(Sylvia Stierstorfer (CSU): Wie in der Vergangenheit! – Thomas Kreuzer (CSU): Zwangsheirat sagt man dazu!)
Gestern hatten wir eine Aktuelle Stunde, in der vor allen Dingen aus Ihrem Munde wieder einmal sehr viel geredet wurde über Nächstenliebe, Toleranz, Mitmenschlichkeit.
Übertragen auf Integration würde das heißen: Miteinander, nicht gegeneinander, helfen und unterstützen statt bestrafen und ausweisen, willkommen heißen statt ausgrenzen.
Das müsste dann natürlich auch im politischen Handeln seinen Niederschlag fi nden. Das bedeutet, in die Frühförderung zu investieren, Krippen und Kindergärten zu bauen, auszubauen und um sie zu investieren, in den Schulen Integrationsprogramme einzuführen, in die Bildung zu investieren, die Ausgrenzung von ausländischen Jugendlichen zu vermeiden, auch in die Berufsausbildung von Migrantenkindern zu investieren und eine religiöse Toleranz zu üben. Politische Maßnahmen als Angebote statt als Abschreckung, das ist Integration, die sich auch so nennen darf.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der CSU-Fraktion sehr dankbar dafür, dass sie diesen Dringlichkeitsantrag eingereicht hat. Ich bin auch überzeugt, dass dieser Antrag gerade zum jetzigen Zeitpunkt richtig ist, denn die Fragen der Integration und der Staatsbürgerschaft werden übrigens auch bei der Innenministerkonferenz, die Anfang Mai in Garmisch unter meiner Leitung stattfi ndet, eine zentrale Rolle spielen. Kollege Georg Schmid hat in Seeon bereits die Vorkonferenz durchgeführt, sodass wir schon einigermaßen wissen, in welche Richtung die Beschlüsse gehen werden. Wir sind also zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Anträgen da.
Lassen Sie mich zunächst einmal sehr deutlich sagen, dass wir als Bayerische Staatsregierung gerade bei
diesem Thema sehr selbstbewusst auftreten können; denn in allen Untersuchungen, die ich kenne – ob vom Kriminologen Prof. Christian Pfeiffer oder Pisa, vom Arbeitsmarktinstitut der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg oder von den Arbeitgeberuntersuchungen – wird jeweils bundesweit festgestellt, dass in Bayern die Situation günstiger ist als in allen anderen Ländern. Wir haben eine größere Zahl von integrierten Ausländern als diese, aber geringere Schwierigkeiten. Wir haben eine bessere Bildungssituation der Migranten als andere Länder; Pisa hat dies glasklar festgestellt. Daher sage ich: Wir nehmen für uns in Anspruch, dass wir eine realistische Migrationspolitik betrieben haben, die nicht gut genug, aber besser war als das, was in allen anderen Ländern gelaufen ist, und die turmhoch besser war als die rot-grüne Gefühlsduselei, die in vielen Fällen die eigentlichen Fragen missachtet hat.
Bei der Schulausbildung haben wir darauf zu achten: ohne qualifi zierte Schulausbildung, also ohne Quali, keine Lehre, und ohne Lehre keinen Beruf. Und wenn beispielsweise in Berlin unter 18 bis 25-jährigen türkischen Arbeitnehmern die Arbeitslosigkeit deutlich über 50 Prozent liegt, ist festzustellen: Ich war in Begleitung von Otto Schily, als der türkische Staatspräsident Erdogan Berlin besucht und gesagt hat, das sei der Rassismus der Deutschen, wenn 50 Prozent der jungen Türken keinen Arbeitsplatz fänden.
Meine Damen und Herren, wenn dieser Personenkreis kaum ein Wort Deutsch kann – siehe Rütli-Schule –, ist es doch selbstverständlich, dass kaum ein deutscher Lehrherr so jemanden einstellen wird. Daher sind Deutschkenntnisse zunächst einmal das A und O; ohne Deutsch wird eine Integration nicht stattfi nden.
Wo war damals Ihre Unterstützung, als ich als einziger Innenminister Deutschlands gesagt habe, wir prüfen Deutschkenntnisse?
