Ministerien und Staatskanzlei hätten besser den Begriff „Abkanzlei“ verdient, wenn sie sich nicht endlich am Riemen reißen und auch einsehen, dass es zulässig ist, in diesem Land eine eigene Meinung zu haben,
die man sich dann auch noch aufgrund von frei zugänglichen Informationen bildet. Bayern aber lebt von Intransparenz, Bayern lebt von Abhängigkeiten, weil diese Abhängigkeiten das System stabilisieren.
Ich kann nur hoffen, dass sich die Kommunen ihrer Eigenständigkeit und ihrer Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern bewusst sind und sich, wenn es das Land schon nicht tut, eine kommunale Satzung zulegen, mit der sie Informationsfreiheit gewähren. In diesem Sinne wünsche ich uns allen noch weitere Diskussionen.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie werden nicht überrascht sein, Frau Kollegin Stahl, dass ich eingangs ihre unsachlichen Äußerungen und Ihre bösartigen Unterstellungen am Ende
Die Ausfälle, die Sie sich am Ende erlaubt haben, haben Ihre zu 90 % sachlichen Ausführungen leider wieder in ein sehr negatives Licht gerückt.
Tatsache ist, dass bereits heute Bürgerinnen und Bürger, Beteiligte, die ein Interesse an einem einzelnen Vorgang haben, ein vollumfängliches Akteneinsichtsrecht haben.
Darüber hinausgehend ist es schon eine Frage – und Frau Stahl weiß auch ganz genau, dass das eine wesentliche Frage ist –, ob es tatsächlich seitens der Bürgerinnen und Bürger ein Interesse daran gibt, dieses bereits umfängliche Akteneinsichtsrecht dahin gehend zu erweitern, dass jedermann, egal ob er Beteiligter ist, egal ob er ein berechtigtes Interesse an dem einzelnen Vorgang geltend machen kann, ein umfängliches Zugangsrecht zu allen Akten aller Behörden des Staates, der Gemeinden, der Gemeindeverbände, der nachgeordneten Körperschaften des öffentlichen Rechts einräumt. Es ist schon interessant – Sie, Frau Kollegin Stahl, haben vorhin zu dem Gesetzentwurf zum Bürokratieabbau gesprochen –, mit welchen zwei Gesichtern Sie innerhalb von 60 Minuten hier auftreten können. Darauf komme ich gleich noch einmal zurück.
Wir stellen jedenfalls fest, dass es kein Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger nach einem derartigen Informationsfreiheitsgesetz gibt.
Wenn man sich die Beispiele, die Frau Stahl genannt hat, im Einzelnen anschaut, stellt man fest, dass sie ungeeignet sind, ein solches Gesetz zu begründen. Das betrifft namentlich den letzten Fall. Sie haben deutlich gemacht, dass der Journalist vor Gericht obsiegt hat. Er hat deshalb obsiegt, weil er laut Gesetz bereits ein einschlägiges Informationsrecht hat. Nur deshalb konnte er obsiegen. Nur deshalb konnte er den Zugang zu den Informationen, die er haben wollte, bekommen. Das Recht ist für ihn also bereits vorhanden. Er konnte es einklagen, er war erfolgreich. Sie sehen, wie ungeeignet die Beispiele sind, die Sie anführen.
Wir haben bisher ein oder zwei Petenten gehabt, die sich mit Petitionen an den Landtag gewandt und die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes gefordert haben. Diese ein oder zwei Petenten haben das Informationsfreiheitsgesetz nicht deshalb gefordert, weil ihnen von einer Behörde der Zugang zu einer Information verwehrt worden wäre, sondern nur deshalb, weil sie es sich selbst zu ihrer Aufgabe gemacht haben, dem Grunde nach für die Einführung eines solchen Gesetzes zu kämpfen, aber nicht
Auch die Beispiele aus den anderen Bundesländern, in denen es seit einiger Zeit ein derartiges Gesetz gibt, zeigen, zu welchen Ergebnissen ein solches Zugangsrecht führt.
