Die Biochemie ist die Zukunftschemie. Die biologische Schädlingsbekämpfung ist eine der ganz großen Chancen, die man nutzen kann. Sollen wir uns aus dem internationalen Wettbewerb der Prozesskostenoptimierung ausklinken? – Nein. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist: Wir brauchen Erfahrungen. Wir müssen wissen, wie sind die Auswirkungen auf Tier, Pfl anze und Nahrungsmittel. Ich nenne ganz bewusst die Bienen. Hier gibt es auch etwas Schönes: Die EU hat zugelassen, dass der Pollen weggefi ltert wird. 80 % des Honigs werden importiert. Damit können wir nicht mehr feststellen, woher 80 % des Honigs stammen, ob der Honig von genveränderten Pfl anzen stammt oder nicht. Das wollen wir nicht zur Kenntnis nehmen.
Weiter geht es mit dem Thema Feldabstand. Es gibt europäische Länder – ich habe das in der Zeitung gelesen –, die von Haus aus 25 Meter Abstand festgelegt haben. Es gibt auch Länder, wo man 13,4 Euro pro Hektar in den Fonds einzahlen muss. Damit ist das erledigt. Dass man den Fonds verteufelt, bevor er überhaupt geboren ist, ist unfair und passt zur Gedankenwelt der Opposition.
Ein sehr wichtiger Punkt sind die Grenzwerte und die Koexistenz. – Bin ich noch in der Zeit? – Ja, ich habe noch drei Minuten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ganz entscheidend ist der Verbraucher. Das ist im ganzen Agrarsektor so. Der Verbraucher bestimmt durch sein Verhalten im Supermarkt das Gesicht der bayerischen Landwirtschaft. Das erlebt man dramatisch, und ich als Milchbauer spüre es zweimal. Der Verbraucher kann sich zwar anhand der Kennzeichnung entscheiden, aber alle Umfragen haben ergeben, dass sich der Verbraucher in erster Linie am Preis orientiert und nicht am Inhalt und an der Qualität. Das muss man in diesem Zusammenhang einmal offen sagen.
Lieber Herr Dr. Dürr, Lautstärke bedeutet noch lang nicht Qualität. Das ist zwar schön und eine Garnierung, aber keine Qualität.
Meine Damen und Herren, wir stehen vor einer Herausforderung. Ich möchte für meinen Betrieb gesichert haben, dass ich auch in Zukunft Mais anbauen kann. Wenn gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, kann ich Mais anbauen. Der Maiszünsler ist nicht so sehr das Problem, aber der Wurzelbohrer. Gegen diesen Schädling gibt es kein Mittel. Da gibt es nur eines, nämlich keinen Mais mehr anzubauen, und das ist das Ende meiner Veredelungswirtschaft. Das ist das Ende der Veredelungswirtschaft für ganze Landstriche in Bayern. Deshalb brauchen wir auf diesem Gebiet Ergebnisse.
Es ist schon interessant, wenn Frau Paulig, die gerade einmal wieder unterwegs ist – das ist nicht so schlimm,
Frau Paulig –, von der Schweiz redet, die sich für fünf Jahre zur gentechnikfreien Zone erklärt hat. Dabei muss man aber wissen, dass dieselbe Schweiz den Import gentechnisch veränderter Nahrungsmittel und Produkte zulässt und Versuche zur Gentechnik weiter fördert. Das ist scheinheilig. Wir lassen den Anbau auf lumpigen 4,1 Hektar zu, während andere Tausende von Hektar zur Verfügung stellen. Das steht doch in keinem Verhältnis.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme langsam zum Schluss. Es geht um die Verantwortung für die Zukunft unserer Bauern und um die Verantwortung für die Wettbewerbschancen unserer heimischen Veredelungswirtschaft. Die notwendigen Entscheidungen können wir nicht mit Ideologien überlagern. Es ist doch interessant, dass im April in Wien eine Konferenz zur Koexistenz stattfi ndet. Wenn die Koexistenz in sieben EU-Ländern – ich habe die Namen dabei – bereits geregelt ist, warum können wir das nicht regeln? – Da werden wir doch einen Weg fi nden.
