Protocol of the Session on December 12, 2006

Mir liegt an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Deshalb wird auch die kommende Dienstrechtsreform nicht über die Köpfe der Beschäftigten hinweg entschieden werden. Wir werden mit allen Beteiligten ausführlich diskutieren. Bayern wird seinen leistungsfähigen öffentlichen Dienst unter dem Strich nicht schlechter, sondern – wo immer möglich – besser stellen als andere Länder. Meine Regierung möchte ein verlässlicher Partner des öffentlichen Dienstes sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so, wie wir mit dem Dreiklang „Sparen, reformieren, investieren“ Maßstäbe gesetzt haben, wollen wir mit einem Zukunftsprogramm „Bayern 2020 – Kinder, Bildung, Arbeitsplätze“ die richtigen Maßstäbe für eine gute Zukunft der Menschen in unserer Heimat Bayern setzen. Der neue Dreiklang „Kinder, Bildung, Arbeitsplätze“ beschreibt die wesentlichen Zukunftsfragen für unser Land. Dies ist eine bewusst wertorientierte Politik. Denn jetzt, im immer härter werdenden globalen Wettbewerb, kommt es darauf an, den Menschen in Bayern eine gute Zukunft zu sichern. Dafür entwickeln wir unser Zukunftsprogramm „Bayern 2020 – Kinder, Bildung, Arbeitsplätze“.

Wir wollen Antworten auf die Fragen geben, was die entscheidenden Trends der Zukunft sind und wovon die Menschen in Bayern morgen leben können. Ich habe deshalb aus dem ganzen Land hervorragende Köpfe an einen Tisch zusammengeholt, aus der Naturwissenschaft, der Geisteswissenschaft, der christlichen Sozialethik sowie aus Kultur und Wirtschaft.

(Jürgen Dupper (SPD): Haben Sie keine Minister?)

Sie sollen Bereiche herausarbeiten und Vorschläge machen, wo ihres Erachtens Zukunftsinvestitionen in Bayern sinnvoll wären und auf fruchtbaren Boden fallen. Ihre fachlichen Vorschläge werden dann die Grundlage für politische Entscheidungen in der Staatsregierung, der Mehrheitsfraktion und im Landtag insgesamt sein. Ich habe die Absicht, dieses Zukunftsprogramm im nächsten Jahr noch vor der Sommerpause in diesem Hohen Hause in einer Regierungserklärung vorzustellen. Anfang 2008 sollen dann die ersten Investitionen aus diesem Zukunftsprogramm starten. Unser Ziel lautet: Bayern soll im Jahr 2020 eine der besten Regionen in Europa mit höchster Lebensqualität sein.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen, meine Herren, Kinder sind unsere Zukunft.

(Simone Tolle (GRÜNE): Aha!)

Kinder sind das Wertvollste, was wir haben. Deshalb möchte ich in unserem Zukunftsprogramm ganz bewusst einen politischen Schwerpunkt für unsere Kinder setzen. Wie Bayern 2020 aussieht, entscheidet sich an unseren Kindern.

(Simone Tolle (GRÜNE): Genau!)

Es entscheidet sich an den Chancen, die ihnen unser Land bietet, und wie sie diese Chancen nutzen. Wie wir unsere Kinder fördern, wie wir sie erziehen, welche Werte wir ihnen vermitteln, so chancenreich und lebenswert wird unsere Zukunft. Deshalb wollen wir weiter stark in die Betreuung – besonders der unter Dreijährigen – investieren sowie in die Betreuung der Grundschulkinder und die Tagesbetreuung. Wir steigern die Leistungen für Kinder und Familien schon in diesem Doppelhaushalt insgesamt um 68 Millionen Euro.

Wir werden aber auch die direkte Förderung der Familien mit dem Landeserziehungsgeld fortsetzen, und zwar zusätzlich zum Elterngeld des Bundes.

