Protocol of the Session on October 18, 2006

Darum sind wir jedem Mann und jeder Frau dankbar, der oder die einen Hinweis darauf gibt, wie man die Durchführung erleichtern kann.

Zweitens. Frau Kollegin Kamm, der hohe Anspruch, den Sie erhoben haben, wird mit Ihrem Gesetzentwurf nicht erfüllt. Richtig ist, dass die Hürden für die Durchführung eines Volksbegehrens relativ hoch sind. Das hat auch seinen Grund. Nicht weil die jetzige Staatsregierung die Durchführung von Volksbegehren unmöglich machen will, sondern weil schon diejenigen, die sie ursprünglich eingeführt haben, wollten, dass Volksbegehren, die letztlich zum Volksentscheid führen sollen, eine hohe demokratische Legitimation haben, hat man die Hürden relativ hoch gesetzt. Das ist keine Bösartigkeit von irgendjemandem.

In der Tat kann man darüber nachdenken, ob die Hürden zu hoch gelegt sind. Sie haben den Befund genannt, dass es immer weniger Initiativen gibt und dass diese wenigen noch dazu von großen Organisationen unterstützt werden müssen, was auch etwas zu tun hat mit unserer Medienlandschaft, mit der zurückgegangenen Aufmerksamkeit, mit der Aufsplitterung der Interessen. Das mag ein Grund dafür sein zu sagen, wir müssen die Hürden etwas niedriger ansetzen. Aber auch das wird nicht ausreichen, um der Volksgesetzgebung den Rang zu verleihen, den Sie gefordert haben, wofür ich persönlich ganz große Sympathie empfinde.

Dritte Bemerkung. Weil die Volksgesetzgebung eine sozialdemokratische Erfindung ist, die mittlerweile auch auf der kommunalen Ebene in Form von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden zu finden ist, weil wir Ihr Anliegen, die Frist von bisher 14 Tagen auf dann vier Wochen zu verlängern und auch die Eintragung zu erleichtern, befürworten – das ist schon seit Jahren unser Anliegen gewesen; Sie haben es jetzt in ein Gesetz gegossen –, werden wir dem

Gesetzentwurf aus grundsätzlichen Erwägungen zustimmen, auch wenn wir nicht den Eindruck vermitteln möchten, die großen Erwartungen, die Sie geweckt haben, damit erfüllen zu können.

(Beifall bei der SPD)

Nun hat sich Frau Kollegin Kamm noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Weidenbusch, diese Dinge haben wir doch ausdiskutiert. Es kann nicht unterstellt werden, dass irgendjemand irgendeinen Namen auf irgendeinen Zettel schreibt und dass dies dann als Unterschrift gilt. Sie kennen doch das Verfahren beim Bürgerbegehren. Auch wenn der Artikel 69 aufgehoben ist, gibt es ausreichend Regelungen, die dafür Sorge tragen, dass die Unterschriftensammlung auf korrekte Art und Weise erfolgt.

Sie unterstellen den Bürgerinnen und Bürgern, dass sie abends durch die Kneipen ziehen und quasi betrunken unterschreiben. Das halte ich für unzulässig. Das ist nicht in Ordnung. Ich denke, eine Amtseintragung ist nicht erforderlich, um qualifizierte Unterschriften zu sammeln. In allen anderen Ländern der Welt ist dies auch nicht erforderlich.

Bei unseren Änderungsvorschlägen geht es, wie gesagt, lediglich darum, ob das Volk zu einer bestimmten Frage gehört werden soll. Es ist völlig klar, dass dann die Sachentscheidung über die Sachfrage in den Amtsstuben, in den Wahllokalen erfolgt. Aber bei der Sammlung von Unterschriften für eine entsprechende Abstimmung brauchen wir diese hohe Hürde, dass dies nur in Amtsräumen möglich ist, wirklich nicht.

Wenn Sie schon etwas zum Abbau der Hürden beitragen wollen, dann könnten Sie zumindest Paragraf 1 Absatz 1 zustimmen. Das wäre ein Angebot. Das wäre eine Möglichkeit der Verbesserung, die zwar nicht so weit reicht wie unsere, aber ein erster Schritt wäre.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat der Herr Staatsminister Dr. Beckstein.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zwei Vorbemerkungen machen.

Frau Kollegin Kamm, Sie haben recht: Seit fünf Jahren – vielleicht ist es sogar noch länger her – gab es kein erfolgreiches Volksbegehren mehr.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Darauf sind wir nicht stolz!)

Wir interpretieren das natürlich anders, nämlich so, dass wir eine so gute Politik machen, dass nicht einmal Ihnen

etwas einfällt, was Sie über das Volk durchsetzen könnten.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Lachen bei den GRÜNEN)

Das ist ganz offensichtlich. Würden wir etwas machen, was den Leuten nicht gefällt, sähe das anders aus. Ich sage mit einer gewissen Ironie: Jeder Wunsch der Bürger wird ihnen von uns von den Augen und von den Lippen abgelesen und sofort verwirklicht. Das ist der Grund dafür, dass es keine erfolgreichen Volksbegehren mehr gibt.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Oh je! – Zuruf des Abgeordneten Dr. Heinz Kaiser (SPD))

Meine zweite Vorbemerkung richtet sich an den Herrn Kollegen Schindler. Herr Kollege Schindler, Sie haben recht: Volksbegehren sind insbesondere auf Hoegner zurückzuführen. Ich habe allerdings in den vergangenen Monaten oft gesagt, ein ganz wichtiger Grund dafür, dass die CSU in Bayern so lange die Mehrheit hatte, liegt darin, dass das Volk punktuell andere Entscheidungen treffen konnte. Deshalb ist das Volksbegehren aus meiner Sicht ein wichtiges Instrument,

(Franz Maget (SPD): Zum Machterhalt der CSU!)

um die Macht der CSU zu sichern.

