Protocol of the Session on June 21, 2007

Die Gegner des Vorverfahrens führen dagegen an, dass es sich bei den Entscheidungen der Ursprungsbehörde und der Widerspruchsbehörde nur sehr selten um voneinander abweichende Entscheidungen handelt und dass somit das Widerspruchsverfahren sozusagen ein Durchlaufverfahren ist; ein Hindernis auf dem Weg, rechtswirksam den Verwaltungsrechtsweg beschreiten zu können. Dies würde letztlich dazu führen, dass das verwaltungsgerichtliche Verfahren teurer wird und sich entsprechend verlangsamt.

Zweifellos führt das Widerspruchsverfahren vor einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu einer höheren Kostenbelastung, denn entgegen der Behauptungen, die im Hause immer wieder geäußert werden: Auch das Widerspruchsverfahren gibt es nicht zum Nulltarif, auch das Widerspruchsverfahren ist nicht kostenfrei.

Für die Dauer von zwei Jahren wurden sowohl in Mittelfranken als auch in Schwaben Zahlen erhoben und wir erhielten im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen eine Vielzahl von Zwischenberichten. Wir haben intensive Gespräche geführt, sei es mit Vertretern der Regierung von Mittelfranken, die das Pilotprojekt eins zu eins betreuten, sei es mit Vertretern des Verwaltungsgerichts Ansbach. Es wurden auch die verschiedenen Sichtweisen der Verfahrensbeteiligten im Wege einer Anhörung mit in das Abwägungsverfahren eingeführt.

Ich stelle das deshalb so ausführlich dar, weil ich klarlegen will, dass wir uns die Entscheidung über den Gesetzentwurf nicht leicht gemacht haben. Es ist also keinesfalls so, dass man von Anfang an einen Weg vorgegeben hat und diesen untermauern wollte, so wie das bisweilen auch als Vorwurf erhoben wurde. Wir sind offen an diesen Themenbereich herangegangen.

Wir stimmen heute über einen Gesetzentwurf in der Form ab, die er in der Endberatung durch den federführenden Ausschuss erhalten hat. Was sieht also diese neue gesetzliche Regelung vor? Sie sieht vor, dass die Bürgerinnen und Bürger fortan als Betroffene bei Fragen des kommunalen Abgabenrechts, des Landwirtschaftsrechts einschließlich des Rechts der landwirtschaftlichen Subventionen sowie der Rechtsfragen forstwirtschaftlicher Subventionen, jagdrechtlicher Abschussplanverfahren, des Schulrechts einschließlich Schulfi nanzierung und Schülerbeförderung, Ausbildungs- und Studienförderrecht, Heimrecht, Kinder- und Jugendhilferecht sowie Rundfunkgebührenrecht und im Rahmen der Förderung nach dem Europäischen Sozialfonds, ferner in den Angelegenheiten der Beamten, der in Absatz 2 genannten juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme des Disziplinarrechts, bei personenbezogenen Prüfungsentscheidungen usw. weiterhin Widerspruch einlegen können.

Die aufgezählten Katalogpunkte umfassen in etwa 65 % der Rechtsfelder, in denen auch bislang Widerspruch eingelegt werden konnte. Damit sind die klassischen Masseverfahren nach wie vor durch die Möglichkeit gekennzeichnet, Widerspruch einlegen zu können. Insbesondere beim kommunalen Abgabenrecht und beim Landwirtschaftsrecht wurde durch die Verweisung auf den Verwaltungsrechtsweg ohne Vorverfahren eine Überlastung der Gerichte befürchtet. Das ist damit ausgeräumt.

Zudem wurde befürchtet, dass sich die Situation für den Bürger verschlechtern könnte, da häufi g Änderungen erfolgten. Auch dies ist damit ausgeräumt. Gleiches gilt für das Rundfunkgebührenrecht. In diesen Fällen hat der Bürger oder die Bürgerin die Möglichkeit, fakultativ Widerspruch einzulegen. Der Bürger oder die Bürgerin entscheidet selbst, ob er oder sie den Verwaltungsrechtsweg sofort beschreitet oder ob er oder sie im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens die Entscheidung noch einmal

durch die Verwaltung überprüfen lassen möchte. Ich kann nicht nachempfi nden – wie das immer wieder im Ausschuss anklang –, inwiefern sich dadurch, dass der Bürger selbst entscheiden kann, durch ein fakultatives Widerspruchsverfahren, die Situation des Bürgers oder der Bürgerin verschlechtern sollte.

