Protocol of the Session on July 4, 2007

Darüber hinaus wollen Sie jetzt noch ein Klagerecht. Herr Kollege Traublinger und andere haben Ihnen das erzählt. Sie wissen gar nicht, welche katastrophalen Fehler Sie machen. Was wird denn suggeriert? – Es wird suggeriert, dass die kommunale Wirtschaft – in München haben Sie in den Stadtwerken Ihr Feindbild – die private Wirtschaft behindert. Die Clearingstelle – das wurde von Herrn LMR Schulz eindrucksvoll vorgetragen –, kennt seit dem Jahr 2001 zehn Beschwerdefälle. Alles andere, lieber Herr Schmid, ist Aufgabe der Rechtsaufsicht. Ich glaube, Ihr habt es im Kreuz, das zu regeln. Sagt das aber dann endlich auch euren Mittelständlern, die in die falsche Richtung laufen.

Herr Traublinger, das Einzige, was Sie mit einem Klagerecht erreichen würden

(Heinrich Traublinger (CSU): Kein Mensch fordert ein Klagerecht!)

doch, das wurde gefordert –, wäre ein Einklagen der auswärtigen Konkurrenz. Der bayerische Mittelstand wäre der letzte, der davon etwas hätte; er wäre der große Verlierer.

Ich fordere Sie auf – dann käme man auch sehr schnell zu einem guten Ende –: Interpretieren Sie kommunale Wirtschaft endlich richtig. Kommunale Wirtschaft ist regionaler Mittelstand, ist Partner des örtlichen Handwerks, ist Auftraggeber der örtlichen Betriebe.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sowohl der örtliche Mittelstand als auch das örtliche Stadtwerk gehen nicht, um die oberpfälzisch-niederbayerische Sprache des Ministeriums zu bemühen, going global, sondern sie bleiben vor Ort. Kommunale Wirtschaft und lokaler Mittelstand bedeuten Wertschöpfung und Arbeitsplätze vor Ort. Das ist die Wahrheit, nichts anderes. Wenn Sie in der Lage wären, ein bisschen über Ihren Schatten zu springen und einmal modern zu denken, hätten Sie das Kampffeld des Artikels 7 geräumt. Dann könnten wir über alles andere sehr schnell reden; denn Sie haben heute doch gemerkt, Herr Kollege Pschierer: Wir haben eine relativ hohe Übereinstimmung. Entfernen Sie Ihre eigene Denkblockade. Dann verabschieden wir sehr schnell ein Mittelstandsförderungsgesetz, das die eigentlichen Probleme des Mittelstandes in Bayern löst. Wenn Sie so mittelstandsfreundlich sind, wie Sie heute behauptet haben, dann ist das die Vorgehensweise. Das können wir sehr schnell realisieren. Das wäre der richtige Weg.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner: Für die Staatsregierung Herr Staatssekretär Spitzner.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Runge, wer behauptet, in der bayerischen Mittelstandspolitik würde Stillstand herrschen,

(Franz Maget (SPD): Nicht nur dort!)

wie Sie vermuten, der blendet nicht nur die Wirklichkeit aus, sondern träumt auch von Gespenstern. Das muss ich klar und deutlich sagen. Wenn dies so wäre, wie Sie behaupten, dann hätte die Prognos AG vor drei Wochen nicht festgestellt, dass Bayern in Bezug auf Innovation, Wachstum, Beschäftigung und Umsatz zusammen mit Baden-Württemberg nicht nur nach wie vor, sondern mehr denn je das stärkste Land in der Bundesrepublik Deutschland ist.

(Beifall bei der CSU)

Wenn dies so wäre, wie Sie behaupten, Herr Kollege Beyer, dann hätten wir nicht gegenüber dem letzten Jahr 128 000 zusätzliche sozialversicherungspfl ichtige Arbeitsplätze in Bayern geschaffen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU – Dr. Thomas Beyer (SPD): Das ist der Aufschwung, Herr Spitzner!)

Fest steht auch, dass diese 128 000 Arbeitsplätze zu über 90 % in den kleinen und mittleren Unternehmen geschaffen worden sind.

Wenn dies so wäre, wie Sie behaupten, hätten wir in Bayern nicht zum elften Mal in Folge einen Exportrekord erzielt.

Natürlich kann man übertreiben. Für uns in Bayern ist der Mittelstand nach wie vor das Rückgrat unserer Politik. Kollege Pschierer hat es richtig dargestellt: 75 % der Arbeitsplätze und 84 % der Ausbildungsplätze werden von unserem Mittelstand bereitgestellt.

