Schließlich haben wir in einer der letzten Sitzungen das so genannte Optimierungskonzept verabschiedet, und nun legen Sie am Schluss all dieser Stufen dem Gesetzgeber, also diesem Hohen Haus, die rechtlichen Grundlagen für all das vor, was Sie bereits vorher festgeklopft hatten. Das, sehr geehrte Damen und Herren und liebe Kolleginnen und Kollegen von der Mehrheitsfraktion, zeugt weiß Gott nicht von dem Willen, demokratische Mitgestaltung seitens des Gesetzgebers in Bayern tatsächlich zuzulassen oder auch nur zu wünschen.
Ich beschränke mich jetzt nur auf einige wenige Punkte, denn auch ich habe heute nicht allzu viel Redezeit bei dieser Ersten Lesung. Sie haben uns versprochen, ein schlankes Hochschulgesetz vorzulegen. Es ist kein schlankes Hochschulgesetz geworden. Ihre Ankündigung und Ihre Aussage vorhin am Rednerpult, der Staat habe sich aus der Detailgesetzgebung zurückgezogen, sind nicht wahr. Die Gesetze enthalten noch viel zu viele Detailregelungen. Sie haben vorgegeben, den Hochschulen mehr Freiheit geben zu wollen. Ihr Stichwort war „Autonomie“. Diese Autonomie verstehen Sie aber weiß Gott
wirklich anders als wir. Autonomie heißt für Sie, die Hochschulen sollen sich zu einem Konzern entwickeln, sie sollen geführt werden wie eine Wirtschafts-AG. An Hochschulen kann man viel unternehmen, aber Hochschulen sind kein Unternehmen. Sie sind für eine solche Struktur nicht geeignet.
Mehr Freiheit geben Sie den Hochschulen nicht. Auch hierfür will ich einige Beispiele nennen. Zumindest geht uns Ihr Begriff von Freiheit längst nicht weit genug.
Ich nenne zunächst das Berufungsrecht. Hier bleiben Sie hinter den Ankündigungen zurück. Ich frage Sie, warum Sie kein Vertrauen in die Hochschulen haben. Die Hochschulen können doch Ihre Professorinnen und Professoren selber berufen.
Ein weiteres Stichwort ist die Organisationsautonomie. Da hilft auch die Experimentierklausel, die Öffnungsklausel, nicht weiter. Warum geben Sie den Hochschulen in diesem neuen Recht nicht gleich die Möglichkeit, ihre Organisationsstruktur selbst zu bestimmen?
Ich komme nun zum großen Problem „Hochschulrat“ – erweiterter Hochschulrat – externer Hochschulrat. Eine starke Hochschulleitung wollen Sie schaffen. Dazu dient Ihnen auch die Wechselbeziehung zwischen Hochschulleitung und Hochschulrat. Eine solche starke Hochschulleitung kann gut sein. Warum nicht? Natürlich braucht eine moderne Hochschule auch eine starke Hochschulleitung. Aber Sie muss demokratisch legitimiert sein. Das ist der Fehler in Ihrer Konstruktion: Ihre Konstruktion der Organisation der Hochschulen bedeutet einen Demokratieabbau, zumindest eine Demokratieverkürzung gerade im Verhältnis der Gremien zueinander.
Es fehlt – das hat Kollegin Rupp schon angemerkt – die verfasste Studierendenschaft. Ich kann nur hoffen, dass in diesem Punkt die Öffnungsklausel tatsächlich ausgiebig genutzt wird, wenn Sie nicht von selbst an dieser Stelle umlernen.
Ein anderes Beispiel ist die Gleichstellung und die Frauenförderung. Auf diesen Gebieten waren Sie schon immer schwach und Sie haben auch nicht wirklich dazugelernt. Die Rechte und die Stellung der Frauen- und der Gleichstellungsbeauftragten gehen nicht weit genug. Da können Sie sich auch nicht damit herausreden, dass die Gleichstellungsbeauftragte zur erweiterten Hochschulleitung gehört. Sie müsste in den Hochschulrat gehören, denn das ist das Gremium, in dem die Entscheidungen fallen.
Ich kann Ihnen sagen, warum Sie das nicht wollen. Das spricht Bände, und es ist geradezu verräterisch für Ihre Einstellung zur Gleichstellung an den Hochschulen:
Wegen der Symmetrie, die Sie aus welchen Gründen auch immer in diesem externen Hochschulrat haben wollen, nämlich gleich viele Externe und gleich viele Vertreter der Hochschule, gab es plötzlich eine Position zu viel. Und da – das kennen wir Frauen zur Genüge – fi el die Frauenbeauftragte heraus. Na bravo! Damit setzen Sie das fort, was wir seit Jahren von Ihnen gewohnt sind.
