Protocol of the Session on November 10, 2005

(Beifall bei der CSU)

Sie sagen, es gibt viel zu tun. – Das ist doch der Normalfall in der Politik! Es wird nie die Situation geben, in der man sagen kann: Jetzt können wir den Laden zumachen; es gibt keine Aufgaben mehr zu bewältigen. – Gerade in einer Zeit, die von ungeheurer Dynamik geprägt ist, von der Globalisierung und Europäisierung der Märkte, in der eine ungeheuer rasche technologische Entwicklung stattfi ndet und in der wir vor einer demographischen Herausforderung stehen, muss man sowohl in der Bundes- als auch in der Landespolitik im Grunde genommen Tag für Tag in diesem Wettbewerb bestehen und die Herausforderungen

bewältigen. Wir können den Bürgern in Bayern sagen, dass Bayern für diesen Wettlauf gut gerüstet ist, dass wir in den letzten Jahren die Fundamente gestärkt haben und dass die Investitionsquote im bayerischen Staatshaushalt so hoch ist wie in keinem anderen Landeshaushalt.

(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Aber jetzt hat Sie sie halbiert!)

Ja, das wissen wir sehr wohl.

Wir haben mit den Privatisierungserlösen einen sehr wichtigen Beitrag dazu geleistet, in einer schwierigen Zeit die Investitionsquote aufrecht zu erhalten. Welches Land hat denn so gehandelt? – Beim Bund und in anderen Ländern werden Privatisierungserlöse doch dazu eingesetzt, um Haushaltslöcher zu stopfen. Bei uns hingegen werden sie eingesetzt, um Zukunftsinvestitionen zu tätigen.

(Beifall bei der CSU)

Das macht den Unterschied. Deshalb sage ich: Bayern hat sich wie kein anderes Land in Deutschland, wie kaum eine andere Region in Europa in den letzten Jahren gerüstet, um in diesem Wettlauf erfolgreich zu sein. Sie, meine Damen und Herren, prangern jetzt das Sparen an.

(Franz Maget (SPD): Jetzt macht ihr doch alles wieder kaputt; das ist schlecht!)

Nein, nein. Mit dem Sparen haben wir vielmehr die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir in den nächsten Jahren Spielräume haben. Bei einem begrenzten Wachstum in der Wirtschaft können Sie neue Herausforderungen nur dann fi nanzieren, wenn Sie bereit sind, an die feststehenden Ausgabeblöcke heranzugehen und so Spielräume für die zukünftigen Investitionen zu schaffen. Schauen Sie doch zu den hoch verschuldeten Bundesländern in Deutschland! Sie müssen 12 %, 13 % oder gar 14 % ihrer Steuereinnahmen dafür verwenden, um Zinsen zu bezahlen. In Bayern sind es 3 %. Das gibt uns einen Investitionsvorsprung. Diese erfolgreiche Politik werden wir auch in der Zukunft fortsetzen. Die Voraussetzung für diese Politik war, dass wir den Mut und die Kraft hatten, auch unpopuläre Entscheidungen durchzuführen und umzusetzen. Es war schon einmal leichter, Politiker zu sein; es war schon einmal leichter, Abgeordneter zu sein oder Minister. Denn in einer Schönwetterperiode mit jährlichen Wachstumsraten von 4 % oder 5 % gibt es immer etwas zu verteilen; da lässt sich leicht Politik machen. Die wahre Herausforderung ist jedoch die Verantwortungsfähigkeit. Die Zukunftsfähigkeit einer Politik beweist sich doch gerade in schwierigen Jahren.

(Margarete Bause (GRÜNE): Genau, und da läuft der Stoiber davon!)

Man darf nicht erst dann handeln, wenn die Not am größten ist und wenn man keinen anderen Ausweg mehr hat, sondern man muss rechtzeitig und vorsorglich handeln, um neue Spielräume zu eröffnen.

(Margarete Bause (GRÜNE): Genau, so macht es der Stoiber!)

Bayern hat in dieser Beziehung vorbildlich für die anderen Länder gehandelt; es hat in besonderer Weise für die eigene Zukunft vorgesorgt. Diesen Weg werden wir, Landtagsfraktion und Staatsregierung, gemeinsam, konzentriert, effektiv, bürgernah und erfolgreich fortsetzen.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CSU)

Herr Minister, vielen Dank. Für die Fraktionen stelle ich fest, dass der Herr Minister mehr als zehn Minuten gesprochen hat. – Als Nächste hat das Wort Frau Kollegin Pranghofer.

Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Vielleicht war dieser Beifallssturm schon der Beifall für den künftigen Ministerpräsidenten. Herr Staatsminister Huber, Sie haben hier erklärt, dass wir als SPD bzw. als Opposition keinen Keil zwischen die CSULandtagsfraktion und den Ministerpräsidenten bringen werden. Dazu muss ich Ihnen sagen: Das haben wir auch gar nicht vor. Das Problem, das die CSU mit ihrem Ministerpräsidenten hat, soll sie durchaus alleine lösen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte Ihnen aber auch sagen: Wir von der SPD sind nicht gewillt, hier im Landtag so lange zu warten, bis Sie wieder mit Ihrem Ministerpräsidenten zufrieden sind. Wir sind auch nicht gewillt, so lange zu warten, bis Sie Ihren „Erziehungsfall Stoiber“ gelöst haben.

(Beifall bei der SPD)

Es mag sein, dass der Ministerpräsident Ihnen in Zukunft alles erzählt. Aber was wollen Sie damit eigentlich bewirken? Das Mindeste, was man erwarten kann, ist, dass Sie jetzt zusammen mit dem nach Bayern zurückgekehrten Ministerpräsidenten die Scherben aufräumen, und zwar insbesondere die Scherbenhaufen, die er dadurch verursacht hat, dass er in Berlin eine große Rolle spielen wollte.

(Beifall bei der SPD)

Im Bildungsbereich haben Sie da eine ganze Menge zu tun. Dem Egotrip des Ministerpräsidenten ist es nämlich zu verdanken, dass die Schulen bei der Lehrerversorgung inzwischen völlig auf Kante genäht sind. Dort gibt es Unterrichtsausfälle und viel zu große Klassen. Die Schulen wissen nicht mehr, wie sie Förderunterricht, Zusatzangebote und wo sie ihre anderen Ressourcen für einen besseren Unterricht bewerkstelligen sollen, weil eben die Lehrerinnen und Lehrer fehlen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU))

Es reicht nicht aus, Herr Herrmann, wenn Sie dem G 8 bescheinigen, hier habe es eine schlechte Kommunikation gegeben. Was sollen die Gymnasien denn damit anfangen? Was sollen die Gymnasien damit machen?

Dort stimmen die Rahmenbedingungen nicht; dort muss doch gehandelt werden.

(Beifall bei der SPD)

Das ist der Scherbenhaufen, den Sie bei den Gymnasien wieder aufkehren müssen. Sie wissen auch ganz genau, dass es dem Egoismus des Ministerpräsidenten beim Sparen zu verdanken ist, dass ganze Schullandschaften verschwunden sind, dass es in der Fläche keine Hauptschulen mehr gibt, dass es jahrgangskombinierte Grundschulklassen gibt, und dass die Berufsschulen neu organisiert worden sind,

(Zuruf von der CSU: So schlimm ist es nicht!)

und zwar nicht um einer besseren Pädagogik willen, sondern nur, weil Sie zusammen mit dem Ministerpräsidenten Lehrer einsparen wollten.

(Beifall bei der SPD – Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): In welcher Zeit leben Sie denn?)

Herr Dr. Waschler, ich lebe in einer realistischen Welt. Sie haben wahrscheinlich ein völlig verfremdetes Bild. Ich weiß nicht, wo Sie Ihre Informationen hernehmen. Sie sollten vielleicht einmal in die Schulen gehen sich das einmal anschauen.

(Beifall bei der SPD – Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Ich bin wahrscheinlich öfter dort als Sie!)

Wir verdanken dem Ministerpräsidenten auch die faktische Abschaffung der Lernmittelfreiheit. Wir werden heute noch über das Büchergeld und die Studiengebühren reden. Was Sie hier angerichtet haben, ist ebenfalls ein Scherbengericht. Ich bin der Auffassung, dass Sie dieses Scherbengericht beseitigen müssen. Da wir gerade über Bildung sprechen, wurde natürlich auch die Pisa-Studie zitiert. Pisa 2003 hat Bayern zwei Spitzenplätze beschert: Über den ersten Spitzenplatz können wir uns alle freuen. Diesen Spitzenplatz haben unsere Schüler und Schülerinnen und unsere Lehrer und Lehrerinnen wegen ihrer guten Leistungen bekommen.