Jetzt will ich Ihnen sagen: Das war natürlich eine vorbildliche Leistung von Herrn Hoegner. Herr Maget, Sie müssen noch viel lernen, bis Sie die Macht so dauerhaft für uns sichern.

(Beifall bei der CSU – Franz Maget (SPD): Dann müssten Sie es erleichtern! In zwei Jahren ist es eh vorbei!)

Nun noch ganz kurz zu den drei Punkten.

Die freie Unterschriftensammlung ist aus unserer Sicht abzulehnen. Sie ist nicht angemessen.

Dass die Unterschriftenleistung in den Ämtern eine höhere Korrektheit aufweist, dass damit mancher Missbrauch – nicht jeder – damit verhindert wird, ist, glaube ich, unstrittig. Deswegen ist für ein Volksgesetzgebungsverfahren unserer Meinung nach eine Unterschriftensammlung mit Amtseintragung vorzuziehen.

Bezüglich der Verlängerung der Eintragungsfrist von 14 auf 30 Tage lautet meine These: Wer es in 14 Tagen nicht schafft, wird es auch in 30 Tagen nicht schaffen. Jeder weiß, dass in den ersten Tagen ohnehin nicht viel geschieht. Alles konzentriert sich auf die letzten zwei bis drei Tage. Bei 30 Tagen sind dies eben die Tage 27 bis 30 und nicht die Tage 11 bis 14. Eine Verlängerung erhöht nur den Aufwand.

Letzter Gesichtspunkt: Die Verlagerung der Kostenpflicht für die Eintragungslisten vom Antragsteller auf den Staat. Abgesehen davon, dass dies im Vergleich zu den sehr

hohen Kosten für Werbemaßnahmen, die zwangsläufig für alle Beteiligten damit verbunden sind, nur ein geringer Faktor ist, glaube ich, dass man sagen kann: Wenn jemand ein Volksbegehren auf den Weg bringt, dann muss es ihm schon das Geld wert sein, Eintragungslisten zu drucken. Das kostet nicht die Welt. Daran ist es noch selten gescheitert. Jedenfalls habe ich in meiner langen Dienstzeit noch nie das Argument gehört, dass ein Volksbegehren deswegen scheitern würde, weil man die Eintragungslisten nicht finanzieren kann. Von daher glaube ich, dies ist nicht der zentrale Punkt. Wahrscheinlich ist es Ihnen auch nicht zentral darum gegangen.

Insgesamt haben wir in Bayern ein höheres Maß an Volksgesetzgebung als in anderen Ländern. Ich halte das auch für gut. Das sage ich sehr deutlich. Aber die vorgesehenen Maßnahmen sind aus unserer Sicht weder notwendig noch sinnvoll.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Dieser Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 15/5296 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt auf Drucksache 15/6428 die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. – Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Antrag der Abg. Helga Schmitt-Bussinger u. a. (SPD) Schleierfahndung in Mittelfranken nicht reduzieren (Drs. 15/5664)

Ich eröffne die Aussprache. Der Ältestenrat hat eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion beschlossen. Frau Kollegin Schmitt-Bussinger steht schon bereit. Bitte sehr.

Frau Präsidentin, Herr Innenminister, Herr Staatssekretär, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen jetzt zu einem zweiten Thema aus dem Bereich der inneren Sicherheit, bei dem Sie, Herr Minister, nicht gut aussehen. Aber Sie können etwas dazu beitragen, dass Sie künftig besser aussehen.

Mit unserem Antrag „Schleierfahndung in Mittelfranken nicht reduzieren“ haben wir heute, wie ich meine, eine Diskussion mit ungewöhnlicher Rollenverteilung. Das Anliegen meiner Fraktion ist es, die Schleierfahndung in ihrer Qualität nicht zu beeinträchtigen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sie haben aber das Gesetz abgelehnt! Das wissen Sie! Sie waren gegen die Schleierfahndung insgesamt!)

Sie brauchen alte Legenden nicht hochzuhalten.

(Thomas Kreuzer (CSU): Das ist keine Legende, das ist eine Tatsache!)

Wir haben dieses Gesetz aus bestimmten Gründen abgelehnt, aber nicht generell die Schleierfahndung. Auch wenn Sie es nicht gerne hören, war es so. Im Übrigen ist es schon zehn Jahre oder länger her – Sie sollten endlich einmal zur Kenntnis nehmen, dass die SPD offensiv für die Schleierfahndung eintritt, Herr Kollege Kreuzer. Ich denke, dass damit dieses Thema abgehandelt ist.

(Thomas Kreuzer (CSU): Das werden Sie immer wieder hören müssen!)

Die Staatsregierung und Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Fraktion, sind auf dem besten Wege das erfolgreiche Kontroll- und Fahndungsinstrument zu demontieren. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die erfolgreiche Schleierfahndung in Mittelfranken und um deren Zukunft.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich weiß, dass alle gerne nach Hause gehen möchten.

Kolleginnen und Kollegen, es geht nicht etwa um einen belanglosen Detailaspekt einer Polizeireform, die wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nach wie vor für überflüssig halten und deswegen ablehnen, sondern es geht um die Frage, ob und wie grenzüberschreitende Kriminalität weiterhin erfolgreich bekämpft werden kann, und darum, ob unsere Fahndungseinheiten vernünftig strukturiert sind und ihre Ausstattung der Bedeutung ihrer Aufgabe angemessen ist.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Schleierfahndung – ich denke, da sind wir uns einig – ist aus der polizeilichen Praxis nicht mehr wegzudenken.