Dass dies keine utopischen Forderungen sind, zeigen Beispiele aus aller Welt. In Kanada kann man sehen, dass ein föderales Bildungssystem mit eigenverantwortlichen Schulen eben nicht ins Chaos, sondern zu einem hohen Bildungsstandard führt.
Länder wie Finnland zeigen, dass ein langjähriger gemeinsamer Unterricht in einer Klasse das beste Mittel ist, um die individuellen Fähigkeiten der Jugendlichen optimal zu fördern. Autonome, selbstständige Schulen und Kindergärten, die als Bildungseinrichtungen arbeiten, gibt es in Südtirol, ebenso eine gemeinsame achtjährige Schulzeit. Keine Schule in Südtirol, sagt das Pädagogische Institut in Bozen, kann sich die Frage stellen, ob sie die richtigen Schüler hat. Sie kann sie nicht auf eine andere Schulform abschieben. Das ist die entscheidende Konstante; das ist der entscheidende Hebel für eine Bildungsreform.
Zu was Schulen fähig sind, wenn sie eigenverantwortlich handeln dürfen, kann man sogar bei uns in Bayern in Modellprojekten wie Modus 21 sehen. Auch das Vorbild der Early Excellence Centres findet in Bayern bereits Nachahmer. So will der Bamberger Erzbischof bis
Kolleginnen und Kollegen, am bayerischen Bildungssystem sind die letzten zwanzig Jahre internationaler Bildungsdiskussion leider spurlos vorübergegangen.
Sie verlaufen sich in einem Sonderweg. Kommen Sie endlich aus Ihrer bildungspolitischen Sackgasse heraus. Wagen Sie mit uns den Aufbruch in eine neue bildungspolitische Epoche. Wagen Sie mit uns mehr Freiheit und Vielfalt. Das wären wirkliche Weichenstellungen für die Zukunft.
(Beifall bei den GRÜNEN – Joachim Herrmann (CSU): Mit Ihnen kann man höchstens ins Grüne fahren, aber sonst fahren wir nirgends hin!)
Nun zu einem weiteren für Bayern entscheidenden Trend, dem Klimawandel. Jedes Jahr treten in Bayern Flüsse über die Ufer, unsere Gletscher schmelzen, Stürme decken unsere Dächer ab. Heutzutage wissen alle, sogar die Staatsregierung und die CSU, dass der Klimawandel in vollem Gange ist. Alle wissen auch, dass es höchste Zeit ist, klimaschädliche Gase drastisch zu reduzieren. Wir fragen uns aber, Kolleginnen und Kollegen, warum die Staatsregierung nichts tut, warum sie im Gegenteil den Klimawandel noch beschleunigt. Sie glauben, wenn Sie hier ein paar Bäumchen pflanzen, dort ein paar Biomassekraftwerke einweihen und die Hochwasserdeiche ein paar Meter erhöhen, können Sie so weitermachen wie bisher. Das ist aber ein massiver Irrtum.
Nun hat Umweltminister Schnappauf als Ziel ausgegeben, das Klima dürfte sich nicht mehr als um 2° Celsius erwärmen, sonst seien dramatische Schäden zu erwarten. Das ist ein Minimalziel; denn wir würden damit allenfalls die größten Katastrophen verhindern. Gleichzeitig ist es aber auch ein höchst ehrgeiziges Ziel; denn wenn man es wirklich erreichen will, hilft kein „Weiter so“, sondern nur eine Kehrtwende.
Diese politische Kehrtwende erwarten die Menschen in Bayern von Ihnen. Zwei Drittel fordern, dass unser Land eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz einnimmt. Zwei Drittel wissen, dass eine konsequente Klimaschutzpolitik nicht nur eine lebenswerte Umwelt erhält, sondern auch wirtschaftliche Innovationen und mehr Arbeitsplätze bringt. Wir haben die Menschen überzeugen können, dass sich mit grünen Konzepten schwarze Zahlen schreiben lassen.
