Protocol of the Session on January 31, 2006

Ich unterbreche die Sitzung für wenige Minuten.

(Unterbrechung von 15.18 bis 15.20 Uhr)

Meine Damen und Herren, der Staatsminister für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz hat beantragt, ihm zu Beginn der heutigen Plenarsitzung zu den Vorgängen um die Firma Berger-Wild GmbH in Passau Gelegenheit zur Abgabe einer Erklärung nach § 177 Absatz 1 der Geschäftsordnung zu geben. Dazu erteile ich nunmehr Herrn Staatsminister Dr. Schnappauf außerhalb der Tagesordnung das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte die Vorgänge um den Wildfl eischskandal Berger in der Stadt und im Landkreis Passau zum Anlass nehmen, das Hohe Haus und die Öffentlichkeit über den Stand der Dinge und das weitere Vorgehen zu informieren; denn ich denke, dass unsere Bevölkerung ein Recht auf einwandfreie Lebensmittel hat, auf Lebensmittel, die dem Anspruch genügen, Mittel zum Leben zu sein, also Lebensmittel, die einwandfrei sind und welche die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger in keiner Weise gefährden können.

Für alle, die mit der Produktion und dem Handel von Lebensmitteln ihr Geld verdienen, sollte es deshalb die ganz selbstverständliche Pfl icht sein, mit aller Sorgfalt und

Umsicht tätig zu werden und jeden auch nur im Ansatz denkbaren Schaden vom Verbraucher abzuwenden.

Der Schutz der Gesundheit und damit der Schutz des Verbrauchers muss in unserem Lande Vorrang vor sonstigen Interessen bekommen. Dazu gehört auch eine verbesserte Information der Verbraucher. Die frühzeitige Information der Öffentlichkeit ist oftmals weit gravierender als manches Bußgeld und manche Strafe, die nach Jahren ausgesprochen wird. Wie gravierend sich das in diesem Falle auswirkt, zeigt sich gerade am heutigen Tage; ich habe soeben erfahren, dass das Amtsgericht Passau heute Mittag um 12.00 Uhr das vorläufi ge Insolvenzverfahren in Sachen Firma Berger eröffnet hat.

Meine Damen und Herren, an diesem Fall zeigt sich, dass offensichtlich das Verhalten einiger Mitarbeiter des Unternehmens das ganze Unternehmen in eine Schiefl age gebracht hat und damit auch Arbeitsplätze im großen Stile gefährdet hat.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Damit nicht genug; eine ganze Branche ist in Verruf gebracht worden, und das Image eines ganzen Lebensmittelstandortes ist in Misskredit gebracht worden.

(Zurufe von den GRÜNEN – Franz Maget (SPD): Geradezu schändlich ist das!)

Meine Damen und Herren, es hat sehr weitreichende Folgen, wenn eine gesamte Urproduktion wie die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, die Jagd oder die Lebensmittelverarbeitung in Misskredit gebracht werden. Deshalb ist eine konsequente Aufklärung notwendig, und ein rigides und hartes Handeln des Staates ist gefragt. Das Ministerium hat deshalb unverzüglich nach Kenntnis des Vorgangs am Freitag, dem 13. Januar, gehandelt.

(Karin Radermacher (SPD): Und vorher?)

Zwischenzeitlich sind folgende Maßnahmen veranlasst: Das Landratsamt Passau hat das im Betrieb vorhandene Fleisch gesperrt, die Regierung von Niederbayern hat ebenso wie das Landratsamt Passau die Zulassungen mit sofortiger Wirkung zurückgenommen. Damit sind die Betriebe defi nitiv geschlossen. Der Landrat des Landkreises Passau hat zwei amtliche Tierärzte, die Angestellte des Landkreises sind, ebenfalls bis auf weiteres ihrer Verpfl ichtungen enthoben.

Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat landesweit Proben genommen und in den Laboren untersucht. Von den bisher untersuchten 82 Proben sind 27 für den menschlichen Verzehr als nicht geeignet einzustufen. Damit muss die Rückrufaktion noch einmal erweitert werden. Bisher waren 15 Produktionschargen als nicht mehr für den menschlichen Verzehr geeignet angesehen worden. Nun sind es mit Stand von gestern Abend zwischenzeitlich 27 Proben, die vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit als nicht mehr für den menschlichen Verzehr geeignet eingestuft werden.