Wir wollen die Wahlfreiheit der Eltern. Wir gestalten das Landeserziehungsgeld so um, dass deutlich mehr Eltern als bisher in den Genuss der Förderung kommen. Im Übrigen, auch das sei hier vermerkt: Das Landeserziehungsgeld oder etwas Ähnliches gibt es außer in Bayern noch in drei Ländern. Zwölf Länder in Deutschland kennen eine solche Landesleistung überhaupt nicht oder nicht mehr. Bayern ist damit klar und deutlich Familienland und bleibt Familienland.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen, meine Herren, die große Mehrheit der Eltern kümmert sich liebevoll um ihre Kinder. Kein Staat kann leisten, was Eltern für ihre Kinder tun. Aber leider gibt es auch Kinder, die nicht genug Halt und Geborgenheit in ihren Familien finden. Leider gibt es auch Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen und ihrer Erziehungspflicht nicht nachkommen. Diese Kinder darf der Staat nicht im Stich lassen. Gerade Kinder als die Schwächsten in unserer Gesellschaft brauchen, wenn es nötig ist, einen starken Staat. Deshalb wollen wir zum Beispiel Pflichtuntersuchungen für Kinder. Jeder weiß, dass es besser ist, wenn Kinder regelmäßig von einem Kinderarzt untersucht werden. Das sieht auch die überwältigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger so. Das entspricht auch dem gesunden Menschenverstand.

Wir haben zusammen mit anderen Ländern eine Bundesratsinitiative für verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen für alle Kinder eingebracht. In Bayern werden wir in jedem Fall handeln. Wir planen ein eigenes Informations- und Kontrollsystem, damit alle Kinder Vorsorgeuntersuchungen erhalten. Das Landeserziehungsgeld werden wir künftig an die Vorsorgeuntersuchungen U6 und U7 binden.

Ferner müssen wir sehen: Kinder und Jugendliche sind heute ganz anderen Gefährdungen und Einflüssen ausgesetzt, als das früher der Fall war. Vor allem das Internet und die Medienwelt wirken heute massiv auf die Jugendlichen

ein. Niemand wird behaupten, dass ein Verbot von Killerspielen alle Probleme löst. Es kann aber auch niemand ernsthaft bezweifeln, dass solcher Schund in den Köpfen unserer Kinder und Jugendlichen zu schlimmen Folgen führen kann.

(Beifall bei der CSU)

Wer das Verbot von Killerspielen ablehnt, soll mir ein einziges Argument für diese Spiele nennen. Solche Argumente gibt es für mich nicht. Deshalb sollte die Bundesjustizministerin ihre Blockade aufgeben und den Kindern nicht länger den Schutz verweigern. Sie sollte ihrer Verantwortung gegenüber den Kindern, gegenüber den Jugendlichen und gegenüber der ganzen Gesellschaft gerecht werden. Eltern brauchen unsere volle Unterstützung, damit die Kinder und damit das ganze Land eine gute Zukunft haben. Es gibt keinen besseren Schwerpunkt und keine besseren Investitionen als in unsere Kinder.

(Renate Ackermann (GRÜNE): Dann machen Sie es doch endlich!)

An der Bildung entscheiden sich die Zukunftschancen unseres Landes. Deshalb steht die Bildung auch im Zentrum unserer Investitionen. Chancengerechtigkeit heißt heute vor allem: Wir wollen jedem Kind den Schlüssel zur Entfaltung seiner Persönlichkeit in die Hand geben. Wir wollen alle Talente und Begabungen soweit möglich fördern. Deshalb investieren wir in die frühkindliche Erziehung, in die Sprachtests und in die Sprachförderung für Kinder mit Migrationshintergrund. Ein Kind kommt nicht in die Grundschule, wenn es kein Deutsch kann.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit haben Sie Schwierigkeiten. Das kennen wir aus den vergangenen 20 Jahren. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die deutsche Sprache ist für alle Kinder wichtig. Daran entscheidet sich, ob der spätere Erwachsene am kulturellen, am politischen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann.

(Beifall bei der CSU)

Im Übrigen – wir werden das noch intensiv erörtern – brauchen wir eine Diskussion über eine Sprachförderung für alle Kinder, die hier Defizite haben. In den letzten Jahren haben wir große Anstrengungen für die Reformen der Realschule und des Gymnasiums unternommen. In den kommenden Jahren legen wir den Fokus auf die Hauptschulen. Wir werden die Hauptschulen gezielt stärker fördern und sie stärken. Sie befähigen Jugendliche, Facharbeiter und Meister zu werden – schon heute klagen viele über Facharbeitermangel – und sie eröffnen allen geeigneten Schülern auch den Weg zur Mittleren Reife oder zum Abitur.

