Protocol of the Session on March 29, 2007

Sehr geehrter Herr Dr. Döhler, wenn Sie diese Debatte jetzt mit der Mindestlohndiskussion verbinden, dann fi nde ich das äußerst überraschend und fast zynisch. Zum einen wissen Sie, dass der Mindestlohn nach den höchsten Forderungen der Gewerkschaften bei 7,50 Euro sein soll. Die Höhe ist aber ohnehin noch nicht ausdebattiert; der Mindestlohn wäre jedenfalls nicht so hoch. Zum Zweiten nutzt Ihr Einwurf den Betroffenen überhaupt nicht.

Zurück zu dem Mutterkonzern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hoch qualifi ziert und äußerst engagiert. Oberfranken braucht – das muss Waterford-Wedgwood klar sein – diese Menschen, und diese brauchen die Unternehmen. Deshalb werden wir nie einem Antrag zustimmen, der zu den Verhältnissen sagt: Wir bedauern, dass die Produktion geschlossen wird. Das zeigt doch nur, dass Sie nichts getan haben; es zeigt nicht, dass man nicht noch etwas tun könnte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso wenig wie wir heute mit der Annahme Ihres Antrages den angestrebten Massenentlassungen zustimmen. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, bitte ich um Zustimmung zum Dringlichkeitsantrag der SPD. Wir gemeinsam sollten von hier aus mit einem kraftvollen Votum dafür sorgen, dass ein neuer Versuch unternommen wird, die Massenentlassungen in Selb und Speichersdorf doch noch zu verhindern und der Region wieder eine Zukunft zu geben.

Noch ein Satz zum CSU-Dringlichkeitsantrag. Es ist billig, einen Antrag nachzureichen. Es ist noch billiger, diesen Antrag nachzureichen, der inhaltsleer ist, weil er die Staatsregierung zu nichts verpfl ichtet und die Massenentlassungen bedauernd zur Kenntnis nimmt. Dieser Ihr Dringlichkeitsantrag ist eine leere Hülle; das ist uns zu billig, das lehnen wir ab. Es ist schade ums Papier.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Staatsminister Huber.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Fraktionen von SPD und CSU haben zu dem von Rosenthal angekündigten Stellenabbau Dringlichkeitsanträge eingereicht, und die Kollegen Wolfrum und Döhler haben in großer Sachlichkeit dazu Stellung genommen. Davon abgehoben hat sich der jetzige Diskussionsbeitrag von Herrn Hallitzky von den GRÜNEN.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Gott sei Dank!)

Dazu stelle ich fest: Die GRÜNEN haben bisher das ganze Thema verschlafen, haben keinen Antrag eingereicht und sich jetzt als Trittbrettfahrer auf die anderen Anträge aufgesetzt.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Sie haben zur Sache nichts gesagt und nur Polemik und Aggressivität in die Diskussion getragen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Das ist eine Schande für Ihre Arbeit, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU)

Denn den von Arbeitslosigkeit betroffenen Leuten in Selb ist in keiner Weise geholfen, wenn Sie hier die Polemik herauskehren: gegen den Flughafen Hof, gegen den Transrapid, in Sachen DSL und dergleichen mehr. Zur Sache, Herr Hallitzky, haben Sie gar nichts gesagt. Aber das sind wir von den GRÜNEN gewöhnt.

(Zurufe von den GRÜNEN: Ach!)

Ja, so ist es. Früher hatten wir Hofnarren, jetzt haben wir die GRÜNEN.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Widerspruch bei den GRÜNEN – Zuruf von den GRÜNEN: Un- verschämtheit! – Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Hofnarren sprechen die Wahrheit! – Allgemeine Unruhe)

Meine Damen und Herren, was sind denn die Gründe für den sehr bedauerlichen Stellenabbau? – Ich darf zu den Dringlichkeitsanträgen übrigens sagen, dass die Staatsregierung selbstverständlich Ihre Betroffenheit und Ihre Sorge teilt, dass von einem Versäumnis der Staatsregierung aber überhaupt nicht die Rede sein kann.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Sie machen sich zum Narren!)

Hier wird einfach behauptet, es sei nichts getan worden. Ihnen kommt es auf die Tatsachen gar nicht an.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Natürlich!

Wir haben unverzüglich mit der Betriebsleitung, mit der Gesamtbetriebsratsvorsitzenden gesprochen, ich habe selber mit dem Oberbürgermeister telefoniert, ich habe mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft IG BCE, Herrn Schmoldt, länger darüber gesprochen. Ich habe alle Gesprächsmöglichkeiten, die sich boten, ausgenutzt, um zu fragen: Welche Hilfe kann gegeben werden? – Ich weise also hiermit in aller Form den Vorwurf der Untätigkeit zurück, weil er falsch ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Es ist ja so billig, wenn Ihnen nichts anderes einfällt!

Jetzt komme ich zu den wahren Ursachen. Was sind denn die Probleme, meine Damen und Herren? Problem ist, dass am Markt gerade in den Bereichen feinkeramische Industrie und Porzellan ein weiterer Einbruch erfolgt. Das hat einmal seine Gründe in der deutschen Wiedervereinigung und dem Angebot, das aus dem Osten kommt; ich sage das ganz objektiv. Es ist eine Folge der Öffnung der Grenzen zu Osteuropa, weil in Tschechien und anderen Ländern Osteuropas zu sehr viel günstigeren Kosten Por

zellan hergestellt werden kann. Alle, die aus Oberfranken sind, Herr Hoderlein, wissen das doch. Es hat auch seinen Grund darin, dass die Kontingente für den Import weißer Ware aus China abgeschafft worden sind.