Ich komme zum Schluss. Wir stehen im europäischen und im internationalen Wettbewerb. Wir können uns nicht ausklinken und auf einer Insel der Seeligen operieren. Wir können es uns nicht leisten, aus dem Wettbewerb zu fl iegen. Früher war es so, wenn Frau Künast ans Mikrofon gegangen ist, dann saßen die Bauern auf der Anklagebank. Gott sei Dank sind wir sie los!
Herr Kollege Ranner, man entdeckt direkt neue Eigenschaften an Ihnen. – Als letzten Redner rufe ich Herrn Staatssekretär Dr. Bernhard auf.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kollegen! Frau Paulig – jetzt spricht sie da hinten schon wieder –, Sie bezeichnen die CSU und die Staatsregierung unter anderem als Handlanger der Agrogentechnikindustrie.
Ich habe eher den Eindruck, dass Sie eine politisch-ideologische Position vertreten, einen Popanz aufbauen: den Genfetischisten – egal, ob das nun die CSU oder die Staatsregierung ist –, und nicht bereit sind, rational das zu prüfen, was alle meine Kollegen zuvor gesagt haben: Was wollen wir, was ist unsere Position, und in welchen Bereichen sollten wir uns wirklich auseinander setzen?
Alle, die hier geredet haben, haben klargemacht, dass für uns die Vorsorge, die Sicherheit von Mensch und Tier absolute Priorität haben. Das ist unsere Position. Dies sollten Sie zur Kenntnis nehmen.
Herr Kollege Dürr, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Europäische Union, mehr oder weniger mit Unterstützung der früheren Bundesregierung, bestimmte Dinge festgelegt hat. Auch mit ihnen müssen wir umgehen. Sie erwecken bei den Leuten oder bei Verbänden die Illusion, dass das nicht der Fall ist, dass wir eine Position einnehmen könnten, die vom EU-Recht abweicht. Das können wir nicht, und das wird sich auch in Österreich und an anderer Stelle zeigen.
Vorsorge ist also für uns wichtig, das Verursacherprinzip ist für uns klar. Es hat gar keinen Sinn, dass Sie das immer wieder bestreiten. Wir wollen genauso die Verursacherhaftung. Wir brauchen – dies ist vorhin schon angesprochen worden, und auch darüber sollten wir uns doch nicht streiten – die Forschung, und das aus verschiedenen Gründen. Außerdem geht es um absolute Risikovorsorge.
Ich denke, dass zwischen uns ein Unterschied besteht. Auch wenn uns Wissenschaftler sagen, ein bestimmtes Produkt sei ungefährlich, sagen Sie immer wieder, es könnte aber doch gefährlich sein. Das heißt, Sie haben einen völlig exzessiven und – entschuldigen Sie den Ausdruck – letztlich auch irrationalen Risikobegriff. Wenn wir in der Medizin den gleichen Risikobegriff hätten, dann gäbe es viele Medikamente nicht. Darüber müssten Sie einmal nachdenken.
Im Übrigen gibt es auch keinen aus Steuermitteln fi nanzierten Fonds. – Ich weiß nicht mehr, wer von Ihnen das gesagt hat, ob es Herr Müller war. – Daran denkt kein Mensch. Vielmehr sind auch wir der Meinung: Wenn solche Produkte ausgebracht werden, wenn solche Pfl anzen angebaut werden, dann muss die Haftungsregelung von den Beteiligten, aber auch von der Saatgutwirtschaft mit übernommen werden.
