In Landshut haben sich die Elternbeiräte aus der gesamten Region beschwert. Für Sie sind das alles Einzelfälle.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Regierungsfraktion, das ist eine zynische Politik gegenüber den Eltern, die die Sorge haben, ob ihre Kinder das Klassenziel erreichen.
Das sind eben keine Einzelfälle, liebe Kolleginnen und Kollegen, sondern das ist mittlerweile Tradition an bayerischen Schulen. Es ist CSU-Tradition. Unterrichtsausfall ist CSU-Tradition hier in diesem Lande. Das zeigt die ganze Hilfl osigkeit Ihrer Politik auf, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie wollen nicht mehr Lehrer einstellen, weil Sie sparen wollen. Das ist ihre Politik seit zwei Jahren.
Das aber geht am Interesse der Kinder und Eltern schnurgerade vorbei. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann Sie nur auffordern: Hören Sie endlich auf, auf dem Rücken der Eltern und der Ausbildung ihrer Kinder den Staatshaushalt zu sanieren.
Sie werden auch niemals behaupten können, dass Sie das nicht gewusst hätten. Sie machen das wissentlich, und das macht es nicht einfacher, das macht es noch schlimmer. Sie wissen, worum es geht. Wenn Sie Ihre Abgeordneten-Kollegen in den Stimmkreisen fragen, die mit Eltern gesprochen haben, werden Sie feststellen, sie alle wissen, dass es stimmt, was wir hier seit zwei Jahren sagen, nämlich dass wir einen strukturellen Lehrermangel und keine Einzelfälle haben. Alle wissen es, nur in diesem Hause wollen Sie es nicht zugeben, weil Sie weder in der Lage noch Manns genug sind, Ihrem Finanzminister das Geld aus den Rippen zu leiern, um an unseren Schulen eine Unterrichtsgarantie abgeben zu können.
Ich sage Ihnen, wir haben im letzten Jahr zehn deutliche Aufforderungen der Verbände aller Schularten, der Elternverbände, des Verbands der Junglehrer, des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, des Philologenverbands und des Realschullehrerverbands bekommen, und sie alle haben Sie aufgefordert, mehr Geld für Lehrer bereitzustellen und mehr Planstellen einzurichten. Das schlagen Sie hier einfach in den Wind, weil Sie nicht wollen, dass mehr Lehrer eingestellt werden, und das zeigt die ganze Hilfl osigkeit und Zynik Ihrer Bildungspolitik hier in diesem Haus.
Sie sagen, das seien Einzelfälle. Es sind eben keine Einzelfälle, lieber Herr Staatsminister. Auch Sie wissen das. Nur: Sie können gar nicht mehr anders, sonst müssten Sie nämlich hierfür einen Nachtragshaushalt vorlegen, der mehr Lehrerinnen und Lehrer für die Schulen vorsieht.
Wir haben eine neue Meldung der Fachoberschulen – auch das nochmals zur Kenntnis –, die schreiben: „Für eine gesicherte Unterrichtsversorgung im kommenden Schuljahr sind 150 Planstellen notwendig.“ Für eine gesicherte Unterrichtsversorgung! Das heißt, wenn Sie diese Planstellen nicht schaffen, ist der Unterricht an den Fachoberschulen nicht gesichert. Wollen Sie das wirklich und allen Ernstes in Kauf nehmen, damit Sie nicht eine müde Mark mehr für Schulen einstellen müssen? Ich fi nde, das geht wirklich an der Interessenslage unserer Schülerinnen und Schüler völlig vorbei.