Sie, Frau Stahl und Herr Kollege Ritter, wissen, dass in Schleswig-Holstein eine vom Verfassungsschutz beobachtete Organisation als erste zur Behörde gelaufen ist und gesagt hat: Jetzt lasst uns einmal nachschauen, wie ihr uns überwacht. – Das war der erste Fall in SchleswigHolstein. Dort wurde von den Scientologen versucht, das dortige Informationsfreiheitsgesetz zu ihren Gunsten auszunutzen.
Wenn man sich darüber hinaus die Beispiele auf Bundesebene ansieht, die bisher bekannt geworden sind, stellt man fest, dass es sich im Wesentlichen um das Verlangen von Verbänden, von Lobbyisten handelt, die einen umfänglicheren Zugang zu Informationen haben wollen. Dagegen müssen Sie weit und breit nach dem einzelnen Bürger suchen, dem die Auskunft verwehrt worden wäre und der ein derartiges Gesetz brauchen würde, um eine weitere Information zu bekommen.
Der Kollege Ritter beschwört in seinen Ausführungen die Bürgerinnen und Bürger geradezu, indem er immer wieder sagt, die Bürgerinnen und Bürger brauchen ein Informationsfreiheitsgesetz.
Sie, Kollege Ritter, sagen das nicht etwa, weil Sie davon überzeugt sind, dass wir ein solches Gesetz brauchen, sondern Sie hoffen, einer großen Zahl von Menschen einreden zu können, dass ein solches Gesetz benötigt würde. Es kommt mir so vor, als ob Sie um jeden Preis etwas Sinnloses, etwas Überflüssiges regeln wollen, was die einzelnen Bürgerinnen und Bürger eigentlich gar nicht haben wollen, was vielleicht einzelne Lobbyisten haben wollen – das gebe ich zu, dafür gibt es auch Beispiele, die ich genannt habe –, was vielleicht auch Organisationen haben wollen, sogar Organisationen, die vom Staat mitfinanziert werden. Man muss sich das einmal praktisch vorstellen: Der Staat finanziert Organisationen mit und finanziert so auch mit, dass es sich diese Organisationen dann zur Aufgabe machen, in den Akten des Staates nachzuschauen, ob dort alles in Ordnung ist oder nicht.
Jetzt, Frau Kollegin Stahl, kommen wir zu dem Punkt Verwaltung. Sie haben vorhin eine wirklich schöne Rede zum Thema Bürokratieabbau, zum Thema Verwaltungsvereinfachung gehalten. Sie haben von der überregulierten Verwaltung gesprochen. Sie haben als eines der Beispiele vorhin die Aktenordnung angeführt. Sie haben süffisant ausgeführt, dass in der Aktenordnung geregelt ist, wie Akten zu behandeln sind, wie Akten abzulegen sind, und Sie haben das eigentlich als überflüssig dargestellt.
Da verwundert es schon, Frau Kollegin Stahl, dass Sie schon beim nächsten Tagesordnungspunkt – ich danke dem Ältestenrat für die Reihenfolge auf der heutigen
Tagesordnung – genau das Gegenteil sagen müssen. Sie sagen dann, es spiele überhaupt keine Rolle, was für ein Verwaltungsaufwand dabei entstehen könnte. Ob das jemand will, ist eh schon wurscht.
Sie haben gesagt, dass Sie den Leuten erst einmal das Recht einräumen wollen. Es kommt Ihnen also nicht darauf an, ob der Bürger das haben will. Sie haben davon gesprochen, dass Sie keinen Informationszwang wollen, dass Sie aber in jedem Fall dem Bürger die Möglichkeit einräumen wollen, egal welcher Aufwand damit verbunden ist,
dass er alle Akten bei allen Behörden des Staates, der Gemeinden, der Gemeindeverbände, der Körperschaften des öffentlichen Rechts, der privaten Institutionen, die Aufgaben des Staates und der Gemeinden wahrnehmen, einsehen kann.
