Protocol of the Session on May 19, 2006

(Christa Steiger (SPD): Unterstellen Sie uns nicht immer, dass wir nicht lesen können. Das ist Ihr Totschlagargument!)

Ich bin der festen Überzeugung, dass gerade vor dem Hintergrund, dass uns die Ausbildung unserer Jugendlichen sehr am Herzen liegt, das Kultusministerium alles tut, um auch im Berufsschulbereich die notwendigen Eingangsklassen auch in diesem Jahr zur Verfügung zu stellen. Wir haben insgesamt rund 20 Millionen Euro in die berufl iche Bildung investiert.

(Christa Steiger (SPD): Da stellt sich die Frage, ob es zielgerichtet investiert worden ist!)

Wir werden auch dieses Jahr, im Jahr 2006, wieder sehr erfolgreich mit unserem Programm „Fit for Work“ auf den Markt gehen.

(Beifall bei der CSU – Christa Steiger (SPD): Die Zielsicherheit ist wichtig, nicht die Masse!)

Meine Damen und Herren, die Aktuelle Stunde ist damit beendet. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die Reihenfolge der Tagesordnung zu ändern.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 e auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Lehrerbildungsgesetzes (Drs. 15/5476) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Das Wort hat Herr Staatsminister Schneider.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Lehrerbildungsgesetzes begründen. Wie Sie sicherlich alle wissen, ist an den bayerischen Universitäten auch eine Umstellung der bisherigen Diplom- und Magisterstudiengänge auf das Zweistufensystem gemäß den Erklärungen des Bologna-Prozesses zur Schaffung eines europäischen Hochschulraumes im Gange. Dabei werden die bisherigen Abschlüsse Diplom und Magister durch die neuen Abschlüsse Bachelor und Master ersetzt werden.

Dies kann natürlich nicht ohne Auswirkungen auf die Lehramtsstudiengänge sein; denn eine Parallelführung herkömmlicher Studiengänge mit den neuen Bachelor- und Masterstudiengängen ist nicht zu leisten. Deshalb ist auch eine Zusammenführung der Ziele eines Lehramtsstudiums mit den Zielen des Bologna-Prozesses erforderlich. Der vorgelegte Gesetzentwurf hat dieses Ziel zur Grundlage. Es geht darum, eine Modernisierung der Lehrerbildung zu erreichen, indem ihre Zielsetzungen auch in Zukunft erhalten bleiben, nämlich die wissenschaftlichen Grundlagen für die praktische Ausbildung im Referendariat zu gewährleisten und damit auch für eine spätere erfolgreiche Berufsausbildung.

Ziel ist aber auch, auf die Spezifi ka der einzelnen Schularten einzugehen und zu garantieren, dass wir das Ausbildungsniveau in den jeweiligen Studiengängen erhalten, die landesweit vergleichbar sind, und dass – das ist sehr wichtig – das Lehramtsstudium mit den Bachelor- und Masterstudiengängen kompatibel ist.

Deshalb sieht dieser Gesetzentwurf im Wesentlichen die Modularisierung des Lehramtsstudiums mit Leistungspunkten vor. Es wird nach wie vor eine schulbezogene Lehrerbildung geben, das heißt mit Anteilen an Fachwissenschaften, Fachdidaktik, Erziehungswissenschaft und Schulpraxis vom ersten Semester an. Wir halten auch an der schulartbezogenen Ausbildung fest. Die erste Lehramtsprüfung besteht aus einem universitären Prüfungsteil und aus dem Ersten Staatsexamen. Dabei sind die einzelnen Fachnoten der ersten Lehramtsprüfung zu mindestens 60 % aus den Leistungen der Staatsprüfung und zu 40 % aus den Leistungen der universitären Modulprüfungen gebildet. Dabei soll die Möglichkeit eröffnet werden, einen Bachelor-Abschluss und gegebenenfalls auch einen Master-Abschluss zu erwerben, der von der Universität als akademischer Abschluss vergeben wird.

Wir haben in das Gesetz eine Klausel zur Erprobung neuer Strukturen des Studiums und der ersten Lehramtsprüfung im Rahmen von Modellversuchen eingefügt. Der Landtag hat am 21. April 2005 zwei Beschlüsse zur Reform der Lehrerbildung gefasst. Diese wurden ebenfalls in den Gesetzentwurf eingearbeitet und umgesetzt.

Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat die Anhörung der Universitäten und Fachverbände durchgeführt, und dabei wurde die Beibehaltung von Staatsprüfungen ausdrücklich begrüßt. Die Vorschriften für das InKraft-Treten des Gesetzes wurden so umgestaltet, dass für die Hochschulen ausreichend Zeit zur Umstellung zur

Verfügung gestellt wird. Man kann bereits ab dem Wintersemester 2006/2007 das Studium nach den neuen Regelungen anbieten. Bis zum Beginn des Sommersemesters 2009 muss die Umstellung in jedem Fall vollständig abgeschlossen sein.

Ich erwarte mir in den Ausschüssen eine vertiefte Diskussion, und wir werden uns in der Zweiten Lesung im Plenum noch einmal damit auseinander setzen.

(Beifall bei der CSU)

Wir kommen zur Aussprache. Jeder Fraktion stehen bekanntlich fünf Minuten zur Verfügung. Erste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Rabenstein. Es folgen dann Herr Kollege Wägemann und Frau Kollegin Tolle.

Herr Präsident, Hohes Haus! Bei dem neuen Gesetz geht es um die Zukunft der Lehrerausbildung in Bayern. Wir warten schon seit längerer Zeit auf den Entwurf; denn – Staatsminister Schneider hat das bereits ausgeführt – der Entwurf geht auf den Bologna-Prozess zurück, also auf das Jahr 1998. Dort wurde festgelegt, dass auf das Bachelor- und Mastersystem umgestellt werden soll. Wir haben das gestern mit der Verabschiedung des neuen Hochschulgesetzes vollzogen.

Die Umstellung, meine Damen und Herren, ist aber sicherlich auch deshalb notwendig, weil wir Schwierigkeiten an den Schulen haben. Außerdem wissen wir, dass die Lehrer besser ausgebildet sein müssten, um auf die neuen Herausforderungen, die in den Schulen auf sie zukommen, vorbereitet zu sein.

Nun liegt ein Entwurf vor, von dem ich insgesamt sehr enttäuscht bin.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das kann nicht sein!)

Er ist eine verpasste Chance.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Noch einmal lesen!)

Ich habe den Entwurf nicht nur einmal, sondern mehrmals gelesen und konnte nicht entdecken, was ich gerne gesehen hätte.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das wird schon noch!)

Vielleicht in der Diskussion, wenn unsere Vorschläge aufgegriffen werden, Herr Waschler. Ich glaube, die Gesetzesnovellierung wäre eine große Chance gewesen, die allseits bekannten Mängel der jetzigen Lehrerausbildung zu beseitigen. Diese Chance wurde nicht ergriffen. Ich möchte darauf kurz eingehen.

Zunächst möchte ich allerdings mit dem Positiven beginnen. Positiv ist, dass die Lehrerausbildung für alle

Lehramtsstudiengänge an den Universitäten verbleibt; denn das Ergebnis der Mittelstraßkommission zeigt andere Vorschläge. Die meisten Bundesländer, bis auf Baden-Württemberg, haben die Lehrerausbildung an den Universitäten. Ich glaube, dass das gut ist. Deshalb bin ich froh, dass die Empfehlung der Mittelstraßkommission nicht aufgegriffen wurde, sondern dass alle Lehramtsstudiengänge an den Universitäten verbleiben.

Das Zweite, die zentrale Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge, wurde allerdings nur halbherzig vollzogen; denn die Staatsprüfung bleibt bestehen, wenn sie auch – wie ausgeführt – nur noch zu 60 % bewertet wird und 40 % aus den so genannten Modulprüfungen stammen, die während des Studiums universitär abgehalten werden. Der Nachteil ist, dass dadurch die Lehrerausbildung mit den anderen Bundesländern nicht in der Art kompatibel ist, wie wir uns das wünschen würden.