Seit Januar 2000 ist das die stete Regel. Ich war der erste Innenminister, der sich für das Prüfen von Deutschkenntnissen ausgesprochen hat. Wir haben in diesem Landtag mehrfach darüber gestritten. Und wenn es irgendwie geht, werden wir auch bei der Frage „Aufenthaltserlaubnis auf Dauer“ Sprachprüfungen einführen.
Ich zolle dem Kultusministerium und dem Sozialministerium eine hohe Anerkennung dafür, dass wir für Kindergärten für Kinder mit Migrationshintergrund die Förde
(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Rheinland-Pfalz – Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)
(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Rheinland-Pfalz! – Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))
Lieber Kollege Volkmann, bevor die Zwischenfrage gestellt wird: Sie haben vorhin gesagt, es sei nicht mehr von der Assimilation die Rede. Erinnern Sie sich noch, welcher Innenminister in Deutschland davon gesprochen hat, dass man Assimilation verlangen sollte? Ich bitte um Nachsicht, wenn ich Sie bitte, Ihre Geisteskräfte anzustrengen, dann wird Ihnen einfallen, dass dies Otto Schily war.
Daher ist es eine Gespensterdiskussion, wenn Sie uns vorwerfen, wir hätten uns endlich von der Assimilation entfernt. Denn es war Otto Schily, der das fordert. Ich werde mich am Sonntagabend mit ihm treffen, und ich bin mir sicher, dass er dies nach wie vor sagen wird. Wir werden uns in privater Runde treffen und dieses Thema dabei ansprechen. Wir haben immer gesagt: Integration reicht, aber Integration ist auch notwendig.
Herr Staatsminister Dr. Beckstein, zunächst einmal möchte ich meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass die CSU diesen Fortschritt gemacht hat und die Begriffe „Assimilation“ und „Leitkultur“ nicht mehr verwendet.
Vielleicht darf ich die Frage noch an Sie richten, ob Sie mir mit Blick auf das zustimmen, was Sie eben gesagt haben, dass nämlich eine Aufenthaltserlaubnis beendet werden kann, wenn jemand Sprach- und Migrationskursen nicht nachkommt, was bereits heute in § 8 und § 9 des Aufenthaltsgesetzes enthalten und Teil des Zuwanderungsgesetzes ist?
Stimmen Sie mir zu, dass dies jetzt von Ihnen nicht neu erfunden wurde, sondern schon im ersten Entwurf des Zuwanderungsgesetzes enthalten war?
Herr Kollege Volkmann, im Zuwanderungsgesetz stehen Forderungen, die von mir massiv gestellt worden sind und gegen die der Herr Kollege Veit von der SPD massiv gehandelt hat. Herr Kollege Veit hat bei den Koalitionsgesprächen jetzt wieder gesagt, wir sollten davon weggehen.
Ich wollte eine Reduzierung der Sozialleistungen um 30 Prozent, wir haben aber nur 10 Prozent, weil mehr nicht zu machen war.
Zur Frage der Assimilation will ich hier nochmals sagen: Sie werfen uns etwas vor, das aus Ihren Reihen gekommen ist. Wir haben immer gesagt: Wir wollen Integration – diese ist notwendig –, aber wir wollen nicht, dass die sich sozusagen schämen, woher sie kommen.
Wir fördern Kindergärten und das bayerische Schulsystem, das hier ausführliche Möglichkeiten hat. Bei jeder Diskussion auf Bundesebene, ob bei Illner, Christiansen oder Maischberger, wird in der Zwischenzeit von allen Diskussionsteilnehmern gesagt, wir wissen, dass auf diesem Gebiet die Bayern mehr als die anderen Teile Deutschlands getan haben. Es hat trotzdem nicht ausgereicht. Wir haben ja auch gesehen, dass die 600 Stunden umfassenden Kurse, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestartet werden, bisher nur bei 10 Prozent der Kursbeginner erfolgreich waren.
