Das kann doch auch nicht in Ihrem Sinne sein, Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Wenn so etwas nun von den Beschäftigten an uns herangetragen wird, dann muss es auch Ihnen, Herr Finanzminister, ein Anliegen sein, so etwas nicht geschehen zu lassen. Und wir sollten gemeinsam dafür Sorge tragen, dass Dienstvorgesetzte dies nicht zum Nachteil für die Beschäftigten wenden, wenn sich diese an den Streiks beteiligen. Sowohl den Beschäftigten, die einen Dauerarbeitsvertrag haben, als auch den Beschäftigten, die einen zeitlich befristeten Arbeitsvertrag haben, steht das zu. Wenn sie streiken, dürfen sie nicht benachteiligt werden. Und weil das eben ein Grundrecht ist, muss das gesamte Parlament dafür Sorge tragen, dass so etwas nicht passiert.
Eigentlich bin ich in diese Sitzung gegangen in der Meinung, Herr Kollege Dr. Eykmann – vielleicht bin ich nach zwölf Jahren in diesem Parlament immer noch etwas naiv –, dass dann, wenn die Opposition einen sinnvollen Antrag stellt, die Mehrheitsfraktion bereit ist, darüber nachzudenken und in dem einen oder anderen Fall zuzustimmen. So jedenfalls wird es oft im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes gehandhabt.
Genau das erbitte ich mir jetzt von den Kollegen im Hohen Haus, dass sie einem sinnvollen Antrag, der meines Erachtens auch vom Finanzminister Faltlhauser unterstützt werden müsste, zustimmen.
Ich habe leider nicht mehr viel Zeit. Entschuldigung, wir können das vielleicht später noch besprechen, Herr Kollege.
Herr Kollege Pachner, zum Gleichklang der Beschäftigungsgruppen noch ein kurzes Wort: Sie können natürlich nicht immer davon ausgehen, dass die Staatsregierung hergeht, erst den Beamten die Arbeitszeit nach oben schraubt und dann meint, im Sinne des Gleichklangs für die Tarifbeschäftigten nachziehen zu müssen.
Man könnte es auch andersherum handhaben und im Sinne des Gleichklangs mit der Arbeitszeit für Beamtinnen und Beamte wieder heruntergehen auf das Niveau der Angestellten. Auch dieser Gleichklang wäre herstellbar. Aber an so etwas denken Sie natürlich nicht.
Zur weiteren Klarstellung in Bezug auf die Erhöhung der Arbeitszeit. Es steht so im Raum, dass es sich nur um 18 Minuten am Tag handle. Das stimmt nicht. Es sind 42 Minuten am Tag, 210 Minuten in der Woche, 21 Tage im Jahr unbezahlte Mehrarbeit. Es geht nicht darum, dass die Beschäftigten nicht bereit wären, mehr zu arbeiten. Aber 21 Tage jährlich ohne Lohnausgleich mehr zu arbeiten geht natürlich an den Geldbeutel vor allem derjenigen, die nicht so viel haben.
Kolleginnen und Kollegen, wir reden nicht von Ihren Gehältern, sondern von der Bezahlung derjenigen, die es brauchen.
Das zu erwähnen gehört mit zur Diskussion eines Dringlichkeitsantrags. Es handelt sich also nicht um 18 Minuten, die Herr Söder so gern über die Medien verbreitet. Vielmehr sind es 42 Minuten am Tag und 210 Minuten, also dreieinhalb Stunden, in der Woche an unbezahlter Mehrarbeit. Das läuft auf Gehaltskürzungen von ungefähr 10 % hinaus. Und das bei Leuten, die etwas weniger verdienen als Sie, Herr Kollege. Sie haben langsam das Gefühl für Menschen verloren, die im Monat mit 1200 oder 1300 Euro nach Hause gehen müssen.
In diesem Hohen Hause sitzen gerade sehr viele Menschen, die aus dem öffentlichen Dienst kommen und die im Falle des Ausbleibens ihrer Wiederwahl die Sicherheit haben, zu ihrem früheren Arbeitsplatz zurückkehren zu können. Aus der zum Ausdruck gekommenen Arroganz heraus sollte man eine solche Diskussion nicht führen. Sie sollten sich das Gefühl bewahren, Herr Kollege, wie es Menschen geht, die weniger haben als wir hier.
Die sicheren Arbeitsplätze, von denen Sie gesprochen haben, Herr Kollege, sind bei weitem nicht mehr gegeben. Heute früh hat unser Kollege Ludwig Wörner auf eine Mündliche Anfrage die Auskunft bekommen, wie viel tausend befristeter Arbeitsverträge geschaffen worden sind, weil die Staatsregierung gar nicht mehr bereit ist, Menschen für längere Zeit einzustellen. Man hat ganz bewusst befristete Arbeitsverträge gewählt, damit man die neu
Eingestellten gleich mit 42 Stunden beschäftigen kann. So sicher sind die Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst also nicht mehr.
