Protocol of the Session on July 20, 2005

Herr Präsident, ich möchte das Thema gerne zusammenhängend vorstellen.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben in das Gesetz weitere Aspekte eingebaut, etwa den Schutz der Moore, das Bekenntnis zur Wildnis beispielsweise in unseren Nationalparken, die Dynamik unserer Natur und die Schaffung des Biotopverbundes, wo wir in Bayern mit über 300 Verbundprojekten nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa zu den führenden Ländern gehören.

Lassen Sie mich deshalb einen zweiten Gesichtspunkt hervorheben, der mir in den Debattenbeiträgen der Opposition deutlich aufgefallen ist. Es wurde immer wieder gefragt: Warum nehmt ihr die Alpenkonvention nicht mit auf? Wir haben heute zunehmend internationale Ebenen. Wir haben Europa und bilaterale und völkerrechtliche Verträge wie zum Beispiel die Alpenkonvention. Wenn wir alles wieder zusammenfassen, ist am Ende das Landesrecht nur noch eine Aufl istung, eine Wiedergabe und ein Sammelsurium internationaler Vorschriften. Wir wollen endlich ernst machen und bei der Quantität unserer Gesetze abspecken. Es kommt nicht darauf an, dass wir alles das, was andernorts schon steht, wiederholen. Bei diesem Punkt wird deutlich, die Alpenkonvention gilt als solche, als völkerrechtliche Vereinbarung, die wir nicht im Bayerischen Naturschutzgesetz wiederholen müssen. Da zeigt sich das verquere Verständnis der Opposition.

Letzten Endes haben wir diese Linie durchgängig umgesetzt.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Paulig?

(Zurufe von der CSU: Nein!)

Entschuldigung, aber dies kann nur der Redner beantworten, nicht der Zuruf aus dem Plenum. Das wäre auch eine Einmischung in die Autonomie des Redners. Herr Staatsminister, bitte.

(Henning Kaul (CSU): Er ist unserer Meinung! – Heiterkeit)

Sehr verehrter Herr Präsident, ich schließe mich den Zwischenrufen an, dass ich jetzt keine Zwischenfragen mehr beantworten möchte, weil im Grunde genommen alles gesagt ist.

(Beifall bei der CSU)

Es geht darum, dass wir jetzt zum Punkt kommen. Deshalb will auch ich jetzt nicht mehr in die Sache einsteigen. Das haben die Kollegen Hünnerkopf und Henning Kaul deutlich zum Ausdruck gebracht.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will noch einen einzigen Gesichtspunkt aufnehmen. Es geht bei vielen Themen der Opposition immer wieder um Verfahrensregelungen, Verbandsklagen, Mitwirkungsrechte und irgendwelche Formalien im Naturschutz. Aber ich glaube, über Jahrzehnte hinweg hat die besondere bayerische Qualität unseres Naturschutzes ausgemacht, dass wir uns nicht in Formalien erschöpfen, sondern die Menschen in unserem Lande mitnehmen und Naturschutz zu einem Herzensanliegen machen. Das haben wir in den letzten Jahrzehnten in hervorragender Weise geschafft. Wenn wir heute mit dem neuen Bayerischen Naturschutzgesetz in das 21. Jahrhundert fortschreiben, dass wir in unserem Lande den Naturschutz auch weiterhin zu einem Herzensanliegen machen, dass wir die Bauern, Grundstückseigentümer, Bürgermeister und Gemeinden mitnehmen, dann hat Naturschutz auch Bestand. Dann ist Naturschutz nicht auf irgendeine Verfahrensvorschrift reduziert,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

sondern dann haben wir etwas, was dauerhaft den Wert und die Attraktivität unseres Landes sichert.

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, bekenne ich mich ganz ausdrücklich dazu, dass wir an einigen Stellen bewusst bei der 1:1-Umsetzung des Bundesrechts Spielräume genutzt haben. Denn wenn ich heute ein Grünlandumbruchverbot in das bayerische Gesetz hineinschreibe, dann hat kein Landwirt in unserem Land die Möglichkeit, KULAP in Anspruch zu nehmen.

(Beifall bei der CSU)

Ich bin deshalb der Meinung: Wenn wir es so machen, wie wir es vorgesehen haben, dass wir ein Gebot aussprechen, Grünland zu erhalten, uns also positiv und konstruktiv erweisen und dem Landwirt für seine freiwillige Leistung die Möglichkeit geben, KULAP in Anspruch zu nehmen, dann erreichen wir am Ende inhaltlich-materiell das gleiche Ziel, nehmen aber den Grundstückseigentümer mit auf den Weg. Dann machen wir Naturschutz mit den Menschen und mit den Grundstückseigentümern. Das ist der Weg, den die Staatsregierung und die CSU gehen.

(Beifall bei der CSU)

Unser Land ist als Lebensraum und Wirtschaftsstandort auch deshalb so attraktiv, weil wir über die Jahrzehnte hinweg eine gute Naturschutzarbeit gemacht haben. Deshalb bitte ich Sie, dem Gesetzentwurf Ihre Zustimmung zu geben. Denn die Linie, die in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich war, wird sich auch in dem begonnenen 21. Jahrhundert als erfolgreich erweisen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe keine weiteren Wortmeldungen vorliegen. Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/3477 sowie die Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/3601 und 15/3677 bis 15/3694 zugrunde, außerdem die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz auf Drucksache 15/3830.

Zunächst lasse ich über die vom federführenden Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge abstimmen. Eine Liste der Anträge liegt Ihnen vor.

(siehe Anlage 3)

Besteht Einverständnis, dass wir über diese Anträge im Block abstimmen? – Ich sehe keinen Widerspruch.

