Herr Magerl, ist Ihnen bekannt, dass in den Niederlanden Benzin zwar teurer, aber der Diesel billiger ist?
Herr Innenminister oder Herr Abgeordneter Dr. Beckstein, ich habe beide Tabellen ausgedruckt, sowohl die Benzinpreise als auch die Dieselpreise. Eine große Anzahl von Pkws fährt mit einem Benzinmotor. Das ist keine Halbwahrheit, Herr Kollege. Der Preisunterschied zum Diesel ist im Übrigen nicht allzu groß; da befi nden wir uns fast auf dem gleichen Niveau.
(Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU): Der fährt mit einem großen Tank! – Weitere Zurufe von der CSU)
Herr Kollege, Sie dürfen das nicht verwechseln; auch der Innenminister hat ständig von Lkws geredet. Das war eine Ausweichrede zum Ausweichverkehr. Hier geht es um eine Vignette für Pkws und nicht um die Maut für Lkws. Das ist eine ganz andere Baustelle, über die wir heute bei diesem Antrag nicht zu reden haben.
Herr Kollege Magerl, könnten Sie Herrn Abgeordneten Beckstein sagen, dass der Diesel in der Schweiz und in Italien deutlich teurer ist als in der Bundesrepublik Deutschland, nachdem wir schon über Benzin- und Dieselpreise reden?
Frau Kollegin, ich habe gesagt, es gibt innerhalb Europas erhebliche Preisunterschiede bei beiden Kraftstoffen.
Der Tanktourismus ist ein Problem in unwahrscheinlich vielen europäischen Ländern. Tanktourismus gibt es nicht nur von Deutschland nach Österreich oder von den Niederlanden zu uns, sondern auch von Frankreich in die Schweiz oder von Österreich nach Italien. Dieses Thema müssen wir auf europäischer Ebene anpacken.
Die Autos verbrauchen endlich weniger Sprit; das ist erfreulich. Infolgedessen fahren sie seltener zur Tankstelle. Die Tanks sind teilweise größer geworden. Die meisten Tankstellen – ich sage das ganz bewusst; das ist kein Grenzlandproblem, sondern ein generelles Problem – können heute nur noch existieren, weil sie Mini-Supermärkte sind, die vom Ladenschluss ausgenommen sind. Diesem Problem müssen wir uns in diesem Hohen Hause irgendwann einmal ernsthaft widmen. Wenn der Ladenschluss freigegeben wird, werden wir landesweit ein wesentlich stärkeres Tankstellensterben haben als momentan im Grenzland. Ich habe den Eindruck, dass für den Innenminister und einige im Hause hier das Tankstellensterben im Grenzland ein wesentlich größeres Problem ist als das Grundschulsterben im gesamten Land aufgrund eines Strukturwandels.
Nach der Rede des Herrn Innenministers kann ich es Ihnen nicht ersparen, hier vorzutragen, was die Bundestagsabgeordnete Blank von der CSU dazu gesagt hat. Sie hat gesagt, das sei reiner Populismus; sie rege das auf; diese Überlegungen seien derartig unsinnig, weil sie nichts brächten.
So Kollegin Blank, die, so glaube ich, sogar aus Ihrer Heimatstadt stammt. Das ist Konsens in Berlin. In der Hauptstadt ist die Vignette kein Thema. Wir sollten unbedingt dafür sorgen, dass der Vorschlag, der, so glaube ich, von Herrn Stoiber gekommen ist und von Herrn Beckstein hier mehr schlecht als recht verteidigt worden ist, möglichst schnell verschwindet. Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu!
Dieses Thema hat heute Morgen sehr viele Emotionen ausgelöst. Das ist dieser Vorschlag eigentlich nicht wert. Es ist doch interessant, wie sich das entwickelt.
Herr Innenminister, Ihre Zwischenrufe haben mich nicht gestört. Mich hat noch nicht einmal Ihre Wortwahl gestört, weil Sie emotional stark engagiert waren. Also dürfen Sie sich auch einmal im Ton vergreifen. Herr Schmid war der Meinung, er müsse mich vor einer Diskussion über die Frage einer Mautpfl icht für Lkws auf Bundesstraßen in Schutz nehmen. Wir haben auch darüber vorhin gesprochen.
Herr Minister, ich erinnere daran, Sie waren bei uns im Juli im Wirtschaftsausschuss und hatten dieses wunderschöne Schild für die Presse mitgebracht: „Durchgangsverkehr gesperrt“. Das Schild wollen Sie nun nicht benutzen. Sie haben damals gesagt, Ihnen persönlich wäre es am liebsten, man würde die Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ausdehnen. Das hat mir imponiert. Sie haben auch gesagt, damit stünden Sie momentan allein.
Das wollte ich nur sagen, weil Herr Schmid hier meint, jemanden davor schützen zu müssen. Diese Diskussion werden wir aber zu führen haben, gerade wenn Sie den Maut-Ausweichverkehr anderweitig nicht in den Griff bekommen. Herr Schmid, darüber rede ich mit Ihnen auch gern in Weißenburg. Das ist kein Thema.
