Protocol of the Session on December 14, 2006

Nicht zuletzt weise ich auf den Mobilfunkpakt hin. Zu diesem Pakt gibt es in fast jeder Umweltausschusssitzung zahlreiche Petitionen. Erst gestern hat meine Kollegin Barbara Rütting mit Bürgern und Bürgerinnen aus Bernau und Oberammergau 2000 Unterschriften gegen diese Politik der Betreiber abgegeben, die Sie angeblich mit dem Mobilfunkpakt steuern wollen.

Wie sieht es aus im Umweltausschuss? – Jede Petition wird mit Textbausteinen von der CSU für erledigt erklärt.

Dies alles ist in eine wunderbare Propagandaabteilung im Umweltministerium eingebettet, für die viele Millionen Euro vorgesehen sind. Die große Propagandakampagne hieß einmal „Bayern aktiv“, jetzt heißt sie „Gesund. Leben. Bayern“. Wahrscheinlich gab es nicht so viele Aktivitäten. Die mündigen Bayern wissen aber aus Fachmagazinen, aus der Werbung und letztlich aus der „Apothekenrundschau“, dass gesunde Ernährung, Bewegung und vernünftige Lebensführung wichtig sind. Dazu braucht man keine mit viel Geld ausgestattete Propagandaabteilung eines Umweltministeriums. Wenn sich das Ministerium schon mit Ernährung beschäftigt, dann zeigen Sie doch endlich einmal klar, Herr Umweltminister, dass Bioobst und Biogemüse mit Pestiziden deutlich weniger belastet sind – um das 150-fache weniger – als konventionelle Produkte. Sagen Sie das doch einmal der Bevölkerung!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wahrscheinlich passt das nicht in Ihr CSU-Bauernverbands-Weltbild.

(Christian Meißner (CSU): Sie müssen erst noch richtig in Fahrt kommen!)

Herr Meißner, ich hebe mir noch einige Minuten Redezeit auf. Wenn Sie dann geredet haben, bin ich richtig in Fahrt. – Umweltpolitik muss mehr sein als Sonntagsreden. Reparaturpolitik, Verzögerungstaktik, Pakte und Propaganda sind nicht genug. Ob eine Umweltpolitik verantwortlich ist, bemisst sich beispielsweise vorrangig am Handeln für den Klimaschutz. Das ist die größte umweltpolitische Herausforderung, jetzt und für die kommenden Jahrzehnte.

Was aber tut der Umweltminister, um diesem Auftrag gerecht zu werden? Nichts. Klimaschutz ist eine aktuelle Querschnittsaufgabe. Wo beispielsweise bleibt der Widerstand eines Umweltministers, der wirklich wunderbare Sonntagsreden halten kann, wenn der Klimaschutz

im Landesentwicklungsprogramm in vier Zeilen für erledigt erklärt wird?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wo bleibt sein Einsatz gegen den Ausbau der Flughäfen in Bayern, für eine angemessene Besteuerung des Flugbenzins oder die Einbeziehung des Flugverkehrs in einen wirksamen Emissionshandel? – Fehlanzeige. Wo bleibt sein Einsatz gegen Straßenbauorgien und für konsequente Verbesserungen im öffentlichen Verkehr? Wo bleibt sein Einsatz für spritsparende Autos der bayerischen Automobilindustrie? – Fehlanzeige. Die zügige Sanierung der öffentlichen Gebäude steht jetzt noch als Ziel im Haushalt 03 B. Dort ist auch als weitreichende Anpassungsstrategie das Förderprogramm für Sandsack-Abfüllanlagen zu fi nden. Das nenne ich eine wunderbare Anpassungsstrategie.

Der technische Hochwasserschutz wird mit Finanzmitteln von EU, Freistaat und Kommunen vorangebracht. Das ist gut so, aber wo bleibt der fl ächendeckende natürliche Hochwasserschutz mit Auwäldern, mit Retentionsfl ächen und Gewässerrandstreifen? Erst kürzlich haben Sie dies abgelehnt. Wo bleibt eine Bodenbearbeitung in der Landwirtschaft, die die Wasseraufnahme sichert und verbessert. Wo bleibt der Einsatz eines Umweltministers für den Schutz des Bergwaldes oder gegen die konkrete Flächenversiegelung? – Fehlanzeige. Verantwortliche Umweltpolitik, verantwortliche Klimaschutzpolitik – dieser Haushalt steht leider genau für das Gegenteil. Wer wird jetzt in die Minderung der Treibhausgase investieren? Der Gesamthaushalt der CSU lässt diesen Weitblick vermissen. Ein Wirtschaftsminister geht sogar diese Woche noch zweimal zur Eröffnung von Schneekanonenanlagen – in der Tat eine zukunftsweisende Investition für die Kommunen. Selbst die OECD sagt inzwischen, dass die Schneelagen in Bayern rapide abschmelzen werden. Da helfen dann auch keine Schneekanonen mehr, Herr Huber. Zukunftsfähige Tourismuskonzepte dagegen bleiben auf der Strecke. Spätestens seit dem Bericht des ehemaligen Weltbankökonomen Nicolas Stern dürfte bekannt sein: Klimaschutz spart Kohle und Uran.

