Meine Damen und Herren, wir werden in den Ausschüssen über dieses Gesetz beraten. Ich fordere auch die Mehrheitsfraktion auf, sich hier einer vernünftigen Diskussion nicht zu verschließen. Es gibt Erfahrungen mit Informationsfreiheitsgesetzen, auf die verwiesen werden kann. Ich denke, auch in Bayern kann dies ein äußerst sinnvoller Schritt in der Schaffung von mehr Transparenz und Bürgernähe sein.
Herr Präsident, meine Herren und Damen! Was in vielen Ländern dieser Erde und im Bund möglich ist, muss auch hier in Bayern für die Bürger und Bürgerinnen machbar sein.
Nachdem am 1. Januar 2006 das Informationsfreiheitsgesetz – ich spreche im Folgenden vom IFG, denn das ist etwas besser zu handhaben – in Kraft gesetzt worden ist, hat sowohl unsere Landtagsfraktion als auch die SPDFraktion je einen eigenen Gesetzentwurf für die bayerischen Behörden vorgelegt. Die Bürger und Bürgerinnen sollen die Möglichkeit erhalten, sich Informationen über Verwaltungsvorgänge jeder Art von den Behörden zu holen.
Das erfordert unseres Erachtens das Demokratieprinzip; denn so gewährleisten wir Mitsprache, und Mitsprache funktioniert natürlich nur über die Beteiligung an Informationen.
Es ist uns durchaus bewusst, dass wir in vielen Behörden – nicht in allen – einen regelrechten Kultur- und damit einhergehend auch Mentalitätswandel brauchen – weg von der Anschauung, dass nur eine „geheime“ Behörde eine
Wir müssen erreichen, dass sich hier das Bewusstsein ändert, dass sich das Bewusstsein der Mitarbeiter an den Behörden einstellt, dass Qualität der Verwaltung eben nicht durch Geheimniskrämerei gesteigert wird, sondern es muss sich die Einsicht durchsetzen, dass die Verwaltungsarbeit im Dienst der Öffentlichkeit geschieht,
Zudem würde ein IFG die Akzeptanz des Verwaltungshandelns bei Bürgern und Bürgerinnen erhöhen, es würde die aktive Bürgergesellschaft fördern, und es erschwerte Missmanagement und – was ich für uns auch für sehr wichtig halte – Korruption. Über diesen Teil wird hier viel zu selten gesprochen, denn Korruption fi ndet bei uns ja angeblich nicht statt, obwohl Deutschland und auch Bayern – auch wenn Sie das hier gern immer etwas überdecken wollen – einen guten Mittelplatz einnehmen, nicht etwa am Ende der Skala der korrupten Länder stehen, wie Sie immer meinen.
Unser erster Versuch zu einem bayerischen IFG im Jahre 2001 ist von Ihnen bekanntlich noch blockiert worden. Unser seinerzeitiger Gesetzentwurf ist auch mit dem Hinweis abgelehnt worden – das fand ich immerhin sehr hoffnungsvoll –, die rot-grüne Bundesregierung solle erst einmal ihre Hausaufgaben machen.
Deswegen erwarte ich auch Zustimmung – entweder zum Gesetzentwurf der SPD oder zu unserem oder vielleicht sogar zu beiden. Wir werden es sehen.
Das liebste Argument von CSU und Bayerischer Staatsregierung, wenn diese wieder einmal im Privatleben der Bürger und Bürgerinnen herumschnüffeln wollen, ist: Wer nichts zu verbergen hat, muss nichts befürchten. Wir sagen immer, das ist ein Totschlagargument, das jede Debatte zu Freiheits- und Bürgerrechten im Keim erstickt.
Aber wenn Sie schon diese Logik an den Tag legen, dann müssen Sie sich auch fragen lassen, meine Herren und Damen von der CSU und der Staatsregierung: Was haben denn bitte die Behörden zu verbergen? Haben Sie tatsächlich etwas zu verbergen, was Bürger und Bürgerinnen, die diese Behörden mit Steuergeldern fi nanzieren, nicht wissen dürfen? – Ich denke, weitgehend nicht – mit Ausnahme einiger sensibler Bereiche, die wir in unserem
Unser Gesetzentwurf ist moderat. Er berücksichtigt auch den Konkurrentenschutz und – das ist uns ebenfalls wichtig – er gewährleistet, dass der Kernbereich der Verwaltung verfassungsrechtlich den Schutz behält, den dieser Kernbereich auch verdient.
