Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die Föderalismusdiskussion und ihr Ergebnis haben es mit sich gebracht, dass die Wohnungswirtschaft und das, worum es hier geht, nämlich Wohnungsbau und -sanierung, nunmehr in den Händen der Länder liegen. Das ist im Rahmen der Föderalismusdiskussion richtig entschieden worden, weil der Wohnungsbau jetzt zielgenauer als bisher gefördert und dort durchgeführt werden kann, wo er notwendig ist. Dort, wo er nicht mehr notwendig ist, kann Zurückhaltung geübt werden. Dass das bisher nicht der Fall war, war ja das Manko des derzeitigen Gesetzes.
Aber, Kolleginnen und Kollegen, ein bisschen enttäuscht bin ich darüber, dass viele unserer Anträge, die im Zusammenhang mit dem neuen Gesetz gestellt worden sind, von der CSU abgelehnt oder zurückgewiesen worden sind; denn sie hätten tatsächlich diesem neuen Gesetz einen zeitgemäßen, richtigen und gerechten Zuschnitt verpasst, der dort notwendig ist, wo wir weiterhin Wohnungsbau brauchen.
Kolleginnen und Kollegen, wir haben dabei eine Chance verpasst, nämlich die Bereitschaft, Wohnraum für sozial Benachteiligte zu schaffen, so zu steuern, dass es passt.
Wir haben Gott sei Dank immer noch das Instrument des Bundes, nämlich die „Soziale Stadt“. Mit dieser „Sozialen Stadt“ können wir das ausgleichen, was leider im Ländergesetz nicht gemacht wurde.
Ich weise auch ausdrücklich darauf hin, dass eine völlig richtige Maßnahme über Parteigrenzen hinweg getroffen wurde, die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe zum 1. Januar 2008. Wir sind über die Parteien hinweg der Meinung gewesen, dass es notwendig ist, dieses Instrument, das zum Zeitpunkt seiner Einführung richtig war, wieder aus der Systematik des Gesetzes zu nehmen, weil es nicht mehr notwendig ist, sondern ganz im Gegenteil zur verstärkten Segregation, also zum Wegzug derer, die etwas mehr verdienen, geführt hätte. Das hätte dann über die „Soziale Stadt“ wieder ausgeglichen werden müssen. Den erreichten Fortschritt haben wir gemeinsam geschafft, auch wenn es daran Kritik gab.
Wir waren uns aber auch darüber einig – zumindest gab es dazu vonseiten der CSU keinen Widerspruch –, dass die Mittel, die den Städten dabei verloren gehen, den Städten ersetzt werden. Ich gehe davon aus, dass das Gültigkeit hat.
Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, wir müssen nur darauf achten, dass uns der Finanzminister nicht ein Ei legt.
Bisher kamen die Bundesmittel für den Wohnungsbau nur, wenn der Freistaat Bayern seine Mittel dazugestellt hat. Dies ist künftig nicht mehr so, sondern bis 2013 bekommt jeder Landesfi nanzminister einen bestimmten Anteil dieser Mittel. Ob sie eigene Mittel dazustellen, bleibt den Ländern selbst überlassen. Wir werden darauf ein wachsames Auge haben. Es kann nämlich nicht sein, dass ein Land vom Bund Mittel kassiert und seine eigenen Leistungen gleichzeitig zurückschraubt.
Meine Bitte ist also, zusammen mit dem Herrn Innenminister und vielleicht zukünftigen Ministerpräsidenten dem Finanzminister auf die Finger zu schauen, damit diese Mittel auch weiterhin dort bleiben, wo sie hingehören.
Meine Damen und Herren, wir sind auch betroffen darüber, dass die dritte Säule des Wohnungsbaus, nämlich die Genossenschaft, keinen Eingang in das Gesetz selbst gefunden hat. Es geht mir dabei also nicht nur um die Ausführungsrichtlinien, sondern um das Gesetz selbst.