Ein heftig diskutierter Punkt war das Baurecht. Hier müssen wir die Rechtslage, die bereits im Jahr 2004 galt, betrachten. Schon damals konnte ich das Fortschreiten des Bauvorhabens meines Nachbarn als Nachbarwiderspruchsführer nicht unterbinden, sondern musste eine Einstweilige Anordnung vor dem Verwaltungsgericht erwirken, um zu vermeiden, dass Fakten geschaffen werden. Die Richterinnen und Richter am VG Ansbach haben uns glaubhaft versichert, dass der Sachverhalt auch im Rahmen des Verfahrens für eine Einstweilige Anordnung sehr umfassend und sehr genau geprüft wird. In der Regel wird deshalb im Verfahren in der Hauptsache nicht anders als im Verfahren für die Einstweilige Anordnung entschieden.

Ein Widerspruch im Baurecht erscheint somit nicht sinnvoll, weil er keine Rechtssicherheit schafft, weder für den Bauwerber noch für den Nachbarn, der sich gegen das Bauvorhaben wendet. Außerdem kehrt dadurch kein Rechtsfrieden ein. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf in der Form, die er in der Endberatung im federführenden Ausschuss gefunden hat, ist nunmehr eine Möglichkeit geschaffen worden, dieses Verfahren für Fälle, bei denen Rechtsfrieden im Widerspruchsverfahren in der Regel erreicht wird, weiterhin beizubehalten. Die Entscheidung darüber trifft allerdings der Bürger oder die Bürgerin. In Fällen, bei denen das Widerspruchsverfahren als ein Hindernis auf dem Weg zur Erlangung einer rechtsbeständigen gerichtlichen Entscheidung betrachtet werden muss, hat es seinen Sinn verloren und ist somit verzichtbar. Für diese Fälle schaffen wir es ab.

Nochmals: Es geht nicht darum, ein kostengünstiges und schnelles Rechtsmittel abzuschaffen. Es geht vielmehr darum, dieses Rechtsmittel dort beizubehalten, wo es Rechtssicherheit und Rechtsfrieden schafft. Wo es diese wichtigen Funktionen verloren hat, sollte darauf verzichtet werden. Das Widerspruchsverfahren wird für 65 % der Fälle beibehalten. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, deshalb werden wir dem Gesetzentwurf in dieser Form zustimmen. Wir würden uns freuen, wenn Sie es uns gleichtun würden.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Mit Sicherheit nicht!)

Das habe ich mir fast gedacht.

Nächste Rednerin: Frau Kollegin Rupp.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Guttenberger, bei Ihrem Vortrag konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie selbst von dieser Angelegenheit nicht hundertprozentig überzeugt sind.

(Beifall bei der SPD)

Uns liegt ein Gesetzentwurf vor, bei dem die CSU-Chefi deologen anscheinend der Ansicht waren, dass es primär darum gehen müsse, die Rechtsschutzmöglichkeiten der Bürger und Bürgerinnen weiter einzuschränken. Das ist das Ziel und der Inhalt dieses Gesetzentwurfes.

(Beifall bei der SPD)

Momentan geht es darum, im Widerspruchsverfahren das Verwaltungshandeln noch einmal zu überprüfen, wie Sie das ausgeführt haben. Außerdem soll im Interesse der Bürger und der Bürgerinnen dafür gesorgt werden, dass außergerichtliche kostengünstige Überprüfungsmöglichkeiten bestehen. Sie haben ausgeführt, das würde keinen Unterschied machen. Ich denke, wir brauchen uns hier nicht gegenseitig irgendetwas vorzumachen: Natürlich macht es einen Unterschied, ob es um ein Widerspruchsverfahren oder um ein Klageverfahren geht. Das ist natürlich ein fi nanzieller Unterschied. Deshalb sind wir der Ansicht, dass es durchaus Sinn macht, dies gründlich zu überprüfen.