Herr Schmid, Präsident des Bundesamtes, war letzten Sonntag – ich nehme an, Sie kennen ihn noch, er war ja eine Zeit lang Ihr Fraktionsvorsitzender – bei mir zuhause und er hat gesagt, ja, wir stellen fest, 600 Stunden reichten nicht. Wir sollten nicht nur eine Teilnahmeverpfl ichtung machen, sondern wir brauchen auch eine verpfl ichtende Prüfung, weil es Leute gibt, die drin sitzen, ohne sich anzustrengen.
Dies ist bei einem Kurs, der im Haushalt mit über 200 Millionen Euro angesetzt war, aber bisher nur 10 Prozent erfolgreiche Teilnehmer hervorgebracht hat, schlecht. Wir wollen fördern und fordern.
Natürlich ist die Diskussion in der Öffentlichkeit über das Fordern. Das wird in besonderer Weise diskutiert. Aber ich halte es für eine ziemliche Gespensterdiskussion. Wir haben überall in unserem Recht entsprechende Vorschriften und bestimmte Sanktionen, wenn man gegen diese Vorschriften verstößt. Aber kein vernünftiger Mensch würde deswegen dann sagen, die Sanktionen stünden im Vordergrund. Oder: Wer von Ihnen sagt denn etwas dagegen, dass dann, wenn man schneller als die erlaubten 50 Stundenkilometer fährt, selbstverständlich Sanktionen bestehen? Wer weiß denn, dass auch bei der Frage der Schulpfl icht für Deutsche Sanktionen im Hin
tergrund stehen? Es ist doch eine Selbstverständlichkeit, dass wir auch auf diesem Gebiet Sanktionen haben müssen. Wir sollten gemeinsam dafür werben, dass dies die Leute freiwillig machen, damit sich die Frage von Sanktionen überhaupt nicht stellt.
Ich will folgenden weiteren Punkt ansprechen: Herr Kollege Volkmann, Sie sagen immer wieder zu Recht, dass im Zuwanderungsrecht selbst Möglichkeiten seien.
Warum sagt ausgerechnet der zuständige Referent der Stadt Nürnberg, dass es überhaupt keiner Sanktionen bedürfte, weil es niemanden gebe, der nicht integrationswillig sei? Warum ist die Stadt München nach unseren Erkundigungen die Stadt mit der geringsten Zahl von verpfl ichteten Integrationskursteilnehmern? Im Landkreis Augsburg wird ordentlich gearbeitet. Dort aber, wo Sie in der Verantwortung stehen, insbesondere dort, wo die GRÜNEN in der Mitverantwortung sind, wird nicht mit Sanktionen gearbeitet. Ich halte das für verheerend.
Sehr verehrte Frau Kollegin Ackermann, ich bestreite Ihr humanitäres Engagement zwar überhaupt nicht, aber ich muss Ihnen sagen: Allein mit humaner Gesinnung wird man nicht zurechtkommen. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass ausländische Kinder ebenso wie deutsche Kinder zum Lernen angehalten werden müssen. Ich weiß das von meinen eigenen Kindern und aus meiner Jugend. Wenn ich nur dann hätte in die Schule gehen müssen, wenn ich das gewollt hätte, wäre ich wahrscheinlich nie zu einem Schulabschluss gekommen. Meine Eltern haben mich zum Schulbesuch veranlasst, und meine Frau und ich haben unsere Kinder, manchmal auch mit harschen Sanktionen, zum Lernen anhalten müssen. Selbstverständlich ist es auch für Ausländerkinder sehr viel schöner, vor dem Computer zu sitzen, als hart zu büffeln.
Deswegen heißt unser Motto „Fördern und fordern“. Wir sollten jetzt durch eine Diskussion über die Notwendigkeit von Sanktionen nicht etwa den Eindruck erwecken, als könnten wir alles nur über Sanktionen erreichen. Ich denke – und so diskutiere ich auch in türkischen Moscheen und Gemeinden –, dass verantwortungsbewusste Eltern ihre Kinder ohnehin zum Lernen anhalten. Nur derjenige, der sich unanständig verhält, muss erleben, dass der Staat dann auch mit Sanktionen etwas durchsetzt.