Protocol of the Session on December 13, 2006

mehr Ganztagsklassen? – Das geht so: Wir machen zehn Ganztagsklassen für Hauptschulen und zehn Ganztagsklassen für Grundschulen, doch damit ist dann Schluss.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Respekt!)

Das bedeutet, bei 5000 Schulen haben wir 20 Ganztagsklassen. Schämen Sie sich!

(Beifall bei der SPD)

Das ist aber noch nicht alles. Die Öffentlichkeit sollte nicht meinen, bei Ihnen wäre auch nur irgendetwas umsonst. Sie schaffen 20 Ganztagsklassen, und im Gegenzug kürzen Sie, sozusagen zur Strafe, weil Ganztagsklassen eingeführt wurden, die Lehrerstunden. Was also tun Sie? – Sie kürzen von zusätzlichen 19 Lehrerstunden für Ganztagsklassen 7, so dass nur 12 bleiben. Nichts ist bei Ihnen umsonst. Der Preis für 20 Ganztagsklassen ist: – die Kürzung von Lehrerstunden. Das ist Ihre Politik. Wie soll das funktionieren? – Jeder weiß, dass Ganztagsklassen mehr Personal brauchen. Sie geben dann als Ausgleich 5000 Euro ins Budget.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das stimmt doch nicht! Das ist doch nur die halbe Wahrheit!)

Das ist eine bürokratische Katastrophe; denn die Schulen wissen nicht, wie sie das Geld verwalten sollen. Hier stellt sich das gleiche Problem wie beim Büchergeld. Das aber ist Ihre Politik.

Herr Kollege Pfaffmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Rüth?

Von Herrn Rüth immer. Herr Rüth hat im Ausschuss nämlich zu mir gesagt, meine Behauptung, es würden 1660 Lehrerplanstellen an den Grund- und Hauptschulen gekürzt, sei „erstunken und erlogen“.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Was?)

Ich habe Ihnen, Herr Rüth, daraufhin gesagt, wo Sie das nachlesen können. Sie können aber gerne noch eine Frage stellen.

Herr Präsident, ich habe eine Frage, denn mir scheint, dass es Herr Pfaffmann mit seinen Äußerungen nicht immer so ganz ernst meint. Hier nun meine Frage: Herr Pfaffmann, ist Ihnen bewusst, dass wir in Bayern an 700 Standorten offene Ganztagsangebote haben und dass wir darüber hinaus rund 100 gebundene Ganztagsangebote haben? Wissen Sie das, Herr Pfaffmann?

Das ist mir bekannt. Sie versuchen immer, die Defi nitionen zu vermischen. Wir haben in der Tat viele Betreuungsplätze, aber ist Ihnen bekannt, dass die Betreuungsplätze zum großen Teil von

den Eltern bezahlt werden? Es ist also gar nicht Ihr Verdienst, dass wir die Plätze haben.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Köstlich!)

Sie geben doch allenfalls einen kleinen Zuschuss, und damit hat sich für Sie dann die Sache.

Herr Kollege Pfaffmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Tolle?

Nein, jetzt mache ich hier weiter. Schauen wir mal, ob wir dann noch Zeit haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den Ganztagsschulen sieht es in Bayern zappenduster aus. Wir haben einen riesengroßen Bedarf, damit die Familien Beruf und Schule vereinbaren können, damit wir in den Schulen mehr Zeit haben, um den Kindern zu vermitteln, was notwendig ist. Wir brauchen deshalb bessere Angebote. Doch die Antwort von der CSU besteht in 20 Ganztagsklassen. Damit kommen Sie doch in Bayern nicht hin.

Herr Kollege Pfaffmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Sonnenholzner?

Herr Kollege Pfaffmann, haben Sie Herrn Kollegen Rüth und den anderen CSUMitgliedern des Ausschusses schon gesagt, dass diese Mittagsbetreuungsplätze nicht nur von den Eltern fi nanziert werden, sondern dass die meisten dieser Plätze seit Jahren von den Eltern zum Beispiel auch organisatorisch getragen werden? Sonst gäbe es sie nämlich gar nicht in diesem schönen Land.

Frau Kollegin Sonnenholzner, das habe ich den CSU-Kolleginnen und -Kollegen im Ausschuss schon mehrmals gesagt. Doch es ist wie immer, die Wahrheiten hören sie nun einmal nicht gern.

Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident hat gestern von einem Dreiklang gesprochen: „Sparen, reformieren, investieren.“ Ich möchte noch einmal darstellen, wie dieser Dreiklang bei näherer Betrachtung aussieht. Sparen – jawohl, das tut der Herr Ministerpräsident. Er spart an den Schulen, er spart an den Lehrerinnen und Lehrern, er spart zulasten der Kommunen und auf dem Rücken der Eltern. Der Herr Ministerpräsident privatisiert die Bildung. Das ist seine Defi nition von Sparen. Auf dieses Sparen können wir in diesem Land aber verzichten, Kolleginnen und Kollegen! Noch immer hat Bayern die größten Grundschulklassen im bundesdeutschen Ländervergleich und die drittgrößten im Hinblick auf die Schülerzahl. Die Ressourcen an unseren Schulen sind schlecht. So viel zum Verständnis von Sparen und zu dem, was der Ministerpräsident hier gestern zum Besten gegeben hat. Darauf können wir verzichten.

Reformieren will der Herr Ministerpräsident. Auch darauf können wir im Hinblick auf die Schulen verzichten. Die Schließung der Schulstandorte in großem Stil, die Einführung der R 6 und damit das Ende der Hauptschule, die Umwidmung des G 9 zum G 8, all das waren die großen Reformen der Bayerischen Staatsregierung. All diese Reformen haben Sie in den Sand gesetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU!

(Beifall bei der SPD)

Gehen Sie doch einmal in das achtjährige Gymnasium und reden Sie dort mit den Eltern. Sprechen Sie darüber, was in den fünften, sechsten und siebten Klassen abläuft. Sie werden sehen, was für eine Katastrophe Ihre Reform in diesem Land angerichtet hat. Ihre Reformwut ist noch nicht zu Ende, jetzt werden so genannte Kombiklassen eingeführt. Sie sparen bei den Kleinsten Lehrer ein, indem Sie Klassen zusammenlegen. Sie legen die ersten und zweiten Grundschulklassen zusammen und schaffen teilweise Klassen mit 29 Kindern in den ersten und zweiten Grundschulklassen. Wenn das Ihr Verständnis von der Förderung der Kleinsten ist, dann können wir darauf verzichten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Nun zum letzten Punkt, zum Investieren. Da muss ich schon einmal fragen: Wo investieren Sie, meine Damen und Herren von der CSU? – Sie werfen bei den Haushaltsdaten mit Nebelkerzen. Das haben wir eben wieder hören können. Es gibt eine Presseerklärung des Kultusministeriums vom 4. Dezember 2006, in der Sie von einer Steigerung der Ausgaben im Bildungshaushalt um 0,14 Prozent ohne Versorgung sprechen. Es gibt auch eine Haushaltsrede von Herrn Kultusminister Schneider im Haushaltsausschuss. Er sprach dort von einer Steigerung von 1,6 % ohne Versorgung. Einmal rechnen Sie die kirchlichen Ausgaben mit ein, einmal wieder nicht. Einmal rechnen Sie ohne den kommunalen Finanzausgleich und die dort vorgesehenen bildungspolitischen Ausgaben, dann rechnen Sie wieder mit diesen Ausgaben. Dann rechnen Sie die IZBB-Mittel hinein, dann rechnen Sie diese Mittel wieder heraus. Können Sie sich endlich einigen, auf welche Zahlen Sie sich festlegen wollen? Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen, dann sage ich sie Ihnen gerne.

Sie haben bei den Ausgaben für Schulen ohne Versorgung im Jahr 2006 17,45 % vorgesehen. Für 2007 sehen Sie 17,3 % und für 2008 17,06 % vor. Das ist für den Bildungshaushalt eine Kürzung und keine Auswirkung um minus 0,39 %. Um diesen Betrag fahren Sie die Schulausgaben in diesem Land zurück, auch wenn Sie hier Nebelkerzen werfen, um diese bitteren Wahrheiten zu vernebeln und zu vertuschen.

Wenn Sie die Ausgaben allein des Jahres 2006 von 17,45 % des Gesamthaushalts bis 2008 um zwei Jahre fortgeschrieben hätten, das heißt bis zu dem Doppelhaushalt, den wir jetzt diskutieren, dann hätten Sie 195,6 Millionen Euro mehr in der Kasse. Das ist Ihr Sparbeitrag auf

dem Rücken unserer Kinder. Das ist die bittere Wahrheit, die wir zu diskutieren haben.

(Beifall bei der SPD)

Auf diesen Dreiklang „Sparen, reformieren, investieren“ auf dem Rücken unserer Kinder, unserer Familien und der Zukunft können wir gern verzichten. Das ist ein Dreiklang, der nach unten führt, ein Dreiklang der bildungspolitischen Rücksichtslosigkeit und nichts anderes.

