Protocol of the Session on March 7, 2007

Bitte schön? Sie können es gerne laut sagen.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Sie hat recht!)

Wenn Sie, liebe Kollegin von der hintersten Bank, meinen, das sei Geschwätz, dann würde ich Ihnen empfehlen, zu den Eltern in Ihrem Stimmkreis zu gehen

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ingeborg Pongratz (CSU): Da war ich, nicht nur einmal!)

und zu ihnen zu sagen: Liebe Eltern, liebe Schüler, die Forderung nach mehr Lehrerinnen und Lehrern ist Geschwätz. Sagen Sie das öffentlich, dann können wir hier weiterreden.

(Ingeborg Pongratz (CSU): Ihre Rede ist Geschwätz!)

Ansonsten sind solche Zwischenrufe nichts anderes als dummes Zeug.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Sibler.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die SPD fordert 1000 zusätzliche Planstellen jetzt und sofort. Sie bekommt im bereits beschlossenen Doppelhaushalt zum Schuljahr 2007/08 784 Planstellen. Das sind die Zahlen, die wir für das nächste Jahr schon beschlossen haben. Wir machen damit deutlich, dass wir unserer Verantwortung gerecht werden.

(Beifall des Abgeordneten Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU))

Sie fordern im vorliegenden Dringlichkeitsantrag 1000 neue Lehrerinnen und Lehrer, und zwar jetzt, also sofort. Ich darf darauf hinweisen, dass zum Schulhalbjahr, also seit letzter Woche, 180 zusätzliche Mobile Reserven an Bayerns Volksschulen zur Verfügung stehen. Es ist auch Minister Schneider zu verdanken, dass die Zahl außerhalb der ursprünglichen Planung noch einmal kurzfristig um 30 erhöht worden ist, und das sind immerhin auch noch einmal 870 zusätzliche Lehrerstunden.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Und warum?)

Warum? Weil natürlich auch Unterricht ausfällt.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Weil es notwendig war, mehr als notwendig!)

Aber im Winter, sehr geehrte Frau Werner-Muggendorfer, sind die Leute auch ab und an einmal krank, und dann fällt eben ab und an einmal Unterricht aus.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Dafür gibt’s ja eine Mobile Reserve!)

Dafür ist die Mobile Reserve auch da. Darum haben wir sie auch noch einmal erhöht, und damit haben wir die schwierige Lage in den Wintermonaten bewältigen können. Da sind die Leute halt mal krank und die Lage wurde verbessert, auch im Landkreis Dingolfi ng-Landau – Kollege Pfaffmann hat ihn wieder einmal genannt –, der zeitweise im Fokus der Öffentlichkeit stand. Es sind in Landau, es sind in Wendelskirchen zusätzliche Mobile Reserven im Einsatz, und die Lage hat sich verbessert. Wir sind, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch in diesem Punkt unserer Verantwortung gerecht geworden.

Es ist aber auch zu erwähnen und interessant, dass der Freistaat Bayern aufgrund seiner langjährigen und soliden Finanz- und Haushaltspolitik kurzfristig in der Lage ist, solche Mittel zur Verfügung zu stellen. Der Dank gilt hier den CSU-Haushaltspolitikern und dem Finanzminister.

(Ludwig Wörner (SPD): Und dem Steuerzahler!)

Das zahlen natürlich die Steuerzahler, aber das sind natürlich auch die Entscheidungsträger, Herr Wörner, ob Sie es glauben oder nicht.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Herr Kollege Sibler, Sie haben vergessen, sich bei sich selber zu bedanken!)

Sie haben nachher selber Gelegenheit zu sprechen, Herr – jetzt weiß ich den Namen nicht mehr –, Wahnschaffe heißen Sie, glaube ich.