Sie kommen immer wieder mit Ihrer Atomenergie. Derzeit haben wir weltweit einen Anteil von 2,5 % am Energieverbrauch. Selbst wenn Sie einige 100 Atomkraftwerke – plus 40 %, einige werden abgeschaltet, neue müssen gebaut werden, nicht fi nanzierbar und nicht durchsetzbar – dazu bauen würden, so die IEA, die Internationale Energieagentur, dann würde der Anteil am Endenergieverbrauch gerade mal von 2,5 % auf 2,9 % bis zum Jahr 2030 steigen. Damit wollen Sie das Klima retten und wir haben den Atommüll und wissen nicht wohin damit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Einsparpotentiale liegen heute bereits im Umfang von bis zu 80 % bei Strom und Wärme.

Insgesamt lässt sich feststellen: Umweltpolitik hat in dieser CSU eine extrem geringe Wertigkeit. Die Rede des Ministerpräsidenten hat es gezeigt: kein Wort zur Umwelt, zu Ökologie und Klimaschutz. Das kam darin nicht vor.

Der Umweltminister kann einem dabei in der Tat fast Leid tun. Wie soll er sich auf die Hinterfüße stellen, wenn der Chef die Aufgaben der Zeit nicht erkennt?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fast könnte einem dieser Musterschüler und Medienstreber – ich darf das einmal sagen – bedauernswert erscheinen. Es ist die Tragik des Musterschülers, die Substanz des Handelns wird ihm von dieser CSU-Staatsregierung strikt verweigert. Da hilft es dann auch wenig, wenn ein ungeliebter Söder sich das grüne Mäntelchen umhängt oder eine Junge Union weit entfernt in Brüssel die CO2-Steuer fordert, während gleichzeitig mit einer unsinnigen Pkw-Maut das Vielfahren belohnt werden soll. Leid tun können einem auch die qualifi zierten Mitarbeiter der Fachbehörden und des Ministeriums. Fachliche Zusammenarbeit soll gebündelt werden und gleichzeitig wird das Landesamt für Umweltschutz zerschlagen und in Teilbereichen nach Hof verlagert. Es wird umgesiedelt, Familien werden belastet, Laboreinríchtungen und Gebäude verscherbelt, Arbeitsbedingungen verschlechtert und eine Kosten-Nutzen-Analyse liegt bis heute nicht vor.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Meißner?

Nein, meine Redezeit ist ausgesprochen knapp.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ministerien und in den Fachbehörden gilt heute ausdrücklich mein Dank. Wir haben hochqualifi zierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Fachbehörden und im Haus, aber sie sind einem Stress bis zum Umfallen ausgesetzt. Sie stehen unter einem enormen politischen Druck und dürfen nicht so, wie sie wollen. Angesichts dieser Lage ein kleiner Tipp für Sie, Herr Staatsminister: Sie könnten den Stress deutlich reduzieren, wenn Sie manchmal unsinnige Termine in Oberfranken wegfallen lassen würden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir GRÜNEN stehen für den Weg in die Zukunft. Bis 2020 muss der Ausstoß klimaschädlicher Gase um 40 % reduziert werden, bis 2050 in den Industriestaaten um 80 %. Dann besteht die Chance, den Temperaturanstieg auf 2° C zu begrenzen. Wir liegen jetzt in Süddeutschland schon bei 1,2° C – mehr als der weltweite Durchschnitt – und Sie kennen die Auswirkungen, wenn der Temperaturanstieg zunimmt. Wir GRÜNEN fordern daher eine Kehrtwende in der Verkehrspolitik, Einsparungen und eine höhere Effi zienz von Energie, den Ausbau der erneuerbaren Energien und Handeln statt Sonntagsreden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jede politische Entscheidung, jede Investition des Freistaates muss auf ihre Klimarelevanz geprüft werden. Klimaschutz muss bei allen politischen Entscheidungen dieses Hauses gestärkt werden. Das bedeutet, wir brauchen einen grundsätzlichen Politikwechsel in Bayern, der

den Zukunftsaufgaben gerecht wird. Dieser Umwelthaushalt tut es nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

