Protocol of the Session on February 1, 2006

(Beifall bei der SPD)

Um das Wort hat Frau Staats ministerin Stewens gebeten. – Die CSU-Fraktion hat zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantragt. Wir geben das jetzt im Haus durch. Wir fahren dann in der Tagesordnung mit den Zweiten Lesungen fort. Danach kommen wir zur Abstimmung. – Bitte schön, Frau Staats ministerin.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eines klarstellen: Wenn wir beliebig hohe Steuereinnahmen hätten und sozusagen mit der Förderung freigiebig über das Land gehen könnten, dann könnte man durchaus mit mir darüber reden, das letzte Kindergartenjahr für die Eltern gebührenfrei zu stellen. Eine Freistellung der Eltern von den Gebühren für drei Jahre würde rund 300 Millionen Euro kosten. Ein Jahr Freistellung von den Gebühren würde rund 100 Millionen Euro kosten. Dafür fehlt das Geld. Man muss darüber reden, wie der Ausbau der Kinderbetreuung und deren Verbesserung bewerkstelligt werden.

Zu Beginn der Diskussion heute Nachmittag haben Sie gesagt, wir müssten mehr bei den Krippen tun. Das ist völlig richtig. Da haben wir einen Dissens; ich sage nämlich: für die Krippen und die Tagespfl ege. Da ist bei weitem noch nicht der Ausbaugrad erreicht, der für mich wünschenswert erscheint. Wir müssen mehr tun bei den Horten und bei der Ganztagsbetreuung in den Schulen. Da haben wir mit Sicherheit noch Bedarf. Das ist überhaupt keine Frage.

Wir brauchen eine fl exiblere Kinderbetreuung, Frau Kollegin Dr. Strohmayr. Genau darauf zielt unser Gesetz. Zur Quantität gehört natürlich die Qualität wie im Bildungs- und Erziehungsplan. Wir wollen Quantität und Qualität ausbauen.

Ich verstehe nicht, dass Sie immer sagen, wir würden hier sparen. Ich kann Ihnen nur sagen: Im Jahr 2002 hatten wir 457 Millionen Euro, und im Jahr 2006 habe ich Haushalt 575 Millionen Euro für die Kinderbetreuung. Das sind 120 Millionen Euro mehr für den Ausbau der Kinderbetreuung.

(Christa Steiger (SPD): Jetzt kommt das wieder!)

Quantität und Qualität. Sie sehen an den Einsparungen, die wir im Einzelplan 10 leisten mussten – die auch alle anderen Häuser leisten mussten –, dass bei uns in Bayern Familie wirklich Priorität hat. Schauen Sie einmal nach Brandenburg zu Ihrem Parteivorsitzenden Matthias Platzeck. Brandenburg hat bei der Kindertagesbetreuung Kürzungen vorgenommen und eingespart.

(Lebhafter Widerspruch bei der SPD)

Bei den Kindertagesstätten hat er um 8,8 Millionen Euro gekürzt. – Ich verstehe, dass Sie so aufgeregt sind, wenn man Ihnen den Spiegel vorhält und den Anspruch mit der Wirklichkeit vergleicht. Wir bauen aus!

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wirklich nicht!)

Im Moment haben wir für 99 % der Kinder in allen drei Jahrgangsstufen einen Kindergartenplatz. Daneben habe ich noch die schulvorbereitenden Einrichtungen und die heilpädagogischen Einrichtungen. In allen drei Jahrgangsstufen erreiche ich beim Kindergarten annähernd 100 %. Wenn ich tatsächlich mehr Mittel zur Verfügung hätte, dann würde ich stärker in den Ausbau und in die Qualität investieren. Das hat für mich, für die gesamte Staatsregierung und für die CSU-Fraktion erste Priorität. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir dies unseren Kindern und unseren Familien schuldig sind.

Frau Kollegin Dr. Strohmayr, Sie haben gesagt, ich hätte Forderungen an die Bundesregierung erhoben. – Nein. Das habe ich nicht. Ich habe lediglich gesagt, dass ich mir die Verwendung der in Genshagen beschlossenen 460 Millionen Euro anders, familienfreundlicher, unter Einbeziehung der Familien mit Alleinverdienern vorstellen kann. Ich habe nie gesagt, sie sollten mehr Geld dafür ausgeben. Sicher wäre das wünschenswert. Ich habe andere Schwerpunkte gesetzt. Forderungen an die Länder und die Kommunen sind von Bundesebene erhoben worden. Sie sollten sehr genau unterscheiden, bevor Sie mich kritisieren und an den Pranger stellen. Ich bitte Sie um eine präzisere Argumentation.

Sie können versichert sein, dass mir und meinen Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Landtagsfraktion die Familien und das Wohl der Kinder sehr am Herzen liegen. Mit Sicherheit läuft beim Ausbau der Kinderbetreuung und beim Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz noch nicht alles so, wie es wünschenswert wäre. Ich möchte aber sagen, dass bayernweit sehr viel Bewegung in den Ausbau der Kinderbetreuung gekommen ist. Im nächsten Jahr wird sich noch einiges zum Wohle unserer Kinder und der jungen Familien bewegen, damit sie Familie und Erwerbstätigkeit in Einklang bringen können.

(Beifall bei der CSU)

Zu Wort hat sich Frau Kollegin Werner-Muggendorfer gemeldet. – Gut zwei Minuten Redezeit haben Sie noch.

