Geld für Notwendiges fehlt noch in diesem Jahr; ich erinnere beispielsweise an die Debatte zur Schulsozialarbeit. Und nicht wenige Minister vertrösteten uns bei den Beratungen im Haushaltsausschuss mit den Worten: Das
werden wir wohl auf den Nachtragshaushalt vertagen müssen. Der Nachtragshaushalt 2008 ist dann der Wahlhaushalt. Dahinter steckt der politische Schweinezyklus wie im Lehrbuch: Nach der Wahl Einschnitte, vor der Wahl Wohltaten“. So beschreibt der „Münchner Merkur“ treffend Ihre Planspiele für 2008.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ihnen, und ich sage auch Dir, liebe Maria: Dieser sogenannte Masterplan für die Macht wird diesmal nicht aufgehen.
Die Menschen in Bayern werden sich nicht ein zweites Mal von Ihren Schweinezyklen hinters Licht führen lassen.
Vielleicht werden sie bei der nächsten Wahl nicht alle Grün wählen, obwohl ich das jedem mit gutem Gewissen empfehlen könnte.
Die CSU-Politik ist nach bloßen wahltaktischen Interessen ausgerichtet; lesen Sie die Berichte der Medien. Das werden viele Bayerinnen und Bayern nicht mehr wählen, da dürfen Sie sich sicher sein, ich bin es mir auch.
Sehr geehrter Herr Finanzminister, Ihre unstetige Finanzpolitik ist langfristig ein Schaden für Bayern. Anstatt mäßigend auf konjunkturelle Schwankungen einzuwirken, verstärken Sie diese noch. Das schadet den Menschen und das schadet der Wirtschaft in diesem Land. Für diese Politik gibt es von den GRÜNEN keine Zustimmung.
Wie wenig nachhaltig und stetig Ihre Finanzpolitik ist, zeigt jedem, der es wissen will, der gewaltige Widerhall, den der diesjährige Bericht des Obersten Rechnungshofes in den bayerischen Medien fand. Kollege Schieder hat dies dankenswerterweise schon angesprochen. Ich zitiere einige Überschriften daraus: „Staat lässt Bauten verkommen“, „Rüge für Bayerns Finanzpolitik“, „Falsch gespart“, „Wo Doktoren mit Klebeband auf undichten Dächern herumturnen“. Allein der Sanierungsbedarf für die Uni Regensburg liegt mittlerweile bei 400 Millionen Euro. Ihre Politik des Verzichts auf den Erhalt von Bausubstanz, von bayerischen Werten, von Substanz im Namen der Haushaltsdisziplin ist eine klassische Milchmädchenrechnung – diese Aussage stimmt vielleicht in einem Punkt nicht, weil es nämlich eine Beleidigung der Milchmädchen ist.
„Was nützt es dem Steuerzahler, wenn beim Unterhalt staatlicher Gebäude heute gespart wird und die Sanierung in einigen Jahren das Doppelte und Dreifache kostet?“, fragt die „Augsburger Allgemeine“ und liefert die Antwort gleich mit.
„Die Antwort ist klar: Es nutzt gar nichts“. Ich wüsste nicht, was man dieser Aussage des Journalisten der „Augsburger Allgemeinen“ entgegensetzen könnte; denn diese Aussage ist wahr.
Liebe Staatsregierung, anstatt sonntäglich von fi nanzpolitischer Verantwortung für die kommende Generation zu reden, sollten Sie lieber wochentags nach dieser Prämisse handeln. Doch was machen Sie? Sie bürden lieber der Jugend noch weitere Lasten auf. Die GRÜNEN haben Sie gebetsmühlenartig gebeten, sich der Ausweitung sogenannter PPP oder ÖPP – Öffentlich Privater Partnerschaften – entgegenzustellen. Bereits die ersten beiden größeren Projekte dürften Ihnen gezeigt haben, dass wir in unserer kritischen Einschätzung so falsch nicht liegen. Kostenvorteile durch PPP dürften eher die große Ausnahme sein und bleiben. Die Konstruktion von PPP oder ÖPP verursacht aber langfristig erhebliche fi nanzielle Verbindlichkeiten, die künftige Haushalte schwer belasten.
„Kaufe heute, zahle später“, ist für Konsumenten ein einfacher Weg, sich etwas zu kaufen, das man sich heute nicht leisten kann. „Kaufe heute, zahle später“, ist aber auch für viele und für immer mehr Menschen ein genial einfacher Weg in die Privatinsolvenz.
Sehr geehrter Herr Finanzminister, diese Erkenntnis sollten wir auch für unser staatliches Ausgabeverhalten berücksichtigen.
