Protocol of the Session on July 19, 2005

Ich weise darauf hin, dass ich noch zwei Wortmeldungen habe. Wir werden diese Aktuelle Stunde heute noch beenden, weil wir nicht abstimmen müssen. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Pfaffmann.

(Zuruf der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Entschuldigen Sie, hier steht: Herr Kollege Pfaffmann. Dann hat eben Herr Kollege Memmel das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Keiner von uns behauptet, die Entscheidung, die Fußball-Weltmeisterschaft nach Deutschland zu holen, wäre eine schlechte Entscheidung gewesen. Wir alle wissen, dass es ein großartiges, ein sensationelles Ereignis war, dass die FußballWeltmeisterschaft an Deutschland vergeben wurde. Es ist auch herausragend, dass wir in Bayern mit Nürnberg und München zwei WM-Stätten haben. Wir verkennen auch nicht die Bedeutung, dass wir das Eröffnungsspiel in München haben und dass wir auch das Medienzentrum nach München bekommen haben. Wenn Sie jetzt aber so tun, als ob man nichts mehr anschauen und kritisieren dürfte, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Immerhin hat dieses Parlament eine Aufsichtspfl icht. Das gilt auch für Veranstaltungen, die von der Staatsregierung ausgehen.

Wenn hier betont worden ist, wie großartig sich unsere Minister bewegen mussten, beispielsweise nach Südamerika, dann muss ich schon schmunzeln und Ihnen dazu etwas sagen: Kein einziges südamerikanisches Land hat für Deutschland gestimmt. Diese Reisen waren auch „Schneider“-Fahrten, aber was soll’s.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das ist doch ein Schmarrn!)

Nein, man weiß, wer wie abgestimmt hat. Alle sind sich einig, dass die Fußball-Weltmeisterschaft nicht nur das größte Fußballfest ist, mit einer hohen gesamtwirtschaftlichen Bedeutung, sondern dass die WM auch immer mit einem enormen Image-Gewinn für die WM-Standorte einhergeht. Das ist völlig klar. Die Entscheidung ist auch eine Verbeugung vor dem Sport-, insbesondere aber vor dem Fußball-Land Deutschland –, denn der Deutsche FußballBund ist der größte organisierte Sportzusammenschluss in der FIFA. Sie müssen allerdings zugeben, was hier passiert ist, führt nicht zu einer Image-Zunahme, sondern im Gegenteil zu einem Image-Verlust. Die Schlagzeilen haben weder die SPD noch die GRÜNEN gemacht. Die Schlag

zeilen heute lauten: „Flop droht Stoibers WM“, „Ein Millionen-Flop“, „Schrammler und Stammler“, „Keine WMreife Leistung“, „Pleiten, Pech und Pannen“, „Wie Kirchs Leute an Bayerns WM-Chaos verdienen“. Glauben Sie denn, dass es bei solchen Schlagzeilen sinnvoll ist, uns zu beschimpfen? Wenn das in den Zeitungen steht, dann haben die Journalisten recherchiert und wissen ganz genau, warum sie solche Überschriften machen.

Ich sage es deshalb noch einmal: Wir haben als Parlament die Verpfl ichtung, auf solche Dinge einzugehen. Am wenigsten verstehe ich Herrn Staatsminister Schneider, wenn er sagt: „Wieso schimpfen Sie über die ganzen Vorgänge, es ist doch alles in Ordnung. Im Übrigen habe ich rechtzeitig – –“ und dann zählt er jede Menge Maßnahmen auf, die er eingeleitet hat. Er hat uns aber nicht beantwortet, warum Personal entlassen worden ist. Sie, Herr Minister, haben nicht gesagt, was hier im Einzelnen vorliegt. Sie haben diese Personalentscheidungen getroffen – und wir sollten dann nicht nachfragen dürfen? Wo sind wir denn?

(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Genau! – Beifall bei der SPD)

Im Übrigen führt auch das stümperhafte Vorbereiten von solchen Veranstaltungen zu einem Image-Verlust. Hier wurde auf die Ministerialbürokratie gesetzt. Dabei hätte man hier doch die Kolleginnen und Kollegen vom Landessportbeirat, von mir aus alle von der CSU, nehmen sollen. Die hätten wahrscheinlich mehr Gespür für solche Veranstaltungen gehabt als die Ministerialen, die die Sache jetzt in den Sand gesetzt haben. So etwas stört das Vertrauen zwischen Sponsoren und der öffentlichen Hand.

(Beifall bei der SPD)

Wie glauben Sie denn, dass Sie künftig Sponsoren bei so stümperhaften Veranstaltungen gewinnen können? Kein Unternehmen kann es sich leisten, mit solchen Stümpereien in einem Atemzug genannt zu werden. Ich weiß, wovon ich rede, das dürfen Sie mir glauben.

