Protocol of the Session on June 21, 2007

Ich zitiere Herrn Staatsminister Sinner sinngemäß: Er hat gesagt, wir hätten Geld genug, um in der Zukunft alles zu tun. Bayern habe viele technologische Projekte angeschoben. Das hat er heute Früh erzählt. Warum sollten wir außer technokratischen Projekten nicht auch eine Reihe von sozialen Projekten mit geringen Auswirkungen auf die Staatskasse fördern?

Noch einmal: Uns geht es darum, die Menschen, die in dieser Gesellschaft mit vielfältigen Mitteln etwas leisten – ich nenne nur die Kindererziehung und die Pfl ege – zu unterstützen. Hier wäre es ganz einfach, Familien zu unterstützen. Hier trauen wir uns nicht. Meine Bitte: Stimmen Sie dem Antrag der GRÜNEN zu. Wir werden es tun.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Staatssekretär Meyer.

Sehr verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ist nichts anderes als der untaugliche Versuch, mit populistischen Themen auf sich aufmerksam zu machen. Herr Kollege Wörner, auch Ihr Beitrag passt in diese Kategorie.

(Ludwig Wörner (SPD): Bitte Argumente!)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Jeder Beamte, der Kinder erzieht oder pfl egebedürftige Angehörige betreut, hat einen Rechtsanspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit. Ich darf insoweit auf die Regelungen des Artikels 80 b des Bayerischen Beamtengesetzes verweisen. Wir haben damit schon vor vielen Jahren ein Instrumentarium geschaffen, um das viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Privatwirtschaft die Beamten beneiden. Unsere Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeiten sind in jeder Hinsicht vorbildlich und lassen individuelle Lösungen bei der Kinderbetreuung zu. Ich bin sehr häufi g vor Ort bei den Finanzämtern und den Vermessungsämtern. Dabei habe ich festgestellt, dass dort viele Bedienstete in Teilzeit beschäftigt sind. Hier ist das Land Bayern mit den Entscheidungen der Staatsregierung ein Vorbild.

Wir bieten unseren Beschäftigten Rahmenbedingungen für die Kinderbetreuung, die in der Privatwirtschaft alles andere als selbstverständlich sind. Eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich ist allerdings realitätsfremd. Herr Kollege Dr. Huber hat dies bereits im Detail dargestellt. Der Anteil der Personalausgaben – darauf möchte ich hinweisen – liegt derzeit in Bayern bei etwa 43 %. Das sind rund 14,5 Milliarden Euro. Beinahe jeder zweite Euro im bayerischen Staatshaushalt entfällt auf Personalkosten.

Ich darf festhalten, dass der von uns eingeschlagene Konsolidierungskurs auch unter Einbeziehung der Personalausgaben eine richtige Weichenstellung war, die sich auszahlt. Bayern ist übrigens nicht das einzige

Land mit einer Arbeitszeit für die Beamten von mehr als 40 Stunden in der Woche. Auch Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Thüringen sowie der Bund haben Wochenarbeitszeiten für Beamte von mehr als 40 Stunden eingeführt. Andere Länder planen ebenfalls entsprechende Schritte.

Wir stehen in der Verantwortung für die Zukunft unseres Landes. Die Bewältigung der schwierigen Lage erforderte auch umfassende Weichenstellungen. Ein Zickzack-Kurs, wie ihn die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN fordert, hilft uns dabei nicht weiter. Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit des Landtags diesen vorliegenden Antrag ablehnt.

