Da können Sie doch nicht sagen, dies liege Ihnen am Herzen. Eher das Gegenteil ist der Fall. Tatsachen sprechen für sich, nicht aber der bildungspolitische Sprecher der CSU in einer Aktuellen Stunde.
Die Hauptschulen machen Sorgen. Das ist hinreichend bekannt. Wir brauchen – das hat der Finanzminister gestern festgestellt – eine Hinwendung zu den Schülerinnen und Schülern. In der Hauptschule konzentrieren sich die sozialen Probleme und das, weil Sie diese Schulart, obwohl Sie immer wieder das dreigliedrige Schulsystem hochbeten, jahrelang sehenden Auges vernachlässigt
(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD) – Zuruf der Abgeordneten Ingrid Heckner (CSU))
23 Modellversuche, ein Hauptschulkongress und die Pläne, die Hauptschule um ein Jahr zu verlängern, ändern daran gar nichts. – Ich komme auf die Hauptschule noch zurück, Frau Kollegin Heckner.
Zunächst möchte ich für die Schulen auf dem Land feststellen: Wir haben ein demografisches Problem. Dazu, dass Sie das letztes Wochenende auch festgestellt haben, kann ich Sie nur beglückwünschen. Ich habe für meine Fraktion schon zweimal den Antrag gestellt, sich mit den Auswirkungen des demografischen Wandels zu beschäftigen.
Wichtig ist, was Sie, Herr Kollege Nöth, zu meinem letzten Antrag gesagt haben. Dieser lautete, die Landesregierung solle in Zusammenarbeit mit den Regionen ein Konzept zum Erhalt der Schulen auf dem Land vorlegen. Am 7. März hatten wir dazu eine Debatte im Plenum. Ich hatte Ihnen damals schon gesagt, ich glaubte, dass diese Debatte eine Rolle spiele. Herr Kollege Nöth, Sie haben den Antrag, sich mit dem demografischen Wandel zu beschäftigen, damals mit dem Argument abgelehnt, Sie wollten keine Unruhe in die bayerische Schullandschaft bringen.
Die Zahlen seien schließlich bekannt. Diese Zahlen haben Sie damals bekannt gegeben. Sie haben gesagt: Bis zum Jahre 2020 verliert die Hauptschule 40 %, die Realschule 15 % und das Gymnasium 20 % seiner Schülerinnen und Schüler. Für Sie war das immer noch kein Grund, etwas zu tun. Zitat: „Wir sind gut überlebensfähig mit diesen Zahlen. Wir haben drei starke Säulen.“
Weiter haben Sie gesagt: „Gott sei Dank, die Schulen kommen zu überschaubaren Größen. Wir brauchen keine Verunsicherung und vor allem Ruhe.“ Sie haben gesagt: „Wir haben eine leistungsfähige und gute Hauptschule.“ Sie haben auch gesagt: „Die demografischen Probleme sind bekannt. Über eine Änderung muss nicht nachgedacht werden.“
Herr Kollege Nöth, nun reise ich viel durch Bayern. Während dieser Reisen habe ich ein Positionspapier der CSU zur Reform der bayerischen Hauptschule erhalten.
Geradezu lächerlich ist es, wenn es in der Überschrift heißt: „CSU näher an der Schule“. So weit weg von der Schule wie Sie ist sonst keiner.
Das Fortbestehen der bisherigen Hauptschule ist durch zwei Entwicklungen bedroht. Die Schülerzahl sinkt aufgrund der demografischen Bevölkerungsentwicklung.
Die circa 1000 Hauptschulen werden in Bayern in dieser Größe nicht mehr zu halten sein. Nicht nur die Auflösung von Teilhauptschulen zu größeren kompletten Hauptschulen spielt eine Rolle. Auch der M-Zug wird an vielen Standorten gefährdet sein, mit allen Folgen für die Gemeinden und die Schüler. In Regierungsbezirken wie Ober- und Unterfranken ist in den kommenden Jahren ein jährlicher Rückgang über 11 % prognostiziert.
Die Übertrittszahlen in die Hauptschule haben dramatisch abgenommen. Für jeden dritten Hauptschüler ist die Ausbildungssituation äußerst angespannt.
und dazu gratuliere ich Ihnen, dass Sie das zumindest einmal in einem geheimen Papier aufschreiben –
Die Einrichtung des M-Zuges hat die Nachteile nicht ausgleichen können. Manch andere Verbesserung in der Hauptschule hat auch nicht dazu geführt, dass sie optimal für die hier verbliebenen Schüler ausgerichtet ist.
Es ist Zeit, dass man sich mit der Wahrheit auseinandersetzt. Die Wahrheit an sich ist traurig. Herr Waschler, über Sie stand einmal in der „Süddeutschen Zeitung“, Sie seien der Minnesänger der Staatsregierung. Dazu möchte ich
(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Glauben Sie alles, was in der Zeitung steht, Frau Kollegin? – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das war Ihr eigenes Papier!)
Hören Sie auf, davon zu sprechen, dass Sie sich um die Zukunft des ländlichen Raumes kümmern wollen. Sie wollen schöne Reden halten, ein bisschen das Lied der Staatsregierung nachsingen, ohne selbst nachzudenken.
Die GRÜNEN haben immer angemahnt, dass wir den demografischen Wandel aktiv gestalten müssen. Wir müssen umsteuern in ein System, das auf Leistung, auf Gerechtigkeit und auf Vertrauen in die Akteure setzt. Aus meiner Sicht ist die neunjährige gemeinsame Schulzeit dabei das Beste, was uns passieren kann. Das wird auch die demografischen Probleme lösen, weil jeder an seiner Schule bleibt, und damit ist es gut.
Wir wollen aber auch gemeinsam mit den Regionen die Probleme angehen, und deshalb schlagen wir eine Öffnungsklausel vor. Das haben wir bei unserer Fraktionsklausur in Passau vorgelegt. Wir wollen zwei Dinge: Wir wollen nicht nur die Schule auf dem Dorf lassen, sondern wir wollen auch ihre Qualität verbessern. Darauf lege ich Wert. Wir wollen den Regionen die Möglichkeit geben, ihre Bedingungen selbst zu gestalten. Das kann eine neunjährige gemeinsame Schulzeit sein, eine kommunale Schule mit unterschiedlichen Abschlüssen, ein gemeinsamer Unterricht bis zur sechsten Klasse oder jahrgangsübergreifender Unterricht. Die Entscheidung hierüber soll den Regionen möglich sein. Aber hören Sie auf, die Probleme zu leugnen und zu heucheln, Sie würden sich für das flache Land einsetzen.
Wir werden Sie immer wieder daran erinnern, denn, Herr Kollege Waschler – und ich beende meine Rede mit Goethe –: Man muss das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum oder die Lüge immer wieder gepredigt wird.
(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN – Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD) – Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das tut Ihnen weh, gell?)