Das bayerische GVFG habe ich bereits angesprochen. Auch hier war es wichtig, meine Damen und Herren von der SPD, dass der Vertreter der Länder, unser Ministerpräsident Stoiber, gemeinsam mit Herrn Müntefering diese Reform aushandeln konnte. Sie hat den Ländern mehr Kompetenzen gebracht, die wir mit dem bayerischen GVFG zum Wohle unserer Kommunen genutzt haben.
Herr Innenminister, zum Abschluss darf ich noch den Bestand des Innenministeriums seit 200 Jahren ansprechen. Dazu kann man vieles sagen, es wurde dazu auch viel geschrieben, ich möchte all dies angesichts der begrenzten Zeit nicht wiederholen. Das Jubiläum hat aber vieles ins Gedächtnis gebracht, nicht nur den Grafen Montgelas selbst, sondern auch seine Gattin Ernestine, die mir bisher noch nicht so bekannt war.
Ich hoffe, Missverständnisse vermeiden zu können, obgleich man diese nie ganz ausschließen kann. Frau Ernestine hat gesagt: „Als Außenminister könnte man keinen besseren haben.“ – Nun, einen Außenminister haben wir in Bayern nicht mehr, deshalb schicken wir unseren Ministerpräsidenten immer wieder auf den Weg, damit er uns nach außen vertritt. „Als Innenminister“, so sagte die Gattin von Herrn Montgelas, „ist er passabel.“ Der Finanzminister ist leider nicht mehr da, sonst würde ich das Folgende gar nicht auszusprechen wagen. „Als Finanzminister“, so sagte Frau Ernestine, „verdient er, gehängt zu werden.“
Meine Damen und Herren, im Gegensatz zur Gattin von Herrn Montgelas, die ein sehr konträres und deftiges Urteil gesprochen hat, komme ich zu einer anderen Bewertung. Dafür habe ich nicht die Frau von Herrn Innenminister Beckstein angerufen. Meine Aufgabe ist vielmehr, die Auffassung der CSU-Fraktion zur Arbeit des Innenministers, zu dessen Etat, zur inneren Sicherheit abzugeben. Die Meinung der CSU-Fraktion geht ganz klar in eine Richtung, vielleicht zur Überraschung der Opposition und vieler anderer. Wir meinen, der Name des bayerischen Innenministers Dr. Günther Beckstein steht für Qualität, für die bestmögliche Sicherheit. Herr Staatsminister, Ihre Arbeit wird zu Recht als „das Original“ bezeichnet. Es spricht für Sie, dass es immer häufiger kopiert wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister Dr. Beckstein, ich will nicht mit Herrn
Montgelas oder seiner Gattin beginnen, auch nicht mit James Bond. Ich beginne vielmehr mit einem Dank an alle Beschäftigten im Geschäftsbereich des Innern für ihren Einsatz in diesem Jahr.
Ich danke allen Beschäftigten und ehrenamtlichen Angehörigen der Feuerwehren, der Rettungsdienste, der Organisationen des Katastrophenschutzes und vor allem danke ich der bayerischen Polizei. Ich sage herzlichen Dank. Diese Organisationen haben in diesem Jahr, mit Fußballweltmeisterschaft und mit Papstbesuch, besonders große Aufgaben erledigt, nicht anstelle, sondern zusätzlich zu ihrem Alltagsdienst. All diese Aufgaben haben unsere Staatsbediensteten mit großer Bravour erledigt. Hierfür haben sie und ihre Familien, die die Mehrbelastungen und die Urlaubssperren mitgetragen haben, den Dank unseres Hohen Hauses und des gesamten Landes verdient.