Jetzt müssen wir gemeinsam diesen Weg einer Klimaschutzpolitik für mehr Lebensqualität und Arbeitsplätze in Bayern weitergehen.
Das Umweltbundesamt hat in seinen 21 Thesen zur Klimaschutzpolitik dargelegt, dass sich die Erwärmung nur dann auf 2° begrenzen lässt, wenn die Emissionen von klimaschädlichen Gasen bis zum Jahr 2020 um mindestens 40 % gegenüber 1990 gesenkt werden. Das heißt also: 40 % weniger Emissionen. In diesem Wettbewerb, in dieser innerdeutschen Konkurrenz muss Bayern ganz vorne sein, nicht aber im Ausbau von Flughäfen.
Dazu brauchen wir ein Klimaschutzkonzept, mit dem Bayern den Ausstoß klimaschädlicher Gase durch Verkehr drastisch senken kann, erheblich mehr Energie einspart – am effektivsten durch Wärmedämmung bei Altbauten –, die erneuerbaren Energien weiter ausbaut und die Landwirtschaft klimafreundlicher macht – am effektivsten durch Ökoanbau. Wir müssen Anpassungsstrategien entwickeln, um die Folgen des Klimawandels abzumildern. Jede politische Entscheidung muss ab sofort auf Klimaverträglichkeit geprüft und, wenn sie nicht klimaverträglich ist, verworfen werden.
Fangen wir mit der Verkehrspolitik an. Was fällt der Staatsregierung in ihrem fortgeschriebenen Klimaschutzkonzept zum Thema Verkehr ein? – Das sind genau zwei Punkte. Etwas über optimierte Verkehrslenkung und straßenbauliche Maßnahmen. Dort heißt es: Auch bei Planung und Bau von Straßen wird auf CO2-Minderung geachtet, etwa durch weitgehende Schonung klimabedeutsamer Waldflächen, durch Gehölzpflanzungen und mehr Kreisverkehre statt Ampeln.
Das war’s. Weniger Abholzen, ein bisschen Straßenbegleitgrün, ein paar Kreisverkehre, und schon ist Bayern klimafreundlich – so stellen Sie sich das vor. Dass Sie sich für diesen erbärmlichen Mist nicht genieren?
Wir fordern eine Kehrtwende in der Verkehrspolitik. Sie glauben immer noch, dass der Verkehrszuwachs durch neue Straßen zu bewältigen sei. Genau das Gegenteil ist aber der Fall.
Genau, mehr radeln. Zuwachs darf es nur beim Rad und bei der Bahn geben, nicht aber beim Auto oder beim Güterverkehr.
Sie glauben immer noch, dass wir neue Straßen brauchen. Das Umweltbundesamt sagt aber – ich zitiere –, etwa 15
bis 20 % des Verkehrszuwachses sind auf den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zurückzuführen. Im Güterverkehr sinken wegen des Ausbaus die Transportkosten mit der Folge, dass sich zum Beispiel die räumliche Trennung von Betriebseinheiten und die rollende Lagerhaltung eher lohnen. Sie glauben immer noch, neue Straßen könnten strukturschwachen Regionen helfen. Auch hier ist aber genau das Gegenteil der Fall. Auch hierzu stellt das Umweltbundesamt fest, dass der Verzicht regionale Wirtschaftskreisläufe fördert, während der Anschluss an das Autobahnnetz die Abwanderungstendenzen eher verstärkt.
Ihre absurde Politik hat im letzten Monat unter anderem die „Süddeutsche Zeitung“ kritisiert. Unter dem Titel „Politik mit der Teermaschine – Staatsregierung fördert Straßen- und Flugverkehr“ heißt es: Gerade Letzterer gilt als einer der größten Klimakiller. Ungeachtet dessen treibt die CSU den Bau einer dritten Startbahn in München ebenso voran, wie sie Zuschüsse für den Ausbau des Hofer Regionalflughafens in Aussicht gestellt hat. In Schwaben wie in Coburg drängt die Wirtschaft auf ähnliche Ausbauten mit staatlicher Hilfe, und um die von der Staatsregierung geplante Ausweitung des Betriebs des Sonderflughafens Oberpfaffenhofen tobt seit Monaten ein erbitterter Streit. Dieser Streit tobt mit Recht. Stoppen Sie endlich diese unsinnigen, klimaschädlichen und unwirtschaftlichen Projekte.