In diesem Zusammenhang muss ich Ihnen, Herr Minister, und auch dem Kollegen Rotter Folgendes sagen: Auf jeder Tagung werden die Genossenschaften von Ihnen
Sie stellen häufi g Wohnraum zur Verfügung, der sogar günstiger ist als Wohnraum im sozialen Wohnungsbau. Diese Leistung wird dann im Gesetz nicht einmal dadurch anerkannt, dass man diese Form erwähnt. Herr Beckstein, Genossenschaften sind nicht etwa Teufelswerk, weil das Wort „Genossenschaft“ den Bestandteil „Genossen“ enthält,
sondern es handelt sich um eine Idee, die aus der katholischen Soziallehre genauso geboren wurde wie aus sozialdemokratischen Vorstellungen und der Gewerkschaftsbewegung. Ich will Ihnen, Herr Beckstein, auch sagen, was mich wirklich betroffen gemacht hat, und ich gehe davon aus, dass Sie das auch korrigieren werden: Es ist unanständig, Genossenschaften mit der Neuen Heimat in einen Topf zu werfen.
Sie wissen im Übrigen ganz genau, dass auch die Neue Heimat Bayern grundsolide war und nur in diesen Strudel hineingeraten ist. Man sollte die Neue Heimat aber nicht mit den Genossenschaften vergleichen. Meine Bitte wäre, dies klarzustellen, weil das bei den Genossenschaften – wir haben das noch einmal im Text nachgelesen – ganz schräg angekommen ist. Wir wollen eine gute Idee nicht gern durch falsche Vergleiche belasten. Meine Bitte wäre, dies nicht mehr zu tun und vor allem die Genossenschaften wirklich als ein Standbein des Wohnungsbaus anzuerkennen und diese dann im Gesetz richtig im Text zu würdigen, wie wir das wollten. Wir fi nden den von mir geschilderten Zustand bedauerlich.
Wir fi nden es auch bedauerlich, dass der Einbau von Liften bei Sanierungen, wenn es um die altersgerechte Sanierung geht, nicht explizit berücksichtigt wird. Wir reden alle über die Alterspyramide, die uns Probleme bereitet. Wir wissen alle, dass wir nicht so viele neue Wohnungen bauen können, wie wir brauchen, um Menschen in ihren Wohnungen lassen zu können. Viele Menschen können sich die Unterbringung in Heimen nicht leisten, und der Staat wird sich das auch nicht leisten können.
Also wäre die vorbeugende Vorsorge die richtige Maßnahme gewesen. Wir müssen sagen: Wir verankern den Einbau von Liften in solche Projekte ganz dezidiert im Gesetz. Das hätte nicht wehgetan. Es wäre eine Zeile mehr gewesen, hätte aber die Sicherheit gebracht, dass man darum nicht streiten müsste.
Ein weiterer Gesichtspunkt ist der besondere Personenkreis. Damit wird eine Unschärfe in das Gesetz gebracht, die mit Sicherheit zu Streit führen wird. Das wollten Sie nicht korrigieren. Wir reden immer über Klarheit in den Texten und darüber, dass Gesetze möglichst lesbar und vollziehbar sein sollen. Aber dann bringt man wieder solche Unklarheiten und Unschärfen in das Gesetz, von denen jeder Jurist – ich bin zwar keiner, aber ich kenne
mich da schon aus – weiß, dass das nicht passt, weil man es auslegen kann, wie man will. Deswegen wäre es notwendig, auf Klarheit Wert zu legen.
Wir haben einen ersten Schritt in die richtige Richtung getan, die Ergebnisse der Föderalismusreform umzusetzen. Aber es bedarf nach meiner tiefen Überzeugung einer völligen Umstellung des gesamten Modells des sozialen Wohnungsbaus in die Zukunft hinein. Meine Bitte ist, gemeinsam an so etwas zu arbeiten und den Gesetzentwurf so zu verstehen. Wir werden ihm zustimmen, weil er viele gute Komponenten enthält.
