Protocol of the Session on March 29, 2007

Herr Minister, ich würde von Ihnen gern noch wissen, wie Sie damit umgehen, dass, wie gesagt, in erster Linie CSU-regierte Städte dieses Thema aufgreifen. Was Regensburg betrifft, so ist der Regensburger Bürgermeister nicht irgendjemand, sondern immerhin Vorsitzender eines großen kommunalen Verbundes. Regensburg ist genauso beteiligt wie viele andere Kommunen, die offensichtlich eine Übergangslösung mit einer Technik suchen, die gerade entwickelt und erforscht wird.

Herr Minister, ich muss Sie noch etwas fragen: Wie technikfeindlich ist eigentlich diese Staatsregierung, wenn es um die Fortentwicklung von Technologien geht, die weltweit gesucht werden? Sie sollten hier mit einsteigen und fördern, um sicherzustellen, dass die Energieversorgung der Zukunft auf eine Weise gewährleistet ist, die uns nicht Jahrtausende, sondern nur kurzfristig belastet.

Ich darf noch darauf verweisen: Ein wesentlicher Teil der Forschung stellt darauf ab, CO2-freie Kraftwerke zu ermöglichen. Aber genau dazu haben Sie bisher keine Antwort gegeben. Die Haltung, die Sie an den Tag legen, ist technikfeindlich und forschungsfeindlich.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Herr Staatsminister.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in der Tat stellt sich eine ganze Reihe von Fragen. Herr Wörner, Sie haben gesagt, das Handeln der Landeshauptstadt sei mehr als fragwürdig, und zwar gerade im Gegensatz zu anderen Städten wie Regensburg oder Rosenheim. Diese Städte haben keine Beteiligung an einem Kernkraftwerk oder einer anderen großen Energieerzeugungsanlage. Die Landeshauptstadt München hat im Gegensatz zu anderen Kommunen, die sich an dem geplanten Steinkohlekraftwerk in Herne beteiligen, einen Anteil am Kernkraftwerk Isar 2.

(Zuruf des Abgeordneten Franz Maget (SPD))

Herr Kollege Maget, das Wort hat der Herr Staatsminister! Sie können sich anschließend zu Wort melden. Sie müssen nur zu einer Einteilung der Redezeit innerhalb Ihrer Fraktion gelangen; dann ist das kein Problem.

Die Frage bezüglich der anderen Kommunen als der Landeshauptstadt stellt sich doch ganz anders.

Regensburg zum Beispiel hat keine Beteiligung an einem großen Kraftwerk, geschweige an einem Kernkraftwerk. München hat eine Beteiligung an einem Kernkraftwerk. Diese Beteiligung läuft selbst nach dem Atomkonsens oder dem sogenannten Atomkonsens noch bis zum Jahre 2020, liefert also noch weit länger als ein Jahrzehnt. Nach den Unterlagen über den Bau der Kraftwerksanlage soll Herne aber bereits 2011 in Betrieb gehen. Also warum investiert denn München heute in schmutzigeren Kohlestrom, wenn es noch über ein Jahrzehnt sauberen Kernstrom beziehen kann?

(Zurufe von den GRÜNEN: Sauber?)

Das ist doch die Frage, die Sie stellen.

Deshalb ist es außerordentlich fragwürdig, was hier die Landeshauptstadt macht. Auf der einen Seite sagt der Wirtschaftsreferent, den Kernstrom verkaufen wir auf dem Großhandelsmarkt für Elektrizität an Industrie- und Großkunden, und auf der anderen Seite soll offensichtlich für andere Kunden schmutziger Strom aus NordrheinWestfalen, nach München gebracht werden. Der Strom wird dann teurer, der Strom wird schmutziger, und das ist eine fragwürdige Politik der Landeshauptstadt.

(Franz Maget (SPD): Oh Gott!)

Und deshalb stellt sich auch eine ganze Reihe von Fragen bei diesem Thema.

(Beifall bei der CSU)

Kollege Kaul hat völlig recht,

(Franz Maget (SPD): Soll sich Regensburg jetzt beteiligen?)

Herr Wörner hat vorhin die Frage gestellt. Das ist auch eine Frage der grundsätzlichen Einstellung zu der künf

tigen Energieversorgung. Herr Maget, Sie waren genauso dabei wie Herr Wörner, als hier in München am Sonntag vor einer Woche der Film von Al Gore „Unbequeme Wahrheit“ gezeigt worden ist. Herr Kleinfeld, Vorstandsvorsitzender von Siemens, hat erklärt, dass es, als er in Davos von einem Forum zum anderen gegangen ist, nur eine einzige Botschaft gab:

(Franz Maget (SPD): Und was baut der Herr Kleinfeld?)