Die Frauenförderung muss in den Zielvereinbarungen verbindlich geregelt werden. Das muss im Gesetz normiert werden. Die Ziele müssen quantifi ziert werden.
Beim Stichwort Quote enttäuschen Sie ein weiteres Mal. Und auf ganz breiter Front enttäuschen Sie die Fachhochschulen. Die Fachhochschulen haben von Ihnen nichts zu erwarten, weder eine Ausbauperspektive noch eine Entwicklungsperspektive. Ja, Sie verweigern ihnen sogar die Umbenennung in das, was sie schon lange sein wollen, nämlich Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Nein, Sie müssen diesen Zusatz „Fachhochschulen“ noch weiter tragen. So kleinmütig ist Ihr Gesetzeswerk.
Ein Wort noch zum Hochschulpersonalgesetz. Sie vollziehen jetzt nach, was auf Bundesebene schon längst passiert ist. Die Klage hätten Sie sich sparen können. Ich sage Ihnen hier und heute: Jahre später sind wir eigentlich schon weiter. Auch die Juniorprofessur kann nicht das letzte Wort sein auf dem Karriereweg zum Professor oder zur Professorin. Da sind wir längst weiter. Wir können uns noch sehr viel offenere Wege zur Professur vorstellen.
Das neue Gesetz ermöglicht jedenfalls keine sinnvolle Personalentwicklung an den Hochschulen. Die wissenschaftlichen Karrieren werden nicht wirklich planbarer. Das wäre wichtig gewesen für die Männer und Frauen, auch für Männer und Frauen, die zusammen leben wollen und zusammen eine wissenschaftliche Karriere aufbauen wollen. Hier sind Ihre Vorstellungen nur schwach entwickelt.
Überhaupt nicht steht bei Ihnen auf der Agenda das Projekt Abschaffung des Berufsbeamtentums. Davon hört man bei Ihnen gar nichts.
Das größte Elend dieses Gesetzespaketes aber ist die geplante Einführung von Studiengebühren. Sie wurde in das Hochschulgesetz eingearbeitet. Mit Ihren Gebührenplänen zeigen Sie ganz klar, wohin die Reise gehen soll. Sie verabschieden sich auf breiter Front aus der Verantwortung für die Hochschulbildung. Damit leiten Sie hier tatsächlich einen Systemwechsel ein. Sie setzen fort, was Sie an anderer Stelle der Bildungsfi nanzierung schon begonnen haben. Sie privatisieren die Bildungskosten. Die Zukunftschancen der jungen Menschen hängen noch
stärker als bisher vom Geldbeutel der Eltern ab. Damit verschärfen Sie die bestehende soziale Ungerechtigkeit. Ihre Politik trägt nichts, aber auch gar nichts dazu bei, mehr Teilhabegerechtigkeit in dieser Gesellschaft zu verwirklichen.
Es gibt keine sozialverträglichen Studiengebühren. Das Angebot der Kreditfi nanzierung mildert die sozialen Härten überhaupt nicht, sondern verlagert sie nur in eine ungewisse Zukunft. Und wenn Ihnen das egal ist, denken Sie wenigstens an die volkswirtschaftlichen Folgen dieser Politik; denn das, was Sie hier tun, schadet uns allen. Es geht nicht nur um individuelle Benachteiligung, sondern es geht auch um den volkswirtschaftlichen Schaden, den Sie damit anrichten. Denn es wird Ihnen so nicht gelingen, an Hochschulen die Menschen auszubilden, die wir in Zukunft brauchen werden. Wir können uns als Volkswirtschaft keine Studiengebühren leisten.
Darüber hinaus werden die Studiengebühren für die Hochschulen wohl eher zur Last als zur Lust, denn die Hochschulen tragen die Last der Verwaltungskosten, müssen die Ausfälle absichern und haben den Schwarzen Peter bei der Auswahl derer, die sie befreien.
Wir werden uns bemühen, die heute eingebrachten Gesetze im Laufe des parlamentarischen Prozesses in vielen einzelnen Punkten zu verbessern und Sie mit unseren besseren Argumenten zu überzeugen. Allerdings sind wir an diesem einen Punkt der Studiengebühren kompromisslos. Wir werden hier im Parlament und auch draußen bei den Studierenden dagegen kämpfen.
Ich darf zunächst in Bezug auf die vereinbarten Redezeiten für alle zur Orientierung sagen, dass der Lichtbalken bei Beginn der letzten Minute gelb und dann, wenn die Zeit vorbei ist, rot ist.
