Protocol of the Session on February 16, 2006

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Anfang März letzten Jahres brachte die Frauengruppe der CSU

Landtagsfraktion den Antrag ein, die Geltungsdauer des Bayerischen Gesetzes zur Gleichstellung von Männern und Frauen zu verlängern.

(Zurufe von den GRÜNEN: Ach!)

Die Staatsregierung wurde aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen und dabei die Ergebnisse des Dritten Berichts über die Umsetzung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes zu berücksichtigen. Heute liegt dieser Entwurf vor, und ich darf mich für die Art der Antragsumsetzung ausdrücklich bedanken, Frau Ministerin.

Der Dritte Bericht zur Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes zeigt, dass mit dem Gesetz in dessen bisheriger Laufzeit die Gleichstellung von Männern und Frauen im öffentlichen Dienst erfolgreich vorangebracht wurde,

(Zuruf von den GRÜNEN: Das stimmt überhaupt nicht!)

jedoch nicht überall vollständig umgesetzt ist.

Ich sehe, wir haben da gewisse Interpretationsunterschiede.

(Simone Tolle (GRÜNE): Ja, große!)

Auch ich verhehle nicht, dass mir manches manchmal nicht schnell genug geht, bin mir aber dessen bewusst, dass gerade für wichtige Dinge wie Laufbahnverordnung, Beurteilung und Ähnliches Blitzlösungen nicht förderlich sind.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Deutlich zeigt sich jedoch, dass das Bayerische Gleichstellungsgesetz die Gleichstellung nachhaltig und grundlegend verbessert hat und vor allem in vielen Bereichen eine intensive Sensibilisierung für die gleichstellungsrelevanten Belange weit über den öffentlichen Dienst hinaus nach sich gezogen hat.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wir wollen aber die grundsätzliche Lösung!)

Wir begrüßen sehr, dass der vorgelegte Gesetzentwurf nunmehr keine zeitliche Befristung mehr enthält. Das war nicht nur den Gleichstellungsbeauftragten der verschiedenen Verwaltungsebenen ein wichtiges und unverzichtbares Anliegen, sondern auch uns.

Wir versprechen uns von dem neuen Bayerischen Gleichstellungsgesetz auch einen neuen Anschub, sich noch intensiver und vor allem auf allen Ebenen mit der Verwirklichung der durch die Bayerische Verfassung vorgegebenen Gleichstellungsziele zu beschäftigen.

Das bislang noch gültige Bayerische Gleichstellungsgesetz hat in weniger als zehn Jahren die Situation gerade der Frauen im öffentlichen Dienst grundlegend vorangebracht und einen Wandel herbeigeführt.

(Simone Tolle (GRÜNE): Wo ist der denn?)

Das nunmehr anstehende neue Gesetz soll diese Daueraufgabe kontinuierlich vorantreiben und vollenden.

(Zurufe von den GRÜNEN)

50 % sind noch nicht erreicht, kein Zweifel.

(Christa Naaß (SPD): Sie haben ja Zeit!)

Auch die regelmäßige Evaluierung ist uns dabei ein wichtiger Belang, und wir freuen uns, dass dies im Entwurf bereits seinen Niederschlag gefunden hat.

Auch wir sehen im Gesetz natürlich einige Punkte, von denen wir glauben, dass eine Verbesserung oder zumindest eine Klarstellung erforderlich ist.

Insbesondere die Informationsrechte und die Informationspfl ichten werden hierbei ein wichtiges Thema sein. Ebenso wollen wir, dass von diesem Gesetz ein klares Signal ausgeht, dass grundsätzlich jede Stelle auch in Teilzeit ausgeübt werden kann.

(Christa Naaß (SPD): Kommen da noch Änderungen von Ihnen?)

