Das Klassenziel muss heißen: Lernen und üben. Es geht um einen vernünftigen Abschluss und nicht darum, dass der Lehrstoff aufgetischt wird, und wer ihn nicht kapiert, der bleibt einfach sitzen. Das ist eine Schulpolitik der Kälte. Das ist eine Schulpolitik, die unseren Kindern in ihrer Schul- und Berufskarriere nicht weiterhilft.
Zu den Ganztagsschulen will ich Ihnen Folgendes sagen: Sie haben heute Morgen mit Genuss zitiert, in welchen anderen Ländern es Büchergeld gibt. Sie haben argumentiert, wenn es dort Büchergeld gibt, warum sollen wir das nicht auch bei uns einführen? Ich frage Sie, warum schauen wir uns nicht die anderen Bundesländer an und nehmen davon nicht das Beste für unsere bayerischen Schulen? Wenn Sie das tun würden, würden Sie den Kindern und den Familien im Freistaat gerecht. Suchen wir doch das Beste heraus, nichts Schlechtes. Wenn Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ebenfalls ein Büchergeld haben, dann fi nde ich das auch nicht gut. Das ist aber keine Begründung dafür, das Büchergeld auch in Bayern einzuführen. Nehmen Sie doch das Beste aus diesen Ländern. Übernehmen Sie doch beispielsweise das Ganztagsschulkonzept aus Rheinland-Pfalz. Davon reden Sie nicht. Wenn Rheinland-Pfalz ein Büchergeld hat, dann nehmen Sie das als Begründung für ein bayerisches Büchergeld. Rheinland-Pfalz hat zehnmal so viele Ganztagsschulen, wie Sie in Bayern zu machen überhaupt bereit sind. Das wäre doch ein Vergleich.
Ich fordere Sie auf, das Beste herauszusuchen und nicht das Schlechte zu nehmen und Ihre eigene schlechte Politik damit zu begründen. Das wäre ein besserer und vernünftigerer Weg in der Bildungspolitik.
Denken Sie daran, mit Ganztagsschulen löst man nicht nur die Betreuungsfrage. Ganztagsschulen haben Konzepte. Wenn man eine Ganztagsschule eröffnet, tut man das nicht, um die Mittagsbetreuung zu regeln, sondern man tut dies mit einem pädagogischen Konzept. Ich fordere Sie deshalb auf, ein Konzept zu erstellen, das Erholungsphasen, Übungsphasen, Sportphasen und kreative Phasen zu einem vernünftigen Unterricht verbindet. Das ist eine vernünftige Konzeption für eine Ganztagsschule.
Ein paar Sätze zum G 8. Ich bin nicht gegen ein achtjähriges Gymnasium. Das kann man machen. Ein G 8 im Rahmen der europäischen Harmonisierung zu schaffen, ist in Ordnung. Nicht in Ordnung ist aber das G 8 in der Billigversion, wie Sie es hier in Bayern einführen. Das ist eine Billigversion. Sie schaffen ein G 8, um überall erzählen zu können, das haben wir schon, sagen aber nicht, dass Sie keinerlei Rahmenbedingungen schaffen, damit dieses
G 8 funktionieren kann. Es funktioniert auch kaum, und das ist nicht Schuld der Eltern, nicht Schuld der Lehrerinnen und Lehrer und auch nicht Schuld der Schülerinnen und Schüler, es ist Ihre Schuld, weil Sie politisch nicht dafür sorgen, dass das G 8 funktioniert.
Sonst wäre es nämlich nicht so, wie es ist, dass die Kinder in der Mittagszeit kaum betreut werden. Sonst wäre es nicht so, wie es ist, dass die Schulen mit dem nötigen Umbau ihrer Räumlichkeiten allein gelassen werden und vieles mehr.
Ihr Problem mit den IZBB-Mitteln muss man in diesem Zusammenhang schon einmal erwähnen. Sie reden vom Konnexitätsprinzip und versprechen hier in München in diesem Parlament, wenn wir das G 8 einführen, kostet das die Kommunen nichts. Dazu kann ich nur sagen: Versprochen – gebrochen. Gelogen ist das. Der Bayerische Städtetag hat errechnet, dass Sie maximal 60 % fi nanzieren. Das bedeutet, Sie lassen die Gemeinden mithilfe von Rechentricks und durch das Anzweifeln von Notwendigkeiten beim Umbau im Regen stehen. Das ist Ihre Politik gegenüber den Kommunen, was das G 8 betrifft.