Natürlich gibt es an den Hauptschulen, vor allem in den Ballungsgebieten, auch Probleme; das bestreitet niemand. Deshalb müssen wir an diesem Punkt ansetzen und mit mehr Ganztagsangeboten und noch mehr Praxisbezug

darauf reagieren. Das soll auch ein Schwerpunkt unseres Zukunftsprogramms werden. Für die Hauptschulen im ländlichen Raum müssen wir flexible und praktische Lösungen finden. Wir brauchen im ganzen Land exzellente Bildungsangebote. Diese Lösungen müssen sich am Wohl des Kindes und an den besten Bildungschancen orientieren. An unserem bewährten dreigliedrigen Schulsystem halten wir dabei fest.

(Beifall bei der CSU)

Wie gut unsere Hauptschulen, die Sie immer madig machen, sind, zeigt sich daran, dass unsere Hauptschüler bei Pisa 2003 in Mathematik genauso gut waren wie die Realschüler in Bremen und die integrierten Gesamtschüler in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall bei der CSU)

Ich halte manche Aussagen der Damen und Herren von der Opposition in diesem Zusammenhang für verantwortungslos. Ich fordere Sie auf: Machen Sie nicht ständig die Hauptschule madig und damit die Schülerinnen und Schüler, die dort lernen, sowie die Lehrkräfte, die dort unterrichten, schlecht.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte aus einem Brief – mich erreichen in diesem Zusammenhang viele Briefe – der Klasse 7 a der Johannes-Kern-Schule in Schwabach an die Staatsregierung zitieren. Die Schülerinnen und Schüler schreiben: „Wir finden es blöd, dass man über uns so negativ spricht. Deshalb bitten wir Sie, sich dafür einzusetzen, dass man über unsere Schule und unsere Schüler nicht mehr so schlecht redet.“ – Das sagen Kinder aus der Hauptschule.

(Beifall bei der CSU)

Ich betone ausdrücklich: Unsere bayerischen Lehrkräfte leisten an den Schulen hervorragende Arbeit. Ihnen gilt der Respekt und der Dank des Hohen Hauses.

Kinder, Bildung, Arbeitsplätze – Arbeitsplätze sind der dritte Schwerpunkt unseres Zukunftsprogramms. Wir haben zusammen mit Baden-Württemberg die niedrigste Arbeitslosenzahl und die höchste Zahl an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. Das war vor 30 oder 40 Jahren der Wunschtraum der Bayern. Wir wollen die Chance haben, im Jahre 2020 noch besser dazustehen als heute – trotz Globalisierung, trotz harten Wettbewerbs, trotz der demografischen Entwicklung. Die Menschen müssen auch in Bayern 2020 alle Chancen auf eine gute Arbeit haben. Die Zukunftsorientierung hat in Bayern Tradition. Wir haben schon immer auf Innovationen, gute Infrastruktur und Zukunftsfelder der Wirtschaft gesetzt. Ich erinnere z. B. an Entscheidungen der Regierung Goppel und der Regierung Strauß für den Flughafen München II. Als Franz Josef Strauß – das will ich in Erinnerung rufen – in den 80er Jahren den Flughafen gegen viele Widerstände vorantrieb, lag unser bayerischer

Exportanteil bei 29 %. Wir lagen damit weit unter dem Durchschnitt des Bruttoinlandsprodukts Deutschlands. Er wollte unbedingt für Bayern das Tor zur Welt öffnen und eine Verbindung über den Atlantik und den Pazifik für unsere Wirtschaft herstellen. Der Aufstieg Bayerns hat ihm recht gegeben. Unser Exportanteil liegt heute bei 46 %. Unsere Wirtschaft ist international verflochten wie keine andere Wirtschaft in Deutschland.

(Beifall bei der CSU)

Man darf hier nicht vergessen, welcher Mut dem zugrunde lag. Bislang gibt es keinen zweiten Flughafen von der Qualität des Flughafens Franz Josef Strauß in ganz Europa. Das ist mit eine Infrastrukturmaßnahme, die ganz Bayern geholfen hat. Wir als Mehrheitsfraktion sowie die Staatsregierung hatten den Mut zur Zukunft. Wir haben politische Entscheidungen gefällt, von denen heute die Menschen in Bayern profitieren.