Für diese Produkte sind öffentliche Warnungen ausgesprochen worden, die im Internet veröffentlicht sind. Die Rückrufaktion ist eingeleitet; sie wird von der Regierung von Niederbayern koordiniert. Alle verdorbenen Lebensmittel müssen raus aus den Kühltruhen und Regalen. Der Konkursverwalter hat diesbezüglich bereits mit dem Verbraucherschutzministerium Kontakt aufgenommen.

Bund und Länder sind informiert. Das europäische Schnellwarnsystem ist eingeschaltet. Nach unserem Kenntnisstand sind beanstandete Waren an 40 Betriebe nach Österreich, Italien und Frankreich sowie an rund 100 Betriebe in Deutschland geliefert worden. Die Größenordnung der Gesamtmenge liegt bei circa 12 Tonnen Fleisch und Fleischprodukten. Die Warnungen werden fortlaufend aktualisiert und mit den weiteren Beprobungen vorangetrieben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ministerium hat hart und konsequent durchgegriffen. Die Firma kann keine Ware mehr vertreiben und hat, wie gesagt, heute Insolvenz angemeldet. Damit ist eine Gesundheitsgefährdung durch neu in den Verkehr gebrachte Produkte auszuschließen. Die im Handel befi ndlichen Produkte sind im Rückruf. Der gesamte Sachverhalt wird lückenlos aufgeklärt.

Ich will an dieser Stelle deutlich machen, dass das für die ermittelnden Behörden – für alle, die hier tätig sind – eine umfassende Detailarbeit bedeutet. Das Unternehmen erweist sich als nicht kooperativ. Informationen, Lieferlisten etc. werden nicht mehr freiwillig an die ermittelnden Stellen herausgegeben. Jedes Mal sind Schritte der Ermittlungsbehörden erforderlich, um an die notwendigen Unterlagen zu kommen. Es ist eine mühsame Kleinarbeit. Sicherlich ist von Vorwegverurteilungen und Vorwegfestlegungen abzusehen, aber es ist auch deutlich zu machen, dass jeder – egal ob auf Unternehmer- oder Behördenseite –, der ein Fehlverhalten an den Tag gelegt hat, zur Rechenschaft gezogen werden wird.

Meine Damen und Herren, ich will auch einmal deutlich machen, welche Entscheidung vom Verbraucherministerium zum damaligen Zeitpunkt zu treffen war. Es war zu diesem Zeitpunkt noch keine Probe vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bakteriologisch untersucht. Wir haben unsere Entscheidung, öffentlich zu warnen, auf die sensorischen Beprobungen der Experten gestützt. Wir haben uns für diesen Schritt entschieden, obwohl die Anwälte des Unternehmens bereits eingeschaltet waren und massiv Widerstand geleistet haben. Auch die Mitarbeiter hatten sich an die Verbraucherschutzbehörden gewandt und gebeten, ihre Arbeitsplätze nicht außer Acht zu lassen. Das ist natürlich alles wichtig, meine sehr verehrten Damen und Herren, aber am Ende zählt, dass wir die Sicherheit der Verbraucher und deren Interessen konsequent an die erste Stelle setzen. Das ist die Richtschnur, nach der wir vorgehen müssen, und deshalb muss dieser Fall auch lückenlos und konsequent aufgeklärt werden. Alle Konsequenzen müssen hart und rigide erfolgen.

(Beifall bei der CSU – Karin Radermacher (SPD): Ja, genau!)

Um gleich ein Missverständnis auszuräumen, möchte ich Folgendes klarstellen: Bayern hat seine Lebensmittelkontrollen personell nicht abgebaut, sondern im Gegenteil ausgebaut.

(Karin Radermacher (SPD): Warum hat das nicht geholfen?)

Seit der BSE-Krise sind die Kontrolleure um rund 250 Personen verstärkt worden. So wurden 75 Personen zusätzlich in der Lebensmittelüberwachung eingestellt sowie 71 Veterinärassistenten. Die Veterinärverwaltung an den Landratsämtern erhielt 98 zusätzliche Stellen, und an den Regierungen wurden 14 zusätzliche Stellen für den Mobilen Veterinärdienst in Bayern geschaffen.