Herr Kultusminister, es ist in Ordnung, dass Sie sagen, Sie wollen den Pfl ichtunterricht kürzen. Sie haben gesagt, eine Stunde weniger pro Woche können die Schulen festsetzen. Das habe ich gelesen, und das ist in Ordnung. Das ist aber nur ein kleiner Ansatz, um die Probleme zu lösen, sonst nichts. Es reicht nicht, eine Stunde Unterricht pro Woche weniger zu geben. Sie müssen endlich ein pädagogisches Konzept für das achtjährige Gymnasium auf den Tisch legen und die Rahmenbedingungen entsprechend ausgestalten. Das ist das Entscheidende.
Ich komme zur Finanzierung. Hierzu hören wir immer wieder Erstaunliches. Wenn man einmal alle Lehrerstellen zusammenzählen würde, die Sie in den letzten zehn Jahren immer wieder neu geschaffen haben, dann hätten wir in Bayern mehr Lehrer, als wir brauchen.
Jedes Jahr lesen wir das in den Schlagzeilen. Ich sage Ihnen, diese Schönrechnerei verfängt nicht mehr.
Wir haben ausgerechnet, was die Bayerische Staatsregierung für die Schulen direkt ausgibt. Dabei geht es um die Beträge ohne Pensionslasten bzw. um das, was den Schulen direkt zugute kommt. 1993 gaben Sie, gemessen am Staatshaushalt, 17,4 % aus.
1994, Sie haben Recht. Vor zehn Jahren war das. Heute, im Jahr 2005, geben Sie, gemessen am Staatshaushalt ohne Pensionslasten, immer noch 17,4 % aus, also das Gleiche wie vor zehn Jahren. Dabei berücksichtigen Sie nicht die Tatsache, dass wir heute über 11 % Schülerinnen und Schüler mehr haben. Es sind über 176 000 Schülerinnen und Schüler mehr in diesem Zeitraum geworden. Diese Tatsache verschweigen Sie.
Wenn man mehr Schüler, mehr Aufgaben für die Lehrer aufgrund der geänderten Sozialstruktur und viele andere Dinge mehr zu berücksichtigen hat, dann muss man mehr in die Bildung investieren. Man kann nicht sagen, das lassen wir so, wie es ist, wir geben genug aus, das reicht. So kann es nicht gehen.
Natürlich muss man verantwortungsvoll mit Steuergeldern umgehen. Da haben Sie völlig Recht; da sind wir einer Meinung. Wenn Sie beantragen würden, wir wollen verantwortungsvoll mit Steuergeldern umgehen, gäbe es hier einen einstimmigen Beschluss. Aber verantwortungsvoll mit Steuergeldern umzugehen, heißt nicht kaputtsparen.
Bei einer vernünftigen Haushaltspolitik gibt es einen Unterschied zwischen reinem Sparen und dem Investieren in die Zukunft. Man kann auch einmal eine Nettoneuverschuldung in Kauf nehmen. Wenn es um Investitionen in die Zukunft geht, ist das in Ordnung. Zur Frage der Finanzierung empfehle ich Ihnen einen Blick in den Bericht des Bundes der Steuerzahler. Sie sollten sich einmal ansehen, was in diesem Land verschwendet wird. Das würde reichen, um ein paar tausend Lehrer mehr einzustellen. Schauen Sie in den Haushalt, und investieren Sie in die Bildung. Jeder Euro, den Sie dort investieren, wird in 12, 15 oder 20 Jahren verdoppelt zurückkommen. Dazu gibt es Studien genug. Insofern ist das Argument, dass man sparen muss, völlig verfehlt. Sparen ja, aber den Kindern die Zukunft durch mangelhafte Rahmenbedingungen an den Schulen verbauen, dazu sage ich Nein. Das können Sie nicht tun, und das kommt für uns nicht in Frage.