Die künftigen Haushalte bereits heute zu verbraten, um damit zusätzliche Bauvorhaben durchzusetzen, ist gegenüber der kommenden Generation, die sie dann bezahlen muss, unverantwortlich. Das gilt auch dann, wenn Sie die Haushalte nicht mehr zu verantworten haben.
Der Staat braucht Einnahmen. Und die Mittel, die wir je nach Fraktion zur Gestaltung unserer Politik brauchen, müssen beschafft werden, sonst geht nichts. Gerade deshalb ist es die zentrale Aufgabe des Finanzministers, diese Einnahmen auch tatsächlich zu erheben. Damit wären wir beim nächsten Thema, dem Steuervollzug oder besser: den gravierenden Mängeln im Steuervollzug.
Ich würde Ihnen gerne für die in Bayern gestiegenen Staatseinnahmen danken, aber das geht leider nicht; denn es wagt in diesem Land zu Recht niemand zu behaupten, die für 2007 und 2008 zu erwartende verbesserte Ein
nahmesituation hätte irgend etwas mit einer – sagen wir einmal – geglückten Reformpolitik von Schwarz-Rot im Bund zu tun. Was da stattfi ndet, wird uns täglich vorgeführt. Die verbesserte Wirtschaftslage hat vielmehr ein wenig mit Gesetzesvorhaben unter Rot-Grün zu tun, die bei uns auch durchaus umstritten waren. Das wissen Sie auch. Und sie hat vor allem mit der weltwirtschaftlichen Konjunkturerholung zu tun.
Sie setzen da noch eines drauf – dafür sind Sie mitverantwortlich: Jetzt gehen Sie mit einer Mehrwertsteuererhöhung, mit der größten Steuererhöhung, die dieses Land je erlebt hat, wiederum den leichten Weg. Gerade die Mehrwertsteuererhöhung belastet vor allem – nicht nur, aber vor allem – die kleinen Leute und entbindet Sie, Herr Minister, augenscheinlich davon, bei jenen für eine umfassende Steuereintreibung zu sorgen, die landläufi g nicht zum Prekariat zu rechnen sind. Jährlich verzichten Sie wissentlich darauf, mehrere einhundert Millionen Euro – wenn nicht sogar über eine Milliarde Euro, denn die Zahlen schwanken – einzutreiben, die dem Land Bayern zustehen. Mehrere einhundert Millionen Euro, das sind keine Peanuts, sondern das werten wir als eine geradezu skandalöse Missachtung Ihrer fi nanzpolitischen Verantwortung, Herr Minister.
Wir diskutieren seit Jahren im Rahmen der ORH-Berichte die verschiedensten organisatorischen Notwendigkeiten des Finanzministeriums, um die gravierenden Schieflagen Ihrer Steuerpolitik wieder ins Lot zu bringen. Ich denke nur an die aktuelle Kritik an der Besteuerung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Ich denke daran, dass Sie gerade die Körperschaften bei der Lohnsteueraußenprüfung zu wohlwollend behandeln, und ich denke an die zu geringe Zahl von Betriebsprüfern und von Umsatzsteuersonderprüfungen.
Dass Sie nun mit einigen Jahren Verzögerung pünktlich zu den Beratungen zum Doppelhaushalt organisatorische Maßnahmen zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges innerhalb des bestehenden Systems vorgelegt haben, ist schon einmal ein gutes Zeichen. Die Opposition hat das lange genug gefordert. Ein schlechter Witz ist aber, dass die Finanzämter sich das Personal hierfür aus ihren eigenen Rippen herausschneiden sollen.
Natürlich ist niemand so blauäugig zu vermuten, die Umsatzsteuersonderprüfer liefen auf der Straße herum und die könnten wir dann nehmen; nein, sie sind nur in den Finanzämtern zu fi nden. Aber dafür müssen Sie dann in den Finanzämtern einen Ausgleich schaffen. Diesen Personalbedarf müssen Sie ausgleichen.
Damit sind wir bei einem zentralen Punkt angekommen, nämlich bei der gnadenlosen Unterbesetzung der bayerischen Steuerverwaltung. Sie hat dramatische Züge angenommen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass viele Experten wie auch der Bundesrechnungshof sagen: Wir müssen zu einer bundeseinheitlichen Steuerverwaltung kommen, weil nur so ein einheitlicher Steuervollzug und höhere Steuereinnahmen zu verwirklichen sind. Viele Interessengegensätze würden dadurch wegfallen, vor
allen Dingen der zentrale Interessengegensatz, dass die Länder für die Finanzbeamten zahlen müssen, die Einnahmen aber über die Verbundsteuern oder über den Länderfi nanzausgleich zu einem erheblichen Teil beim Bund oder bei anderen Ländern ankommen. Deswegen besteht eine gewisse Rationalität, dass jedes Bundesland viel zu wenig Steuerbeamte beschäftigt.