Bei der Regierung von Niederbayern hat das Ministerium zum aktuellen Wildfl eischskandal unverzüglich eine Sonderkommission Wild eingerichtet. Sie hat zwei Aufgaben, nämlich erstens die Abwicklung des aktuellen Falles, insbesondere die Koordination der umfangreichen Rückrufaktion in ganz Europa, und zweitens die Aufklärung aller verwaltungsinternen Vorgänge.

Der Verdacht auf strafrechtliches Verhalten ist nach derzeitiger Aktenlage nicht auszuschließen. Die Staatsanwaltschaft wird ihre Ermittlungen ausdehnen und unter Koordinierung des Generalstaatsanwaltes in München die Vorgänge um die Firma Berger-Wild ohne Ansehen von Person und Funktion auf allen Ebenen umfassend aufklären.

Nach den ersten Ergebnissen der Sonderkommission, die sich bereits vergangenes Wochenende mit Hochdruck an die Auswertung des umfangreichen Aktenmaterials gemacht hat, ergibt sich derzeit folgendes Bild. – Ich betone ganz ausdrücklich immer „derzeitiger Kenntnisstand“, weil täglich, ja man kann sagen stündlich oder minütlich, neue Informationen der ermittelnden Stellen hinzukommen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Neue Skandale!)

Derzeit ergibt sich folgendes Bild: Bei der Firma Berger wurde offensichtlich über Jahre hinweg Lebensmittelrecht massiv verletzt, um Kunden über Qualität und Herstellungsmethoden der Ware zu täuschen. Offenbar wurde zum Beispiel im großen Stil Fleisch als Frischware weiterverkauft. Die ersten Aussagen lesen sich wie die Anleitung zu einem schlechten Film: Wenn das Warmwasser nicht mehr ausreichte, um gefrorene Ware aufzutauen, hat man den Dampfdruckreiniger eingesetzt, um damit warmes Wasser für den Auftauvorgang zu besorgen. Damit wurde die tiefgefrorene Ware für die Umverpackung aufbereitet, um sie dann als frisches Lebensmittel weiterzuverkaufen. Das sind schier unvorstellbare Anweisungen, die sich aus dem internen E-Mail-Verkehr und aus den bisher gemachten Informationen und Aussagen ergeben. Es deckt sich auch mit den Ergebnissen der Ermittlungsbehörden, dass insbesondere tiefgefrorene Ware zu Frischware umgewandelt und weiterverkauft wurde.

Auch die Kontrollen scheinen planmäßig und mit großer Energie umgangen worden zu sein. So gibt es viele Hin

weise darauf, dass mit der Produktion schon am frühen Morgen zwischen vier und fünf Uhr begonnen wurde und der amtliche Fleischbeschauer erst ab sieben Uhr bestellt wurde. Oder man hat eine Nachtschicht eingeführt, in der praktisch nur noch ausländische Arbeitskräfte tätig waren, und man hat den Fleischkontrolleur nicht darüber informiert, dass auch in der Nacht gearbeitet und zerlegt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb warne ich: Keine Vorverurteilungen! Wir brauchen den genauen Sachverhalt. Durch die Strafverfolgungsbehörden auf der einen Seite und durch die Sonderkommission auf der anderen Seite muss lückenlos aufgeklärt werden, was sich in den letzten Jahren wirklich zugetragen hat.

Die Problematik hat sich ab Sommer 2004 mit der Ausweitung des Betriebes, mit der Einführung einer Nachtschicht wohl noch einmal verschärft. Dort sind regelmäßig Kapazitätsüberschreitungen vorgekommen. Aus den bisher gesichteten Unterlagen ergibt sich zum Beispiel, dass in einem auf die tägliche Verarbeitung von rund 800 Hasen angelegten Betrieb täglich bis zu 3000 Tiere verarbeitet worden sein sollen. Dass dort die Hygienevorschriften nicht mehr eingehalten werden konnten, kann man jederzeit nachvollziehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, obwohl es möglicherweise Verfehlungen des Unternehmens oder auch einzelner Mitarbeiter im Unternehmen gegeben hat, will ich ganz deutlich eine Lanze für all die Mitarbeiter brechen, die besten Wissens und Gewissens gearbeitet haben. Auch insofern darf es keine Pauschalverurteilungen geben. Wir brauchen Details. Jedem Aspekt muss auf den Grund gegangen werden.