Gleich wird Herr Prof. Waschler hier sagen, wir seien doch die Besten bei der Pisa-Studie. Ich beglückwünsche uns alle, die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler, aber auch die Eltern, die es trotz der schweren Rahmenbedingungen geschafft haben, dass wir besser dastehen als andere Länder. Das ist in Ordnung.
Aber ein gutes Abschneiden bei der Pisa-Studie ist keine Begründung dafür, dass wir akzeptieren, dass 10 % der Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen. Ein gutes Abschneiden ist keine Begründung dafür, dass 5 % bis 10 % des Unterrichts ausfallen. Ein gutes Abschneiden bei der Pisa-Studie ist doch keine Begründung dafür, dass wir es akzeptieren, dass 60 000 Schülerinnen und Schüler jährlich sitzen bleiben. Ein gutes Abschneiden bei der Pisa-Studie ist auch kein Grund dafür, zu akzeptieren, dass die Schere zwischen Bildungserfolg und -misserfolg aufgrund der sozialen Situation in Bayern so stark auseinanderklafft wie in keinem anderen Land. Wollen Sie mit
dem guten Abschneiden bei der Pisa-Studie wirklich alle diese Defi zite wegbügeln? – Wir brauchen eine Politik, die die Schwachstellen an Bayerns Schulen behebt, und zwar konkret. Wir brauchen kein Gerede, dass wir bei Pisa so gut abgeschnitten haben, dass alles so bleiben kann, wie es ist. So kann es nicht gehen.
Kolleginnen und Kollegen, deshalb würde ich Sie bitten, den Dringlichkeitsantrag zum Anlass zu nehmen, in sich zu gehen und im Interesse Ihrer eigenen Kinder und Enkelkinder zu versuchen, die Schule besser zu machen. Dann haben Sie uns an Ihrer Seite.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist zwar noch nicht Weihnachten, aber auch zu Beginn eines jeden Schuljahres können wir das gute alte Lied zitieren: „Alle Jahre wieder.“ Auch in meinem Antrag geht es – same procedure as every year – um den Lehrermangel in Bayern. Auch wenn wir jetzt einen neuen Minister haben, ist der einzige rote Faden, der sich durch die bayerische Bildungspolitik zieht, der Lehrermangel. Es sollte aber oberstes Ziel eines Kultusministers sein, zu gestalten und nicht als Bayerns ranghöchster Mangelverwalter dahinzusiechen.
Freiraum für die Gestaltung verschaffen Sie sich, Herr Minister Schneider, wenn Sie der von mir geforderten kurz- und mittelfristigen Bedarfsplanung zur Beseitigung genau dieses Mangels näher treten. Ich meine, es ist immer gut, einen Plan zu haben, Herr Kollege Waschler, aber vielleicht ist es auch ein Plan, keinen Plan zu haben; das unterstelle ich Ihnen.
In der Marktwirtschaft nennen wir das Strategie. Vielleicht treten wir diesem moderneren Begriff näher. Wir sind es auch unseren Kindern schuldig, eine Strategie zu erstellen; denn in Bayerns Schulen sitzt die Gesellschaft von morgen und sitzen die Leute, die uns in Zukunft Wachstum bringen sollen. Deshalb müssen wir uns der Verbesserung der Lernbedingungen der Kinder ganz sorgfältig widmen. Sie von der CSU tun nur eines: Sie hoffen darauf, dass es irgendwann einmal besser wird. Pure Hoffnung ist aber kein Merkmal ausgefeilter Schulpolitik.
In den Schlagzeilen der Zeitungen war zu lesen: Wir haben Klassenstärken wie noch vor 25 Jahren. Es ist in einem modernen Staat, wenn er sich denn noch so schimpfen darf, ein trauriges Zeichen, dass wir den Rückschritt in das Vierteljahrhundert vorher geschafft haben. Herr Kollege Waschler, diesen Rückschritt möchten meine Fraktion und ich gerne beseitigen. Das muss uns etwas wert sein. Es ist schockierend, wenn in der Zeitung zu lesen ist, dass der Kultusminister selbst Unterrichtsausfälle an
Auch die mobilen Reserven sind auf Kante gelegt. Die paar hundert Stellen, die Sie wie Nebelkerzen in Wildbad Kreuth im Januar herausgeschleudert haben, sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein und zudem befristet. Das bedeutet: Sie werden im Nachtragshaushalt wieder darum kämpfen müssen. Die bayerischen Eltern merken schon langsam, wie Ihre Strategie ist. Die geht so: Ich nehme euch 100 Stellen weg und leihe euch 60 für ein Jahr aus, und dann sollt ihr auch noch das Gefühl haben, ich hätte euch etwas geschenkt. Auf diesen Leim werden Ihnen die bayerischen Eltern nicht mehr gehen.
