Protocol of the Session on December 13, 2006

Einen weiteren Akzent setzt die CSU-Fraktion im Bereich der Schulverwaltungskräfte. Gerade dadurch kann man Schulleitungen effektiv entlasten. Durch die Erhöhung der Leistungen im Härtefonds kommen wir auch den privaten Schulträgern ein Stück entgegen.

Zudem gehen wir mit dem Entwurf zum Doppelhaushalt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem zweiten Förderlehrerinstitut im südbayerischen Raum. Förderlehrer sind eine bayerische Besonderheit. Gerade mit ihnen kann man intensiv und individuell fördern. Ein Ausbau dieser Lehrergruppe scheint mir sehr sinnvoll, auch die Lage im südbayerischen Raum; denn der nordbayerische Raum ist durch das Institut in Bayreuth bestens versorgt.

Akzente setzen wir auch im Bereich der Sportförderung. Mit der Erhöhung der Mittel um 1,875 Millionen Euro – eine Initiative der CSU-Fraktion –

(Beifall bei der CSU)

erreichen wir genau die vom Bayerischen Landessportverband – BLSV – geforderte Summe von netto 15 Millionen Euro nach der Einführung der Vereinspauschale. Diese ist übrigens ein deutlicher Beitrag zur Entbürokratisierung und zur Vereinfachung des Antragsverfahrens, weil der Arbeitsaufwand für die Vereine deutlich geringer ausfällt.

Auch im Bereich der Jugendarbeit können wir mit der Erhöhung der Mittel um ein Million Euro einen positiven Akzent setzen. Damit können wir die sehr gute präventive Arbeit des Bayerischen Jugendringes – BJR – würdigen. Hier fi nden Jugendliche Heimat, werden an die Demokratie herangeführt und lernen außerschulisch sich selbst zu organisieren, Sozialkompetenzen eben. Wenn wir dem Bayerischen Jugendring beim Vollzug des Haushaltes noch etwas entgegenkommen könnten, wäre ich persönlich darüber alles andere als traurig. Bereits in den letzten Jahren konnten wir trotz Sparzwängen bei Themen wie der globalen Minderausgabe und Haushaltssperre immer wieder helfen.

Auch mit Mitteln des Kulturfonds und der Bayerischen Landesstiftung – wie eben erst in den letzten Tagen für die Aktion „Drei Tage Zeit für Helden“ – konnten wir dem BJR trotz Sparzwangs immer wieder helfen.

Erwähnen möchte ich zudem den investiven Bereich. Hier gibt es Probleme beim Bayerischen Jugendring. Mit Mitteln außerhalb des Haushalts könnten wir jedoch gut weiterhelfen, wie wir das in verschiedenen Bereichen immer wieder getan haben. Ich erinnere an das Beispiel der privaten Förderschulen.

Persönlich freut es mich, dass der Freistaat Bayern mit der Unterstützung des NS-Dokumentationszentrums in der Landeshauptstadt München ein Zeichen für historisches Bewusstsein setzt, zumal zurzeit diese aberwitzige Holocaust-Konferenz stattfi ndet.

Abschließend darf ich feststellen: Der Einzelplan 05 sichert eine akzeptable Grundversorgung an Bayerns Schulen. Bei den in der Höhe nicht dotierten Pfl ichtaufgaben setzen wir „Duftmarken“ zur Stärkung des Ehrenamtes. Ich darf Sie bitten, diesem Etat mit den von der CSU vorgeschlagenen Änderungen zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Hans-Ulrich Pfaffmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute einen Haushalt, der die Grundlage für die Bildungspolitik in den nächsten zwei Jahren legt. Wir beraten einen Haushalt – das möchte ich erwähnen –, der kurz vor der Landtagswahl 2008 entscheidend sein wird. Mit dem Haushalt wird die Entscheidung getroffen, ob das Bayerische Parlament eine Politik machen will für oder gegen gleiche Bildungschancen in diesem Land, für oder gegen eine möglichst individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler, für oder gegen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für oder gegen den Erhalt der wohnortnahen Schule, kurz: für oder gegen die Zukunftschancen unserer Kinder in diesem Lande.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, Ihrem Haushaltsentwurf kann ich attestieren: Sie entscheiden sich in allen Punkten gegen die Kinder und Familien in diesem Lande.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Herbert Fischer (CSU))

Ich möchte hier ein paar Äußerungen des Herrn Ministerpräsidenten von gestern zitieren. Herr Dr. Stoiber hat gestern hier erklärt: „Wir werden die Hauptschulen gezielt stärker fördern.“

(Lachen bei der SPD)

Die Wahrheit sieht völlig anders aus. Die Wahrheit ist: Sie streichen 1660 Stellen bei Grund- und Hauptschulen in Bayern. Wenn Sie das nicht glauben, empfehle ich Ihnen die Quelle. Lesen Sie Ihren eigenen Haushaltsentwurf, Kapitel 05 12, Seite 308, Stellenplan – 1660 Stellen weniger in den Grund- und Hauptschulen. Darunter verstehen Sie also die Stärkung der Hauptschule.