(Beifall bei der SPD)

Für den zweiten Spitzenplatz sollten sich jedoch diejenigen, die dafür Verantwortung tragen, schämen. Dieser Spitzenplatz betrifft den Umstand, dass die soziale Herkunft gerade in Bayern immer noch für den möglichen Schulabschluss entscheidend ist.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das stimmt so pauschal nicht!)

Meine Damen und Herren, deshalb reicht es nicht aus, hier über Kommunikationsprobleme mit dem Ministerpräsidenten zu diskutieren. Notwendig ist eine Kursänderung Ihrer Politik, insbesondere Ihrer Bildungspolitik.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat Herr Kollege Eisenreich das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde als junger Abgeordneter und Bildungspolitiker zu den Themen Bildung und Perspektiven der Jugend in Bayern einige Takte sagen. Gleich vorweg: Ich fühle mich dabei nicht in der Defensive. Ich bin auch nicht in der Defensive. Ganz im Gegenteil.

(Margarete Bause (GRÜNE): Nett, dass man das betonen muss!)

Dieses Thema erlaubt die Darstellung einer Erfolgsbilanz der Politik der Bayerischen Staatsregierung und der Politik der CSU-Landtagsfraktion.

(Franz Maget (SPD): Vorsicht, das kommt ins Fernsehen!)

Wer Ihnen zuhört, gewinnt den Eindruck, dass Ihre Wahrnehmung der Realität nicht nur ausgesprochen selektiv und nicht nur ausgesprochen negativ, sondern auch außerordentlich kreativ ist. Sie reden von einem „Chaos“, Sie reden von einem „Scherbenhaufen“ und Sie reden von einem „Trümmerhaufen“. Ihre Devise lautet: Schlechtreden, Schlechtreden, Schlechtreden. Die Situation in Bayern ist aber nicht schlecht. Warum ist sie das nicht? – Ganz einfach: Weil nicht Sie hier regieren, sondern weil die CSU hier regiert.

(Beifall bei der CSU)

Zwischen der richtigen Politik und dem Erfolg eines Landes gibt es einen Zusammenhang. Das sagt nicht etwa die CSU, sondern eine Bertelsmann-Studie mit dem Titel „Bundesländer im Standortwettbewerb“. Das erkennt man in Bayern an. Wir lassen uns das von Ihnen nicht schlechtreden.

Bildung hat in Bayern Vorrang. Bildung ist ein Investitionsschwerpunkt der bayerischen Politik. Dies belegen ein Bildungshaushalt von 8 Milliarden Euro und die im Vergleich zum Gesamthaushalt überdurchschnittlichen Steigerungen im Bildungsetat. Seit 1998 wurden über 6000 neue Lehrkräfte eingestellt. Erst diese Woche kam die Meldung – ich hoffe, Sie haben sie vernommen –, dass 250 zusätzliche Lehrer ihren Dienst als mobile Reserve an den Volksschulen angetreten haben.

(Susann Biedefeld (SPD): Das ist nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein!)

Die CSU fühlt sich dem Ziel verpfl ichtet, den jungen Menschen ein eigenverantwortliches Leben zu ermöglichen und Perspektiven zu eröffnen. Deswegen sagen wir, dass alle Begabungen gebraucht werden. Jede Begabung muss so gut wie möglich entwickelt und gefördert werden. Das tun wir mit dem gegliederten Schulsystem, in dem für jeden Schüler nicht die gleiche, sondern die richtige Schulart zur Verfügung gestellt wird.

Wenn wir über Bildung reden, müssen wir auch über Studien reden. Nach der Pisa-Studie ist Bayern international in die Spitze aufgerückt und national in fast allen Bereichen die Nummer eins. Die Bertelsmann-Studie, die ich schon genannt habe, besagt, dass Bayern seinen Schülern deutschlandweit das höchste Qualifi kationsniveau vermittle. Im letzten Jahr hat das Deutsche Institut für Wirtschaft einen Bildungsmonitor durchgeführt, wonach Bayern aufgrund seiner hohen Bildungsqualität, der guten Finanzausstattung und dem effi zienten Mitteleinsatz die Nummer eins ist.