Ich möchte kurz aus einem Buch zitieren, weil es ein sehr schönes Zitat ist, das Sie sicher unterschreiben können:
Eine unverzichtbare Voraussetzung für bürgerschaftliches Engagement und für Partnerschaft ist der Wille zur Transparenz, Transparenz aller Sachverhalte und Entscheidungsprozesse sowohl auf der politischen Ebene wie insbesondere auch in der Verwaltung. Die Bereitschaft zur Transparenz führt in der Konsequenz zum Verzicht auf Herrschaftswissen, mit dem man manche Planungen durchsetzen kann, die bei mehr Transparenz nicht mehr so ohne weiteres realisierbar sein mögen. Dies setzt aber Strukturen voraus, mit denen diese Transparenz ermöglicht wird.
Ich sage, das ist eine klare Aussage für ein IFG. Und jetzt frage ich Sie: Wer hat diese Sätze geschrieben, diese wunderbaren Sätze, für die Sie den Kollegen loben können? – Es war unser Alois Glück in seinem Buch „Verantwortung übernehmen, aktive Bürgergesellschaft gestalten“. Lassen Sie also den Herrn Landtagspräsidenten nicht im Regen stehen, sondern diesem Ansatz auch Taten folgen.
Viele Kommunen haben bereits den Zeitgeist erfasst. Es ist nicht so, dass die Behörden alle nicht willig sind. Keinesfalls! Sie sehen wohl schon in der Exekutive die Dienstleisterin gegenüber den Bürgern und Bürgerinnen mehr denn als die obrigkeitsstaatliche Einrichtung zur Kujonierung der Menschen, und sie sehen, dass durchaus auch bei einer Bürgerbeteiligung Verwaltungsentscheidungen gut vorbereitet und durchgebracht werden können.
Viele Verwaltungsentscheidungen setzen Kommunen häufi g schon freiwillig ins Netz. Runde Tische mit Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen bereiten schwierige Entscheidungen vor. Ich sage Ihnen: Wenn Sie jetzt behaupten, durch das IFG würden zusätzliche Belastungen entstehen, halte ich Ihnen entgegen: Die Behörden sparen sehr viel Zeit, wenn sie eben vorbereitend mit den Bürgern und Bürgerinnen tätig werden; sie ersparen sich nämlich die Beantwortung der Post verärgerter Bürger und Bürgerinnen.
Die Bürger und Bürgerinnen sind mehrheitlich so selbstbewusst geworden, dass sie sich als Steuerzahler und zahlerinnen nicht mehr alles gefallen lassen. Zu Recht. Meine Herren und Damen, der Untertan hat ausgedient. Die CSU wird aufgefordert mitzuhelfen, den Freistaat hier zu modernisieren. Ich bin sehr gespannt, was Sie – vor
Vielen Dank Frau Kollegin! Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich noch eine verfahrensleitende Anmerkung machen, damit wir nicht in Terminzwang kommen. Nach Beendigung dieses Tagesordnungspunktes werde ich den Tagesordnungspunkt 7 aufrufen; das ist die Erweiterung des Untersuchungsauftrags des derzeitig laufenden Untersuchungsausschusses. Ich wäre dankbar, wenn die Verwaltung der Presse bekannt geben würde, dass nach diesem Tagesordnungspunkt der Tagesordnungspunkt 7 aufgerufen wird. Bitte, rufen Sie dort an.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie schon ausgeführt wurde, haben wir hier eine Wiederholungsveranstaltung. Im Jahre 2001 wurden schon einmal von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN jeweils Gesetzentwürfe zu einem so genannten Bayerischen Informationsfreiheitsgesetz eingebracht. Das Bestreben geht dahin, jedem Bürger und jeder Bürgerin Zugang zu allen bei Behörden vorhandenen Akten zu gewähren. Die Frage ist, ob das erforderlich ist und ob das etwas bringt. Diese Frage sollten Sie sich vorab einmal stellen, meine Damen und Herren, bevor Sie einen solchen Gesetzentwurf einbringen.