Es ist auch weit gefehlt, wenn Sie meinen, im Falle eines solchen Gesetzes, würde Verwaltungsaufwand erst dann entstehen, wenn sich der Bürger mit einer Anfrage an eine Behörde wendete. Dies zeigt, mit Verlaub gesagt, dass Sie vom Verwaltungshandeln eben doch relativ wenig Ahnung haben, um es vorsichtig auszudrücken. Tatsächlich müsste für den Fall, dass man einen solchen Rechtsanspruch einführt, bereits bei der Aktenführung – bei genau der Aktenführung und der Aktenordnung, die Sie vorhin kritisiert haben – angesetzt werden, und die Aktenführung wäre von vornherein noch detaillierter und anders zu regeln. Wenn es einen solchen Anspruch gäbe, wäre mit der Führung jeder Akte ein erheblicher Mehraufwand verbunden, dies deshalb, weil – das haben Sie richtig angeführt – die eigentliche Entscheidungsfindung einer Behörde natürlich nicht der Aufsicht und der Einsicht des einzelnen Bürgers unterliegen kann. Das ist frei. Insoweit haben Sie völlig recht. Daher müsste dann in jeder Akte der Gedankengang zur Entscheidungsfindung geschwärzt oder getrennt abgelegt werden, damit der andere Teil, für den es dann ein Einsichtsrecht geben soll, ohne Probleme eingesehen werden könnte.
Frau Kollegin Stahl, Herr Kollege Ritter, ich bitte Sie, einmal darüber nachzudenken und dann hoffentlich auch für sich zu der Einsicht zu gelangen, dass mit Ihren beiden Gesetzentwürfen auf jeden Fall ein gigantischer Verwaltungsmehraufwand verbunden wäre, selbst dann, wenn niemand, wirklich niemand, am Ende dieses Recht in Anspruch nähme.
Frau Kollegin Stahl, um Ihre Worte aufzugreifen: Das Geld, das dafür erforderlich wäre, können wir zugunsten unserer
Frau Kollegin Stahl, zum Schluss haben Sie quasi gesagt, wenn wir schon nicht zu der Einsicht kämen, den Bürgern eine Möglichkeit einzuräumen, nach der sich eigentlich niemand sehnt, so würden es vielleicht die Kommunen tun. Hierzu Folgendes. Sie wissen: Die kommunalen Spitzenverbände, die Vertreter der kommunalen Ebenen, wurden zu dem Gesetzentwurf alle angehört. Und siehe da – ich möchte es, obwohl Sie es ja wissen, noch einmal ausdrücklich zu Protokoll geben –: Alle kommunalen Spitzenverbände sind einvernehmlich zu der Überzeugung gelangt, dass ein solches Informationsfreiheitsgesetz aus ihrer Sicht überflüssig ist.
Es gibt kein Bedürfnis dafür. Es wäre ein erheblicher Verwaltungsaufwand damit verbunden, es wären erhebliche Kosten damit verbunden. Zum Konnexitätsprinzip haben Sie im Zusammenhang mit der Einführung eines solchen Rechts überhaupt nichts gesagt. Wer zahlte denn den damit verbundenen Aufwand, würde man das für die Behörden der Kommunen einführen?
Natürlich werden die Kommunen diesen Aufwand dann mit Ihrer Unterstützung beim Freistaat Bayern geltend machen, mit dem Ergebnis, dass wieder weniger Geld für andere, eigentlich wichtigere Aufgaben und damit für die Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung steht.
Nun, Frau Kollegin, noch ein Wort zur Rechtstradition. Herr Kollege Ritter scheint noch Probleme damit zu haben, obwohl wir das im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen bereits ausführlich erörtert haben. Sie könnten also mittlerweile wissen, dass es unterschiedliche Rechtstraditionen gibt und dass nun einmal zum Beispiel in den skandinavischen Ländern bezüglich derartiger Bürgerrechte eine völlig andere Rechtstradition besteht als in unserem Rechtsraum.
Mir ist sehr wohl bekannt, dass es bereits seit dem 18. Jahrhundert in anderen Rechtsräumen aufgrund einer anderen Rechtstradition derartige Einsichtsrechte gibt. Nur, es ist Ihr Denken und Ihr Prinzip politischen Handelns, etwas zu tun, ganz gleich, ob es Sinn macht oder nicht, ganz gleich, ob jemand ein Bedürfnis danach hat oder nicht.