Staatsminister Dr. Goppel hat den Gesetzentwurf begründet und sich für die Aussprache zu Wort gemeldet. Herr Staatsminister, bitte.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will mir erlauben, ein paar grundsätzliche Fehleinschätzungen, die hier aufgetaucht sind, etwas zurechtzurücken. Auf der einen Seite wird darauf verwiesen, dass wir in Bayern in ein paar gesetzlichen Regelungen anders als der Rest der Welt entscheiden und dass das etwas ist, was man sich eigentlich nicht leisten dürfte. Es sei nicht möglich, da anders zu verfahren als in anderen Ländern, wo Bachelor, Master und andere Großzügigkeiten schon längst eingerichtet sind. Wir hätten uns an den anderen Ländern zu orientieren.
Frau Kollegin Gote, geht es dann um Studienbeiträge, heißt es, wir hätten uns nicht am Rest der Länder zu orien
tieren, denn da sei es umgekehrt genau das Richtige und der bestmögliche Weg, dass wir darauf verzichten, so zu verfahren wie in 90, 95 % aller Länder, in denen längst Studienbeiträge eingeführt sind – allerdings als Studiengebühren und nicht als Studienbeiträge. Wir unterscheiden da ganz bewusst, und es wäre fein, wenn auch Sie dies täten. Ein Beitrag ist ein Draufzahlen auf 100 % Finanzierung durch den Staat an den Stellen, an denen man selber mehr haben möchte, als die gesetzliche Regelung vorsieht. Gebühren aber sind Anteile dessen, was der Staat fi nanziert. Wer das durcheinander bringt, trägt dazu bei, dass anschließend die Diskussion nicht sauber geführt werden kann. Ich bitte Sie, dies mit mir einzuhalten. Dann tun wir uns leichter. Deswegen können wir trotzdem unterschiedlicher Meinung sein, das ist eine ganz andere Sache. Nur: Ich erbitte mir eine saubere Diskussion über die Art und Weise der Dinge, sonst brauchen wir gar nicht anzufangen, miteinander zu diskutieren.
Herr Kollege Dürr, der ist mir lieber als einer, der ständig nur den Mund aufhat, ohne den Kopf einzuschalten. Ich habe bisher noch nichts festgestellt. Wenn Sie sich betroffen fühlen, müssen Sie das selber kenntlich machen, das ist nicht mein Problem.
Ich will daran erinnern, dass wir in den letzten drei Jahren eine Dreistufung gehabt haben. Wir haben im Jahr 2003 gemeinsam ausdrücklich festgehalten: Es ist notwendig zu bremsen. Im Jahre 2003 wurde deutlich, dass, wenn die Hochschule in den nächsten Jahren gut aufgestellt sein will, dazu viele einzelne Schritte eingeleitet werden müssen. Der erste Schritt war ein Programm, das in den letzten beiden Jahren systematisch abgelaufen ist, eine Planung, die entgegen Ihrer Befürchtung nicht länger als diesen Herbst gebraucht hat, sondern jetzt gemeinsam – inklusive Studienbeitragsregelung – dem Parlament zur Beratung vorgelegt wurde; wir sind also im Zeitplan. Sie haben in den letzten Monaten immer vom Gegenteil gesprochen.
Wir haben 2004 die Schritte eingeleitet, die uns von der Wissenschaft geraten worden sind. Es mag sein, dass Sie parteipolitisch anderer Meinung sind. Wir haben die wissenschaftsorientierten Schritte eingeleitet. Erst erfolgte die Bestandsaufnahme, dann die Feststellung an den Hochschulen, was sie bei sich insgesamt für umbauwürdig halten. Diese Umbaumaßnahmen mussten gemeldet werden. Aufgrund dieser Meldung hat man ein eigenes Konzept für die Hochschulen erstellt, geprüft von Prof. Mittelstraß, wie sie sich in der Zukunft verändert aufstellen wollen, um dem internationalen Wettbewerb gerecht zu werden und an der Spitze dabei zu sein. Im Übrigen haben Leibniz-Preisträger und andere, etwa Nobelpreisträger, all die Entscheidungen der letzten Wochen und Monate ausdrücklich bestätigt, dass wir da bei unseren Hochschulen auf einem guten Weg sind. Auch wenn das Parlament so viele Fehler machen würde – unsere Hochschulen sind scheinbar unverwüstlich, denn sonst könnten sie in Erlangen und Würzburg nicht aufholen – jedes Jahr einmal mehr –, sonst könnte es in
Bayreuth und in Regensburg bei der Aufstellung nicht eine Menge von Neuerungen und einen deutlichen Umbruch geben und könnten in München die LMU und die TU in Deutschland nicht die ersten beiden Positionen besetzen; ginge es nach Ihren Vorstellungen, müssten sie in Deutschland an letzter Stelle stehen. Irgendetwas stimmt also an Ihrer Argumentation nicht; sie geht jedenfalls an der Realität vorbei.