An dieser Stelle sei es mir gestattet, unseren Haushaltspolitikern Thomas Mütze und Eike Hallitzky für ihren großen Einsatz für notwendige Änderungen in diesem Haushalt zu danken. Die CSU hat es leider immer nur geschafft, vernünftige Anträge abzulehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich noch ganz kurz – mir bleiben nur noch ein paar Minuten – zur Kehrtwende in der Verkehrspolitik sagen: Klimagerechtigkeit bedeutet nicht neue Straße und neue Startbahnen auf Flughäfen, sondern tatsächlich Reduktion und Ausbau des öffentlichen Verkehrs, denn anderenfalls stärken wir nur die Abwanderungstendenzen auf Kosten der Region.

(Zuruf des Abgeordneten Christian Meißner (CSU))

Das ist in der Tat so.

BMW beispielsweise. – Zur Automobilindustrie –: Wir brauchen eine Reduktion des CO2-Ausstoßes. Dieser liegt weit über der Selbstverpfl ichtung von 140 Gramm CO2 pro Kilometer, und zwar BMW bei 190 Gramm und Audi bei circa 180 Gramm. Diese Firmen haben bis heute nicht begriffen, dass Investitionen in die Umwelt und Reduktion von Energie und Rohstoffen wichtig sind. Solche Produkte sind die Entwicklungen für den heutigen und künftigen Markt. In solche Produkte muss in Bayern investiert werden. Sie tun leider immer noch das Gegenteil, und zwar sowohl in der Industrie als auch bei der Festlegung dieses Haushalts.

Dass es sich rechnet, können Sie am Ausbau der erneuerbaren Energie sehen, die tatsächlich die Weltmärkte erobern, was sich an der Börse ebenfalls positiv niederschlägt.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Gegen den Widerstand der CSU!)

Es gibt zu den erneuerbaren Energien und deren Ausbau vieles zu sagen; ich möchte noch kurz darauf eingehen: Sie haben das Gesetz immer abgelehnt. Jetzt gehen Sie zu den Terminen, wenn Anlagen für erneuerbare Energien eingeweiht werden. Und für 2007 wollen Sie das Gesetz abwürgen. Ich sagen Ihnen: Das geht auf Kosten der Arbeitsplätze in der Region. Dieses Gesetz über erneuerbare Energien, das EEG, hat 170 000 neue Arbeitsplätze geschaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ruft jährliche Investitionen im Umfang von mehreren Milliarden hervor. Davon profi tiert der Mittelstand; das ist ein Mittelstandsförderprogramm und Sie wollen es kaputt machen. Das Gesetz steht auch für eine hohe Ausbil

dungsquote von Jugendlichen in den entsprechenden Betrieben. Setzen Sie sich für eine vernünftige und zukunftsorientierte Weiterentwicklung ein und würgen Sie das EEG nicht ab.

Noch etwas: Wenn Sie sich die Energieerzeugung aus Biomasse vor Augen führen, dann erkennen Sie, dass sich ein neues Problemfeld auftut. Palmöl soll hier auf Kosten des Tropen- oder Regenwaldes eingeführt werden, um den Einsatz von Biomasse voranzubringen. Denken Sie daran, Biomasse macht dann Sinn, wenn sie umweltfreundlich in Bayern erzeugt wird. Treten Sie ein gegen umweltzerstörende Importe aus der ganzen Welt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Abschließend: Handeln statt Sonntagsreden. Das wünschen wir uns alle in unserer Fraktion und ich glaube, das wünschen auch Sie sich im Geheimen, wenn Sie sich trauen dürften. Handeln statt Sonntagsreden – das braucht Bayern in diesem Land zum Wohl der Lebensqualität und aus globaler Verantwortung. Die Haushalte der Bayerischen Staatsregierung haben leider das Gegenteil aufgezeigt. Aus diesem Grund: Ablehnung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Kaul.

(Christian Meißner (CSU): Fragen Sie nach den Geheimnissen der Maut!)

Verehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Saal und an den Lautsprechern!

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU)

Ich wollte damit nur klarmachen, dass mir jetzt natürlich 180 Abgeordnete lauschen.

Noch besser wäre es aber, wenn sie hier wären, Herr Kollege.

(Christian Meißer (CSU): Die Hoffnung stirbt zuletzt! – Susann Biedefeld (SPD): Woher wissen Sie, dass Ihnen 180 Abgeordnete lauschen?)