Aber es stellt sich auch die Frage, wie die Verfehlungen des Unternehmens über einen so langen Zeitraum unbemerkt von den amtlichen Kontrolleuren geschehen konnten. Auch insofern muss die Sonderkommission Licht in das Dunkel bringen. Deshalb wurden aufgrund der bisherigen Anhaltspunkte die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ausgeweitet; denn es zeigt sich bisher, dass die Kontrolle durch die beim Landkreis Passau angestellten Amtlichen Tierärzte, die aufgrund eines Vertrages von den Landkreisen eingestellt werden – früher hat man von der Amtlichen Fleischbeschauung gesprochen –, zumindest nicht in jedem Fall mit der Entwicklung des Unternehmens, mit den Nachtschichten, mit der Ausweitung der Produktion etc. Schritt gehalten hat. Deshalb ist zu prüfen, ob die Amtlichen Tierärzte ihren Pfl ichten im notwendigen Umfang nachgekommen sind.

Aber nicht nur das Verhalten der im Auftrag der Kommunen tätigen Amtlichen Tierärzte ist lückenlos aufzuklären; auch das Verhalten der staatlichen Veterinärverwaltung ist lückenlos zu überprüfen.

Die Veterinärverwaltung wurde nach dem bisherigen Kenntnisstand erstmals im August 2004 zu Verdachtsmomenten und lebensmittelrechtlich relevanten Sachverhalten um Stellungnahme gebeten. Am 1. März 2005 hat

eine Besprechung der Ermittlungsbehörden stattgefunden, zu der auch das Landratsamt Passau hinzugezogen wurde.

Nach den Ergebnissen der Sonderkommission hat sich zwischenzeitlich herausgestellt, dass das Veterinäramt Passau entgegen bisherigen Annahmen Unterlagen der Kripo Passau wohl schon am 20. Dezember 2005 erhalten hat. Allerdings betrafen diese Unterlagen Vorgänge aus den Jahren 2002 bis 2004. Damit ergibt sich eine zusätzliche Notwendigkeit der stringenten Aufklärung der zeitlichen Abläufe. Die Sonderkommission ist heute in Passau, um die Ermittlungen vor Ort aufzunehmen.

Um jegliche Missverständnisse auszuschließen, möchte ich auf Folgendes hinweisen: Im Oktober 2005 wurden, wie bekannt, wegen der Vorfälle um die Deggendorfer Frost GmbH landesweite Sonderkontrollen in Lebensmittelkühlhäusern durchgeführt. Dabei sollte überprüft werden, ob über Lebensmittellagerhäuser K-3-Material von außen in die Lebensmittelschiene eingeschleust wurde. Bekanntlich ging es bei der Deggendorfer Frost GmbH damals um einen Schlachtabfallskandal, wobei Schlachtabfälle von außen wieder in die Lebensmittelkette eingeschleust wurden.

In diesem Zusammenhang wurde auch das Lebensmittelkühlhaus der Firma Berger-Wild GmbH im Stadtgebiet Passau – nicht zu verwechseln mit den beiden Wildverarbeitungsbetrieben im Landkreis Passau – vom Landratsamt Passau kontrolliert. Nach dem Bericht des Landratsamtes Passau und der Regierung von Niederbayern vom 20. Oktober 2005 waren im Lebensmittelkühlhaus bei der Kontrolle am 17. Oktober 2005 keine hygienischen Mängel festzustellen. Allerdings wurden im Lebensmittellager der Firma Berger-Wild GmbH fünf Paletten Material der Kategorie 3 gefunden. Es handelte sich dabei um lebensmitteltaugliche Wildabschnitte – etwa 1600 kg –, die bei der Verarbeitung in den Betrieben der Berger-Wild GmbH angefallen waren. Sie waren tiefgefroren, verpackt und als K-3-Material gekennzeichnet. Davon waren zwei Paletten zusätzlich als „Tierfutter“ gekennzeichnet. Nach den Angaben der Regierung handelte es sich um eine kurzfristige Zwischenlagerung wegen Kapazitätsengpässen im K-3-Lager des Betriebes. Es gab keine Hinweise auf eine Umwidmung von K-3-Ware zu Lebensmitteln.