Herr Innenminister und Herr Staatssekretär, es liegt auf der Hand, dass wir Sie in unseren Dank nicht einschließen können. In Ihrem Geschäftsbereich liegt zu vieles im Argen, es muss zu vieles kritisiert werden, was ich jetzt auch tun werde.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, auch im Einzelplan 03 A, wie im gesamten Doppelhaushalt, wird das strategische Ziel der Staatsregierung deutlich: Dieser Doppelhaushalt soll den Boden für die Landtagswahlen 2008 bereiten. Nach den brachialen Einschnitten im Jahre 2004 und dem angeblich ausgeglichenen Haushalt 2006 mit erneuten brutalen Kürzungen und Haushaltstricks kommt jetzt die so genannte Besänftigungsphase. Die Bürgerinnen und Bürger erleben einen leichten Anstieg der Staatsausgaben. Dieser Doppelhaushalt steigt erstmals wieder etwas an und erreicht damit wieder das Niveau des Doppelhaushalts 2003/2004. Dies alles geschieht in der Hoffnung, die Wählerinnen und Wähler mögen sich gnädig stimmen lassen und die Belastungen vergessen, die ihnen vorher auferlegt wurden. So werden wir im Jahr 2008 eine stattliche Anzahl von Beförderungen erleben. Wir werden einen Spatenstich und eine Straßenfreigabe nach der anderen haben, denn das eigentliche Ziel dieses Doppelhaushaltes ist es, die Grundlage für Wohltaten zu schaffen in der Hoffnung, dass dann die haushaltspolitischen Grausamkeiten – wie beispielsweise die 42Stunden-Woche – vergessen werden, die diese Staatsregierung den Beschäftigten auferlegt hat.
Kolleginnen und Kollegen, die wesentliche Funktion eines Haushalts ist aber eine andere. Dieser Einzelplan ist die Grundlage für die innere Verwaltung unseres Landes und für die Sicherheitsbehörden.
Die ist längst nicht so rosig, wie sie zu sein scheint und wie Herr Kollege Winter in seiner Rede deutlich zu machen versucht hat.
Der Haushalt 03 A ist von der fachlich unnötigen und haushaltstechnisch unglaublich kostenträchtigen Poli
zeiorganisationsreform geprägt. Besser und billiger solle unsere Polizei werden, haben Sie, Herr Innenminister Dr. Beckstein, ursprünglich gesagt. Sie haben inzwischen gemerkt, Herr Innenminister, dass der Umbau von vier auf drei Stufen nicht zum Nulltarif zu haben ist, sondern ganz im Gegenteil eine teure Angelegenheit ist und weiter sein wird.
Sie sprechen jetzt von 70 Millionen Euro. Wir glauben, diese Summe wird nicht ausreichen. Eingangs haben Sie von „besser und billiger“ gesprochen. Jetzt haben Sie das schon relativiert. Jetzt sagen Sie nur noch: „besser und effizienter“.
Wir sind nach wie vor der Meinung – das will ich auch hier deutlich machen – : In Wahrheit gibt es bei der Polizeiorganisationsreform nach wie vor vier Stufen, nur unter anderem Namen. Zum Beispiel sind die Einsatzabschnitte in Mittelfranken eine vierte Ebene zwischen den Präsidien und den Inspektionen. Da können Sie sagen, was Sie wollen.
Ich glaube, heute können wir froh sein, wenn die Polizei gleich gut bleibt und sich die Kosten in Grenzen halten. Sicherlich – auch das müssen wir uns noch einmal vergegenwärtigen – stand am Anfang die einsame Entscheidung des Ministerpräsidenten, fern von jeder Ressortverantwortlichkeit. Sicherlich war sie vor allem von dem politischen Einsparwillen geprägt, nicht von überragender Fachkenntnis. Da musste ein großer Schnitt gemacht werden, nicht weil die Struktur krankte, sondern weil Ministerpräsident Stoiber als Reformer dastehen wollte. Mit der Polizeireform kann er nicht als großer Reformer, sondern eher als großer Murkser dastehen.
Herr Kollege Winter, Sie hätten Ihren Mut und Ihre Kraft, die Sie gerade zum Ausdruck gebracht haben, nicht für die Umsetzung der Polizeireform, sondern für deren Verhinderung aufwenden sollen. Die erwähnte Polizeireform hat mannigfache Auswirkungen auf diesen Haushalt. Darum spreche ich sie auch so ausführlich an.
Die 42 Millionen Euro, die im Einzelplan 03 A der Polizei nun mehr zur Verfügung gestellt werden, werden von der Reform sicherlich aufgebraucht werden. Ich glaube, dass der Betrag nicht einmal reichen wird.