Genauso wie damals müssen wir heute die richtigen Infrastrukturentscheidungen für Bayern treffen. Ich nenne als Beispiel aus der Fülle der Maßnahmen nur die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke der Bahn, die München und Nürnberg zusammenrückt, deren Weiterbau bis nach Berlin, die ICE-Anbindung Augsburgs, die dringend notwendige A 94 ins Chemiedreieck, den Transrapid sowie den notwendigen Ausbau des Flughafens Franz Josef Strauß, und zwar wenn möglich im Konsens mit den Anwohnern. Wir müssen auch sehen: Frankfurt baut die vierte Startbahn. Die Entscheidungen in Berlin sind gefallen. In den nächsten zehn Jahren entsteht dadurch eine Konkurrenz zu dem Flughafen in München. Wenn wir über Bayern 2020 nachdenken, müssen wir das in Erwägung ziehen.

Für all diese Herausforderungen müssen wir gewappnet sein. Nur so sichern wir Arbeitsplätze und den Wohlstand in Bayern auch morgen. Wir stehen sehr erfolgreich im Wettbewerb. Diese Position gilt es zu erhalten, denn wer stehen bleibt, der fällt unweigerlich zurück.

Zu sicheren Arbeitsplätzen gehört eine leistungsfähige und konkurrenzfähige Wirtschaft. Wir wollen mit den Mitteln der Landespolitik gezielt die heimische Wirtschaft in Bayern stärken. Dazu müssen wir auch zukünftig frühzeitig die neuesten Entwicklungen erkennen und bei neuen Produkten vorne dabei sein.

Deshalb haben wir im ganzen Land erfolgversprechende Cluster als Netzwerke für neue Produkte eingerichtet. Mit unseren Zukunftsprogrammen wollen wir die Cluster unterstützen. Sie sind Grundlage auch für die Arbeitsplätze von morgen. Wir wollen auf den Feldern investieren, auf denen Bayern ganz besondere Chancen hat, und wir wollen unsere Stärken weiter ausbauen. Arbeitsplätze müssen überall in Bayern entstehen. Das ist ein großer Anspruch, auch im ländlichen Raum. Das Ziel der Staatsregierung ist es, dass die Menschen in allen Regionen Bayerns weiterhin gute und gleichwertige Lebenschancen haben. Wir müssen deshalb die Wettbewerbsfähigkeit, die Lebensqualität und die Zukunftsperspektiven des ländlichen Raums positiv weiterentwickeln.

Dazu gehören auch die Investitionen in die Landwirtschaft sowie die Erhöhung der Mittel für die Dorferneuerung. Denn nur wirtschaftlich gesunde Betriebe können im immer rauer werdenden Markt bestehen. Unsere Landwirtschaft hat die Kraft, sich durch Qualität am Markt zu behaupten. Das zeigen nicht zuletzt ihre großen Erfolge auf den Exportmärkten. Die bayerische Landwirtschaft importiert weniger als sie exportiert. Das ist ein Riesenerfolg.

(Beifall bei der CSU)

Dazu gehört auch die Stärkung unserer Kommunen für gleichwertige Lebenschancen überall im Land. Die Leistungen im kommunalen Finanzausgleich werden im Jahr 2007 erstmals die Sechs-Milliarden-Grenze überschreiten. Damit liegt das Wachstum des kommunalen Finanzausgleichs im nächsten Jahr um mehr als fünf Prozentpunkte über dem Wachstum des Staatshaushalts. Das ist ein historischer Höchststand.

Bayern ist auch das einzige Land mit einem interkommunalen Finanzausgleich bei Hartz IV. Durch den Einsatz von 50 Millionen Euro ist es uns gelungen, dass keine bayerische Kommune im Jahre 2005 durch die Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe belastet wurde.

Auch beim Bund haben wir erfolgreich für unsere Kommunen gekämpft.

Ursprünglich wollte die Bundesregierung, wollte Herr Steinbrück den Kommunen nur zwei Milliarden Euro für die Miet- und Heizkosten der Bezieher von Arbeitslosengeld II zukommen lassen. Dank unseres massiven Einsatzes wurden diese Mittel auf 4,3 Milliarden Euro erhöht. Diese Einigung gilt bis zum Jahre 2010. Damit haben die Kommunen die notwendige Planungssicherheit. Für unsere Kommunen stehen somit in den Jahren 2007 bis 2010 nochmals 53 Millionen Euro pro Jahr mehr zur Verfügung als in den Jahren 2005 und 2006. Niemand hätte erwartet, dass wir das noch einmal steigern können.

(Beifall bei der CSU)