2005 haben wir festgeschrieben – dies ist mir ganz wichtig –, dass an unseren Hochschulen nicht gespart wird, sondern dass der Betrag, den wir aus dem Jahr 2004 mitbringen, eine Aufweitung erfährt, dass wir diese Mittel steigern. Wir haben in dem Planungssicherheitskonzept, dem Innovationsbündnis zwischen den Hochschulen und den Ministerien – inklusive Finanzminister – ausdrücklich festgeschrieben, dass es bei uns dann, wenn wir Möglichkeiten des Zuwachses haben, keine Abstriche geben wird. Abstriche, also 1 % weniger, sind in allen anderen Bündnissen anderer Länder ausdrücklich vereinbart, wenn die Hochschulen bestimmte Leistungen erbringen. Bei uns heißt es: Im Prinzip Umorientierung ohne Zusatzbelastung, weil wir an den entsprechenden Hochschulen die steigenden Zahlen mit einkalkulieren müssen. Dafür gibt es aber das Zugeständnis des Staates, dass bei uns der Zuwachs am größten ist, denn im Staatshaushalt Bayerns liegt der größte Zuwachs beim Hochschuletat. 7,2 % in zwei Jahren, das werden Sie nirgendwo fi nden. Überall dort, wo Sie einmal mitregiert haben, konnte das alles nicht eingehalten werden. Ich bitte, das immer gegenüberzustellen.
Erstens. Ich komme noch kurz auf das so genannte schlanke Gesetz zu sprechen. Ich gebe Ihnen insofern Recht, als es mir lieber gewesen wäre, wir hätten statt 100 nur 50 Paragraphen; das ist aber immerhin ein Drittel weniger. Das andere Drittel brauchen wir, weil wir gleichzeitig Steuergelder aufwenden. Würden die Hochschulen privatisiert, bräuchte man keine Steuergelder. Aber da nun die Hochschulen zum Staat gehören und wir die Verantwortung haben, ist auch da ausdrücklich festzuhalten: Der Finanzminister will da oder dort hineinschauen.
Ich will Ihnen ein Zweites sagen: Ich habe das Berufungsrecht behalten, weil es keinen Professor gibt, der unter vier Augen nicht sagen würde, es sei notwendig, es brauche eine Instanz, die außerhalb der Hochschule imstande sei, auch Beschwerden aufzugreifen. Wenn die Professoren in Massen auftreten, sagen sie, sie hätten gern, dass es an der Hochschule gemacht werde. Aber sobald die Professoren nachher einzeln auf einen zukommen, sind sie alle der Meinung, es müsse eine Kontrollinstanz dieser Art geben. Wenn Sie mir jetzt aufzählen können, wo in den letzten beiden Jahren mein Berufungsrecht ein einziges Mal dazu geführt hat, dass wir hier im Parlament große Streitigkeiten hatten, bin ich bereit, mit Ihnen die Veränderungen einzuführen.
Nur: Wenn Sie keinen Grund haben, eine Beschwerde zu führen, muss ich an einem Gesetz nicht unbedingt etwas ändern.
Des Weiteren zur Frage nach den Frauenbeauftragten und der Stellung der Frau: Wir haben zum ersten Mal – das ergibt sich automatisch, das reklamiere ich nicht für die CSU oder für Bayern – eine Mehrheit an weiblichen Studierenden. Daher haben wir die Möglichkeit, aus diesem großen Pulk von jungen Damen in den nächsten Jahren wissenschaftlichen Nachwuchs zu bekommen – und er kommt. Sie können nicht jemanden berufen, der nicht da ist. Man muss sehen, dass man das insgesamt hinbekommt. Sie können keine Damen berufen, wenn die Hochschulen auf ihren Vorschlagslisten keine Damen haben. Ich habe noch jedes Mal, wenn keine Damen vorgeschlagen wurden, den Vorschlag mit der Feststellung zurückgegeben, Freunde, warum nicht Damen? Sehr häufi g ist festgestellt worden, dass es in dem Fach den Nachwuchs gar nicht gibt, den wir wollten. Würden Sie mit falschen Fachvorgaben gerne querbesetzen? Ich möchte gerne von Ihnen wissen, wie Sie es aufholen wollen, dass dort in den letzten dreißig, vierzig Jahren so wenig geschehen ist. Da gebe ich Ihnen Recht. Aber ich will dies gemeinsam mit Ihnen systematisch angehen.