Die Ausgangssituation war, dass wir dieses Modellprojekt gemeinsam mit Ihnen beschlossen und gestartet haben. Wir haben gesagt: In Ordnung, so etwas kann man einmal überprüfen. Als der Modellversuch in Mittelfranken gestartet wurde, gingen wir davon aus, dass das Ganze vorurteilsfrei und ergebnisoffen geprüft wird. Dann mussten wir feststellen, dass das mitnichten der Fall war. Wenn wir uns die nackten Zahlen und den Abschlussbericht ansehen, müssen wir zu dem Ergebnis kommen, dass das Widerspruchsverfahren nicht abgeschafft werden sollte.

(Beifall bei der SPD)

Noch einmal zur Erinnerung: Insgesamt wurden die Daten von 4,5 Millionen Verwaltungsverfahren in 151 verschiedenen Rechtsbereichen ausgewertet. Dabei wurde festgestellt, dass die Anfechtungsquote vor und nach der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens in Mittelfranken nur im Bereich von 2 bis 3 Promille lag. Wir können also festhalten: Die bayerische Bevölkerung, in diesem Fall die mittelfränkische, besteht mitnichten aus „Prozesshanseln“. Die Zahl der Anfechtungen ist sehr, sehr gering.

(Beifall bei der SPD)

Von Ihrer Seite wurde der Gesetzentwurf immer wieder mit der Begründung verkauft, hier müssten bürokratische Hemmnisse abgeschafft und große Investitionen vermieden werden. Das ist Augenwischerei, wenn wir uns die konkreten Zahlen ansehen. Des Weiteren hat die Arbeitsgruppe bei der Auswertung festgehalten, dass das Widerspruchsverfahren einen deutlich befriedenden Effekt hat. Das ist sehr positiv. Wir versuchen in anderen Rechtsbereichen, genau diesen Weg zu gehen. Parallel zu diesem Gesetzentwurf haben wir das Schlichtungsgesetz und dessen Zuständigkeitsbereich erweitert, weil es unser Interesse ist, dass es nicht bei jeder Streitigkeit zu einem Gerichtsverfahren kommt.

Ein hoher Anteil der Widersprüche wurde durch Abhilfeentscheidungen der Ausgangsbehörden erledigt. Die geschätzte Erfolgsquote liegt hier bei 50 %.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): 50 %!)

50 % der Widersprüche werden erledigt und gehen nicht vor Gericht. Die CSU stellt sich jedoch hin und sagt: Wir wollen das Widerspruchsverfahren abschaffen. Wenn die Verwaltung einen Bescheid erlässt und dieser aus welchen Gründen auch immer mangelhaft ist, jagen Sie die Bürgerinnen und Bürger in Klageverfahren, statt ihnen die Möglichkeit des Widerspruchsverfahrens weiterhin zu erhalten. Was Sie hier tun, ist absurd. Das hat nichts mit der Abschaffung bürokratischer Hemmnisse zu tun, sondern das ist ein Ausnutzen der Hemmschwelle der Menschen, vor Gericht zu gehen.

(Beifall bei der SPD)

Sie wissen ganz genau, dass man eher Widerspruch einlegt, als den Schritt zu machen, vor ein Gericht zu gehen. Meistens haben die Bürgerinnen und Bürger immer noch den Gedanken im Kopf, dass sie dafür einen Anwalt bräuchten, was die Hemmschwelle noch einmal erhöht. Vielen Bürgern ist nicht bekannt, dass dies problemlos ohne einen Anwalt möglich ist.

Das Widerspruchsverfahren gilt als bürgerfreundlich und hat zumeist einen schnellen Rechtsbehelf gewährleistet. Diese Vorteile sind beim Klageverfahren nicht gegeben. Sie und ich wissen, wie lange Klageverfahren vor Verwaltungsgerichten dauern können. Nach meinen Erfahrungen dauern solche Verfahren manchmal zwei bis drei Jahre. Das ist keine schnelle Erledigung. Was Sie hier tun, ist nicht bürgerfreundlich.

