Protocol of the Session on February 1, 2006

Wenn nun keine Nachfrage da ist und das Recht nicht wahrgenommen wird, wie Sie es in allen anderen Bundesländern und auf Bundesebene feststellen können, dann frage ich, wo das Mehr an Transparenz sein soll, das Sie immer ansprechen. Das müssen Sie sich einmal fragen lassen. Wo soll dieses Mehr an Transparenz im Ergebnis denn sein?

Geradezu lächerlich – Entschuldigung! – wird die Argumentation, wenn Sie meinen, man könnte mit einem solchen Recht Korruption vermeiden. Sie sollten sich einmal vorstellen, wie Korruptionsfälle praktisch vonstatten gehen, wie sehr die Beteiligten da bemüht sind, ihr Ver

halten in Akten niedergelegt zu bekommen, damit der Bürger das nachvollziehen kann. Das ist weltfremd, meine Damen und Herren. Wie gesagt, wir können keine Nachfrage für eine solche Regelung erkennen. Sollten Sie weitere Argumente fi nden, werden wir uns gerne in den Ausschussberatungen damit auseinander setzen. Aber nach dem heutigen Stand der Dinge können Sie davon ausgehen, dass wir auch diese beiden Gesetzentwürfe ablehnen werden.

(Beifall bei der CSU)

Zu Wort hat sich noch einmal Frau Kollegin Stahl gemeldet.

Herr Präsident, meine Herren und Damen! Ich kann nichts dafür, Kollege König, wenn sich niemand an Sie wendet. Das wird wohl auch daran liegen, dass man sich von der CSU bei solchen Fragen nicht sehr viel erwartet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erinnere mich gut daran, dass Sie, als Sie noch im Ausschuss waren – ich vermisse Sie da sehr –, gesagt haben, die rot-grüne Regierung solle erst einmal ihre Hausaufgaben machen und dann werde man wieder darüber diskutieren. Deswegen diskutieren wir heute auch darüber.

Ich verstehe Ihre Ausführungen nicht ganz, denn Sie widersprechen sich. Auf der einen Seite malen Sie den Popanz von mehr Bürokratie an die Wand, und von überforderten Behörden, die den ganzen Tag nichts anderes zu tun haben, als Informationen herauszusuchen, und auf der anderen Seite fragen Sie, wo denn überhaupt die Nachfrage sei. Sie sagen, es gebe nur eine minimale Nachfrage. Das ist genau der Grund, weshalb wir sagen, Sie brauchen vor einem IFG überhaupt keine Angst zu haben, da die Nachfrage beschränkt bleiben wird. Es werden sich nur diejenigen an die Verwaltung wenden, die hier tatsächlich einen Informationsbedarf haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte Sie auch darauf hinweisen, dass im Planungsbereich des Baurechts eine Reihe von Beteiligungsmöglichkeiten zurückgefahren worden sind. Das ist genau der Punkt, weshalb wir sagen, gerade in diesem Bereich wird es ein zusätzliches großes Interesse von eben nicht unmittelbar, aber doch mittelbar Betroffenen geben, entsprechende Informationen abzurufen. Denn bereits jetzt haben wir das Problem, dass nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz tatsächlich nur die unmittelbar Betroffenen auch Informationen bekommen.

Dass die Presse ganz heiß auf das IFG ist, kann ich Ihnen versichern, Herr Kollege König. Sie kommen nämlich mit dem Pressegesetz überhaupt nicht weiter. Ich freue mich schon – ich bin sicher, dass es kommt – auf die Pressemitteilung des Bayerischen Journalistenverbandes und von „Mehr Demokratie“. Die werden Sie auch noch einmal auffordern, etwas mehr Demokratie zu wagen, wie es auch Ihre Frau Merkel gesagt hat.

Ich sage: Seien Sie nicht so ängstlich, seien Sie Manns genug und sagen Sie: Hier stehen wir und stehen den Bürgerinnen und Bürgern Rede und Auskunft. Wenn wir auf dieser Ebene im Ausschuss diskutieren, werden wir ganz gut miteinander auskommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat sich noch einmal zu Wort gemeldet der Kollege Ritter.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es kann doch nicht die Nachfrage das letztendliche Kriterium sein, ob man ein Recht einräumt oder nicht. Die Nachfrage danach, bayerischer Ministerpräsident zu werden, ist gemessen an der Gesamtheit der Bevölkerung verhältnismäßig gering.