Ziel des Bologna-Prozesses ist es, die Studiengänge zu vereinheitlichen und gegenseitig in ganz Europa anzuerkennen. Das war die Grundlage des Bologna-Prozesses. Wir haben es leider nicht geschafft, zwischen den einzelnen Bundesländern in Deutschland Regelungen zu fi nden, dass einheitliche Studienabschlüsse und Studiengänge entstehen. Wir werden wieder das Problem bekommen, dass der Abschluss der Lehrerausbildung in den anderen Bundesländern nicht einfach übernommen wird, dass es wieder Zusatzprüfungen gibt usw.

Ich bedauere, dass sich von Anbeginn an nichts an der starren Aufteilung der sechs Lehrämter geändert hat. Als Mann der Praxis propagiere ich nicht den Einheitslehrer. Das möchte ich ausdrücklich feststellen. Ich halte nichts von einem Einheitslehrer, der von der Grundschule bis zur Abiturjahrgangsklasse unterrichten kann. Das wird es nicht geben. Allerdings hätte man in der ersten Phase, also bis zum Abschluss des Bachelors, weniger nach Schulstufen, sondern mehr nach Schulformen differenzieren müssen. Ich glaube, es wäre gut gewesen, wenn man zumindest in den ersten Studienjahren mehr Gemeinsames hat. Im Gesetzentwurf wird jedoch gleich von Beginn an entsprechend differenziert.

Wir werden bei den weiteren Beratungen noch viele Nachbesserungen vorschlagen. Ich würde mich freuen, wenn etwas davon aufgegriffen würde. Ich bin allerdings skeptisch; denn bei der Beratung des Hochschulgesetzes wurde uns bewusst, dass es sehr schwer ist, etwas Positives durchzusetzen und in einen Gesetzentwurf einzubringen.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Wägemann.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Reform und die Modernisierung der Lehrerbildung sind nötig und sinnvoll, um den anerkannt hohen Standard für Unterricht und Erziehung an den bayerischen Schulen zu sichern. Die CSU-Fraktion hat daher unter dem Titel „Modernisierung der Lehrerbildung in Bayern“ im Januar 2005 einen Antrag eingebracht. Mit dem vorliegenden Bayerischen Lehrerbil

dungsgesetz wird unserem Antrag in vollem Umfang entsprochen. Lieber Kollege Rabenstein, ich bin daher auch nicht enttäuscht, sondern darüber erfreut.

Mit diesem Lehrerbildungsgesetz werden einige positive Signale gesetzt: Die Studierenden erhalten mehr Flexibilität bei der Wahl der Studiengänge und auch beim Wechsel an eine andere Hochschule im europäischen Hochschulraum. Durch die Aufteilung in Module, die jeweils mit einer Prüfung abschließen, nehmen wir Prüfungsdruck weg, weil sich der Stoff so besser über die ganze Studienzeit verteilt. Das Leistungspunktesystem mit den Credit Points ist hier sehr sinnvoll. Diese Punkte werden auch übertragbar sein.

Der Praxisbezug des Studiums, der von Anfang an vorhanden ist, ist uns sehr wichtig. Er wird deutlich gestärkt. Die vier Säulen der Lehrerbildung – die Fachwissenschaften, die Fachdidaktik, die Erziehungswissenschaften und die Schulpraktika – sind nach wie vor in vollem Umfang vorhanden. Sie werden ebenfalls gestärkt.

Im Gegensatz zur SPD wollen wir am bewährten System des Staatsexamens festhalten, auch wenn künftig 40 % der Note aus den Modulprüfungen stammen, während die anderen 60 % der Note im Staatsexamen erreicht werden. Es ist sinnvoll, über das Staatsexamen eine Vergleichbarkeit des Ausbildungsniveaus der Absolventinnen und Absolventen zu sichern und die pädagogischen und didaktischen Spezifi ka der einzelnen Schularten angemessen zu berücksichtigen. Die anerkannt hohe Qualität der bayerischen Lehrerbildung wird daher auch mit dem Staatsexamen abgesichert und die fachliche Breite angemessen erhalten. Auch die Studiendauer, die bisherigen Regelstudienzeiten, bleiben erhalten und spiegeln sich nun in den erforderlichen Leistungspunkten wider. Wir gehen davon aus, dass das Studium etwas gestrafft wird. Das ist zum Vorteil der Studierenden, die dann entsprechend früher mit dem Studium fertig sind.