dass Energieversorgung und Klimaschutz die größten Herausforderungen der Menschheit sind. Insofern ist es mehr als fragwürdig, wenn die Hauptstadt unseres Landes jetzt in Kohlestrom investiert.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Nach allem, was uns an Informationen zugänglich ist, gibt es kein Drängen der Landeshauptstadt München, ihr Investment mit einer CO2-Sequestierung in Herne zu verbinden. Sie sprechen in Ihrer Frage Forschung, große neue Technologien an. Wo ist denn die Forschung? Sagen Sie uns doch einmal, ob die Landeshauptstadt ihr Investment mit der Conditio verbunden hat, dass dort in CO2-Abscheidung investiert wird.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE) – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Niemandem ist das öffentlich bekannt, und deshalb bleibt das eine außerordentlich hinterfragenswürdige Investition in einer Zeit, in der die Klimaerwärmung derart rasant voranschreitet, dass nicht nur die Kanzlerin davon spricht, dass das die größte Herausforderung der Menschheit ist,

(Zurufe von den GRÜNEN)

sondern zum ersten Mal in der Weltgeschichte sich ein Staatenbund zu einer verbindlichen CO2-Reduktion entschlossen hat. Der Klimaschutz steht zum ersten Mal auf der Tagesordnung eines G-8-Gipfels ganz oben – bei dem anstehenden Treffen in Heiligendamm –, sodass wir in der Tat global denken müssen, aber auch entsprechend konsequent lokal handeln müssen. Das ist aus dem bisher bekannten Handeln der Landeshauptstadt nicht erkennbar.

(Franz Maget (SPD): Ist die Investition nun hinterfragenswürdig oder falsch?)

Das Wort hat Frau Kollegin Bause.

Herr Kollege Maget, wir bleiben dabei, dass es geordnete Fragestellungen gibt und keinen Dialog zwischendurch.

(Franz Maget (SPD): In London darf man das! – Gegenruf des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU): Dann müssen Sie halt dort kandidieren!)

Herr Staatsminister, ist für Sie ein Strom sauber, wenn dadurch hochgiftiges Plutonium in riesigen Mengen produziert wird, wenn wir heute noch keine Antwort auf die Frage der Endlagerung haben, wenn Sie riesige Probleme haben mit der Entsorgung des hoch giftigen Atommülls?

(Zuruf von der CSU: Wenn ihr das nicht verzögert hättet, hätten wir das längst! – Gegenrufe von den GRÜNEN und von der SPD) – Unruhe)

Ist dann ein Strom für Sie sauber? – Darauf hätte ich gern eine Antwort.

Zweitens. Sind Sie sicher, Herr Staatsminister, – –

(Anhaltende Unruhe)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte doch, der Kollegin das Wort zu lassen.

Sind Sie sicher, Herr Staatsminister, dass für die Beantwortung der Frage, die die CSU-Fraktion Ihnen heute gestellt hat, der Bayerischen Landtag der richtige Platz ist, oder sollte diese Frage vielleicht besser im Stadtrat von München erörtert werden?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass die deutschen Energiekonzerne in den nächsten Jahren 26 bis 40 neue Kohlekraftwerke planen, und ist Ihnen bekannt, dass das daran liegt, dass der Emissionshandel so konstruiert ist, dass es eine Privilegierung der Kohle gibt? Ist Ihnen bekannt, dass diese Konstruktion des Emissionshandels daher rührt, dass die Koalition auf Bundesebene, an der auch die CSU beteiligt ist, genau diese klimaschädlichen politischen Rahmenbedingungen herstellt?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ist Ihnen bekannt, dass es Ihre Politik auf Bundesebene ist, die dazu führt, dass die Kohle privilegiert ist und die großen Stromkonzerne in die Kohle in den nächsten Jahren investieren wollen? Ist Ihnen darüber hinaus bekannt, dass der CSU-Wirtschaftsminister, Herr Glos, für die weitere und stärkere Privilegierung der Kohle kämpft? Deswegen frage ich Sie, Herr Staatsminister: Was tut die Bayerische Staatsregierung, um die klimaschädliche Privilegierung der Kohle über den Emissionshandel zu beenden und klimafreundliche politische Rahmenbedingungen auf Bundesebene zu setzen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Bause, erstens produziert ein Kernkraftwerk kohlendioxidfrei Strom. Selbst wenn man die Produktion der Brennelemente berücksichtigt, bewegt sich das pro Kilowattstunde in einer Größenordnung von 16 bis 31 Gramm

CO2, bei einem Steinkohle- oder Braunkohlekraftwerk sind es zwischen 700 und 1250 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde. Das ist ein Faktor von 50 und mehr bei der Klimaverträglichkeit.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Sie sollten die Fragen beantworten, die gestellt worden sind!)

Zweitens. Dass die Frage der Endlagerung in Deutschland nach wie vor ungelöst ist, sollten Sie, Frau Bause, aber nicht fragen; denn es ist Ihrer Partei insbesondere zu „verdanken“, dass wir bis heute die Erkundung für das Endlager in Gorleben

(Zurufe der Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE) und Franz Maget (SPD))

nicht abgeschlossen haben, sondern ein Moratorium haben.