Ich stelle jetzt die zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge insgesamt zur Abstimmung. Hinsichtlich des Änderungsantrags auf der Drucksache 15/3688 wird im Rahmen dieser Abstimmung nur über die Nummer 2 beschlossen, nachdem Nummer 1 vom mitberatenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen für erledigt erklärt worden ist. Wer seinem Abstimmungsverhalten bzw. demjenigen der jeweils eigenen Fraktion im federführenden Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Niemand. Stimmenthaltungen? – Auch niemand. Damit ist einstimmig so beschlossen. Damit übernimmt der Landtag die ablehnenden Voten.

Zum Gesetzentwurf empfi ehlt der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz bei der zweiten

Beratung Zustimmung mit der Maßgabe verschiedener Änderungen. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmt der Beschlussfassung des federführenden Ausschusses zu. Ergänzend schlägt er vor, in § 5 Absatz 1 als Datum des In-Kraft-Tretens den „1. August 2005“ einzufügen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 15/3830.

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Niemand. Damit ist so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wird, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Diese soll in namentlicher Form erfolgen. Der Abstimmung liegt der im vorhergegangenen Abstimmungsgang beschlossene Gesetzentwurf zugrunde. Für die Stimmabgabe sind die Urnen auf beiden Seiten des Sitzungssaales und auf dem Stenografentisch bereitgestellt. Wir beginnen mit der Stimmabgabe. Dafür haben wir fünf Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 17.55 bis 18.00 Uhr )

Meine Damen und Herren, die 5 Minuten sind um. Die Stimmabgabe ist geschlossen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben. Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich die Tagesordnungspunkte 15 und 16 auf:

Gesetzentwurf der Abg. Dr. Ingrid Fickler, Prof. Ursula Männle, Joachim Unterländer u. a. (CSU) zur Änderung des Bestattungsgesetzes (Drs. 15/2847) – Zweite Lesung –

Gesetzentwurf der Abg. Franz Maget, Kathrin Sonnenholzner, Adelheid Rupp u. a. (SPD) zur Änderung des Bestattungsgesetzes (Drs. 15/3388) – Zweite Lesung –

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurden dafür 10 Minuten Redezeit pro Fraktion vereinbart. Erste Wortmeldung: Frau Kollegin Dr. Fickler.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach bisheriger Rechtslage besteht in Bayern für die totgeborene oder während der Geburt verstorbene Leibesfrucht mit einem Gewicht unter

500 Gramm, eine so genannte Fehlgeburt, und für Embryonen und Feten aus Schwangerschaftsabbrüchen keine Bestattungspfl icht. Fehlgeburten können bestattet werden, Embryonen und Feten aus Schwangerschaftsabbrüchen sowie Fehlgeburten, für die keine Bestattung gewünscht wird, unterliegen einer Beseitigungspfl icht.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die Beseitigung ist entsprechend der Regelung für die Beseitigung von Körper- und Leichenteilen unverzüglich in schicklicher und gesundheitlich unbedenklicher Weise durchzuführen. In der Praxis bedeutet dies im Regelfall die Entsorgung mit dem Klinikmüll bzw. in die Kanalisation.

Diese gesetzliche Regelung wird der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Beginn des menschlichen Lebens und der Reichweite der Menschenwürde und der daraus resultierenden Verpfl ichtung zum Lebensschutz nicht gerecht. Die Kirchen kritisieren diese Rechtslage seit langem. Auch von betroffenen Eltern werden die geltende Regelung und die geübte Praxis zunehmend als unbefriedigend empfunden.

Mittlerweile gibt es zahlreiche Initiativen, die in Eigenregie Sammelbestattungen durchführen. Mit unserem Änderungsgesetz setzen wir klare Richtlinien, wie zu handeln ist, und wir konkretisieren die bereits jetzt bestehende Pfl icht zur schicklichen Beseitigung.

Unser Änderungsgesetz ermöglicht die fakultative Individualbestattung und führt die so genannte Zur-Ruhe-Bettung als neues Instrument ein. Fehlgeburten und Feten aus Embryonen und Schwangerschaftsabbrüchen können zukünftig durch die Verfügungsberechtigten, das heißt im Regelfall durch die Eltern, individuell bestattet werden. Findet keine Individualbestattung statt, sind Fehlgeburten, Feten und Embryonen nicht mehr wie bisher Körper- und Leichenteile schicklich zu beseitigen, sondern auf einem Gräberfeld zur Ruhe zu betten.

In diesem wesentlichen Punkt unterscheidet sich der Gesetzentwurf der SPD von dem unseren, weshalb wir den Gesetzentwurf der SPD ablehnen werden.

Unser Gesetzentwurf hält zwar formell an der Verpfl ichtung der Eltern zur Zur-Ruhe-Bettung fest, faktisch werden diese jedoch durch eine weit reichende Zumutbarkeitsregelung von dieser befreit. Dies gilt insbesondere für häusliche Fehlgeburten und bei Schwangerschaftsabbrüchen.

Die Zumutbarkeitsregelung bezieht sich nicht auf die fi nanziellen Verhältnisse der Betroffenen - das möchte ich hier ausdrücklich festhalten -, sondern auf deren psychische Verfassung. Insoweit kann es nicht zu den von der Opposition vermuteten Streitigkeiten über die Zumutbarkeit der Kostentragung für die Betroffenen kommen.

Die Verpfl ichtung trifft in der Praxis den Inhaber des Gewahrsams, das heißt, die Krankenhäuser bzw. bei Schwangerschaftsabbrüchen den den Eingriff vornehmenden Arzt. Die Eltern müssen über ihr Recht zur Individualbestattung und die neu eingeführten Verpfl ichtungen