Das Landratsamt wies die Firma auf die unzulässige Lagerung hin und ordnete die sofortige Entfernung der K3-Ware an. Bei einer Nachkontrolle am 1. Dezember 2005 befand sich dort kein K-3-Material mehr.

Diese Lagerung von K-3-Material wurde in dem Bericht an den Bayerischen Landtag seinerzeit nicht aufgeführt, da es sich hierbei um die Entfernung von K-3-Material aus der Lebensmittelkette heraus handelte und nicht umgekehrt.

Bei der weiteren Sonderkontrolle der Kühl-, Lager- und Gefrierräume in den Verarbeitungsbetrieben der Firma Berger-Wild GmbH im Landkreis Passau am 1. Dezember 2005 wurden von der Regierung von Niederbayern keine Beanstandungen mitgeteilt. Auch in diesem Falle ließ der

entsprechende Bericht der Regierung von Niederbayern nicht auf die später bekannt gewordenen Verstöße gegen das Lebensmittelrecht schließen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, aufgrund des seinerzeitigen Schlachtabfallskandals in Deggendorf haben wir im November 2005 eine Untersuchungsgruppe mit dem Auftrag „Untersuchung der Veterinärverwaltung“ eingesetzt. Auf der Basis der ersten Ergebnisse dieser Untersuchungsgruppe werden wir Folgendes veranlassen bzw. eingehend prüfen:

Erstens wird am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Standort Oberschleißheim, eine Spezialeinheit „Lebensmittel“ installiert, um vorsorgend, schnell und schlagkräftig landesweit agieren zu können. Die Spezialeinheit wird die nachgeordneten Behörden beim fachlichen und rechtlichen Vollzug in besonders kompliziert gelagerten Fällen intensiv unterstützen. Außerdem wird sie künftig die Rückverfolgung und die Rücknahmeaktionen von Lebensmitteln sowie die lückenlose Aufklärung von Warenströmen unterstützen. Die Spezialeinheit wird interdisziplinär mit Juristen, Veterinären und Lebensmittelchemikern besetzt sein. Dazu wird entsprechend fachkundiges und kompetentes Personal am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Oberschleißheim konzentriert.

Zweitens sollen die Landkreise kurzfristig darauf hinwirken, dass die Amtlichen Tierärzte, die auf Beschluss der Kreistage bestellt werden, nicht mehr dauerhaft ein bestimmtes Unternehmen überwachen. Die Amtlichen Tierärzte sollten regelmäßig, zum Beispiel nach zwei bis drei Jahren, einer Rotation unterworfen werden. Sie sollten entweder in einen anderen Überwachungsbezirk wechseln, oder es sollte ein anderer Tierarzt eingestellt werden. Dabei werden wir uns eng mit dem Bayerischen Städte- und Landkreistag sowie mit dem Staatsministerium des Innern abstimmen; denn es handelt sich um eine Aufgabe der Landkreise im übertragenen Wirkungskreis.

Drittens soll in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden bei den Amtstierärzten, also den staatlichen Veterinären, im Rahmen eines verwaltungsinternen Qualitätsmanagements ebenfalls die Rotation verstärkt werden. Das ist im Übrigen auch für die Fortentwicklung und für das Sammeln von Erfahrungen auf verschiedenen Einsatzfeldern von Vorteil.

Viertens soll die Zusammenarbeit der Strafverfolgungs- und der Veterinärbehörden optimiert werden. Dazu ist bereits in der Sitzung des Ministerrats am 17. Januar 2006 eine gemeinsame Bekanntmachung auf den Weg gebracht worden. Diese Bekanntmachung wird derzeit mit Hochdruck erarbeitet. Es ist aber auch wichtig, dass die Mitteilungspfl ichten der Strafverfolgungsbehörden für den Bereich der Lebensmittelproduktion ausdrücklich geregelt werden, damit ganz eindeutig klar ist, wer was wem wann zu sagen hat, und damit auch die Lebensmittelsicherheit und die Vorsorge für die Gesundheit der Verbraucher klar in den Mittelpunkt gestellt werden. Ferner wird am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit eine interdisziplinäre Fortbildung für

Staatsanwälte, Richter und Veterinärverwaltung durchgeführt.