Ein großes Augenmerk bei der anstehenden Diskussion in den Ausschüssen, denen ich jetzt hier nicht vorgreifen möchte – wir werden uns in den Ausschüssen damit befassen –,

(Christa Naaß (SPD): Sie müssen doch wissen, ob noch Änderungen von Ihnen kommen!)

gilt natürlich auch dem Konnexitätsprinzip. Die Bürgerinnen und Bürger Bayerns haben sich klar dafür ausgesprochen, dieses Konnexitätsprinzip einzuführen. Wir werden es also auch bei diesem Gesetz beachten müssen. Das wird die Sache nicht immer erleichtern. Uns ist aber daran gelegen, auf allen Verwaltungsebenen eine einheitliche, erfolgreiche, kontinuierliche und nachhaltig wirkende Gleichstellungspolitik fortzuführen, die von allen getragen wird. Ich freue mich bereits jetzt auf die intensive und, wie ich bereits jetzt merke, möglicherweise etwas kontroverse aber dadurch nicht weniger interessante Diskussion des Themas in den Ausschüssen.

(Beifall bei der CSU)

Nun hat das Wort die Kollegin Naaß.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Beratung des Gesetzentwurfs der SPD-Landtagsfraktion zur Änderung des Gleichstellungsgesetzes am 13. Dezember 2005 stellten Sie, Frau Staatsministerin Stewens, fest, dass die Gleichstellung in Bayern auf einem hervorragenden Weg sei. Heute verwenden Sie diese Formulierung wieder: hervorragender Weg. Unter einem hervorragenden Weg verstehe ich aber etwas anderes. Ich sage: Nach wie vor bewegt sich die Gleichstellung in Bayern wie – das habe ich bereits vor einigen Monaten gesagt – eine Schnecke auf Glatteis, nämlich so langsam wie eine Schnecke und mit zahlreichen Ausrutschern.

(Beifall bei der SPD)

Gab es nach dem Zweiten Gleichstellungsbericht im Jahr 2002 noch einen Schub in Richtung Gleichstellung, so ist gerade in letzter Zeit der Trend gebrochen und die Rückschritte sind nicht zu übersehen. Das sage nicht nur ich, Frau Ministerin, sondern das stellte auch das Inifes-Institut fest, das die Erarbeitung des Dritten Gleichstellungsberichtes mit begleitet hat. Ich nenne nur die Rückschritte bei der Ausschreibung der Stellen der Gleichstellungsbeauftragten, die Rückschritte hinsichtlich der Freistellung und bei der Ausstattung der Gleichstellungsbeauftragten, in diesem Bereich sind sogar eindeutige Sparmaßnahmen festzustellen. Es gibt sogar einen Grundstock an Dienststellen und Einrichtungen, die sich in wichtigen Aspekten den Vorgaben des Gleichstellungsgesetzes durch Abducken entziehen.

Dies alles wurde am 05.07.05 nach der Diskussion des Dritten Gleichstellungsberichtes festgestellt. Ich konstatiere, dass diese Tatsachen am 16.02.06, also heute, nach wie vor unverändert sind. Die Gleichstellung und die Gleichberechtigung von Frauen und Männern brauchen weiterhin eine gesetzliche und tatsächliche Unterstützung, und zwar eine bessere, als wir sie bisher in der Vergangenheit hatten.

Trotz der Tatsache, dass das Bayerische Gleichstellungsgesetz in vielen Bereichen ungenügend ist – das haben wir in der SPD-Landtagsfraktion in den letzten Jahren immer wieder feststellen müssen – und lediglich einen Minimalstandard regelt, sind beispielsweise über 20 % der Gleichstellungsbeauftragten in Bayern für ihre Tätigkeit überhaupt nicht freigestellt. In den Führungspositionen sind die Frauen in Bayern nach wie vor unterrepräsentiert. Der Frauenanteil bei der Neubesetzung von Führungspositionen ist mit 20 % gegenüber 23,6 % im Jahre 2002 deutlich gesunken. Das alles sind Zahlen und Fakten, die aufzeigen, dass es eigentlich mit der Gleichstellung in Bayern in den letzten Jahren rückwärts gegangen ist und nicht vorwärts. So herausragend, wie Sie das gerade dargestellt haben, ist das alles nicht.