(Beifall bei der CSU)

Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes empfi ehlt die Ablehnung. Wer dagegen dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Niemand. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Antrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Erschwernisausgleich für Almen/Alpen ohne Zufahrt (Drs. 15/7690)

Bevor ich die Aussprache eröffne, weise ich darauf hin, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN namentliche Abstimmung beantragt hat. Es wurde eine Redezeit je Fraktion von fünf Minuten vereinbart. Ich eröffne die Aussprache. Erste Wortmeldung: Herr Kollege Sprinkart.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Antrag fordern wir einen Erschwernisausgleich für all diejenigen Almen und Alpen in Bayern, die keine Zufahrt haben. Damit stimmen wir mit einer Forderung des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern überein – das will ich ausdrücklich betonen –, der allerdings diesen Erschwernisausgleich über die Ausgleichszulage fordert, was praktisch nicht möglich ist. Das wurde im Ausschuss bestätigt. Die Förderung liegt mit 200 Euro pro Hektar bereits an der Obergrenze. Das können wir nicht mehr toppen. Wir fordern, diesen Erschwernisausgleich über die Behirtungsprämie vorzunehmen und schließen uns damit der Praxis in Österreich an.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu den Fakten: In Oberbayern gibt es etwa 60 Almen, die nicht mit einem Weg erschlossen sind, im Allgäu sind es circa 20 Alpen. Interessanterweise hat der Vertreter der Staatsregierung im Ausschuss von 120 Alpen im Allgäu gesprochen, die nicht erschlossen wären. Offenbar hat

man ihm die Zahl der Alpen aufgeschrieben, die nicht mit einer Teerstraße erschlossen sind. Das könnte passen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Erschließung der Alpen mit Wegen geben wir jährlich zwischen 1,3 und 1,6 Millionen Euro aus. Dabei sind auch Teerstraßen eingeschlossen, die schon einmal geteert wurden und jetzt erneuert werden, wie zum Beispiel auf der Alpe Schlappold. Für die nicht erschlossenen Alpen geben wir für die Hubschrauberbringung und den Tragetiertransport jährlich lausige 7800 Euro aus.

Viele der Alpen – das muss man dazusagen – werden in absehbarer Zeit sicher nicht erschlossen werden, weil sie rein technisch nicht erschließbar sind. Das gilt sowohl für Oberbayern als auch für das Allgäu. Ich nenne zwei Beispiele aus dem Allgäu, nämlich die Willers-Alpe und die Alpe Sipplinger.

Ein Wort zum Ablauf: Ich habe den Antrag, der im Umweltausschuss angekündigt war, als Änderungsantrag mündlich im Landwirtschaftsausschuss vorgetragen. Im „Landwirtschaftlichen Wochenblatt“ vom 9. März ist nachzulesen:

Der Antrag brachte die CSUler ins Schwitzen. Schließlich hatte man sich im Vorfeld nicht über den neuen Vorstoß beraten können.

Meine Anmerkung dazu: Man hat sich nicht von der Staatsregierung sagen zu lassen, wie man abstimmen muss.

(Beifall bei den GRÜNEN – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das ist es!)

Aus der unangenehmen Situation befreiten sich nicht die CSU-Abgeordneten selbst, Adi Sprinkart sprang ihnen zur Seite. Laut Geschäftsordnung hätte er eine Abstimmung des Antrags durchsetzen können.

Ich habe für die Vertagung gestimmt. So bin ich. Das will ich einfach einmal sagen.

Der Artikel endet mit der Hoffnung, es könnte eine spannende Diskussion geben. Aus dieser spannenden Diskussion wurde leider nichts; denn bei der Behandlung unseres schriftlichen Antrags bei der nächsten Sitzung hat Herr Kollege Ranner ein Schreiben des Almwirtschaftlichen Vereins vorgetragen, in dem kurz und knapp steht:

„Den Vorrang hat der Alpwegebau.“ Punkt! Mit diesem Satz und dem Hinweis darauf, dass durch die Zahlung einer Ausgleichsprämie, also einer Erschwerniszulage, die Gefahr der Verhinderung des Alpwegebaues bestehe, wurde der Antrag abgelehnt.

Was will uns Kollege Ranner damit sagen? – Dieser Antrag wurde von uns bewusst so formuliert, dass die Alpbesitzer und Alpbewirtschafter die Wahlfreiheit haben, ob sie einen Alpweg oder einen Erschwernisausgleich

wollen. Beim Erschwernisausgleich bekommt der Alpbewirtschafter das Geld, beim Alpweg bekommt das Tiefbauunternehmen, das den Alpweg baut, das Geld. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ganz offensichtlich will die CSU-Fraktion diese Wahlfreiheit der Alpbesitzer nicht zulassen. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

(Zuruf von der CSU: So ein Schwachsinn!)