Zentralisierung der Alarmierung und Dezentralisierung der Einsatzkräfte sollten die Reform kennzeichnen. Auf gut Deutsch: Bündelung der Einsatzleitstellen, weniger Stabsarbeit, dafür mehr Beamte auf die Straße. Wenn Sie so wollen, kann man auch sagen – auch Sie haben es so genannt, Herr Minister –: weniger Häuptlinge, mehr Indianer.
Wenn das nur so wäre! Dann hätten wir vielleicht genügend Personal, um zum Beispiel auch im hintersten Winkel des Landkreises Dachau die öffentliche Sicherheit ausschließlich durch Polizeikräfte gewährleisten zu können. Dann würden sich die Kommunen vielleicht wirk
lich darauf beschränken können, ihr Hausrecht mit der Hilfe privater Sicherheitsdienste durchzusetzen und die Einhaltung kommunaler Satzungen durch Private überprüfen zu lassen, statt, wie sie es jetzt tun müssen, Schutz vor Vandalismus, Pöbeleien und Ähnlichem zu suchen. Dann hätten wir in den Landkreisen vielleicht auch mehr Streifen draußen in der Nacht. Aber im Bereich der Polizeiinspektion Neustadt an der Aisch und in vielen anderen Inspektionen ist es zum Beispiel der Fall, dass wir nachts nur eine oder zwei Streifen zur Verfügung haben.
Von den rechnerisch angeblich 600 frei werdenden Stellen werden 180 vom Finanzminister eingezogen. Es verbleiben 420 Stellen für die Stärkung der Inspektionen. Wo diese allerdings angekommen sind, konnte mir bisher niemand erklären. Die Einstellung von Polizeianwärtern bleibt in den nächsten Jahren deutlich hinter den Pensionseintritten zurück. Das wissen wir alle. Wir entfernen uns also immer mehr von dem Höchststand des Personals, von dem Sie, Herr Minister Beckstein, immer wieder gern reden. Den Höchststand haben wir längst verlassen. Ich glaube auch, dass er kein alleiniger Maßstab für die Qualität von Polizeiarbeit ist. Ich meine, dass das Verhältnis von Personal und Aufgaben hier ebenfalls berücksichtigt werden muss.
Wie wir wissen, war der Aufgabenzuwachs bei der Polizei enorm. Denken wir nur an die vielen zusätzlichen Aufgaben wie diese: Kontaktbeamte für Stadtteile und Schulen, Beratungsdienste für Senioren, Bekämpfung der internationalen und der organisierten Kriminalität und vieles mehr.
Wenn Sie einen Maßstab anlegen wollen, dann könnten Sie vielleicht das Verhältnis der bei der Polizei Beschäftigten pro Einwohner nehmen. Aber damit liegt Bayern – das haben Sie, Herr Minister Beckstein, selber eingestanden – nicht an der Spitze. Bayern liegt hier auf Platz vier, und zwar – man höre und staune – hinter drei ostdeutschen Bundesländern, nämlich hinter Brandenburg, Sachsen und Thüringen. So sieht es mit der Personalstärke in Bayern aus.
Was ist mit den durch die Polizeireform angeblich frei werdenden 500 Stellen, die den Inspektionen zugute kommen sollen? In Unterfranken, wo der Versuch bereits über ein Jahr läuft, hat sich gezeigt: Die zentrale Alarmierung ist deutlich personalintensiver als das frühere System. In der neuen Einsatzzentrale in Würzburg sind insgesamt 15 Stellen mehr erforderlich als vorher, dezentraler und zentraler Einsatz zusammengenommen. In den Inspektionen ist es mitnichten so, dass alle Beamte zu den Einsätzen hinausfahren könnten. Vielmehr nehmen sie die Notrufe, die bei der Einsatzzentrale ankommen, an und geben die Alarmierung an die Einsatzfahrzeuge weiter. Also sitzen nach wie vor Beamte am Funk in den Inspektionen, die man zu der gestiegenen Personalstärke in den Einsatzzentralen noch hinzuzählen muss. Da ist es kein Wunder, wenn auf der Straße nicht mehr Beamte angekommen sind.
Übrigens hat die Polizeireform auch zu Stellenhebungen bei den Präsidenten und ihren Stellvertretern geführt. Auch das zählt zu den Personalkostensteigerungen, die
die Polizeireform im Bereich dieses Einzelplans verursacht hat. Die SPD-Fraktion hätte auf diese Hebungen gern verzichtet und stattdessen mehr Beförderungsmöglichkeiten befürwortet.