Das sind keine Zustände, bei denen gute Bildung gedeihen kann. Herr Waschler oder Herr Schneider werden mir nachher erwidern, sie würden zwar gerne mehr Lehrer und Lehrerinnen einstellen, aber es gebe keine, und sie könnten niemanden dazu zwingen, fürs Lehramt zu studieren. Das ist zwar richtig, aber mit Ihrer kopfl osen Einstellungspolitik, die jedes Jahr anders ist – jedes Jahr eine andere Note, keiner weiß genau, ob er überhaupt in den Schuldienst übernommen wird, wenn er sein Studium beginnt –, schrecken Sie Interessenten ab. Das muss nicht sein. Wenn Sie eine Bedarfsplanung aufstellen, eröffnen Sie zum einen Perspektiven für jene, die sich für ein Lehramtstudium interessieren, geben den jungen Leuten zum anderen die Chance, dass sie langfristig fi nanziell planen können, und schließlich geben Sie den Betroffenen eine Perspektive: Sie sagen ihnen nämlich, dass Sie bereit sind, den Mangel zu beheben. Wenn Sie aber den Antrag ablehnen, geben Sie damit das klare Signal, dass Ihnen an einer Strategie nichts liegt und dass Sie eine Einstellungspolitik von Monat zu Monat betreiben. Eltern, Kinder und Lehrer, vor allen Dingen in den übervollen Realschulen und Gymnasien, brauchen von Ihnen bald ein Signal, weil sie mit der derzeitigen Situation – so denke ich – nicht mehr lange zurechtkommen können.
Ein weiterer Grund, warum Sie einen Plan haben sollten, wäre die Tatsache, dass in den kommenden zwölf Jahren 40 % der Lehrer und Lehrerinnen in den Ruhestand treten. Allein diese Tatsache zwingt Sie im Kultusministerium dazu, sich Gedanken zu machen. – Herr Präsident, Herr Kollege Söder ist sehr laut, und das stört mich bei meiner Rede. Ich bitte, dass Sie darauf Rücksicht nehmen. Draußen ist auch noch Platz.
Herzlichen Dank, Herr Söder. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Lage an den Schulen ist alles andere als rosig. Die Schülerzahlen steigen. Gehen wir einmal alle Schularten durch. Wir beginnen mit der Grundschule. Sie haben die Eltern zu Ende des Schuljahres mit einigen Kombiklassen überrascht. Die Informationspolitik war dürftig; die Angst der Eltern war groß. Das erzeugt kein Vertrauen. Herr Minister Schneider, Sie sind doch gerade angetreten, um Vertrauen zu schaffen. Die Kombi
klassen sind in der überwiegenden Anzahl der Fälle zu groß. Damit riskieren Sie, dass ein pädagogisch gutes Modell scheitert. Viele Standorte von Grundschulen werden zudem dichtgemacht.
Ich habe von Grundschulstandorten, nicht von Grundschulschließungen gesprochen. Als Beispiel nenne ich Rettenbach, Gemeinde Lohr. Dort wurde eine viel gepriesene Kombiklasse zugemacht. – Herr Kollege Nöth, Sie müssen jetzt nicht schnaufen; er hat mich nämlich gefragt. Wir brauchen eine Alternative, um die Grundschule am Ort zu lassen. Das geschieht in meinen Augen dadurch, dass wir jetzt einmal mit Versuchen zur Zwergenschule beginnen.
In der Hauptschule steigen die Schülerzahlen zwar nicht an, aber in einer Sitzung des Bildungsausschusses hat das Kultusministerium selbst festgestellt, dass das Ziel der Ausbildungsreife oft nicht erreicht wird.