(Beifall bei der SPD)

Nichtsdestotrotz räumen wir jedem das Recht nach unserer Verfassung ein, dieses Amt selbstverständlich auch anzustreben. Die Nachfrage allein kann es also nicht sein. Es geht um das Verständnis, Rechte einzuräumen, weil sie demokratiefördernd sind und weil sie die Möglichkeit bieten, dass sich Leute in Entscheidungsprozesse auf einer ähnlichen oder gleichen Informationsgrundlage wie die entscheidenden Gremien einschalten können. Da müssen wir jetzt keine Nachfragediskussion führen. Das kann kein überzeugendes Argument sein.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, die Gesetzentwürfe dem Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Ich sehe keine Gegenstimmen. Damit ist das so beschlossen.

Ich rufe nun auf – wie bereits angekündigt – den Tagesordnungspunkt 7:

Antrag der Abg. Franz Maget, Karin Radermacher, Hans-Ulrich Pfaffmann u. a. u. Frakt. (SPD) Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erweiterung des Untersuchungsauftrags des Untersuchungsausschusses gemäß Drs. 15/2432 (Drs. 15/4627)

Ich eröffne die Aussprache. Als Erste hat Frau Kollegin Radermacher das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktionen haben sich auf die Erweiterung des Untersuchungsausschusses Hohlmeier geeinigt, und zwar um die unglaublichen Vorgänge zur Vorbereitung der Fußballweltmeisterschaft aufzuklären. Sie, die Kolleginnen und Kollegen von der CSU, waren zunächst

der Meinung, dass durch den Bericht des Obersten Rechnungshofs bereits alles geklärt sei. Richtig ist, dass durch diesen Bericht das absolute Chaos, das um die Task Force besteht, erst deutlich geworden ist. Der Task Force wurden vom Obersten Rechnungshofs massive Organisationsmängel, bis hin zu Verstößen gegen die Vergabevorschriften trotz Rechtsberatung bescheinigt.

Ich will nur einiges aus dem Bericht zitieren, weil sicher nicht alle Kollegen diesen Bericht bereits gelesen haben. So ist es zum Beispiel der Task Force nicht gelungen, ein professionelles Management aufzubauen. Warum dann die Auslagerung? Die Geschäftsstelle der Task Force stand außerhalb des üblichen Geschäftsgangs des Ministeriums. Die ministeriale Verwaltungsebene war nur teilweise und verspätet eingebunden. Das Haushaltsreferat wurde überhaupt nicht beteiligt. Der ORH bescheinigt weiterhin eine chaotische Aktenführung. Es wird bescheinigt, dass es 9000 – hören Sie gut zu – E-Mails gab, die ungeordnet in den PCs herumzigeunert sind. Das muss man sich einmal vorstellen. Man kann unter diesen Umständen beim besten Willen zu keinem Ergebnis kommen, wenn ich unter 9000 E-Mails suchen und mir überlegen muss, welche E-Mails ich gerade zur Erledigung meiner Aufgaben brauche. Circa 1,6 Millionen Euro wurden in den Sand gesetzt. Auch das muss man sich einmal vorstellen: Sportvereine knabbern und sehen sich mit Kürzungen konfrontiert, während 1,6 Millionen Euro – circa, wir wissen es noch nicht ganz genau – in diesem Chaos einfach so untergegangen sind.

Dies alles kann doch nicht damit erledigt sein, dass wir den Bericht des Obersten Rechnungshofes zur Kenntnis nehmen und Beamte versetzen. Ich glaube, das ist etwas zu wenig. Es gibt eine politische Verantwortung für dieses Desaster.

(Beifall bei der SPD)

Es war nicht irgendjemand, sondern die Staatsregierung, die die Task Force im März 2003 beschlossen und die Leitung dem Staats ministerium für Unterricht und Kultus übertragen hat. Es gab also einen Beschluss des Ministerrats und eine Ministerin, die die Aufgabe gehabt hätte, die Task Force zu kontrollieren. Es gab eine Ministerin, die dafür zuständig war, das Personal für die Task Force auszuwählen. Es gab eine Ministerin, die rechtzeitig hätte eingreifen müssen.