Wir sollten uns also in Zukunft beispielsweise darüber streiten, wie die Rahmenbedingungen im Einzelnen aussehen, wie die Haftung und die Beweislast geregelt werden, anstatt ständig einen Grundsatzstreit zu führen, der nicht sinnvoll ist. Wir sollten auch im Auge haben, dass diese grüne Gentechnik genauso, wie dies für die rote und weiße letztlich unbestritten ist, Chancen hat, auch zum Beispiel im Non-Food-Bereich. Diese sollten wir ausloten. Das muss wissenschaftlich abgesichert sein. Dieser Grundsatzstreit über Dinge, die aufgrund von EURecht und anderer Regelungen, mit denen wir umgehen müssen, nicht möglich sind, ist nicht sinnvoll.
Darum würde ich bitten. Ich denke, dass alle Redner der CSU, aber auch der Staatsregierung klargemacht haben, dass wir in den Prinzipien, die wir verfolgen, eigentlich keine Differenzen haben. Ich habe dies erwähnt. Darüber sollten wir uns in Zukunft vernünftig auseinander setzen, die Risiken – ich sage dies noch einmal – ganz nachhaltig eingrenzen, aber auch die Chancen wahrnehmen.
Erstens. Der Tagesordnungspunkt 9 – Antrag der Abgeordneten Biedefeld u. a. (SPD), betreffend Verbot des Schnabelkürzens bei Mastputen, Drucksache 15/3839, wird im Einvernehmen mit den Fraktionen von der heutigen Tagesordnung abgesetzt.
Zweitens. Dasselbe gilt für den Tagesordnungspunkt 10. Dies ist der Antrag der Abgeordneten Peters u. a. (SPD), betreffend Gewährung einer Winterdienstpauschale, Drucksache 15/4185.
Drittens. Es fi ndet keine Mittagspause statt. Sie müssen sich also vor Ort versorgen. Aber Sie sehen daran, dass Tagesordnungspunkte abgesetzt werden, wie eng unser Zeitrahmen ist.
Gesetzentwurf der Abg. Franz Maget, Franz Schindler, Prof. Dr. Peter Paul Gantzer u. a. u. Fraktion (SPD) zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Freistaates Bayern und zur Änderung weiterer Vorschriften (Bayerisches Informationsfreiheitsgesetz – BayIFG) (Drs. 15/4586) – Erste Lesung –
Gesetzentwurf der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote u. a. u. Fraktion (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur Gewährleistung des freien Zugangs zu amtlichen Informationen im Freistaat Bayern (Bayerisches Infor- mationsfreiheitsgesetz – BayIFG) (Drs. 15/4587) – Erste Lesung –
Nachdem begründet und gleichzeitig in die Aussprache eingetreten wird, hat jeder Redner von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15 Minuten Redezeit. Erster Redner ist Herr Kollege Ritter.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bürgerinnen und Bürger, die heute Informationen über staatliches Handeln, über Verwaltungsvorgänge und -entscheidungen erhalten wollen, müssen erst einmal ein berechtigtes Anliegen nachweisen. Die wenigsten Gesetze sehen bereits jetzt ein Informationsrecht für Bürgerinnen und Bürger vor. Das ist obrigkeitsstaatliches Denken des 19. Jahrhunderts, das leider auch heute noch Teile der öffentlichen Verwaltung und Teile der Politik prägt.
Die Staatsregierung hat als eines ihrer zentralen Ziele die Reform der öffentlichen Verwaltung auserkoren. Wir müssen uns jetzt nicht über die Qualität der einen oder anderen Maßnahme unterhalten, aber wir sollten uns sicherlich darauf besinnen, was unser gemeinsames Verständnis von staatlichem Handeln ist.
Im Mittelpunkt staatlichen Handelns müssen immer die Menschen und die Organisation unseres Gemeinwesens stehen. Staatliches Handeln muss also den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Bürgerschaftliches Engagement muss befördert werden. So können Verwaltungsreformen nicht bei der Abschaffung von Regelwerken stehen bleiben. Reformen der Verwaltung müssen auch das grundsätzliche Verhältnis zwischen Bürgern und Staat im Auge behalten. Dabei müssen politische Schwerpunkte gesetzt werden.