Aber wir sollten uns wirklich einmal über die Parteien hinweg daranmachen, an einem Modell „Zukunft des Wohnungsbaus für benachteiligte Menschen“ zu arbeiten. Wir dürfen nicht weiterhin Gettos entwickeln, sondern müssen sicher in die Zukunft gehen. Dabei haben wir auch die Aspekte der Alten und der Migranten zu berücksichtigen. Immer mehr Migranten werden hier bleiben. Auch diese Menschen werden alt, nachdem sie eine Leistung für die Gesellschaft erbracht haben. Da reichen die gesetzlichen Maßnahmen, die wir heute ergreifen können, gerade für die alten Generationen überhaupt nicht aus. Da werden wir noch kräftig nachdenken müssen. Es wird nicht ausreichen, Modelle zu entwickeln, sondern wir müssen als Gesetzgeber auch die notwendigen Gesetze bereitstellen, die unsere Möglichkeiten verstärken und fördern.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln hier zwei Gesetzentwürfe. Der erste ist der Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Wohnungswesen. Er behandelt nur die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe. Zu diesem Gesetzentwurf haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, in dem wir fordern, die unterschiedliche kommunale Wirklichkeit zu berücksichtigen, zu realisieren, dass die Situation in Rosenheim, Ingolstadt oder Erding eine andere ist als direkt in den Ballungsräumen. Wir hatten beantragt, die Anwendung des Instruments der Fehlbelegungsabgabe bei dem größten Bestand unserer Sozialwohnungen – das sind die altgeförderten Wohnungsbestände, die bis zum Jahr 2000 errichtet worden sind – in die Erweiterungsbefugnis der Kommunen zu stellen. Diesem Antrag ist nicht gefolgt worden. Wir wollen daher diesen Entwurf so nicht mittragen.
Der zweite Gesetzentwurf ist weit umfangreicher. Er bezieht sich auf die Wohnraumförderung in der Zukunft. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine Fortschreibung des bisher gültig gewesenen Bundesgesetzes. Vorhin ist die Metapher der „Entschlackung“ gebracht worden. In vielen Punkten handelt es sich bei dem Gesetzentwurf lediglich um eine Fortschreibung des bisher Gültigen. In einem Punkt ist er eine von den kommunalen Spitzenverbänden begrüßte Verbesserung. Diese betrifft die besonderen Wohnformen von Studierenden, Alleinerziehenden und Behinderten. Hier sollen die Förderstellen mehr Entscheidungsspielraum bekommen, als sie derzeit
haben. Wir hoffen – es ist zunächst nur eine Hoffnung –, dass diese Förderstellen die Entscheidungsspielräume tatsächlich nutzen und nicht wieder in die bisherige Verwaltungspraxis einfach zurückfallen.
Wir haben Änderungsanträge zum Wohnbaufördergesetz gestellt. Wir halten es zum Beispiel nicht für richtig, kinderlose Ehepaare – hier heißt es „junge Ehepaare“; es sind aber nach der rechtlichen Defi nition Ehepaare mit einem Alter bis zu 40 Jahren – bei der Zuweisung von Wohnungen zu begünstigen, indem sie, auch wenn sie über 5000 Euro mehr verfügen, als es der Gesamteinkommensgrenze entspricht, zum Zuge kommen können, Alleinerziehende dagegen nicht. Wir halten es für erforderlich, Familien mit Kindern und Alleinerziehende günstiger zu stellen als „junge Ehepaare“. Diesem unserem Antrag ist leider nicht gefolgt worden.
Die größten Probleme in der Wohnraumförderung haben wir derzeit noch durch die Vielzahl der Bekanntmachungen und Verordnungen, die dieses Gesetz umsetzen sollen. In den Verordnungen und Bekanntmachungen sind sehr enge Richtlinien zur einkommensorientierten Förderung festgelegt. Wir haben den Antrag eingebracht, die Verordnungen zu vereinfachen. Dieser Antrag hat im Finanzausschuss seine positive Erledigung gefunden. Es wurde angekündigt, dass die Verordnungen und Bekanntmachungen im Jahr 2008 vereinfacht werden sollen. Wir hoffen, dass dies in der Tat stattfi ndet und die Wohnbauförderung eine bessere Praktikabilität erhält.