Das heißt also, wir haben verstärkt internationalen Wettbewerb, und deshalb ist hier ein Beschäftigungs- und Umsatzeinbruch da.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Der ist von Ihnen gewollt!)

Jetzt muss ich mal sagen: Wenn da einer sagt, das sei Schuld der CSU, kann ich nur sagen: Dümmer gehts nimmer, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU – Zurufe von den GRÜNEN)

Das sind Marktentwicklungen, die bedauerlich sind. Aber wir wissen, wie wir auf den Weltmärkten heute stehen, dass wir mit größter Innovationsfähigkeit kämpfen müssen,

(Zuruf von den GRÜNEN: Das liegt auch an den Rahmenbedingungen!)

dass wir aber leider wohl nicht in jedem Bereich erfolgreich sind. Wer etwas anderes behauptet, redet einfach an den Fakten vorbei.

Die Frage ist nun: Was kann getan werden? Diese Frage haben wir Herrn Küsel als dem Vorstandsvorsitzenden der Rosenthal AG gestellt wie auch den Gewerkschaftsvertretern: Kann hier in der Tat eine staatliche Hilfe erfolgen? Die Antwort des Unternehmens, auch übrigens der Arbeitnehmerseite ist: Staatliches Geld hilft uns im Moment gar nichts. Wer einen Markteinbruch hat, dem ist auch mit staatlichem Geld nicht zu helfen.

Deshalb ist die Überlegung die: Wie können wir – selbstverständlich in dieser Region – Arbeitsplätze schaffen? Das Unternehmen selber, meine Damen und Herren, ich sage das, weil Waterford-Wedgwood angegriffen wurde, der Mutterkonzern, der im Übrigen Werke in England geschlossen hat, hat uns versichert, dass er für 20 Millionen Investitionen vornimmt, um damit die Rationalisierung zu erhöhen und den Rest an Arbeitsplätzen zu erhalten. Die objektive Problematik besteht doch darin, entweder nichts zu tun und das ganze Unternehmen zu gefährden oder zu sagen, wir rationalisieren, wir bauen hier Beschäftigung ab – so bedauerlich es ist –, um aber damit auf Dauer Beschäftigung dort in Oberfranken zu halten.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das kommt mir so bekannt vor!)

Das Unternehmen hat gesagt, eine Produktionsverlagerung nach Südostasien wird nicht stattfi nden. Das heißt, das Unternehmen hat auch eine Erklärung zum Standort abgegeben, will aber auf diese Art und Weise, mit Rationalisierungsinvestitionen, den Rest der Arbeitsplätze halten. Dass im Übrigen dazu beigetragen wird, dass ein sozialverträglicher Abbau erfolgt, ist selbstverständlich.

Dann ist auch die Frage, wie es Oberfranken insgesamt geht und was insgesamt getan werden kann.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

In Oberfranken, meine Damen und Herren, haben die heutigen Zahlen eine Arbeitslosigkeit von 8,2 % ergeben. Das ist in der Tat unter den Regierungsbezirken Bayerns die höchste Zahl, bewegt sich aber im Durchschnitt der Bundesrepublik West. Wir haben also heute in Oberfranken keine überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit mehr, bezogen auf Westdeutschland. Sie liegt allerdings über dem bayerischen Durchschnitt, wobei wir wissen, dass Oberfranken in den Bereichen Textil und Porzellan einem besonderen Strukturwandel ausgesetzt ist.

Es gibt aber eine ganze Reihe von außerordentlich positiven Entwicklungen auch in Oberfranken. Dazu nur zwei Zahlen: Genau vor einem Jahr hatte Oberfranken eine Arbeitslosigkeit von 10,7 %, heute sind es 8,2 %. Von einer dramatischen Verschlechterung zu reden, geht völlig an den Realitäten vorbei.

Eines möchte ich auch sagen, ohne dass ich da irgendetwas beschönigen oder verharmlosen will: Wenn hier 300 bis 400 Arbeitsplätze in Gefahr sind, ist das schlimm für die Betroffenen; aber ich meine, man sollte seine Worte doch etwas sorgsamer wählen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Hier von Massenentlassungen zu reden, geht doch an den Realitäten etwas vorbei, meine Damen und Herren.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Nun ist die Frage, die Sie gestellt haben: Was tun wir für Oberfranken, was tun wir für die Schaffung von Arbeitsplätzen? – Wir haben im letzten Jahr bei der Neufassung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ dafür gekämpft, dass Oberfranken einen größeren Anteil an Fördergebieten erhält als in der Vergangenheit. Das ist gelungen. In Oberfranken gibt es heute eine Ausweitung der Fördergebiete. Wir haben auch erreicht, dass man in Oberfranken heute höhere Fördersätze geben kann. Und selbstverständlich – das darf ich doch hier noch einmal in Erinnerung rufen – haben wir mit dem EFRE-Programm an europäischen Geldern bis zum Jahre 2013 etwa 10 % mehr als in der Vergangenheit, wobei wir dies in besonderer Weise dem Einsatz der Bundeskanzlerin verdanken. Mit den jetzt 84 Millionen, die speziell für den Bereich der ersten und zweiten Reihe Landkreise von Passau bis Hof eingesetzt werden, hat sie in den europäischen Verhandlungen etwas herausgeholt, was ihr Vorgänger schmählich versäumt hat. Hier hat er nichts getan, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Das heißt also, wir haben im Jahr 2006 die Weichen dafür gestellt, dass die Förderkulisse in Oberfranken ausgeweitet worden ist,