Nun zu den Rechtsgebieten: Es gibt weiterhin die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Die Bürger und Bürgerinnen haben die Möglichkeit, dies fakultativ zu tun. Es gibt aber auch Bereiche, bei denen das Widerspruchsverfahren defi nitiv abgeschafft wird. Die Arbeitsgruppe selbst hat vorgeschlagen, das Widerspruchsverfahren in sieben Bereichen abzuschaffen, in denen die Widersprüche selten erfolgreich waren. In 21 Rechtsgebieten sollte das Widerspruchsverfahren jedoch beibehalten werden. Aus rechtspolitischen Erwägungen und aus Gründen der Bürgerfreundlichkeit wäre es sinnvoll gewesen, genau diesen Vorschlag anzunehmen.

Sie begründen jedoch Ihre Vorschläge zur Streichung oder zur Beibehaltung von Rechtsgebieten mit geradezu absurden Argumenten und machen damit deutlich, dass Sie sich nicht in der Kommunalpolitik nicht auskennen. Sie sagen: Im Schulrecht soll es weiterhin das Widerspruchsverfahren geben, weil die Bescheide von Nichtjuristen erlassen werden. Ich fi nde es spannend, dass Sie davon ausgehen, dass es in jeder kleineren Gemeinde Juristen gibt, die Bescheide erlassen.

(Dr. Thomas Beyer: Völlig absurd!)

Das ist das Absurdeste, was ich jemals gehört habe.

Haben Sie denn tatsächlich so wenig Ahnung von der Kommunalpolitik und der Ausstattung der Kommunen? Ich sehe, unter den Kolleginnen und Kollegen sind einige Bürgermeister in kleineren Gemeinden. Sie wissen genau, dass es so nicht ist, dass Nichtjuristen die Bescheide erlassen und dass deswegen Nichtjuristen die Möglich

keit haben sollten, dass ihre Bescheide schnell und problemlos korrigiert werden, bevor sie zum Verwaltungsgericht gehen.

Insgesamt können wir nur festhalten, dass Sie ihren Modellversuch bekommen haben. Dem haben wir zugestimmt. Ich muss sagen, dabei waren wir sehr naiv, und das wird für mich auch ein Grund sein, künftig solche Verfahren kritischer anzuschauen. Wir haben sehr naiv geglaubt, dass Sie den Modellversuch tatsächlich ergebnisoffen durchführen. Tatsächlich war es aber für Sie von vornherein beschlossene Sache, so zu verfahren. Wenn es nicht so gewesen wäre und wenn Sie das Ergebnis der Arbeitsgruppe, die den Versuch ausgewertet hat, ernst genommen hätten, wäre es nie zu diesem Gesetzentwurf gekommen, der heute vorliegt und der die Rechtsschutzmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger einschränkt, der aber nicht dem gerecht wird, was wir tatsächlich brauchen. Das wissen Sie genauso gut wie ich.

(Petra Guttenberger (CSU): Nein, ich weiß es besser!)

Ich glaube, dass auch deswegen Ihr Vortrag so lau war.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Stahl.

Herr Präsident, meine Herren und Damen! Nach den Debatten im Plenum und in den Ausschüssen und nach der Anhörung im Landtag fordere ich Sie auf, die Vorschläge, die aus der Henzler-Kommission kommen, auf Eis zu legen. Kehren Sie zur politischen Vernunft zurück. Die zusätzliche Bürokratie, die Sie bei der Verwirklichung einzelner Vorschläge oder hier bei der teilweisen Abschaffung des Widerspruchsverfahrens produzieren, und die Bürokratie, die Sie damit auch in den Regionen schaffen, konterkariert jegliche Deregulierungsbemühungen und schadet letztendlich den Bürgerinnen und Bürgern, der Wirtschaft und der Verwaltung.

