzubauen. Wir haben

keine Schulden, also haben wir diese Notmaßnahme nicht haushaltsmäßig zu dokumentieren.

Ich würde Sie dringend bitten, Ihrerseits die ständigen Vergleiche auch mit CDU-regierten Ländern zu vermeiden. Ich bin überhaupt nicht zurückhaltend, diesen Vergleich fortzusetzen. Im Ergebnis wird dann, wenn wir von diesem Pult aus dieses Spiel weiter betreiben, der Strahlenglanz des bayerischen Haushalts umso heller leuchten. Das kann ich Ihnen jetzt schon sagen.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.

Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 15/8547 in offener Form abstimmen. Wer dem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das sind die beiden anderen Fraktionen. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Dupper, Pfaffmann und anderer und Fraktion der SPD, betreffend Nachtragshaushalt 2007, Drucksache 15/8554. Dazu wurde namentliche Abstimmung beantragt. Dafür stehen vier Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 16.00 Uhr bis 16.04 Uhr)