Meine Damen und Herren der CSU, Sie hatten in den letzten 15 Jahren durch verschiedene bildungspolitische Maßnahmen wie Stundenkürzungen, Erhöhung der Klassenmindestgrößen, Reduzierung der Mobilen Reserven, Arbeitszeitkonto und Stellenstreichungen wegen Schülerrückgangs eine Kürzung von insgesamt 7864 Stellen zu

verantworten. Das also ist die Stärkung der Hauptschule, wie Sie sie verstehen. – Darauf können die Hauptschüler und ihre Eltern in diesem Land gerne verzichten.

(Beifall bei der SPD)

Sie werfen uns immer wieder vor, wir würden die Hauptschule schlechtreden. Ich darf Sie an Ihr eigenes Papier erinnern, das heute nicht mehr existieren darf und über dem steht: Die Hauptschule ist am Ende. Diese Meinung wird auch noch vernünftig begründet. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Hauptschule an die Wand fährt -niemand anderer in diesem Lande.

(Beifall bei der SPD)

Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie machen die Hauptschulen platt. Das passiert nicht nur durch das Zurückfahren der Ressourcen. Sie schließen auch weiterhin Standorte in Bayern. Sie haben 486 Grund- und Hauptschulen in den letzten Jahren geschlossen, davon überwiegend Teilhauptschulen. 41 Vollhauptschulen und Grundschulen wurden dichtgemacht. Soll das die Stärkung der Hauptschule sein? – So sieht die Stärkung aus, die der Ministerpräsident in diesem Hohen Hause verlauten lässt. Ich meine, was Sie mit den Hauptschulen veranstalten, ist ein bildungspolitischer Erdrutsch. Sie behaupten hier im Hause aber das Gegenteil.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben die Hauptschulen in den letzten Jahren systematisch an die Wand gefahren. Die Einführung der R 6 war der Beginn des Endes der Hauptschulen. Das haben Sie zu verantworten, sonst niemand in diesem Lande. Sie haben in den letzten Jahren die Hauptschulen durch Sparmaßnahmen auf die unterste Ebene ihrer Möglichkeiten gebracht. Sie nehmen mit der gnadenlosen Selektion im zehnten Lebensjahr den Hauptschulen die Schülerinnen und Schüler, die bessere Möglichkeiten haben und andere mitziehen würden. Sie stehen zur Dreigliedrigkeit des Schulwesens, obwohl die ganze Welt um Sie herum bereits darüber diskutiert, das dreigliedrige Schulsystem abzuschaffen. Sie klatschen trotzdem dem dreigliedrigen Schulsystem Beifall. Ich sage: Sie wissen nicht, was Sie bildungspolitisch tun.

(Beifall bei der SPD)

Dr. Stoiber sagte gestern: „Wir wollen die beste Bildung für beste Chancen unserer Kinder“. Auch hier sieht die Wahrheit völlig anders aus: 10 % der Kinder in Bayern haben keinen Abschluss. 10 % der Kinder haben einen schlechten Schulabschluss. Das sind 20 % der Kinder in diesem Lande, denen Sie eine schlechte Zukunftsperspektive bieten. Diese Kinder haben nicht die besten Chancen, wie der Ministerpräsident das immer wieder glauben machen will, sondern sie haben die schlechtesten Chancen in diesem Lande. Das haben Sie zu verantworten, sonst niemand.

(Beifall bei der SPD)

Ich will Ihnen ein Beispiel sagen: In manchen Schulen schreiben die Schüler auf das Namensfeld des Heftes nicht mehr ihren Namen, sondern sie schreiben „loser“. Das ist Ergebnis der zynischen Politik, die Sie zu verantworten haben. Viele Schülerinnen und Schüler der Hauptschule fühlen sich als Verlierer der Gesellschaft, weil Sie nicht in der Lage sind, eine vernünftige Förderung und eine vernünftige Schulpolitik zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Sie sagen stets mit Pathos – hauptsächlich ihr „grandioser“ Ministerpräsident –,

(Markus Sackmann (CSU): „Grandios“ ist richtig!)

Sie wollten der kommenden Generation keine Schulden hinterlassen. Das ist im Ansatz sicherlich ein guter Weg.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ja, hier dürfen Sie Beifall klatschen.