Auch wenn die damalige Ministerin Hohlmeier heute nicht mehr im Amt ist, muss untersucht werden, wo und bei wem die politische Verantwortung für das katastrophale Missmanagement liegt. Die Öffentlichkeit hat, so denke ich, ein Recht darauf, und zwar auch nach dem Rücktritt der Ministerin.

(Beifall bei der SPD)

Es bleiben weitere Fragen offen. Wer hat zum Beispiel die geschönten Berichte, die dem Kabinett vorgelegt wurden – auch das ist in dem Bericht des Rechnungshofs zu lesen – zu verantworten? Es stellt sich die zweite Frage, wie naiv oder blauäugig dieses Kabinett gewesen sein muss bzw. ist, um nicht zu merken, dass in dieser Angelegenheit

überhaupt nichts oder fast nichts läuft, dass keine einzige Veranstaltung zustande kommt. Oder – das ist die politische Frage, die man stellen muss –: War der Ministerpräsident so geblendet von der Vorstellung, die Eröffnungsveranstaltung in Berlin zu übertrumpfen, dass er den Blick für die Realität verloren hat? Der Leiter der Task Force hat einmal, bezogen auf die drei Orchester, die spielen sollten, gesagt, das Konzert bilde den Kontrapunkt zur Veranstaltung am 8. Juli in Berlin. Es handelt sich um einen tollen Kontrapunkt, der in den Sand gesetzt worden ist.

(Beifall bei der SPD)

Gerade an die Frage, welche Informationen und welche Berichte das Kabinett durch Frau Hohlmeier erhielt, wollten Sie von der CSU-Fraktion nicht so recht heran. Sie wollten diese Fragen in unserem Fragenkatalog nicht so gerne zulassen. Ihrer Ansicht nach ist alles das, was im Ministerrat passiert, Kernbereich der Exekutive und geht den Untersuchungsausschuss nichts an. Ich sage Ihnen: Es ist absurd, dass der Oberste Rechnungshof Informationen erhält, die ein vom Parlament eingesetzter Untersuchungsausschuss nicht bekommen kann. Sie haben sich dann eines Besseren belehren lassen, aber das Vorgehen zeigt deutlich, wie Ihr Selbstverständnis als Parlamentarier ist. Ich sage noch mal: Der Oberste Rechnungshof darf die Unterlagen haben, während das bei einem von diesem Haus eingesetzten Untersuchungsausschuss angezweifelt wird. Ich gebe aber zu, dass Sie eingelenkt haben und das ist die positive Seite. Für uns ist es zwingend notwendig, diese Berichte zu bekommen. Ich sage es noch einmal: Es kann nicht sein, dass dem Untersuchungsausschuss verwehrt wird, was dem Obersten Rechnungshof möglich ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU: Sie waren auch sehr besorgt darüber, dass Bayern möglicherweise zu Beginn der Fußballweltmeisterschaft in negative Schlagzeilen gerät und ein negatives Image bekommt. Ich kann Ihnen nur sagen: Das sind wir auch. Auch wir sind besorgt darüber und wollen alles tun, dass das nicht passiert. Es kann aber nicht sein, dass das Debakel um die Task Force deswegen möglicherweise unter den Teppich gekehrt wird. Es liegt jetzt an Ihnen, dass wir im Untersuchungsausschuss diese Sache schnell und reibungslos ohne Verzögerung und ohne Blockade über die Bühne bekommen, alle Unterlagen erhalten und dass vor allem auch die Befragung aller Zeugen, die wir beantragen, von der Mehrheit im Untersuchungsausschuss genehmigt wird.