Lassen Sie mich noch ein paar ganz entscheidende Punkte sagen. Herr Kollege Runge, ich glaube, wir sind uns einig; darüber haben wir diskutiert: Uns brechen im Zuge der Globalisierung und Internationalisierung viel zu viele Arbeitsplätze weg. Wer soll Arbeitsplätze schaffen? Hierzu gibt es interessante Untersuchungen, etwa die äußerst informative OECD-Studie, die klar und deutlich sagen, dass weit über 80 % der Arbeitsplätze, die wegbrechen, nicht von Großunternehmen, sondern von kleinen und mittleren Unternehmen und von Existenzgründern wieder geschaffen werden müssen. Herr Kollege Beyer, deshalb ist für uns das Thema Existenzgründer auch so wichtig.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Das bestreite ich nicht; da sind wir der gleichen Meinung. Aber auch hier können wir uns sehen lassen. Tat

sache ist, dass wir den besten und größten Existenzgründersaldo haben, dass nirgendwo in Deutschland qualitativ und quantitativ in so hohem Maße Existenzgründungen erfolgen wie bei uns in Bayern. Auch dies soll man klar und deutlich sagen. Natürlich gibt es da und dort noch Defi zite; das bestreite ich gar nicht. Minister Huber wird dieses Thema in der nächsten Woche mit einem eigenen Existenzgründerpakt intensivieren. Wir wollen dieses Thema zusammen mit der Wirtschaft pushen.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Noch ein Pakt!)

Meine Damen und Herren, der Existenzgründerpakt wird vor allen Dingen von sozialdemokratischen Bürgermeistern in unserem Land sehr nachhaltig begrüßt.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Wenn die was tun, ist es gut! Ihr tut nichts!)

Diese wissen genau, Herr Kollege Beyer, dass wir bei diesem Thema eine verstärkte Zusammenarbeit brauchen.

Lassen Sie mich nochmals in aller Deutlichkeit sagen, meine Damen und Herren, dass das Thema Unternehmensnachfolge eine große Herausforderung darstellt. Ich glaube, wir sind in Zusammenarbeit mit unseren Kammern, mit den Innungen und dergleichen erfolgreich.

Kollege Pschierer hat das Thema Erbschaftsteuer angesprochen. Die Substanzerhaltung im Mittelstand ist ein äußerst wichtiges Thema. Jetzt wird gesagt: Das wird ausgeblendet; warten wir ab. Frau Kollegin Kronawitter, für mich wäre wichtig, die Ergebnisse der Diskussion, die derzeit in Berlin zum Thema Mittelstand stattfi ndet, möglichst in das Mittelstandsgesetz einzubauen. Das würde uns sehr, sehr weit bringen.

Sie wollen eine Zwischenfrage stellen – das dürfen Sie gerne.

Herr Staatssekretär, ich möchte tatsächlich gern eine Zwischenfrage stellen. Die Struktur des Gesetzentwurfes wirft viele Fragen auf. Auch das Thema Nachfolge ist enthalten. Von der Struktur her sehe ich aber nicht, in welcher Form nun plötzlich eine steuerliche Spezialität untergebracht werden soll. Deshalb frage ich Sie: Wo wollen Sie die Erbschaftsteuerproblematik unterbringen? Was diese Thematik anbelangt – da werden Sie mir nicht widersprechen –, sind wir doch eigentlich beieinander. Das Stundungsmodell wird nicht nur von Ihnen vertreten, sondern auch von uns akzeptiert.

Nach diesem Kurzreferat, das mir genau eine Minute meiner Redezeit gestohlen hat,

(Zurufe von der SPD)

möchte ich, meine Damen und Herren, klar und deutlich antworten. Ich sage klar und deutlich, dass das Thema der Erbschaftsteuerregelung für unsere gesamte mittel

standspolitische Diskussion der nächsten Jahre sehr, sehr wichtig ist.

Ich möchte das Thema Mittelstand ansprechen. Ein ganz großes Thema, das wir oft genug in den Ausschüssen diskutiert haben, ist das Thema der Mittelstandsfi nanzierung. Wir können uns in Bayern mit unserem Mittelstandskreditprogramm sehr wohl sehen lassen. Nochmals die Zahlen: In den letzten Jahren wurden Darlehen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro ausgereicht. Damit wurde eine Investitionssumme von 3,7 Milliarden bewegt. Dadurch konnten knapp 20 000 Arbeitsplätze neu geschaffen und rund 80 000 Arbeitsplätze gesichert werden. Das ist eine erfolgreiche Mittelstandspolitik. Darauf sind wir auch stolz.

