Protocol of the Session on April 26, 2006

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Regenerative Energie!)

Wo sind denn die Möglichkeiten, den Strom zu ersetzen?

(Erneuter Zuruf der Abgeordneten Maria Schar- fenberg (GRÜNE))

Liebe Frau Kollegin Scharfenberg, Sie sind doch diejenigen, die Alternativen teilweise verhindern. Denken Sie doch mal an Thannhof, wo ein Biomassekraftwerk mit Ihrer Unterstützung, wie Sie damals erwähnten, nicht am richtigen Standort gebaut werden sollte.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Wo wollten Sie es denn hintun?)

Wir brauchen dringend alternative Energien. Wir müssen den Ausbau weiterer Gas- und Kohlekraftwerke forcieren und die Effi zienz der Kraftwerke erhöhen. Aber natürlich müssen wir auch in erneuerbare Energien investieren.

(Susann Biedefeld (SPD): Und Energie einsparen!)

Das tun wir, Bayern ist da auf einem sehr guten Weg. In fast allen Bereichen der erneuerbaren Energien liegen wir deutlich über dem Bundesdurchschnitt. In die Forschung in diesem Bereich investieren wir erheblich. Mit unserem Antrag fordern wir deshalb auch, die Energieeffi zienz zu steigern sowie die Forschung in diesem Bereich und die Einsparung von Energie zu unterstützen.

(Susann Biedefeld (SPD): Nicht nur reden, handeln! – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Schauen Sie sich mal den Osten an!)

Hier hat Bayern eine hervorragende Bilanz vorzuweisen. Wir sehen uns in der Verantwortung dem Menschen und der Wirtschaft gegenüber. Beide benötigen dringend preiswerte Energie, und beide wissen, dass wir auf Kernkraft derzeit nicht im vollen Umfang verzichten können.

(Zuruf von den GRÜNEN: Und den Müll in die Oberpfalz!)

Wir wissen, dass wir noch keine Alternative zur Kernkraft haben. Wir wissen aber auch, dass wir uns nicht noch weiter in die Abhängigkeit von unsicheren Energielieferanten wie beispielsweise Russland, Iran und Irak begeben dürfen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wo kommt Uran her?)

Aus Kanada zum Beispiel, oder aus Australien. Aufgrund der CO2-Emission haben wir relativ wenig Alternativen zu Kernkraftwerken. Wir in Bayern unternehmen alle Anstrengungen, um alternative Energieformen zu fördern. Doch das wird nicht viel nutzen, denn es wird nicht ausreichen, die durch den Ausstieg vollständig wegfallenden Strommengen in den nächsten Jahren auszugleichen.

(Susann Biedefeld (SPD): Nur Worte sind das!)

Wir wollen keine neuen Kernkraftwerke und auch keine neuen Standorte für sie. Sie unterstellen uns das immer wieder –, was wir wollen, ist – dass die bestehenden Kernkraftwerke weiter betrieben werden können, sofern die technischen Voraussetzungen dafür gegeben sind und die Sicherheit das gewährleistet.

Wir sehen Chancen darin, den Kraftwerkspark in Deutschland auf neueste Technik- und Sicherheitsstandards zu bringen. Dadurch werden auch Arbeitsplätze geschaffen.

Meine lieben Kollegen und Kolleginnen, schauen Sie sich doch mal Schweden und Frankreich an. Diese Länder haben, ohne große Diskussionen zu führen, die Laufzeiten ihrer Kernkraftwerke verlängert.

(Susann Biedefeld (SPD): Und in Frankreich teuren Strom! Teurer als in Deutschland!)

Denken Sie zum Beispiel an Finnland, wo gerade ein neues Kernkraftwerk gebaut wird. Oder nehmen Sie den Vorsitzenden der GRÜNEN in den USA, der sagte: Wir müssen Kernkraftwerke bauen, um die drohende Klimakatastrophe zu verhindern. Ihre Anträge, verehrte Kollegen der SPD, zeigen mir allerdings, dass Sie ideologisch noch ziemlich stark in der Vergangenheit verhaftet sind. Ich wundere mich darüber, dass Sie glauben, uns den Mund verbieten zu können. Es kann doch nicht sein, dass Sie jedem, der es wagt, über Kernenergie reden zu wollen, einen Maulkorb verpassen möchten. In Ihrem Antrag schreiben Sie, alle unnötigen und überfl üssigen Aussagen zur Verlängerung der Restlaufzeiten und zum Bau eines oder mehrerer Reaktoren sind zu unterlassen. In Ihrem Dringlichkeitsantrag erwähnen Sie, jede Debatte sei überfl üssig, ja sogar schädlich.

(Susann Biedefeld (SPD): Ja, das ist auch so!)

Meine Damen und Herren, wir müssen über dieses Thema diskutieren. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass ich nicht bereit bin, mir von Ihnen den Mund verbieten zu lassen.

(Beifall bei der CSU)

Wir können die Augen nicht vor der Wirklichkeit verschließen.

In der Energiepolitik, sagte Alois Glück im Jahr 1986 ganz richtig, ist ein Denken und Handeln über Jahrzehnte hinweg notwendig. Wegen der langen Zeiträume der Energiepolitik sind die Entscheidungen, die wir heute

treffen, in erster Linie Entscheidungen für unsere Nachkommen. Deshalb ist es notwendig, dass wir die Diskussion um die Ausrichtung unserer Energiepolitik ausführlich und, ich betone es, gemeinsam führen. Ideologische Scheuklappen helfen uns dabei wirklich wenig.

(Susann Biedefeld (SPD): Auch Ihre ideologischen Scheuklappen!)

