Protocol of the Session on January 30, 2007

(Engelbert Kupka (CSU): Wollen Sie aufhören?)

Nein, aber er.

(Joachim Herrmann (CSU): Tschüss, Herr Maget! – Dr. Ludwig Spaenle (CSU) Ciao, Franz!)

Daher erwarte ich heute eine Erklärung über die Gründe Ihres Rücktritts.

Der Bayerische Landtag hat Sie mit Mehrheit zum Ministerpräsidenten gewählt. Er darf und muss auch die Gründe erfahren, warum Sie in der laufenden Legislaturperiode Ihr Amt vorzeitig aufgeben müssen, obwohl Sie noch im Januar erklärt haben, bis 2013 weiterregieren zu wollen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Das war Ihre Absicht. Ihre persönliche Absicht, Herr Dr. Stoiber, war, 2008 noch einmal zu kandidieren und, weil Sie keine halben Sachen machen – so haben Sie sich eingelassen – die volle nächste Legislaturperiode Ministerpräsident von Bayern bleiben zu wollen. Das war Ihr Wunsch und Ihre erklärte Absicht.

Es war also nicht Ihre persönliche Entscheidung oder gar Ihr Wunsch, sich zurückzuziehen, nein. Sie sind gestürzt und zum Aufgeben gezwungen worden. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dazu, Herr Dr. Stoiber, darf das Parlament Ihre Stellungnahme erwarten. Sie haben uns zwar nicht besonders oft die Ehre gegeben, einer Plenarsitzung des Landtags beizuwohnen.

(Widerspruch bei der CSU)

Aber heute sind Sie da und, wie mir scheint, einsatzfähig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie mir ein Landesparlament in Deutschland nennen können, in dem der Regierungschef weniger anwesend war als im Bayerischen Landtag Herr Stoiber, dann gebe ich Ihnen eine Runde aus. Das verspreche ich.

(Beifall bei der SPD)

Ein solches Parlament gibt es in Deutschland nicht. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD – Engelbert Kupka (CSU): Bei diesem Einsatz fühlen Sie sich aber nicht sicher!)

Aber das ist Vergangenheit.

(Zurufe von der CSU – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, Ihr Geschrei wird mich doch nicht davon abbringen, die Wahrheit zu sagen. Da können Sie schreien, wie Sie wollen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN – Lachen bei der CSU)

Gestatten Sie mir heute auch ein persönliches Wort. Herr Dr. Stoiber, ich habe Respekt vor Ihrem politischem Einsatz und Ihrer großen Leistungsbereitschaft.

(Franz Schindler (SPD): Im Gegensatz zu denen!)

Sie waren in der Tat ein schwerer Gegner. Es ist nicht zu leugnen – so fair sollten auch politische Gegner miteinander umgehen, und das ist auch mein Anspruch –, dass unser Land auch durch Ihre Arbeit und eine ganze Reihe von Initiativen, die Sie eingeleitet haben, vorangekommen ist. In den nächsten Wochen werden wir erleben, wie Ihre 14-jährige Amtszeit von Ihrer Partei in leuchtenden Farben gemalt werden wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Da werden Lorbeerkränze geflochten und Büsten aufgestellt werden. Es fragt sich bloß, meine Damen und Herren; Warum haben Sie ihn dann in die Wüste geschickt? Diese Frage müssen Sie mir allerdings beantworten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Söder, den ich gerade sehe, hat gesagt – ich glaube, es war bei Christiansen –, es sei eine Frage des Charakters gewesen, ob man in den Tagen von Kreuth hinter Herrn Stoiber gestanden ist. Wie kann ich denn das verstehen? Wer hat denn in Ihren Reihen den Charakter gehabt und wer nicht? Vielleicht können Sie mir das heute noch erläutern.