Ein weiteres Thema: Erschließung neuer Märkte. Wir wollen ganz bewusst unseren Mittelstand verstärkt auf die Auslandsmärkte bringen. Ich glaube, auch auf diesem Feld sind wir erfolgreich. Allein in den letzten zehn Jahren ist die Exportquote unseres Mittelstandes von 19 % auf jetzt 28 % gestiegen. Auch das ist eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik, die früher Minister Wiesheu betrieben hat und jetzt Minister Huber betreibt.

Lassen Sie mich jetzt ein weiteres Thema ansprechen: Wir haben vor Kurzem über die Cluster-Offensive diskutiert. Wir wollen – auch darin sind wir uns einig – damit ganz bewusst den Mittelstand viel stärker in den Technologietransfer einbinden. Auf diesem Feld ist noch erhebliches Potenzial vorhanden. Ich glaube, auch dabei haben wir den richtigen Ansatzpunkt gewählt. Wir haben Anfragen aus anderen Bundesländern – auch aus solchen, die politisch anders regiert sind, sofern es das in Deutschland noch gibt –, die dieses bayerische Modell kopieren wollen.

Ein Letztes: Frau Kollegin Kronawitter, Sie haben eben von der Staatsregierung gesprochen und dabei haben Sie etwas mit dem Radetzky-Marsch verwechselt; ich muss das einmal klar und deutlich sagen. Wir von der Staatsregierung haben den Gesetzentwurf im Vorjahr, im Juli 2006, abgestimmt in dieses Hohe Haus eingebracht. Er war abgestimmt – Sie haben von einem Kampf zwischen den beiden Ministern gesprochen. Natürlich hat es Meinungsverschiedenheiten gegeben und nun liegt der Entwurf im Parlament. Ich maße mir nicht an – Herr Kollege Pschierer, dabei gebe ich Ihnen recht –, als Mitglied der Staatsregierung meine eigene Fraktion oder andere Fraktionen zu rüffeln, weil sie etwas zu lange beraten.

(Beifall bei der CSU)

Lesen Sie, Herr Kollege Beyer, die Studie der FriedrichEbert-Stiftung, die vor einigen Wochen erschienen ist. Nach dieser Studie sind über 80 % der Bevölkerung der Meinung, dass in Deutschland Gesetze viel zu schnell, zu hastig und zu schlampig gemacht werden. Das ist ein wichtiges Thema. Jetzt beraten wir über einen Gesetzentwurf, bei dem es naturgemäß Meinungsverschiedenheiten gibt und über den mit unterschiedlichen Positionen diskutiert wird. Seien Sie doch einmal ehrlich: Wenn ich mit Personen, Wirtschaftlern, die in Ihrer Arbeitsgemeinschaft für Wirtschaft bzw. Mittelstand vertreten sind,

diskutiere, dann gibt es dort, Herr Kollege Beyer, sehr wohl unterschiedliche Meinungen, auch gegenüber den SPD-Kommunalpolitikern, hinsichtlich der Auffassung, was Schwerpunkt einer mittelstandspolitischen Arbeit ist. Darin sind wir uns einig. Sie haben leider Gottes viel zu wenig Mittelständler in Ihrer Partei und deswegen haben Sie dieses Problem nicht.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das stimmt überhaupt nicht!)

Viel zu wenig. Das sind so wenige, dass sie leicht unter Artenschutz gestellt werden könnten.

Lassen Sie sich also sagen: Es ist selbstverständlich, dass in einer Regierungsfraktion Meinungsverschiedenheiten bestehen. Ich kann insofern sagen, dass wir warten, bis dieser Gesetzentwurf beraten wird. Ich bin zuversichtlich, dass das Parlament demnächst diesen Gesetzentwurf eingehend beraten und anschließend mit einem sehr guten Ergebnis im Sinne der Staatsregierung verabschieden wird.

(Beifall bei der CSU)

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Ich darf noch einmal darauf hinweisen: Nach den probeweisen geltenden Redezeitregelungen beträgt die Redezeit zu diesem Tagesordnungspunkt nur 30 Minuten je Fraktion. Es ist Sache jeder einzelnen Fraktion, diese Redezeit entsprechend einzuteilen.

Zunächst rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Joachim Herrmann, Renate Dodell, Franz Josef Pschierer u. a. u. Frakt. (CSU) Kapitalbeteiligung der Beschäftigten stärken (Drs. 15/8545)