Wir haben in den letzten zwei Jahren hier in diesem Hause – in den letzten zwei Jahren! – zehn Dringlichkeitsanträge diskutiert und gestellt und auf die Situation hingewiesen; zehn Dringlichkeitsanträge! Sie haben sie alle abgelehnt, und zwar rigoros, selbst wenn es darum geht, einfach nur mehr Lehrer einzustellen, nicht um die Frage, ob dieses Schulsystem noch Sinn macht; wenn es nicht um schulstrukturelle Fragen, sondern um die ganz einfache Frage geht: Sind Sie bereit, an Bayerns Schulen mehr Lehrer einzustellen? Diese Anträge haben Sie jedes Mal abgelehnt. Das zeigt die Ignoranz der Mehrheit in diesem Hause. Und ich sage Ihnen: Ihre Zweidrittelmehrheit tut den Schulen und den Eltern in Bayern nicht gut.
Und auch Sie, lieber Herr Nöth, wissen es, weil auch Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen vor Ort mit den Eltern sprechen. Auch die sagen Ihnen, dass wir mehr Lehrerinnen und Lehrer brauchen. Sie sind aber nicht Manns genug, hier zu sagen, jawohl, das stimmt, wir brauchen mehr Lehrerinnen und Lehrer, wir sind bereit, sie einzustellen. Das sind Sie nicht, und das ist wirklich bemerkenswert.
Es ist Ihnen wurscht, dass das zulasten der Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer geht; das ist Ihnen offensichtlich völlig wurscht. Es ist Ihnen auch wurscht, dass es um die Zukunft der Kinder geht. Es ist Ihnen auch wurscht, dass der Unterricht immer mehr nach Hause verlagert wird und dass zu Hause die Familien aufarbeiten müssen, was die Schule, lieber Herr Waschler, nicht schafft. Das wissen Sie ganz genau.
Nein, das sind keine Unterstellungen, das sind die Berichte, die Eltern auch gegenüber Ihnen abgeben.
Wahrscheinlich haben Sie in Landshut die Augen und die Ohren zugemacht, sonst hätten Sie hören müssen, was Ihnen die Eltern sagen, nämlich genau das: Wir brauchen an Bayerns Schulen mehr Lehrpersonal, weil wir sonst an die Wand fahren.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, fahren die Schule an die Wand, wenn Sie nicht endlich einlenken und in den Klassen für mehr Personal sorgen.
Ich möchte noch Folgendes dazusagen, denn damit ist es noch nicht genug: Sie stellen nicht nur keine Lehrer bedarfsgerecht ein, sondern Sie kürzen auch noch die Stellenpläne. Auch wenn Sie hier immer wieder versuchen, das schönzureden und wegzudiskutieren, fehlen
im Stellenplan der Hauptschulen 2007/2008 1660 Stellen. Das ist eine Kürzungsorgie auf dem Rücken der Hauptschulen, und Sie stellen sich hier gleichzeitig hin und sagen: Sie wollen die Hauptschulen stärken. Sie belügen die Öffentlichkeit und die Schüler und Eltern in diesem Land, wie es Ihnen passt.
Sie haben vorher im Haushalt bei den Hauptschulen 422 Stellen gestrichen. Sie kürzen bei den Ganztagsschulen die Lehrerstundenzuweisungen von 19 auf 12. Sie kürzen auf der gesamten Linie die Stellen. Das ist Ihre Politik, die Sie in diesem Hause machen, und Sie wissen es auch.
Und das Schlimme ist, Sie gehen diese schwierige Lage wissentlich ein, dass Eltern Unterricht halten müssen, dass Lehrer nicht mehr können und dass Schüler in Klassen mit 36 Schülerinnen und Schülern sitzen. Können Sie mir hier endlich einmal sagen, wie bei einer Klassenstärke von 36 Schülern eine vernünftige Pädagogik gemacht werden kann? – Ich weiß es nicht, und auch Sie wissen es in Wahrheit nicht.
Aber Sie sind nicht bereit und nicht in der Lage, das zu fi nanzieren. Sie laufen wissentlich und sehenden Auges in eine Katastrophe. Sie wissen ganz genau, dass im Jahre 2010 8000 Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen aufgrund der Pensionierung fehlen werden. Das haben Ihnen auch die Verbände vorgerechnet – nicht wir von der Opposition. 8000, diese Zahl haben die Verbände auf den Tisch gelegt, nicht wir von der Opposition.