Es ist auch deutlich geworden, wie verunsichert Sie bezüglich der verschiedenen Möglichkeiten beim Tanktourismus sind. Herr Minister, Sie haben auf Bundesminister Clement und Furth im Wald angespielt. Damals haben Sie den Eindruck vermittelt, wenn man nur wollte, könnte man das Problem des Tanktourismus im Handstreich lösen. Sie haben diesen Eindruck erweckt, aber Sie korrigieren ihn wieder mit Ihrer Hilfl osigkeit heute. Dafür bin ich Ihnen dankbar.
Ich komme zu einem letzten Punkt, weil ich die Dinge gern im Reinen habe. Herr Minister, von der Regierungsbank – waren es Sie oder Herr Schmid? – kam der Hinweis, es sei völlig abwegig, den Vorschlag der Beckstein-Maut mit der Absicht der Entlastung der Wirtschaft in Zusammenhang zu bringen. Es hat geheißen, das habe nichts miteinander zu tun; das wolle niemand. Ich verweise auf die Pressemitteilung Nummer 243/06 des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 18. Juli 2006 und zitiere: „Schließlich führt die Absenkung der Mineralölsteuer zu erheblichen Entlastungen der deutschen Wirtschaft im Allgemeinen und des Transportgewerbes im Besonderen.“ – Entweder es stimmt, dann habe ich es richtig vorgetragen, oder es ist falsch, dann werden Sie diese Pressemitteilung möglicherweise schon widerrufen haben.
Im Übrigen weise ich darauf hin, dass Sie die Einnahmen aus der Vignette dreimal verfrühstückt haben: Sie wollen den Tanktourismus eindämmen; Sie wollen den Straßenbau fördern – wie Sie zum Schluss wieder gesagt haben –, und Sie wollen die Wirtschaft entlasten. Wie das gehen soll, erklären Sie uns heute lieber nicht; denn das
Herr Kollege Dr. Beyer, damit wir uns, wenn wir hier ernsthaft diskutieren wollen, über die Grundüberlegungen klar sind, lassen Sie mich sagen: Die Vignette bringt 4,9 Milliarden Euro. Die Verwaltungskosten werden – round about – von den ausländischen Pkws bezahlt, und es verbleibt noch etwas für den Haushalt. Diese Beträge kann man auf jeden Fall für eine Senkung der Mineralölsteuer verwenden, ohne dass es den Steuerzahler etwas kostet.
Zum Zweiten hat man die durch den Tanktourismus bisher ausgefallenen Steuergelder zur Verfügung. Dadurch, dass die Leute in grenznahen Gebieten zum Tanken ins Ausland fahren, entstehen Steuerausfälle von rund 2,7 Milliarden Euro. Hinzu kommen weitere Ausfälle von 1,9 Milliarden Euro. Das heißt, wir haben 4,6 Milliarden Euro zusätzlich in den Taschen der deutschen Finanzminister. Man kann sich überlegen, was man mit diesen 4,6 Milliarden Euro macht. Wir können uns überlegen, wie viel davon zur Reduzierung von Belastungen verwendet wird und wie viel wir für zusätzlichen Straßenbau aufwenden. Das ist jedenfalls eine interessante Überlegung.
Ich füge hinzu, wir werden zum 1. Januar des nächsten Jahres eine Beschleunigung dieses Vorgangs erleben, weil der Abstand weiter zunimmt. Darum müssen wir uns überlegen: Wollen wir das tatenlos hinnehmen oder wollen wir gegensteuern?.
Ich komme zum Stiftungsmodell, das Herr Clement angekündigt, aber nicht umgesetzt hat, obwohl es die rotgrüne Koalition in der letzten Legislaturperiode hätte tun können, ohne dass man eine Zustimmung des Bundesrates benötigt hätte. Man hätte es ohne weiteres machen könne, aber es ist nicht umgesetzt worden, weil der Finanzminister damals Nein gesagt hat. Ich bin auch davon überzeugt, dass das Stiftungsmodell nicht klappen kann, weil mir niemand klar macht, warum der Autofahrer in Furth im Wald billiger tanken soll als der in Amberg und warum der Autofahrer in Amberg billiger tanken soll als der in Nürnberg. Das müsste aus Steuermitteln fi nanziert werden.
Herr Kollege Maget, ich verstehe, dass Sie das Stiftungsmodell verteidigen. Sie sollten dann aber auch deutlich sagen, dieses Stiftungsmodell bedeutet, dass der Steuerzahler Zuschüsse gibt für diejenigen, die grenznah wohnen, aber nicht für diejenigen, die weiter von der Grenze weg sind. Ich frage: Warum wird für den grenznah Wohnenden das Benzin aus Steuermitteln subventioniert und für den, der weiter weg wohnt, nicht? Ich halte das für äußerst ungerecht. Deswegen werde ich dieses Modell jedenfalls nicht verteidigen.
Das italienische Chipkarten-Modell ist extrem betrugsanfällig. Wer das einmal erleben will, möge sich in Italien umsehen. Jeder weiß, dass Italien hier etwas andere Maßstäbe hat; das erleben wir im Moment auch im Fußball. Derartiges kann für uns jedenfalls kein Vorbild sein.
Darum sage ich: Wenn man die Steuerausfälle durch den Tanktourismus in Höhe von 4,6 Milliarden Euro reduzieren will, dann ist das Modell, das ich vorstelle und das wir durchgerechnet haben, das vernünftigste.