Unser Ziel muss es sein, zu einem Ausgleich zu kommen. Ich denke, andere Bundesländer haben uns da etwas vorgemacht, vor allem im kommunalen Bereich. Ich denke an die 39-Stunden-Woche in Baden-Württemberg, die dort ausgehandelt worden ist. Ich denke auch an die Kommunen in Hamburg und Niedersachsen, die es ebenfalls geschafft haben, zu einer Lösung zu kommen.
Ich denke, Herr Finanzminister, hier müssen wir ein gemeinsames Ziel haben. Darum ist unsere Bitte an Sie, auf den Ministerpräsidenten dahin einzuwirken, dass es zu einer Lösung kommt, mit der beide Tarifparteien leben können. Kolleginnen und Kollegen, das sollte auch Ihr Ziel sein.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Naaß, Sie haben gerade die Sorge geäußert, dass Kolleginnen und Kollegen, die streiken, durch Maßregelung oder anders benachteiligt werden. Dies ist mit Sicherheit nicht der Fall. Wenn Sie dennoch irgendwelche Fälle dieser Art kennen, bitte ich Sie, sie dem Finanzminister ganz konkret vorzulegen und Ross und Reiter zu nennen.
Wir haben in den vergangenen Tarifverhandlungen immer das gemacht, was sinnvoll und rechtlich zwingend ist und mit Übereinstimmung gemacht werden konnte. Es ging darum, in den Tarifvertrag eine so genannte Maßregelungsklausel einzubauen, die derartige Benachteiligungen verhindert.
Ich sage ausdrücklich: Auch wenn ich die Form oder die Dauer der Streiks nicht akzeptiere, gilt, dass derjenige, der streikt, aufgrund seiner Streikmaßnahmen an seinem Arbeitsplatz in seinem Dienst nicht benachteiligt werden darf. Das ist eine völlig klare Sache. Wenn Herr Wörner oder Sie irgendwelche konkreten Fälle wissen, die dem nicht entsprechen, dann legen Sie sie bitte auf den Tisch, statt hier allgemein, wie es Herr Wörner üblicherweise tut – bei ihm sind wir es gewöhnt –, etwas zu behaupten.
Herr Wörner hat es in seiner üblichen Art für richtig gehalten, mich als Heizer zu bezeichnen. Meine Damen und Herren, ich war Vorsitzender der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und habe als solcher mit meiner Stimme und meinem Einfl uss den letzten Tarifvertrag zustande gebracht. Ohne mein Wirken und ohne meine Stimme wäre dieser Tarifvertrag nicht zustande gekommen, Frau Naaß. Ich glaube, ich habe dadurch bewiesen – nicht durch irgendwelche Sprüche –, dass ich grundsätzlich mit positiven Zielen die Tarifverhandlungen geführt habe.
Dass Einzelne vor Ort meinen, von Bayern aus müsse man alles anders machen, mag man verstehen. Da muss
man aber ein bisschen nachsichtig sein. Wenn ich den Generalintendanten Jonas vor dem Vorhang stehen sehe und er sagt, es sei unmöglich, was der Faltlhauser da mache, und wenn seine Sicherheitsbeamten streiken würden, wäre das Problem schon längst gelöst, dann muss ich sagen: Ich habe keine Sicherheitsbeamten. Was er sagt, entspringt einer etwas verengten Sicht. Er wirft mir vor, ich hätte keinen Überblick, weil ich Landespolitiker sei. Aber ich bin stolz darauf, dass ich in Bayern Landespolitiker bin und für dieses Land arbeiten darf.
Die weltpolitische Attitüde, die hinter derartigen Worten steht, kann man nachsichtig vergessen. Man kann nicht Tarifverhandlungen für die Bundesrepublik Deutschland am Maßstab einer Inszenierung oder einer szenischen Aufführung einer Oper in München beurteilen. Das wäre Selbstüberschätzung. Ich glaube, man sollte diese etwas kleine Sicht vernachlässigen.
Herr Hallitzky, Sie haben der TdL vorgeworfen, dass sie zwei Monate Denkpause gemacht habe. Nach meiner Erinnerung ist dies nicht eine Angelegenheit nur einer Seite der TDL - Tarifgemeinschaft deutscher Länder -. Die Gewerkschaften haben, obwohl informelle Gespräche auf Arbeitsebene und Telefonate stattgefunden haben, die Gespräche nicht wieder aufgenommen. Zwei Monate Denkpause allein seitens der TdL ist nicht möglich. Die Gewerkschaft hat ihrerseits die Möglichkeit gehabt, Gespräche wieder aufzunehmen.
Ich will ein paar Fakten nennen, um die Ruhe in der Debatte wieder herzustellen. Wenn ich Herrn Wörner anhöre, kann ich nur sagen: Selbst die Tarifverhandlungen fi nden in wesentlich sachlicherer und ruhigerer Atmosphäre statt. Ich könnte mir vorstellen: Wenn Sie in den Tarifverhandlungen säßen, würden sie nach fünf Minuten wegen Rüpelei abgebrochen.
Ich kann nur Folgendes feststellen: Verdi hat im Jahr 2005 als Erste den Verhandlungsraum verlassen und die Verhandlungen abgebrochen. Dann hat diese Gewerkschaft sofort, ohne dass man mitten in den konkreten Verhandlungen nicht mehr weitergekommen wäre, ohne Vorankündigung mit den Streiks begonnen. Das heißt, man war noch gar nicht im inhaltlichen Ringen, schon wurden fl ächendeckend Streiks ausgerufen und durchgeführt.