(Beifall bei der SPD)

Die dunklen Seiten, die Fehler und Versäumnisse der Regierungszeit von Herrn Dr. Stoiber – und davon gibt es viele – werden verschwiegen werden. Sie haben mit großer Energie gearbeitet, aber leider oft in die verkehrte Richtung. Der große, ja wachsende Unterschied zwischen den bayerischen Landesteilen, das hoffnungslos unterfinanzierte Bildungswesen, zu große Klassen, zu wenig Lehrer, die niedrigste Abiturientenquote aller Länder in Deutschland,

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Geh, geh!)

die Errichtung neuer Bildungshürden, die Einführung von Büchergeld und Studiengebühren, die Pleite großer Unternehmen, an denen der Freistaat beteiligt bzw. die Staatsregierung sich engagiert hat, die Unterversorgung bei Kinder- und Ganztagsbetreuung, Kürzungen der Mittel für Familienberatung, beim Landesplan für Menschen mit

Behinderung sowie beim Blindengeld, Ihr Festhalten an der rückwärts gewandten Atompolitik, die Halbierung der Investitionsquote seit Ihrem Regierungsantritt im Jahr 1993 von damals 23 auf jetzt nur noch 12 Prozent, der Ausverkauf des öffentlichen Eigentums, eine völlig verunglückte und verkorkste Verwaltungs-, Forst-, und Polizeireform und ein autoritärer Regierungsstil, der nicht mehr in diese Zeit passt.

(Beifall bei der SPD)

Es gäbe noch manches hinzuzufügen, aber vielleicht kommt dafür noch eine andere Gelegenheit.

(Eduard Nöth (CSU): Der Fall der SPD!)

Heute geht es um ein anderes Thema, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es geht um die Frage: Warum wurde Herr Ministerpräsident Stoiber, wenn er aus Ihrer Sicht der beste Ministerpräsident in Deutschland ist, wenn er Ihr Vertrauen genießt, wenn er angeblich alles richtig gemacht hat, von Ihnen gestürzt und zur Aufgabe gezwungen?

Noch im letzten Dezember, als wir hier zur Plenarsitzung zusammengekommen sind, haben Sie ihm lebhaften, lang anhaltenden Beifall gespendet.

(Zurufe von der CSU)

Ich habe Ihnen damals schon gesagt, was das für eine Heuchelei war.

(Beifall bei der SPD)

Sie sind doch gleich nach der Plenarsitzung in die Landtagsgaststätte runter gegangen und haben dort am Tresen wieder über Herrn Stoiber gemault und sich den Mund zerrissen. Und Sie haben lieber auf die Hompepage von Frau Pauli geschaut als in die Bulletins der Kabinettssitzung.

(Beifall bei der SPD – Bernd Kränzle (CSU): Sehr schwach!)

Die Frage lautet also: Warum hat die CSU Herrn Stoiber gestürzt? – Dafür gibt es nur einen Grund. Die Grundlage für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Ihnen und dem Bayerischen Ministerpräsidenten ist allem Anschein nach nicht mehr gegeben, und zwar zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr und nicht erst am 30. September dieses Jahres.

(Beifall bei der SPD)

Für diesen Fall gibt die Bayerische Verfassung eine klare Auskunft. Sie regelt in Artikel 44, dass der Bayerische Ministerpräsident zurücktreten muss, wenn die Grundlage für ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten mit der Mehrheit des Landtages nicht mehr gegeben ist.

(Engelbert Kupka (CSU): Des Landtages und nicht einer Landrätin!)

Genau darauf bezieht sich unser heutiger Antrag: Der Verlust des Vertrauens zum Ministerpräsidenten nicht nur bei der Opposition, Herr Kollege Kupka, sondern auch bei großen Teilen der Mehrheitspartei kommt dadurch zum Ausdruck, dass Sie ihn zur Aufgabe und zum Rückzug gezwungen haben, obwohl er bis 2013 regieren wollte.

Der Vertrauensverlust ist auch in zahllosen Äußerungen und Stellungnahmen von CSU-Abgeordneten dokumentiert. Ich könnte viele aus Ihren Reihen zitieren, die auch einmal von der überregionalen Presse beachtet werden wollten.

(Heiterkeit bei der SPD)

Aber nur Herr von Rotenhan hat es bis in die „Tagesthemen“, bis in „heute“ und bis zu Frau Christiansen geschafft. Das hat nur er geschafft.

(Engelbert Kupka (CSU): Das ist heute im Grunde auch nicht schwierig!)