In Wahrheit hinterlassen Sie den Kindern und der Gesellschaft aber einen Berg sozialer Probleme. Was glauben Sie denn, was die 20 % Kinder ohne Ausbildung und Zukunftschancen in Bayern machen werden? – Sie werden der Sozialhilfe anheimfallen. Das kommt teurer, als heute vernünftig in die Schulen zu investieren.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben die steigenden Sozialhilfekosten zu verantworten, wenn Sie weiterhin akzeptieren, dass 20 % der Schülerinnen und Schüler keine Zukunftsperspektive haben. Dr. Stoiber sagte gestern: „Der Maßstab für unsere Politik ist Generationengerechtigkeit und Chancengleichheit.“ Auch hier sieht die Wahrheit völlig anders aus. Ist es denn Chancengleichheit, meine Damen und Herren, wenn die Bildungs- und Zukunftschancen vom Geldbeutel der Eltern abhängen? – Das ist in Bayern so: Einführung des Büchergeldes, Einführung der Studiengebühren, hohe Kosten der Schule, die die Eltern heute schon zu tragen haben. Die Bildung wird immer mehr privatisiert und den Familien aufgedrückt. Das ist die Chancengleichheit, wie Sie sie verstehen. Eine solche Chancengleichheit wollen wir nicht.

Ein weiterer Punkt kommt hinzu. Nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass mittlerweile jedes dritte Kind in den dritten und vierten Grundschulklassen Nachhilfeunterricht von Studenten, Nachhilfelehrern und, wenn es nicht anders geht, von den Opas und Omas braucht, obwohl die Kinder erst im neunten Lebensjahr stehen. Sie machen eine zynische Politik. Leider kann sich nicht jeder Nachhilfe leisten. Diejenigen in den fünften und sechsten Jahrgangsstufen der Gymnasien, die sich keine Nachhilfe leisten können, fallen durch den Rost. Wollen Sie mir sagen, dass das Chancengleichheit wäre? – Nein, das ist eiskalte Politik auf dem Rücken der Kinder und der Familien.

(Beifall bei der SPD)

Sie machen Familien, Eltern, Großeltern, Brüder oder Schwestern zu Ersatzlehrern,

(Engelbert Kupka (CSU): Die Eltern haben das schon immer gemacht!)

weil Unterricht, lieber Herr Kupka, immer mehr nach Hause verlagert wird.

Die Kinder kommen nach Hause und haben den Stoff nicht verstanden, weil die Schule keine Zeit hat, den Kindern den Stoff vernünftig zu vermitteln. Was tun Sie aber mit den Kindern, denen die Eltern nicht helfen können? Was tun Sie mit diesen Kindern? – Diese Kinder fallen in Ihrem System durch den Rost. Ihr Bildungswesen ist ein Weg nach unten für diejenigen, die nicht so schnell mitkommen, die etwas langsamer sind, die entwicklungspsychologisch noch nicht so weit sind. All diese Kinder lassen Sie gnadenlos durch den Rost fallen. Das ist Ihre Bildungspolitik! So viel zum Thema Chancengerechtigkeit in Bayern.

Ist es vielleicht Chancengerechtigkeit, meine Damen und Herren, wenn man Kinder bereits im zehnten Lebensjahr aussortiert und in Schubladen steckt? Ist das Chancengerechtigkeit? Ist es gerecht, dass man ein Kind, wenn es eine Mathearbeit verhaut und dann eine schlechte Note im Übertrittszeugnis hat, nicht mehr aufs Gymnasium schicken kann? – Das hat nichts mit Chancengerechtigkeit zu tun. Das ist das politisch gewollte Lenken von Schülerströmen. Nichts anderes wollen Sie in diesem Lande.

(Beifall bei der SPD)

Das ist aber keine Politik für die Kinder, sondern eine Politik gegen die Kinder. Es ist eine Politik gegen die Familien und gegen die Zukunftschancen der Kinder. Ich sage Ihnen: Weg mit dem Büchergeld! Weg mit den Studiengebühren! Machen Sie endlich eine Politik, mit der jeder eine Chance hat, nicht nur die, die es sich in diesem Lande leisten können. Das ist der Weg, auf dem Sie sich bewegen, Kolleginnen und Kollegen von der CSU.

(Beifall bei der SPD – Engelbert Kupka (CSU): Sie werden doch nicht behaupten, dass irgendein Kind in diesem Land keine Bücher hat!)

Lieber Herr Kollege Kupka, wir werden uns noch ausführlich über die Bildungspolitik unterhalten. Gestern hat Herr Stoiber hier erklärt: Wir wollen mehr Ganztagsangebote. – Guten Morgen, liebe CSU-Fraktion, guten Morgen, liebe Staatsregierung! Noch vor einigen Jahren haben Sie Ganztagsangebote strikt abgelehnt. Jetzt sind Sie, wohl auch aufgrund des Drucks einer internationalen und einer deutschen Bewegung, endlich zu dem Schluss gekommen, dass wir mehr Ganztagsangebote brauchen, und zwar nicht nur, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, sondern auch, um die Pädagogik in den Schulen zu verbessern. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, das haben Sie zwar erkannt, aber Sie tun leider gar nichts dafür. Mit Ihren Alibi-Ganztagsklassen kommen Sie auch keinen Schritt weiter. Soll ich Ihnen sagen, wie es geht, wenn Herr Stoiber sagt: Wir wollen

mehr Ganztagsklassen? – Das geht so: Wir machen zehn Ganztagsklassen für Hauptschulen und zehn Ganztagsklassen für Grundschulen, doch damit ist dann Schluss.