Allen Tarifexperten ist klar, dass dies ein taktischer Fehler war. Denn ein Streik ist immer die letzte Notmaßnahme der Arbeitnehmerseite, um dem Arbeitgeber zu zeigen, wie ernst die Durchsetzung einer Maßnahme oder einer Zielsetzung den Gewerkschaften am Herzen liegt.
Dann hat die Gewerkschaft etwas gemacht, was die Tarifverhandlungen, Herr Hallitzky, in massiver Weise behindert und erschwert hat. Die Gewerkschaft hat mit dem Bund und den Kommunen einen TVöD abgeschlossen, der eine Meistbegünstigungsklausel enthält. Ich sage noch einmal, was das bedeutet. Jeder Millimeter besserer
Abschluss mit den Ländern muss auch der großen Masse der Arbeitnehmer auf kommunaler Ebene und den Arbeitnehmern auf Bundesebene in gleicher Weise angeboten werden.
Wir haben ein sehr ausführliches und brillantes Gutachten eines Arbeitsdirektors vorliegen, der sagt, das sei verfassungswidrig. Man darf Tarifverhandlungen, die frei und unbelastet sein müssen, nicht durch derartige Meistbegünstigungsklauseln binden.
Diese rechtliche Auseinandersetzung nützt uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts. Ich bin aber überzeugt davon, dass es in Zukunft eine derartige Meistbegünstigungsklausel in einem Tarifvertrag nicht mehr geben wird. Wir werden sicherstellen, dass eine rechtliche Klärung dieser Frage herbeigeführt wird.
Wie will man einen Tarifvertrag abschließen, wenn man das Bleigewicht an den Füßen hat, weil man gewissermaßen auch für die Masse der Arbeitnehmer in den Kommunen und im Bund mitverhandeln muss? Dadurch wird jede Beweglichkeit der Gewerkschaften eingeschränkt. Die Gewerkschaften kommen auf uns zu und sagen uns, friss oder stirb, nimm das, was wir mit den Kommunen und dem Bund abgeschlossen haben; anders geht es nicht. Das ist doch kein Ausgangspunkt für Verhandlungen. Verdi hat es zu verantworten, dass es das unterschrieben hat. Es nützt mir auch nichts, wenn mir Herr Bsirske und andere sagen, dass sie das eigentlich gar nicht gewollt haben, der Bund und die Kommunen hätten ihnen das aufgedrückt. Sie haben die Meistbegünstigungsklausel unterschrieben, und das ist das größte Hindernis für eine Einigung. Die Verhandlungsführer der Länder, Herr Möllring, Herr Speer und Herr Metz können nichts dafür. Das ist ihnen vorgegeben worden. Diejenigen, die draußen Mahnwachen halten und streiken, müssen dafür büßen, dass diese Meistbegünstigungsklausel unterschrieben wurde.
Meine Damen und Herren, heute haben um 14 Uhr die Verhandlungen wieder begonnen. Auch ich sage Gott sei Dank, denn es war Zeit, dass die Verhandlungen wieder beginnen. Vielleicht nützt es etwas, dass die Verhandlungen parallel zur Sitzung der Ministerpräsidenten in Berlin stattfi nden. Die Vorstellungen über Einmalzahlungen und Sonderzahlungen liegen auf Ebenen, auf denen man relativ nah beisammen ist. Der entscheidende Punkt – auch für uns in Bayern – ist die Arbeitszeit. Hier will ich doch etwas zurückgreifen. Herr Hallitzky, ich weiß nicht, warum Sie heute so scharf waren. Nach meinem persönlichen Eindruck sind die Gewerkschaften in den letzten 30 Jahren mit einer Ideologisierung der Arbeitszeitverkürzung in die falsche Richtung gegangen. Natürlich haben die Mitglieder der Gewerkschaften und ihre Tarifkommissionen an dieser über lange Jahre immer weiter vorangetriebenen Arbeitszeitverkürzung festgehalten, weil das gewissermaßen zum Kernbereich von 30 Jahren Kampf gehört. Das verstehe ich, aber es ist die falsche Richtung gewesen.
(Christa Naaß (SPD): Die freie Wirtschaft hat es doch genauso gemacht! Die haben die Arbeitszeit auch verkürzt und nicht verlängert!)
In der jetzigen Situation in unserem Lande haben wir keine Arbeitszeitverkürzung, sondern eine Arbeitszeitverlängerung. Das ist auch die Politik, die die Bayerische Staatsregierung verfolgt, und nicht nur wir, sondern alle Länder.
Alle Länder in der Bundesrepublik Deutschland und der Bund haben mittlerweile die Arbeitszeit verlängert. Auch der Bund ist mittlerweile bei 40 Stunden. Das hat der Bund in einer Zeit eingeführt, in der nicht die Union regiert hat, sondern in der ein von mir hoch angesehener sozialdemokratischer Innenminister die Verhandlungen geführt hat, nämlich Herr Schily.