- Die Kritik an diesen Hebungen ist nach wie vor berechtigt, vor allem auch, weil die Beförderungen im mittleren und höheren Bereich nicht so, wie wir es gefordert hatten, gleichermaßen erfolgt sind.
Die Polizeireform hat nicht nur Auswirkungen auf die Personalausgaben. Auch die sächlichen Aufgaben steigen aufgrund der Reform. Das fängt an mit dem Bau der neuen Präsidien. Ich erinnere an den Bau der neuen Präsidien in Schwaben, Oberbayern und Niederbayern, an den Bau der Einsatzzentralen und an vieles mehr.
Was heißt das konkret für andere Haushaltstitel? Das heißt, dass die 70 Millionen Euro, die die Polizeireform kosten wird, nicht für andere Maßnahmen zur Verfügung stehen, zum Beispiel für die dringend nötige Sanierung von Polizeidienststellen oder etwa der Schießanlage der Bereitschaftspolizei in Nürnberg. Die Mittel stehen nicht für notwendige Dienstfahrzeuge zur Verfügung, auch nicht für funktionierende Computersoftware.
Unser Hauptproblem im Bereich der Polizei und unseres Haushalts 03 A ist demnach die Polizeireform. Die Reform ist für Haushaltsumschichtungen zulasten von Aufgabenerfüllungen an der Basis ursächlich. Obendrein haben Sie, Herr Minister Beckstein, die Reform in Mittel- und Unterfranken nach Gutsherrenart durchgepeitscht und damit viele engagierte Beamte verprellt und die Motivation der Beschäftigten nicht gerade gesteigert.
Sie, Herr Minister Dr. Beckstein, haben Maulkörbe verteilt, einen Polizeiführer als „Versager“ beschimpft und ganz nebenbei bei der Reform auch noch die Zahl der Personalräte eingedampft.
So vieles, Kolleginnen und Kollegen, bräuchten unsere Beamtinnen und Beamten vor Ort doch viel dringender als diese Umstrukturierung: ein endlich funktionierendes Dienstplanungssystem per Computer – dass die langwierige Einrichtung von Diplaz eine einzige Pleite war, räumen Sie inzwischen ein –, aber auch neue Dienstfahrzeuge, um nur zwei Beispiele zu nennen. Vor allem bräuchten wir aber Beamtinnen und Beamte, die eine gerechte Entlohnung für ihre erfolgreiche und motivierte Arbeit bekommen. Vier Jahre Wartezeit sollen planmäßig eigentlich zwischen der Beförderung der Polizeiobermeister zu Polizeihauptmeistern liegen, also zwischen der Beförderung von der Besoldungsgruppe A 8 zur Besoldungsgruppe A 9. Im Bereich des Polizeipräsidiums Mittelfranken zum Beispiel warten zum Stichtag 1. Oktober 2006 insgesamt 219 Polizeiobermeister auf eben diese Beförderung. All diese Beamtinnen und Beamten erfüllen die Voraussetzungen
Deshalb haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten beantragt, die Stellen der Besoldungsgruppe A 9 zu schaffen, die notwendig sind, um die Stellenobergrenzen des mittleren Dienstes von 70 von 100 vollständig auszuschöpfen.
Zur gerechten Entlohnung gehört zweitens ein Ausgleich für den Schichtdienst, der diese Bezeichnung tatsächlich verdient. Zwei Tage, wie Sie sie jetzt angekündigt haben und durchsetzen wollen, sind besser als nichts,
aber Sie wissen auch, was vor der 42-Stunden-Woche war. Da fehlen immer noch fünf Tage, wenn Sie zwei zugeben. Hier ist eine Nachbesserung notwendig.
Kolleginnen und Kollegen, die Verwirklichung der vorgetragenen Forderungen wäre ein wirklich großer Gewinn für die Motivation der Beamtinnen und Beamten, eine Anerkennung für deren Arbeit und für ihre Familien. Mit Verlaub, ohne irgendeine Neiddebatte anstoßen zu wollen, das wäre – ich habe es schon gesagt – wichtiger als die Schaffung zusätzlicher Polizeipräsidenten- und vizepräsidentenstellen sowie deren Höhergruppierung.