Wollen Sie nicht endlich einmal anfangen, die Lehrerinnen und Lehrer, die wir haben, einzustellen, um zumindest die Pensionierungen auszugleichen? Und: Sie kommen immer wieder daher und sagen, wir hätten gegenüber dem Haushalt eine Gesamtverantwortung. Ich sage Ihnen: Sie haben bitte schön eine Verantwortung gegenüber den Eltern und den Kindern in diesem Lande. Das ist primäres Ziel, nichts anderes.
Wenn Sie immer wieder mit der Finanzierung daherkommen, sage ich Ihnen: Es gibt eine Studie der RobertBosch-Stiftung. Schauen Sie sie sich an und Sie werden feststellen: Aufgrund des Schülerrückgangs wird allein Bayern bis zum Jahre 2020 2,3 Milliarden Euro einsparen; 2,3 Milliarden Euro! Wollen Sie denn um Himmels willen nicht endlich einmal diesen demografi schen Gewinn in kleinere Klassen und in größere Stellenpläne investieren?
Wollen Sie denn dem Herrn Faltlhauser dieses Geld wirklich in die Kassen stecken lassen, unsere Schülerinnen und Schüler alleine lassen und unsere Eltern mit der Schulverlagerung nach Hause weiterhin belasten?
Ich fi nde dies eine unverantwortliche Politik. Es ist auch nicht mehr zu akzeptieren, dass Sie in diesem Hause anders als in Ihren Stimmkreisen reden.
Ich kann Ihnen mehrere Äußerungen Ihrer Kollegen von der rechten Seite des Hauses zitieren, die in ihren Stimmkreisen anders als hier im Hause reden. Das kann ich Ihnen sagen!
Lieber Herr Kupka, ich könnte Ihnen mittlerweile auch Schulamtsleiter Ihrer Partei nennen, wenn ich wollte, die zu Ihnen laufen und sagen,
hört mit dieser Politik auf, es schadet unseren Schulen, unseren Kindern und den Familien. Aber Sie sind weder einsichtig noch bereit, hier umzusteuern.
Mit dem Hinweis auf einen ausgeglichenen Haushalt ist es nicht mehr getan. Ich darf Sie schon daran erinnern, dass Bayern durch die Mehrwertsteuererhöhung Mehreinnahmen hat. Sind Sie nicht endlich einmal bereit, Teile dieser Mehrwertsteuererhöhung in mehr Lehrer zu investieren, damit die Situation an unseren Schulen endlich einmal besser wird? Glauben Sie nur nicht, dass wir in dieser Frage Ruhe geben werden. Sie wissen genau – und das tut Ihnen auch sehr weh –, dass in den nächsten Monaten dieses Problem ein entscheidendes Problem Ihrer Politik sein wird. Das wissen Sie ganz genau.
Glauben Sie auch nicht, dass es damit getan ist, wenn der Nachtragshaushalt kommt, wieder einmal 50 oder 100 Lehrer einzustellen.
Ich hatte ein Gespräch mit den Elternverbänden. Wenn Sie aufsummieren, was für Zahlen die nennen – die werden Sie auch noch erreichen, lieber Herr Kollege Waschler –, um die Unterrichtsversorgung aufrechtzuerhalten, dann werden Sie sehen, wie viele Lehrerinnen und Lehrer wir brauchen. Es sind nicht 300 oder 400, es sind mindestens 1000 pro Jahr in den nächsten Jahren, um eine vernünftige Unterrichtsversorgung aufrechtzuerhalten.
Ich möchte Sie noch einmal herzlich aufrufen im Interesse der Lehrer, im Interesse der Schüler und im Interesse der Eltern: Geben Sie endlich eine Unterrichtsgarantie ab in diesem Land, und sorgen Sie dafür, dass dafür ausreichend Finanzmittel in den Haushalt eingestellt werden. Sonst sind Sie, gerade die Bildungspolitiker, zahnlose Tiger.