Sie, Herr Minister Faltlhauser, wollen diese bundeseinheitliche Steuerverwaltung nicht. Wenn Sie sie nicht wollen – diese Position ist okay –, müssen Sie aber dafür sorgen, dass Bayern seinen Teil leistet, um eine personell ausreichend ausgestattete und motivierte Finanzverwaltung zu haben.
Die Wirklichkeit in der Finanzverwaltung sieht trostlos aus; wir haben eine gravierende Unterausstattung. Sie ermitteln doch mittlerweile den Fehlbestand schon gar nicht mehr, der inzwischen auf rund 20 % zu schätzen ist. Zudem werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Regel niedriger entlohnt, als es ihrer Tätigkeit entspricht und der Beförderungsstau ist legendär.
Damit erfüllen Sie drei zentrale Aufgaben, die Sie als Leiter der Finanzverwaltung haben, nicht: Mitarbeitermotivation, Steuergerechtigkeit und Einnahmenbeschaffung.
Die negativen Folgen für die Mitarbeitermotivation sind klar. Bezüglich der Steuergerechtigkeit ist zu sagen: Eine ordnungsgemäße Besteuerung ist kaum mehr möglich, wenn die – wie im ORH-Bericht zu lesen war – notwendige Überprüfung nicht mehr nach Maßgabe der Gesetze, sondern nur noch im Rahmen einer gewichteten Arbeitsweise erfolgen kann. Damit ist die gleichmäßige Festsetzung und Erhebung nicht mehr gewährleistet. Die Steuergerechtigkeit bleibt auf der Strecke und das ist eine große Gefahr für die Steuerehrlichkeit in diesem Lande.
Vor allem aber muss Bayern die Folgen dieser Politik teuer bezahlen mit einem Steuerausfall, der sich zwischen Hunderten von Millionen und einer Milliarde summiert. Darüber haben wir schon mehrfach geredet.
Ich erinnere mich noch gut an die Debatte zum Doppelhaushalt 2005/2006. Damals verlieh der von mir persönlich sehr hoch geschätzte Staatssekretär Franz Meyer seiner Freude darüber Ausdruck, dass auch der Einzelplan 06 mit seinen Einsparungen seinen Beitrag zum ausgeglichenen Haushalt leiste. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Sichtweise ist schlicht absurd. Genau umgekehrt wird ein Schuh daraus. Zusätzliche Beamte in den Finanzämtern würden ein Vielfaches der damit verbundenen Personalkosten in die Staatskassen spülen.
Bei diesen Steuereinnahmen dürfte es übrigens im Schnitt auch nicht die Schwächsten der Gesellschaft treffen.
Deshalb ist das, was Sie, sehr geehrter Herr Minister, mit Ihrer Stellenknappheitspolitik betreiben, im Ergebnis keine Einsparung, sondern eine massive Verschwendung von dem Staat zustehenden Steuereinnahmen. Diese Politik können und wollen die GRÜNEN in Bayern nicht mittragen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich langsam zum Schluss kommen. Minister Faltlhauser sieht sich durchaus mit einem gewissen Stolz und einer gewissen Eleganz in der Tradition des Grafen Montgelas. Diesem seinem Vorvorgänger hat der Haushaltsausschuss gegen unseren Willen ein kostspieliges Denkmal in München gesetzt. Das Schloss eines Montgelaserben wollte Minister Faltlhauser für den Freistaat erwerben; eine überfl üssige Geldausgabe, die wir bisher verhindern konnten. Seine Aktentasche trägt er mit Freude.
Nachdem der heutige Etat vermutlich der letzte Doppelhaushalt ist, den Sie, Herr Minister Faltlhauser, als Finanzminister zu verantworten haben, liegt es nahe, abschließend in meiner Rede eine kleine Analogie zu Ihrem Vorbild zu ziehen, eine Analogie, von der das Hohe Haus dankenswerterweise durch den Redebeitrag eines CSUKollegen in dieser Debatte erfahren hat. Bei der Bewertung der Leistungen des Grafen Montgelas als Außen-, Innen- und Finanzminister stellte dessen Frau Ernestine fest: Als Innen- und Außenminister war er brillant bis gut, als Finanzminister – so Gattin Ernestine Montgelas – „verdient er, gehenkt zu werden“.