Das ist doch ganz einfach, nichts anderes wollen Sie. Wir haben in unserem Antrag nicht gesagt, dass keine Alpwege mehr gebaut werden sollen, sondern wir haben gesagt, die Alpbesitzer sollen die Wahlfreiheit haben. Mit diesem kurzen und knappen Hinweis wurde der Antrag abgelehnt.

Wir fordern deshalb namentliche Abstimmung, damit wir draußen den Alpbewirtschaftern, die keine Zufahrt haben wollen, sagen können, welche Summen Sie ihnen nicht zugestehen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit diesem Antrag – damit komme ich auch zum Schluss – sollte eine Brücke zwischen den anscheinend unversöhnlichen Positionen des Naturschutzes und der Alpwirtschaft gebaut werden. Die einen wollen keine Alpwege, die anderen wollen auf alle Fälle und mit aller Gewalt Alpwege. Leider haben die Almwirtschaft und die CSU diese Handreichung nicht angenommen. So werden die Fronten wieder hart bleiben. Die Alpbesitzer, die keine Zufahrt haben, werden auch keine Förderung bekommen. Das muss Ihnen, meine Damen und Herren von der Regierungsfraktion, zugeschoben werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner: Herr Kollege Ranner.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Beitrag des Kollegen Sprinkart hat mit Sicherheit einen sehr hohen Unterhaltungswert. Inhaltlich ist er aber blass. Erlauben Sie mir zu sagen: Ich bin praktizierender Landwirt. Ich habe Jungvieh auf der Alm gehabt und weiß, was der Almweg bedeutet. Mit Herrn Kollegen Wörner habe ich mich schon einmal darüber unterhalten. Ich weiß es also aus der Praxis. Deswegen ist im Landesentwicklungsprogramm der Ausbau der Almwege ausdrücklich enthalten, damit eine angemessene Bewirtschaftung sichergestellt wird. Genauso ist es in der Alpenkonvention festgehalten. In Frankreich und in Italien verschwinden die Almen. Sie wachsen zu. Auf die Konsequenzen für Tourismus, Umwelt, Lawinengefahr und darauf, was sonst noch alles passiert, und auf die Verengung der Vielfalt unserer Flora und Fauna brauche ich gar nicht hinzuweisen. In dem Zusammenhang soll man auch die Konsequenzen bedenken. In Oberbayern haben wir 710 Almen, von denen 60 nicht

erschlossen sind. Das ist darauf zurückzuführen, dass mit Unterstützung der GRÜNEN und des Bundes Naturschutz der Wegebau permanent verhindert wird.

(Beifall bei der CSU)

Ich frage mich, wie die Rechtsstaatlichkeit ausschaut, wenn Richter, und nicht die Fachleute, die Verwaltung und die Politik darüber bestimmen, ob ein Weg gebaut wird oder nicht.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Wir wollen die Wahlfreiheit!)

Das erreicht der Bund Naturschutz mit der Verbandsklage. Das kann nicht der richtige Weg sein.

(Ludwig Wörner (SPD): Den Prozess haben Sie aber verloren! Das müssen Sie auch dazusagen!)

Herr Dürr, ich habe es Ihnen schon einmal gesagt: Lautstärke ist noch lange nicht Intelligenz.

Für uns ist die Erreichbarkeit der Almen wichtig. Ich kann die Erreichbarkeit mit dem Hubschrauber nicht gewährleisten. Erstens haben wir auf den Höfen keine Leute mehr. Zweitens haben wir auf den Almen in der Regel Jungvieh. Ich muss in der Woche ein paar Mal hinauffahren können. Und Sie wollen uns sagen, das soll passieren wie zur Steinzeit. Sie leben in der höchsten Zivilisation, und die Bauern sollen wie in der Steinzeit mit der Kraxen operieren. Das ist Ihr Verständnis von den Bauern.