Ärgerlich ist, dass in der Umsetzung des Gesetzes über die Wohnraumförderung bereits jetzt durch neue Verordnungen und Bekanntmachungen bestimmte Änderungen eintreten sollen. Zum Beispiel hat die Stadt Augsburg ein Schreiben bekommen, wonach sie nicht mehr Bewilligungsstelle für die Wohnraumförderung sein soll, sodass sich Investoren nicht mehr direkt an die Stadt wenden können, sondern an die Regierung verwiesen werden. Wir halten das für nicht zweckdienlich und nicht investitionserleichternd.
Das größte Problem der Wohnraumförderpolitik in Bayern – Kollege Wörner hat es schon angesprochen – ist die Mittelausstattung. Wir dürfen gespannt sein, wie die Ziele mit ausreichenden Sachmitteln erreicht werden sollen.
Da geht es zum einen um die altersgerechte Sanierung. Dafür sind im Haushalt Mittel gestrichen worden. Wie will man die Ziele erreichen, wenn die Töpfe leer sind?
Zum Zweiten ist zu sagen, dass unzureichende Mittel für die Energiesanierung zur Verfügung stehen. Konsequenz ist, dass insbesondere diejenigen, die das wenigste Geld haben, im Bereich Heizung die höchsten Nebenkosten aufbringen müssen. Hier müssen die Aktivitäten verstärkt werden.
Wir sind gespannt, wie durch die entsprechenden Verordnungen und Bekanntmachungen die Ziele, die allseits immer wieder betont werden, in der Praxis erreicht werden. Da wir nicht wissen, wie es wirklich weitergeht, werden wir uns bei der Abstimmung über die Gesetzentwürfe der Stimme enthalten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit den beiden Gesetzentwürfen wird Bayern als erstes Land von den neuen ausschließlichen Gesetzgebungskompetenzen im Wohnungswesen Gebrauch machen. Die Ausschussberatungen haben gezeigt, dass es richtig ist, diese Materie selber zu regeln. Auf diese Weise tragen wir Artikel 106 der Bayerischen Verfassung Rechnung.
Das Gesetz über die Wohnraumförderung in Bayern hatte bei den Verbänden schon im Stadium der Einbringung beachtlichen Zuspruch erfahren. Die Ausschussberatungen haben im Detail unterschiedliche Auffassungen darüber deutlich gemacht, dass die Richtung insgesamt stimmt. Die Ausschüsse haben eine zurückhaltende Regulierung als vorzugswürdig angesehen. Mit dem Bayerischen Wohnraumförderungsgesetz wird die Zahl der Vorschriften gegenüber dem bisherigen Bundesrecht halbiert.
Herr Kollege Wörner, wir haben eine, wenn auch sehr fragmentarische Erwähnung des genossenschaftlichen Wohnens in Artikel 8 Nummer 6 des Bayerischen Wohnraumförderungsgesetzes. Darin steht: „Bei der Förderung sind insbesondere zu berücksichtigen …“– jetzt zitiere ich wörtlich – „der Beitrag des genossenschaftlichen Wohnens zur Erreichung der Ziele der Wohnraumförderung.“
Sie haben schon recht, wenn Sie sagen, dass durch die Misswirtschaft bei der Neuen Heimat genossenschaftliches Wohnen insgesamt in Misskredit gekommen ist. Ich mache kein Hehl daraus, dass ich es immer bedauert habe, weil die damalige steuerliche Änderung problematisch war. Ich habe mich nie in den Kreis derer eingereiht, die die damaligen Reformen für richtig gehalten haben. Aber das waren eben Folgerungen aus den Vorgängen bei der Neuen Heimat. Sie haben auch recht, wenn Sie sagen, dass bei uns ein Teil aus dem Kreis der Genossen einen schlechten Ruf hat, während es umgekehrt andere Bereiche gibt, wo mancher sogar glänzende Augen bekommt, wenn da von Raiffeisen- und Genossenschaftsbanken die Rede ist. Dann ist das selbstverständlich etwas Gutes. Aber dass es auch böse Genossen gibt, das wissen Sie besser als wir.