Im Antrag der GRÜNEN wird festgestellt, dass neuere Kernkraftwerke einen höheren Sicherheitsstandard als ältere haben.

(Ludwig Wörner (SPD): Steinzeitideologe!)

Sie können sich das von den GRÜNEN bestätigen lassen, lesen Sie doch den Antrag, lieber Kollege Wörner. Darin steht, dass ältere Kraftwerke einen schlechteren Sicherheitszustand aufweisen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Zum Beispiel Isar 1)

Würden wir die Laufzeiten der Kraftwerke verlängern, wäre das Problem der Übertragung von Reststrommengen auf ältere Kraftwerke von selbst gelöst. Schweden und Finnland, wie gesagt, denken dabei fortschrittlicher und ideologiefreier. Sie bauen neue Kraftwerke mit neuester deutscher Technik, welche Sicherheitsstandards vorsehen, die einen Störfall nahezu ausschließen.

Meine Damen und Herren, Ihre Anträge sind gekennzeichnet von Ideologie und Realitätsferne. Ich glaube, wir haben mit unserem Antrag ein vernünftiges Energiekonzept vorgestellt, ein Energiekonzept für die Zukunft.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Ideologisch! – Susann Biedefeld (SPD): Es ist erschreckend!)

Wir sollten den Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl dazu nutzen, Fragen der Energiepolitik ohne Ideologie und vorurteilsfrei zu diskutieren. Ich bitte Sie daher, meine verehrten Kollegen von der Opposition, mit uns gemeinsam die Möglichkeiten zu diskutieren, die es uns erlauben, eine vernünftige Energiepolitik zu betreiben, welche auch eine Sicherung des Industriestandorts Deutschlands gewährleistet. Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung für die Staatsregierung: Herr Kollege Huber. Bitte schön, Herr Staatsminister Huber.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich gehöre zu den wohl wenigen in diesem Hohen Hause, die die stürmischen Diskussionen des Jahres 1986 miterlebt haben. Auch die hervorragende Rede, die seinerzeit Alois Glück gehalten hat und die von Herrn Kollegen von Ler

chenfeld mehrmals zitiert wurde, ist mir noch in Erinnerung. Alois Glück sagte, Tschernobyl sei ein Beispiel dafür, dass mit höheren Risiken ein besonderes Maß an Verantwortung verbunden ist. Und er führte an, dass der erforderliche Zuwachs an Verantwortungsbewusstsein in der seinerzeitigen UdSSR nicht vorhanden war. Ich halte es jedoch für nicht vertretbar, die damaligen Unterlassungen der UdSSR im Sicherheitsbereich heute auf Deutschland und auf Bayern zu übertragen. Was die große Betroffenheit über die Auswirkungen der Katastrophe von Tschernobyl angeht, schließe ich mich den Worten des Kollegen an. Selbstverständlich ist es notwendig, dass aus einer solchen Katastrophe Konsequenzen gezogen werden, und zwar nicht nur an dem jeweils betroffenen Standort, sondern an allen Standorten der Welt, an denen Strom aus Kernenergie erzeugt wird.

Zunächst einmal zu den Konsequenzen, die wir in Bayern gezogen haben. Schon vor Tschernobyl gab es in Bayern ein Kernreaktorfernüberwachungssystem. Dieses vorbildliche System wurde in der Zwischenzeit von vielen Ländern der Welt kopiert. Es sichert eine betreiberunabhängige Überwachung von Kernkraftwerken, ohne von den Betreibern entsprechende Informationen erhalten zu müssen. Auf diese Art und Weise hat man durch den Staat ein lückenloses Überwachungssystem. Ich glaube, damit hat Bayern gezeigt, dass es sich der besonderen Verantwortung im Zusammenhang mit Kernenergie sehr wohl bewusst ist.

Wir haben selbstverständlich nach Tschernobyl eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, was die Philosophie der Sicherheit anbelangt. Diese haben wir weiter vertieft und ausgebaut, sodass wir heute ohne jede Übertreibung sagen können, die bayerischen Kernkraftwerke zählen zu den sichersten der Welt.

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren von Rot-Grün halte ich es nicht für angebracht, dass Sie in dieser Weise heute die gleichen Diskussionen wie vor zwanzig Jahren führen.

Ich möchte mich mit Polemik unbedingt zurückhalten, aber ich habe doch den Eindruck, dass die Opposition ein gewisses Geschäft mit der Angst betreibt.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von den GRÜNEN)

Deshalb möchte ich Ihnen zwei Dinge zu überlegen geben, was die Konsequenzen angeht.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Biedefeld?

(Staatsminister Erwin Huber (Wirtschaftsministe- rium): Bitte sehr!)

Vielen Dank, Herr Minister Huber. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir die Sicherheitsstandards unserer bayerischen und deut

schen Kernkraftwerke nicht mit denen in den osteuropäischen Ländern vergleichen und wollen Sie heute bei all diesen hohen Sicherheitsstandards wirklich behaupten, dass unsere Kernkraftwerke hundertprozentig sicher sind? Schließen Sie einen Unfall in einem Reaktor bei uns mit hundertprozentiger Sicherheit aus?

Frau Kollegin Biedefeld, es ist offensichtlich eine neue Situation in Ihrer Sicherheitsphilosophie, dass die Redundanz, die wir heute im Bereich der Sicherheitsphilosophie in Bayern haben, ungeheuer viel besser ist als in Osteuropa und in vielen anderen Ländern der Welt. Das hätten Sie vielleicht auch in Ihrer Rede sagen können. Es ist ganz gut, wenn wir uns jedenfalls hier einig sind.

Allerdings wäre es verwegen zu sagen, dass es eine vollkommene Sicherheit gibt.