Ich will am Rande nur daran erinnern, dass wir demnächst eine Klage wegen der Gegenüberstellung von Podiuk und Hohlmeier beim Verfassungsgerichtshof laufen haben. Es wird uns ziemlich gleichgültig sein, beim Auftreten eventueller Schwierigkeiten, die eine oder andere Frage einfach nachzuschieben und ebenfalls klären zu lassen. Ich sage das, damit man sich darauf einstellt: Wenn wir die Sache rechtzeitig und ordentlich über die Bühne bekommen wollen, dann setzen wir eine vorbehaltlose Bereitschaft voraus, gemeinsam die politische Verantwortung aufzudecken. Diese Bereitschaft kann bereits heute Abend in der ersten Sitzung des Untersuchungsausschusses signalisiert werden. Ich fordere die Kollegen, soweit sie

anwesend sind, auf, unseren Anträgen, die wir dort stellen, zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Als nächstes hat Frau Kollegin Bause das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Erweiterung des Untersuchungsauftrages ist notwendig geworden, weil wir von einem weiteren Beispiel für Missmanagement, für mögliche Rechtsverstöße, für Verschleuderung von öffentlichen Geldern und für Fehlinformationen der Öffentlichkeit durch das Kultusministerium Kenntnis bekommen haben. Die Frage ist natürlich, wer für diese Missstände Verantwortung zu übernehmen hat. War es ausschließlich die schon zurückgetretene Kultusministerin oder waren es auch noch andere? Man hat sich nicht nur im Kultusministerium mit der Fußball-WM und der Task Force befasst. Ich erinnere daran, dass auch das Wirtschaftsministerium mit der Angelegenheit befasst war. Auch das Finanzministerium hatte den Auftrag zu prüfen, was mit den Sponsorengeldern und dem Finanzkonzept ist. Nicht zuletzt hat sich der Ministerpräsident persönlich im Glanze der zu erwartenden Fußball-WM feiern lassen. Er hat höchstpersönlich diese Task Force ins Leben gerufen. Es ist zu klären, wo genau die Verantwortlichkeiten für diese Fehlentscheidungen und dieses Missmanagement liegen.

Ich will in zehn Punkten noch einmal die Hauptvorwürfe zusammenfassen, die sich für uns aus dem Bericht des Obersten Rechnungshofes ergeben.

Erstens. Die Geschäftsstelle der Task Force war personell und organisatorisch völlig überfordert. Die Stellen wurden ohne Ausschreibung mit dafür nicht qualifi zierten Mitarbeitern besetzt. Diesbezüglich gibt es eine interessante Parallele zu anderen Fällen, die wir im Untersuchungsausschuss behandelt haben, wobei Stellen von der Exministerin freihändig besetzt wurden, und zwar weit über Tarif und weit neben den Vorschriften des öffentlichen Dienstes. Es gibt also ein bestimmtes Muster, das sich offenbar auch bei der Task Force fortsetzt.

Zweitens. Die Aktenführung war laut ORH chaotisch und hat gegen die einschlägigen Vorschriften verstoßen. Frau Kollegin Radermacher hat schon darauf hingewiesen.

Drittens. Es gab offenbar eine Personalidentität zwischen denjenigen, die die Aufträge zu vergeben hatten, und denjenigen, die die Aufträge angenommen haben. Auch das ist natürlich ein klarer Rechtsverstoß und eine unmögliche Vorgehensweise.

Viertens. Vergabevorschriften wurden massiv verletzt.

Fünftens. Die Budgetplanungen waren unrealistisch und lagen weit außerhalb des Haushaltsrahmens.

Sechstens. Es gab eine absurde und letztlich völlig erfolglose Suche nach Sponsoren und anderen Finanzierungs

quellen mit fatalen fi nanziellen Folgen. Auch das wurde vom Rechnungshof aufgelistet.

Siebtens. Im Bericht des ORH wird auch festgestellt, dass die Berichte an den Ministerrat und an den Ministerpräsidenten viel zu optimistisch gewesen seien. Auch das möchten wir gern überprüfen. Wir möchten wissen, was in diesen Berichten stand und was tatsächlich danach passiert ist, ob man also die Berichte einfach zur Kenntnis genommen hat und die Task Force weiter wie bisher arbeiten durfte oder in welcher Art und Weise den Berichten nachgegangen wurde.

Achtens. Haushaltsmittel in Millionenhöhe sind verschleudert worden. Die Verschleuderung von 1,5 Millionen Euro wurde vom Obersten Rechnungshof bisher aufgelistet. Eingedenk der Tatsache, dass viele Organisationen, Vereine und Verbände um ein paar Tausend Euro kämpfen müssen, da sie in ihrer Existenz bedroht sind, ist das keine Summe, die man auf die leichte Schulter nehmen darf.