Frau Präsidentin, liebe Frau Ministerin! Zwischen dem Wollen und dem Tun besteht ein großer Unterschied.

(Beifall bei der SPD)

Bekundungen haben wir schon sehr viele gehört; jetzt wollen wir auch etwas sehen.

Ich stimme Ihnen zu. Auch wir sind für den Ausbau und die Verbesserung der Qualität. Das ist aber nicht das Thema. Man muss das eine tun und darf das andere nicht lassen.

(Beifall bei der SPD)

Man muss auf der einen Seite natürlich die Kinderbetreuung ausbauen. Auf der anderen Seite müssen die Eltern auch die Möglichkeit erhalten, das zu schultern, was wir ihnen aufl aden. Ich muss Ihnen schon die Frage stellen: Sind die Kinderbetreuungseinrichtungen Bildungseinrichtungen oder nicht? – Wenn sie Bildungseinrichtungen sind, dann ist das eine Staatsaufgabe. Dann muss der Staat dafür mehr Geld in die Hand nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir die Familien unterstützen wollen, was wir alle immer sagen – Sie tun es auch und haben es wieder getan –, dann muss es uns damit ernst sein. Es muss eine Staatsaufgabe sein, die Familien zu unterstützen. Das sagen wir doch in allen Sonntagsreden. Wenn die Entscheidung für Kinder von der Kinderbetreuung abhängig ist, dann muss man die Kinderbetreuung ausbauen. Wenn die Kinderbetreuungseinrichtungen davon abhängig sind, ob die Eltern sie annehmen oder nicht, dann muss man anschauen, wie teuer diese sind. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen dazu. Wir müssen den Eltern helfen, die Kinderbetreuungseinrichtungen auch anzunehmen und zu bezahlen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben diesen Antrag gestellt, um den Eltern behilfl ich zu sein. Wir sind der Meinung, man muss es den Eltern ermöglichen, Kinderbetreuungseinrichtungen anzunehmen, indem zumindest das letzte Kindergartenjahr kostenfrei gestaltet wird, damit wir alle Kinder erreichen, nachdem es bei uns in Bayern keinen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Eines noch zu den Finanzen: Ich muss mich schon wundern; für die Kinderbetreuung ist immer dann kein Geld vorhanden, wenn es gebraucht wird. Das ist eine politische Entscheidung in diesem Haus.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Richtig! – Beifall bei der SPD)

Für die Kinderbetreuung muss Geld vorhanden sein, wenn es gebraucht wird. Wenn beispielsweise eine BSE-Krise

kommt, wenn eine andere Krise kommt, dann ist zur Kompensation immer Geld vorhanden. Bei der Bildung und bei der Kinderbetreuung muss die politische Entscheidung für Kinder und für die Familien fallen.

(Beifall bei der SPD – Renate Dodell (CSU): Über 20 Millionen Euro mehr!)

Eine Bemerkung noch zu Ihrem Hinweis auf Brandenburg: Sie haben gesagt, Matthias Platzeck habe einsparen müssen. Natürlich musste er einsparen. Dort sind weniger Kinder in der Betreuung, und es gibt dort schon eine Krippenbetreuung für 20 % der Kinder. Wir müssen sie erst aufbauen, darum brauchen wir mehr Geld.

Zu den Äußerung von Frau von der Leyen muss ich sagen: Mit vollen Hosen lässt es sich gut stinken! Anderer Leute Geld ausgeben, das kann ich auch.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin, ich bezweifl e, ob diese Anmerkung gerade parlamentarisch war. Aber das muss jeder selbst wissen.

(Engelbert Kupka (CSU): Aber das war physikalisch in Ordnung! – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das passt doch zu den Kindern!)

Bitte schön, Frau Staats ministerin. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Kolleginnen und Kollegen! Kinderbetreuungseinrichtungen sind Bildungseinrichtungen und bleiben Bildungseinrichtungen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Gut so!)

Das ist überhaupt keine Frage. Sie vergessen immer die wirtschaftliche Jugendhilfe; allein 30 % der Elternbeiträge, zahlt zum Beispiel die Landeshauptstadt München über die wirtschaftliche Jugendhilfe. Der Start ist also gerade auch für diejenigen Kinder, die sozial benachteiligt sind, in Bayern, aber auch in Deutschland über § 90 SGB VIII gewährleistet.

Sie sollten das im Zusammenhang richtig darstellen und nicht immer von Ungerechtigkeiten sprechen. Ich bitte, das zu berücksichtigen.

(Beifall bei der CSU)

Die Aussprache ist geschlossen.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Dürfen wir nicht noch fünf Minuten reden?)

Herr Kollege, mit der Redezeit ist alles ganz gut ausgegangen. Die Schriftführer bestätigen, dass alles in Ordnung ist. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen jetzt nicht zur Abstimmung, weil ich zunächst Tagesord

nungspunkt 5 aufrufe. Erst nach Abschluss dieses Tagesordnungspunktes wird die namentliche Abstimmung durchgeführt.

Damit beende ich die Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge. Die nicht behandelten Dringlichkeitsanträge – Drs. 15/4656, 4657, 4658, 4659 und 15/4667 – werden an die jeweiligen Ausschüsse verwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gesetzentwurf der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Parlamentarischen Kontrollgremium-Gesetzes (Drs. 15/1073) – Zweite Lesung –

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierfür eine Redezeit von 20 Minuten pro Fraktion vereinbart. Als erster Rednerin erteile ich Frau Christine Stahl für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte, Frau Kollegin.