Hinweisen will ich zudem darauf, dass in den letzten Jahren immer neue und echte zusätzliche Lehrerplanstellen im Etat ausgewiesen wurden. Nehmen wir das Bezugsjahr 1989/90. Das sind netto, also abzüglich der Einsparungen durch Arbeitszeiterhöhung, durch Nachtragshaushalte oder andere Gewinne, 10 880 Stellen. Wenn man es vom Schuljahr 2001/02 bis zum Jahr 2007/08 rechnet, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind es 6058 zusätzliche echte Planstellen. Eine Situation, wie sie Herr Pfaffmann darstellt, dass auf dem Rücken der Kinder gesundgespart worden sei, kann man also beim besten Willen nicht nachweisen.

(Susann Biedefeld (SPD): Schönrechnerei!)

Sie haben das Beispiel Fachoberschule – FOS – und Berufsoberschule – BOS- gebracht. Da muss man sehen, dass aufgrund der katastrophalen Lehrstellensituation 2002/03/04 viele Leute auf die Fachoberschule oder die Berufsoberschule gegangen sind. Sollen wir noch einmal daran erinnern, wer damals auf Bundesebene Verantwortung getragen hat, wer dafür verantwortlich war, dass die Arbeitslosenzahlen so hochgegangen sind? Es war Rot-Grün, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Wenn man bessere Zahlen hätte, könnte man die Steigerungen, die wir gehabt haben, auch in pädagogische

Verbesserungen hineinstecken und müsste sie nicht immer nur in die Grundversorgung stecken.

Ähnlich ist es bei der Hauptschule. Sie haben immer wieder von gestrichenen Stellen gesprochen. Herr Pfaffmann, Sie lügen an dieser Stelle. Sie reden wider besseres Wissen, denn Sie wissen genau, dass wir aufgrund der zurückgehenden Schülerzahlen an den Hauptschulen die Stellen an die Realschulen und Gymnasien gegeben haben, um dort kleinere Klassengrößen aufrechterhalten bzw. schaffen zu können.

Man muss darauf hinweisen, dass jetzt und sofort die 1000 Planstellen nicht möglich sind. Es ist jetzt kein Einstellungstermin, das wissen Sie auch ganz genau. Sie erheben hier eine populistische Forderung. Wir haben vorgemacht, wie es geht. Wir haben die 180 zusätzlichen Planstellen für Mobile Reserven geschaffen.

Wo sollen denn jetzt und sofort auch 1000 Lehrer herkommen? Sie wissen, dass wir bei den Mathematik, Physik- und Lateinlehrern einen Mangel haben. Wir unternehmen alles Mögliche, damit wir außenstehende Leute herbekommen, zum Beispiel Diplom-Physiker. Das ist unsere Politik. Sie ist sinnvoll, sie ist richtig, und daran wollen wir weiter arbeiten. Selbst bei den Grundschullehrern, die im letzten Jahr nicht alle übernommen werden konnten, gibt es im Moment Probleme, welche zu bekommen, weil die Leute Gott sei Dank so fl exibel sind, sich zwischenzeitlich andere Stellen zu suchen.

Das Thema, das Sie uns heute einmal mehr vorgeben, wird sicherlich auch Thema der regulären Nachtragshaushaltsverhandlungen sein. Die CSU wird das Thema dort seriös behandeln und nicht mit opportunistischen Forderungen, wie sie im Dringlichkeitsantrag zum wiederholten Mal erhoben wurden.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Tolle.

Dem Schulsystem, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, geht es wie meinem Bein: Es krankt.

Zum Thema Lehrermangel – da waren von hinten erbitterte Zwischenrufe zu hören – möchte ich Ihnen ein paar Äußerungen von Frau Pongratz – aus Landshut ist sie, glaube ich – vorlesen: „Es vergeht fast kein Tag, an dem nicht massive Beschwerden von Eltern an mich herangetragen werden.“ „Wir können uns doch nicht Bildung auf die Fahnen schreiben, die nötigen Mittel dafür aber nicht zur Verfügung stellen.“

In der „Landshuter Zeitung“ fordert Frau Pongratz: „Ich will erreichen, dass im Nachtragshaushalt mehr Stellen für die Mobilen Reserven ausgewiesen werden.“

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN – Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Ist doch schön!)