Zu Beginn begründen Sie dieses Verlangen nach einem solchen Informationsfreiheitsgesetz – Frau Kollegin Stahl hat das angesprochen – mit dem Demokratieprinzip. Frau Stahl sprach vom Verlangen nach mehr Demokratie. Ich sage Ihnen, was dabei herauskommen würde, wenn wir einem solchen Gesetz zustimmten. Es würde mehr Verwaltung, mehr Aufwand und mehr Bürokratie geben. Dafür gibt es konkrete Beispiele.
Unter diesem Aspekt möchte ich doch noch einmal fragen, wo es die Nachfrage nach einem solchen Informationsfreiheitsgesetz gibt. Wo soll diese Nachfrage sein?
Bisher ist es so, dass jeder Bürger, der ein berechtigtes Interesse geltend machen kann und jeder Bürger, der Beteiligter an einem Verwaltungsverfahren nach § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist, die Möglichkeit hat, Einsicht in die einschlägigen Akten zu nehmen. Darüber hinaus gibt es in einer Reihe von Spezialgesetzen weitere Vorschriften, die der jeweiligen Gruppe Zugang zu solchen Informationen gewährleisten. Ich nenne nur das Pressegesetz. Das alles wissen Sie. Gleichwohl fordern Sie darüber hinaus mit einem Informationsfreiheitsgesetz praktisch den grenzenlosen, voraussetzungslosen Zugang von jedermann zu allen Akten, die in allen Behörden vor
handen sind. Ich sage noch einmal: Das Ergebnis wäre mehr Verwaltung, mehr Aufwand und mehr Bürokratie. Und was vor allem dagegen spricht ist die Tatsache: Es gibt keine Nachfrage.
Dafür gibt es in zweierlei Hinsicht Belege. Erstens kenne ich keinen Kollegen in unserer Fraktion, an den schon einmal der Wunsch aus der Bürgerschaft nach einer solchen Regelung herangetragen worden wäre und zweitens und vor allem sollten Sie sich einmal die Praxis in jenen Ländern anschauen, in denen es ein solches Gesetz gibt.
(Margarete Bause (GRÜNE): Sie beißen sich doch auch die Zähne aus, wenn Sie Informationen aus Ihren Ministerien haben wollen!)
Frau Kollegin Bause, lassen Sie mich doch einmal ausreden. Sie sollten sich, wie gesagt, also auch einmal die Erfahrungen in jenen Ländern ansehen, wo es ein solches Informationsfreiheitsgesetz gibt. Dann stellen Sie fest, dass die Nachfrage nach einer solchen Regelung minimal ist.
Sofern eine Nachfrage überhaupt vorhanden ist – so wurde bei der letzten Beratung im Jahr 2001 seitens eines Vertreters des Innenministeriums dargelegt –, gab es die ganz problematische Situation, dass die Organisation, die aus guten Gründen seitens des Verfassungsschutzes beobachtet wird, sich dieses Recht zu eigen gemacht und versucht hat, auf dem Weg über ein solches Informationsfreiheitsrecht Einsicht in die entsprechenden Akten der Behörden zu nehmen.
Vor diesem Hintergrund sage ich noch einmal, dass für den Bürger, von dem Sie hier sprechen, überhaupt kein Bedarf erkennbar ist.
Ich gebe Kollegen Ritter Recht, wenn er sagt, Aufgabe der Verwaltung ist es, den Menschen zu dienen. Das bürgerschaftliche Engagement muss gefördert werden. Wir treten für eine aktive Bürgergesellschaft ein und tun alles, diese zu fördern. Aber wir bezweifeln, dass ein solches allgemeines voraussetzungsloses Recht auf Zugang zu allen in den Behörden vorhandenen Akten dieses Engagement stärken könnte.
Wenn nun keine Nachfrage da ist und das Recht nicht wahrgenommen wird, wie Sie es in allen anderen Bundesländern und auf Bundesebene feststellen können, dann frage ich, wo das Mehr an Transparenz sein soll, das Sie immer ansprechen. Das müssen Sie sich einmal fragen lassen. Wo soll dieses Mehr an Transparenz im Ergebnis denn sein?