Ich nenne weitere Konsequenzen aus diesem Bildungsdoppelhaushalt. Wir haben an den Realschulen weiterhin Klassen bis zu 38 Schülerinnen und Schüler. Dazu haben Sie überhaupt noch nichts gesagt. Wir haben an Gymnasien einen prognostizierten Unterrichtsausfall von 8 %. Das sagt der Bayerische Philologenverband. Geben Sie den Schulen und Eltern endlich eine Unterrichtsgarantie. Stundenplanunterricht muss gehalten werden und darf nicht ausfallen.

(Beifall bei der SPD)

Das müssen Sie politisch organisieren. Aber den dazu vorgelegten Antrag haben Sie auch schon abgelehnt.

Sie haben von Schulsozialarbeit gesprochen. Zur Lösung der Probleme an unseren Schulen fällt Ihnen nichts anderes ein, als Killerspiele zu verbieten. Sie reden von Werten an unseren Schulen. Um die Wertevermittlung an unseren Schulen zu organisieren und Werte zu unterrichten, brauchen wir Zeit, Lehrerinnen und Lehrer, Schulsozialarbeit und Fachleute. Genau das wollen Sie aber nicht fi nanzieren. Deswegen ist Ihr Gerede in diesem Hause nichts anderes als Vertuschen, Schönreden und Wegdiskutieren der Probleme, die wir haben.

(Zuruf von der CSU: Ihr Gerede ist dummes Zeug!)

Ich bedanke mich bei den Lehrerinnen und Lehrern, auch bei den Eltern für ihr Engagement. Die Eltern sind es, die die Probleme aufarbeiten müssen. Allerdings ist Ihr Dank heuchlerisch. Sie belasten unsere Lehrerinnen und Lehrer in diesem Lande, indem Sie ihnen die Ressourcen nicht bereitstellen. Deswegen meine ich, dass hier eine Umkehr notwendig ist. Wir wollen eine Politik unter der Überschrift: Kein Kind in diesem Land darf verloren gehen. Wir brauchen Investitionen in die Zukunft unserer Kinder und keinen Sparhaushalt in Sachen Bildung.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Tolle.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen – das sage ich auch für die Zuhörer – über den Bildungshaushalt des Freistaats Bayern.

Aus dem Bildungsausschuss sind aufseiten der CSU zwei Mitglieder anwesend. Das fi nde ich beschämend.

(Zuruf von der SPD: Unerhört!)

Herr Kollege Sibler geht während der Debatte hinaus.

Der Ministerpräsident hat die Föderalismusreform, in der die Bildung für die einzelnen Länder eine große Stellung hat, sehr begrüßt. Der Stellenwert, den die Bildung bei der CSU hat, bemisst sich genau an der Präsenz, die Sie bei diesem Bildungshaushalt zeigen.

Ich habe gesagt, dass von der CSU nur zwei Mitglieder des Bildungsausschusses anwesend sind. Das sind Herr Kollege Waschler und Herr Kollege Rüth. Sie haben ansonsten zehn weitere Mitglieder. Da muss ich mich schon fragen, welchen Stellenwert Sie dem Bildungshaushalt beimessen. Ich fi nde dies traurig; denn Bildung ist eine Chance eines jeden Einzelnen. Bildung ist Verfassungsauftrag.

(Thomas Kreuzer (CSU): Von den GRÜNEN ist nur ein einziges Mitglied da!)

Die GRÜNEN im Bildungsausschuss sind zu 100 % anwesend, Herr Kollege Kreuzer.

Wenn ich mir den Haushalt und die vielen Nebelkerzen, die Sie werfen, Herr Kollege Sibler, ansehe, dann muss ich überlegen, welche Überschrift man diesem Haushalt geben sollte. Dazu ist mir ein Wort des Apostels Paulus aus seinem Brief an die Kolosser eingefallen: „Gott gebe euch viel Kraft, damit ihr in allem Geduld und Ausdauer habt.“ Dies ist ein wichtiges Wort; denn mit diesem Haushalt ändert sich nicht viel. Eigentlich wird nur das vollzogen, was ich schon seit Jahren angemahnt habe. Sie haben nämlich für die Realschulen und Gymnasien jetzt endlich mehr Stellen bereitgestellt. Da kann ich aber nur sagen: Guten Morgen, das hätten Sie schon viel länger machen müssen.