Herr Kollege Waschler, es war zu hören, dass Sie in Landshut sehr große Schwierigkeiten hatten. Ich möchte auch das Motto dieser Veranstaltung zum Besten geben, wohlgemerkt, den Titel haben die Eltern gewählt: „Sparen wir unsere Kinder dumm?“ Es muss Ihnen doch zu denken geben, wenn Eltern solche Fragen an Sie richten.

Ich fange mit dem Gymnasium an. Die BPV-Zeitung liegt draußen auf. Darin können Sie lesen, dass 3,7 % der Stunden ersatzlos ausgefallen sind. Sehr geehrte Damen und Herren, ein Staat hat die Pfl icht, Unterrichtsstunden zur Verfügung zu stellen, und es geht nicht an, gerade nicht vor dem Hintergrund des achtjährigen Gymnasiums, in das sehr viel Stoff hineingepackt wird, dass Unterricht ersatzlos ausfällt. Es geht auch nicht, wie es wohl in Gilching an einem Gymnasium gewesen ist, dass, wie mir Eltern geschrieben haben, 8 % der Stunden sind von November bis Mitte Februar ersatzlos ausgefallen, in Englisch 27 Stunden. Sechs Stunden Englischunterricht wurden schließlich erteilt. Im Rest wurden die Kinder nach Hause geschickt, oder es wurde etwas anderes gemacht. Das geht nicht. Wir haben einen vollen Lehrplan, und der Staat muss seine Pfl icht erfüllen, diese Stunden zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Die Eltern in Landshut haben darüber hinaus – und ich lege ausdrücklich Wert darauf, dass das ein Beispiel dafür ist, wie es überall passiert – gesagt: Der Lehrermangel ist seit Jahren fl ächendeckend und chronisch. 44 % der Stundenausfälle werden in Niederbayern durch die Mobile Reserve vermieden, Herr Minister.

Das heißt, 56 % sind unklar.

Dann wurde von einer Förderlehrerin berichtet, die keine Einzelförderung, sondern Urlaubsvertretung macht. Eine Mutter hat gesagt: In der nächsten Woche gebe ich eine Stunde Sport und eine Stunde Mathematik. Die Eltern haben darüber hinaus angemerkt, dass es jedes Jahr das Gleiche sei: Klassen werden zusammengelegt, Kinder werden heimgeschickt, Eltern müssen Dienst am Pult schieben, Eltern werden immer wieder vertröstet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen die Ausrede nicht gestatten, dass das Einzelfälle sind. Sehr geehrter Herr Minister, wenn sich Einzelfälle und Improvisationen häufen, dann ist eine organisatorische Regelung angebracht, die ganz einfach ist: Sie müssen mehr Lehrerinnen und Lehrer einstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es wäre auch schon ein Signal, wenn Sie heute diesem Antrag im Hinblick auf den Nachtragshaushalt zustimmen würden. Ich halte den Antrag auch nicht für vermessen vor dem Hintergrund, dass Sie mit dem Doppelhaushalt den Hauptschulen, die Sie aufwerten möchten – da bin ich sehr gespannt – 1655 Stellen streichen. Herr Kollege Sibler, wenn Sie die Differenz zwischen dem PersonalSoll des Jahres 2008 und jenem des Jahres 2006 ermit

teln, dann ergibt sich diese Streichung. Insofern halte ich das nicht für unredlich. Wenn wir den demografi schen Gewinn im System belassen wollen, dann müssen Sie so handeln.

Herr Minister, es ist vielleicht ganz nett, wenn Sie den kultusministeriellen Tourismus hin zu den Brandherden befördern, wenn Sie persönlich dort hingehen und sich ein Bild von der Lage machen. Ich glaube aber nicht, dass es Aufgabe eines Ministers sein kann, ständig dorthin zu reisen, wo sich neue Löcher auftun. Ein Minister sollte stattdessen strategische Überlegungen anstellen, wie man die Brandherde langfristig beseitigen kann. Das geht nur mithilfe neuer Lehrer.

(Beifall bei den GRÜNEN)