Frau Kollegin Guttenberger, Sie haben bereits festgestellt, dass die CSU von Blitzlösungen nichts hält. Deshalb hat es auch Ewigkeiten gedauert, bis endlich im Jahre 1996 ein Gleichstellungsgesetz in Bayern zustande gekommen ist.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt, nach weiteren zehn Jahren, sind Sie wiederum der Meinung, man dürfe nicht so schnell vorangehen, man habe Zeit. Insofern begrüßen wir, dass CSU und Staatsregierung gleichstellungspolitisch jetzt endlich im 21. Jahrhundert angekommen sind und nach der SPD nun auch CSU und GRÜNE einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Weiterführung des Gleichstellungsgesetzes eingebracht haben.

Die Staatsregierung gesteht nun ein, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern noch nicht überall und nicht vollständig umgesetzt ist. Die Gleichstellung ist noch nicht gelebte Realität, wie im Gesetzentwurf zu lesen ist. Sie ist damit nicht auf einem „hervorragenden“ Weg, Frau Ministerin.

Wenn aber nun vonseiten der CSU und der Staatsregierung diese Erkenntnisse vorliegen, verstehe ich nicht, dass sie mit Ihrem Gesetzentwurf nicht mehr Mut zeigen

und schneller vorangehen, um diese Dinge zu befördern. Ein großer Wurf ist dieser Gesetzentwurf nicht. Er beschränkt sich leider auf nur wenige unbedeutende Veränderungen, die in dem Gesetz unter der Prämisse der Kostenneutralität stehen. Sie verwenden den Begriff zwar nicht mehr, sondern formulieren es etwas anders, nämlich belastungsneutral, aber es ist nichts anderes als Kostenneutralität.

Konsens besteht darin, dass der Gesetzentwurf über den 30.06.06 hinaus weiter in Kraft bleiben soll. Wir hätten uns gewünscht, dass dieses neue Gesetz zum Internationalen Frauentag am 8. März zustande gekommen wäre. Das wäre ein gutes Signal aus diesem Parlament gewesen.

Die Verlängerung des Zeitraumes der Berichterstattung von drei auf fünf Jahre sehen wir nicht unter dem Gesichtspunkt des Bürokratieabbaues. Wir erkennen darin vielmehr weniger Mitwirkung durch das Parlament. Der nächste Bericht würde damit vonseiten der Staatsregierung erst im Jahre 2010 gegeben und nicht im Jahre 2008, wie es eigentlich der Fall sein sollte.

(Glocke des Präsidenten)

Im Jahre 2008 stehen die Landtagswahlen an und da sind Sie natürlich nicht so gern bereit, diesen Bericht im Landtag zu diskutieren.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, ich habe die Glocke vernommen. Wir haben genügend Zeit, im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes diese Gesetzentwürfe und die vielen, vielen Petitionen, die dazu landesweit eingegangen sind, zu diskutieren. Von daher genügen heute die fünf Minuten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In der Aussprache hat sich Frau Kollegin Tolle zu Wort gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Staatsministerin, Ihre Empörung in Sachen Interpellation kann ich nicht nachvollziehen. Wir haben nur Fragen gestellt, deren Beantwortung in Sachsen-Anhalt schon lange als Datengrundlage vorhanden ist. Deshalb weise ich Ihre Empörung entschieden zurück. Gute Frauenpolitik braucht gute Datengrundlagen. Ich halte es nicht für eine Beleidigung Ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, wenn ich diese Datengrundlagen einfordere. Professionalität beweist sich immer darin, dass man gute Grundlagen hat.

Frau Kollegin Guttenberger, ich glaube, Sie haben eben die Frage gestellt – ich will es einmal ganz platt formulieren –: Schnecke oder Porsche? Ich glaube, die Frauen von heute – Sie sind ja noch zurück im Jahre 1996; aber vielleicht bewegen Sie sich auch noch ein bisschen weiter nach vorne – wollen vorankommen und nicht in einem Schaukelstuhl abgestellt werden, in dem Sie sich ausruhen können, bis sie einer ruft, der sie braucht. Wir wollen unsere Rechte haben.