Es gilt, die Qualität der Verwaltung für Bürgerinnen und Bürger langfristig sicherzustellen. Es gilt, Transparenz sicherzustellen und zu verbessern. Die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen muss verbessert werden. Bürgerinnen und Bürger müssen sich über die Hintergründe in möglichst umfassender Weise informieren können.
In der Verwaltung und in den Entscheidungsgremien ist heute viel von Qualitätsmanagement die Rede. Der Rechtsanspruch auf freien Zugang zu Informationen ist Qualitätsmanagement in Verwaltung und Politik. Es ist Qualitätsmanagement, das dauerhaft von Bürgerinnen und Bürgern durchgeführt und gewährleistet wird.
Das Informationsfreiheitsgesetz hilft, so manches staatliche Handeln kritisch zu hinterfragen. Es eröffnet so die Möglichkeit, zu einer staatlichen Praxis zu kommen, die den Menschen gerechter wird. Es eröffnet neue und umfassendere Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung und Bürgerverantwortung, und ist damit mehr als nur Verwaltungsreform. Es ist ein Stück mehr Demokratie. Es eröffnet zusätzliche Möglichkeiten, sich in Entscheidungsprozesse einzubringen, und zwar mit dem gleichen Informationsstand, wie er auch den Entscheidungsgremien vorliegt.
Verdrossenheit über Staat und Politik hat doch ihre Ursachen. Dieser Verdrossenheit kann man nicht mit schönen Worten oder mit Werbekampagnen begegnen. Nur die bessere Beteiligung der Menschen kann Staatsverdrossenheit entgegenwirken.
Der freie Zugang zu Informationen steht aber auch in einem Spannungsfeld. Dort, wo die schutzwürdigen Interessen Dritter betroffen sind, bei persönlichen Daten, beim Schutz geistigen Eigentums, bei Fragen, die die innere Sicherheit betreffen, bei der Unabhängigkeit der Justiz gilt es Grenzen zu ziehen und die Rechte aller Betroffenen sicherzustellen.
Der vorliegende Gesetzentwurf der SPD leistet die Abwägung dieser Rechtsgüter. Das Gesetz ermöglicht einerseits den Zugang der Bürger zu Informationen, andererseits schützt es schutzwürdige Daten. Es stellt sicher, dass die Rechte Dritter gewahrt bleiben, und es gibt jedem Betroffenen die Möglichkeit, den Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit anzurufen, wenn er seine Rechte verletzt sieht.
Da mit dem Landesbeauftragten für Datenschutz bereits eine unabhängige Stelle existiert, die über das erforderliche Fachwissen und die Erfahrung verfügt, wird die Aufgabe sinnvollerweise mit dieser Stelle zusammengeführt.
Informationsfreiheitsgesetze, Kolleginnen und Kollegen, gibt es mittlerweile in über 50 Staaten. In vier Bundesländern und im Bund wurden entsprechende Gesetze erfolgreich eingeführt. Die Praxis dieser Gesetze zeigt, dass sie weder zu einer Überbeanspruchung der Verwaltung noch zu einer Behinderung von Entscheidungen der Politik oder der Verwaltung führen. Im Gegenteil. Sie werden überall dort, wo sie zur Anwendung kommen, als wichtiger Beitrag für eine transparente und bürgernahe Verwaltung bewertet. Denn auch für die Politik und für die Verwaltung muss gelten: Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.
Gerade deshalb braucht man bei einem Gesetz wie dem Informationsfreiheitsgesetz keine ideologischen Debatten führen, aber die Chance für mehr Transparenz, für mehr Beteiligung und letztlich mehr Demokratie, die sollte man ergreifen.
Meine Damen und Herren, wir werden in den Ausschüssen über dieses Gesetz beraten. Ich fordere auch die Mehrheitsfraktion auf, sich hier einer vernünftigen Diskussion nicht zu verschließen. Es gibt Erfahrungen mit Informationsfreiheitsgesetzen, auf die verwiesen werden kann. Ich denke, auch in Bayern kann dies ein äußerst sinnvoller Schritt in der Schaffung von mehr Transparenz und Bürgernähe sein.