Ich bin sehr optimistisch, dass wir mit den ersten Studiengängen tatsächlich ab dem Wintersemester beginnen können und bis 2009 komplett umgestellt haben. Es ist auch vorgesehen, über eine Experimentierklausel Lehramtsstudiengänge mit besonderer Struktur zuzulassen und zu überprüfen. Mich freut sehr, dass die Lehrerverbände, selbst der uns in jüngster Zeit äußerst kritisch gegenüberstehende Bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband, hier relativ breite Zustimmung signalisiert haben. Wir werden die fachlich-inhaltliche Diskussion in den Ausschüssen, besonders im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport, aber auch im Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur weiterführen.

Der Gesetzentwurf ist ein deutlicher Beitrag dazu, das Lehramtsstudium und den Lehrerberuf attraktiver zu machen, die Lehrerbildung aufzuwerten und denjenigen, die für das Lehramt studieren, künftig noch mehr Möglichkeiten durch die ausgeprägte Polyvalenz des Studiums zu geben: Sie haben die Möglichkeit, einen akademischen Titel zu erwerben und einen anderen Studiengang anzuschließen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Wägemann, auch dafür, dass Sie die Redezeit genau eingehalten haben. – Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Tolle.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Minister Schneider! Dem vorliegenden Gesetzentwurf würde ich die Überschrift geben: Viel Lärm um wenig. Herr Kollege Rabenstein, mir ging es genau wie Ihnen: Ich saß vor dem Gesetzentwurf und habe gedacht: Was ist das jetzt?

Er ist kein großer Wurf. Sie haben ein bisschen sprachlich geglättet, damit das Gesetz nachvollzieht, dass wir jetzt ein Ministerium für die Hochschulen und ein Ministerium für die Schulen haben; Sie haben die bürokratischen Vorschriften so hingedreht, dass wir international anschlussfähig bleiben. Die nationale Anschlussfähigkeit interessiert Sie anscheinend nicht die Bohne. Immerhin sind Sie doch jetzt selbst darauf gekommen, dass man ab und zu Lehrerinnen und Lehrer aus anderen Bundesländern einstellen muss. Die Qualität, verehrte Kolleginnen und Kollegen, bleibt außen vor.

Zwei Dinge könnte ich positiv sehen: Sie haben ausdrücklich erwähnt, dass das Lehramtsstudium von Anfang an die Bereiche Fachwissenschaft, Fachdidaktik, Erziehungswissenschaften und Schulpraktika umfasst und dass die fachwissenschaftlichen und die erziehungswissenschaftlichen Teile verzahnt werden. Sie lehnen eine zeitliche Trennung ab. Sie räumen den Praktika einen höheren Stellenwert ein, werten also die erziehungswissenschaftlichen Teile und Praktika auf.

Dann kommt der für mich entscheidende Punkt: „D) Kosten“. Da steht, dass außer den Kosten für die Entwicklung von ein bisschen Software keine Kosten zu erwarten sind. Das heißt für mich: Sie wollen zwar eine Veränderung, überlassen es aber den Universitäten, diese zu fi nanzieren. Eine bessere Lehrerbildung mit mehr Praktika zum Nulltarif gibt es aber nicht, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Ich zitiere aus den Ausführungen von Herrn Ministerialrat Glasl, der im Hochschulausschuss selbst wiederum einen Professor der LMU zitiert hat. Dieses Zitat lautet: Eine Stunde mehr Erziehungswissenschaften führt zum Zusammenbruch des Lehrbetriebs. – Wenn Sie genau diese Aufwertungen in Ihrem Gesetz vornehmen, ohne aber das Personal in Ihrem Gesetzentwurf zu erwähnen, ist das ganze Papier eigentlich für den Papierkorb.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mir fehlt ferner ein Instrument im Gesetz, um den Stellenwert der Lehrer- und Lehrerinnenbildung an der Universität aufzuwerten. Mir fehlt eine Aussage dazu, wie Sie verhindern wollen, dass man an der Universität Lehrerinnen- und Lehrerbildung eigentlich nur deshalb macht, um die Fachwissenschaften vor Ort zu halten.