Sie befi nden sich nach der Begutachtung und dem Ergebnis der Begutachtung des zweijährigen Modellprojekts in Mittelfranken in einem Dilemma, weil die Ergebnisse – das wurde hier schon öfter zelebriert – nicht dem entsprechen, was Sie gerne gehabt hätten, was Sie sich gewünscht haben und was Sie vorab vollmundig erklärt haben. Nun soll nicht sein, was nicht sein darf, was aber leider so ist. Bei dem Gutachten hat sich herausgestellt, dass die bürgerfreundliche Möglichkeit, vor Klageerhebung Widerspruch einzulegen, in den allermeisten Fällen sinnvoll war und ist.

Über die Möglichkeit des Vorverfahrens haben häufi g – das wurde durch Äußerungen der bei der Anhörung anwesenden Verwaltungsrichter und durch den Text des Gutachtens der Henzler-Kommission, der von Wirtschaftshemmnissen sprach, bestätigt – die Unternehmen geklagt, wenn ihre Vorhaben, die sie gegen den Willen der Bürger durchziehen wollten, letztendlich gehemmt worden sind. Henzler und auch die Richterinnen und Richter haben im Fachgespräch zu den Bedürfnissen der

Bürgerinnen und Bürger anders als zu den Bedürfnissen der Wirtschaft leider kein Wort verloren.

Was also tun Sie, wenn Sie nach dem Gutachten für eine Beibehaltung des Widerspruchsverfahrens sein müssten, aus der Sicht der Staatsregierung aber unbedingt wirtschaftliche Interessen berücksichtigen müssen? Sie spalten sich und richten sich in der einen Spalte als Zwitter ein. Das Ganze hat dann den Namen „Fakultativ“.

In wichtigen Fällen, wie zum Beispiel im Umweltschutzrecht, im Planungsrecht oder im Ausländerrecht fällt das Widerspruchsverfahren ganz weg. Ebenso fällt es im Baurecht weg. Hier war das Widerspruchsverfahren schon einmal abgeschafft worden, um dann wieder eingeführt zu werden, weil man gemerkt hat, dass es problematisch ist, wenn es die Widerspruchsmöglichkeit nicht gibt. Jetzt schaffen Sie es wieder ab.

In sechs Fällen wollten Sie das Widerspruchsverfahren beibehalten, aber auch den Klageweg offen halten. Mich überrascht dabei überhaupt nicht, dass auch die Landwirtschaft dazugehört. In sechs Fällen, also in der Landwirtschaft, im Kommunalabgabenrecht und auf anderen Gebieten, wird man diese fakultative Möglichkeit haben. Was ist damit aber tatsächlich gewonnen? Für die Bürgerinnen und Bürger wird die Regelung insgesamt nicht einfacher zu lesen sein. Sie müssen sich mit einer einseitigen Rechtsbehelfsbelehrung herumschlagen, die entsprechend den jeweiligen Bereichen, die betroffen sind, ausformuliert ist. In der Realität sollen viele schon an ziselierten Zweizeilern gescheitert sein. Ich bin sehr gespannt, wie man mit der einseitigen Belehrung umgehen wird.

Für die Verwaltung ist die Regelung eindeutig ein Nachteil. Gerade für die, die Sie entlasten wollen, wird es schwieriger. In der Anhörung haben wir erfahren, dass sich viele Verwaltungen darauf eingestellt haben, dass es das Widerspruchsverfahren in Zukunft überhaupt nicht mehr geben wird. Zuständige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind deswegen bereits abgezogen und für andere Aufgaben eingesetzt worden. Teilweise hat man, was auch nicht in Ordnung war, Bürgerinnen und Bürgern schon keine Auskunft mehr erteilt, wenn sie wegen einer Frage angerufen haben. Jetzt werden Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den sechs betroffenen Fällen zurückholen und wieder für die Arbeit vorhalten müssen, weil Sie gar nicht wissen, ob die Bürgerinnen und Bürger jetzt Klage erheben oder Widerspruch einlegen werden. Was haben Sie in diesen Fällen an Deregulierung gewonnen? – Eigentlich nichts!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Gerichte müssen sich fragen, was es bedeutet, wenn verstärkt Klagen eingereicht werden. Das Verwaltungsgericht in Ansbach war bisher relativ gut ausgestattet. Wir werden sehen, wie sich das Gesetz in anderen Regionen auswirkt, in denen diese gute Ausstattung nicht vorhanden ist.