Zu den wirklich unsinnigen Verkehrsprojekten in Bayern zählt natürlich auch der Transrapid. Abgesehen von seinen sonstigen Problemen gibt es unter Klimaschutzaspekten kaum eine ungeeignetere Technologie für die kurze Strecke vom Hauptbahnhof zum Flughafen. Das Geld, das Sie beim Transrapid zum Fenster hinausschmeißen, fehlt anderswo in Bayern für eine klimafreundliche Verkehrspolitik. Die „Mittelbayerische Zeitung“ kritisiert: Für München den Transrapid, fürs flache Land Bummelzüge. Bayern wird zum Land mit zwei Geschwindigkeiten. Wir sind nicht bereit, dies hinzunehmen.
Mit dieser unsinnigen Technologie verschärfen Sie zwei entscheidende Trends: den Klimawandel und das Auseinanderdriften der Chancen der Regionen. Der wirksamste Klimaschutz ist nach wie vor das Einsparen von Energie. Vor allem durch Gebäudesanierung lassen sich nicht nur klimaschädliche Gase einsparen, sondern auch Geld. Gleichzeitig ist sie ein Beschäftigungsprogramm für den Mittelstand. Hier muss der Freistaat mit gutem Vorbild vorangehen, auch zugunsten des Staatshaushaltes.
Die Regensburger Uni. Seit 1998 haben wir ebenso wie der Oberste Rechnungshof immer wieder kritisiert, dass in Bayern der Bauunterhalt vernachlässigt wird, dass keine energetischen Sanierungsmaßnahmen vorgenommen werden. Wer nicht rechtzeitig saniert, zahlt drauf – das weiß jeder Hausbesitzer. Dem bayerischen Finanz
minister und Ihnen, Herr Ministerpräsident, ist dies aber offensichtlich egal. Sie legen auf dem Papier einen Haushalt ohne Schulden vor, verschulden sich aber in Wirklichkeit. Sie sind schuld an verrotteten Gebäuden und hohen Heizkosten.
Dass es sich auch lohnt, die erneuerbaren Energien auszubauen, wissen inzwischen alle, sogar der bayerische Wirtschaftsminister. Herr Huber, sogar Sie lassen sich heute schon bei der Einweihung eines Biokraftwerks fotografieren.
Ich muss zugeben: Das ist schon etwas. Das finde ich super. Nachdem in seinen Reden das Wort Klimaschutz so oft vorkommt wie in meinen Reden andere Worte, ist dies schon etwas, ist dies schon eine Vorleistung.
Sogar er hat verstanden, dass erneuerbare Energien in Bayern eine Boombranche sind. Wenn er es verstanden hat, haben es alle verstanden.
(Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN – Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (CSU): Das ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten!)
Kaum hat er es verstanden, schon brüstet er sich damit. Er stellt sich hin und sagt: Eine positive Einstellung der Politik hat ein Klima geschaffen, das immer neue regenerative Investitionen im Freistaat entstehen lässt. Er sagt aber nicht, dass das nicht seine Politik ist. Er und sein Ministerpräsident waren diejenigen, die am erbittertsten gegen unser Gesetz für die erneuerbaren Energien gekämpft haben.
(Beifall bei den GRÜNEN – Prof. Dr. Kurt Faltl- hauser (CSU): Das ist doch eine peinliche Aufführung!)
Das Gesetz für die erneuerbaren Energien ist für Bayern ein enormes Investitionsprogramm, ein echtes Mittelstandsförderungsprogramm, nicht nur für Handwerker und Architekten.
Herr Kollege Prof. Dr. Faltlhauser, peinlich ist Ihr Haushalt. Peinlich ist, dass Sie den Herausforderungen nicht wirklich begegnen.