Auch die ehrenamtlichen Sportfunktionäre zweifeln langsam an dem großartigen Ereignis dieser Fußball-Weltmeisterschaft, wenn sie in einem Atemzug feststellen müssen – darauf hat Herr Kollege Leichtle hingewiesen –, dass immer weniger Geld für die Vereine zur Verfügung steht. Der BLSV-Präsident sagt, die Vereine seien am Ende, sie seien fi nanziell ausgeblutet, und so könne es nicht mehr weitergehen. Das Land mit Breitensport, das Vorbildcharakter hatte, ist inzwischen auf ein Niveau abgerutscht, das nicht hinnehmbar ist. Ich sage Ihnen deshalb Folgendes: Wenn Sie meinen, dass ganz Bayern an dieser Weltmeisterschaft Anteil haben will, wenn sich ganz Bayern als Weltmeisterschafts-Land freuen will, dann legen Sie ein Sonderprogramm für die Sportvereine auf. Geben Sie einen WM-Obolus aus, damit draußen etwas ankommt und alle sagen können: Wir Bayern sind ein Weltmeisterschafts-Land. So aber bleiben die Vereine Bittsteller, ohne dass deren Bitten gehört würden.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung, der vorläufi g letzte Redner, Herr Kollege Pfaffmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will noch ein paar abschließende Bemerkungen zu diesem Thema machen. Herr Staatsminister, Sie haben, wie Ihre Kollegen aus der CSU-Fraktion, in blumigen Worten erklärt, wie wichtig es ist, dass Bayern im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft ein besseres Image bekommt. Dem stimmen wir zu, auch wir sind froh, wenn Bayern ein gutes Image bekommt. Die Weltmeisterschaft ist in diesem Zusammenhang sicher ein wichtiges Thema. Sie haben aber mit keinem Wort zu den kritischen Fragen Stellung genommen. Wenn alles so gut ist, wie Sie sagen, dann stellt sich doch die Frage, warum der Vorsitzende der Task Force, Herr Vorleuter, entlassen wurde.

Ich möchte ein paar kritische Überlegungen anschließen: Es ist schon ungewöhnlich, dass ein Beamter, ein Persönlicher Referent, zunächst Vorsitzender der Task Force wird, dass diese Task Force dann einen Verein gründet und der Vorsitzende dieser Task Force dann, als Privatperson, zum Vorsitzenden dieses – privat organisierten – Vereins wird.

Das stinkt zum Himmel. Sie müssen die Frage beantworten, warum Sie das so gemacht haben. Warum haben Sie das zugelassen? Ist es rechtlich überhaupt zulässig, dass ein Beamter des Freistaates Vorsitzender eines Vereins wird, der wiederum von diesem Freistaat Aufträge entgegennimmt? Das halte ich rechtlich für höchst bedenklich. Nehmen Sie dazu doch endlich einmal Stellung, bevor Sie blumig erklären, was alles schon getan worden ist.

Zum Zweiten. Auch die fi nanziellen Fragen sind völlig ungeklärt. Für das Konzert mit den drei Orchestern gibt es vom DFB die Zusage einer Zuschussfi nanzierung, die an ein Finanzierungskonzept gekoppelt ist, welches vorliegen soll. Ende 2004 hat die Staatsregierung gesagt, dieses Finanzierungskonzept liege nunmehr vor. Das Finanzierungskonzept war die Voraussetzung für Zuschüsse vom DFB. Wo ist denn dieses Finanzierungskonzept, welches anscheinend schon Ende des letzten Jahres vorgelegen hat? Auf sämtliche Nachfragen aller Partner gab es das Finanzierungskonzept nicht. Herr Staatsminister, heißt das denn, dass Sie gegenüber dem DFB falsche Angaben gemacht haben? Dazu müssen Sie Stellung nehmen. Heißt das denn, dass Sie nur gesagt haben, es gäbe ein Finanzierungskonzept, um Zuschüsse für dieses Konzert zu bekommen? Keiner hat eines gesehen, und genauso wenig gibt es eine Kostenkalkulation.

Herr Schneider, Sie wussten vielleicht nicht, wo die Probleme liegen, aber Ihre Vorgängerin wusste es, und insofern die Staatsregierung auch. Sie haben auf genau diese Fragen monatelang keine Antwort gegeben. Diese Fragen werden nicht erst hier und heute gestellt. Sie werden schon länger gestellt. Sie haben aber keine Antwort gegeben. Das ist letztendlich ein Skandal. Das hat nichts mehr mit der Frage zu tun, ob wir alle gemeinsam wünschen, dass Bayern im Zusammenhang mit der WM 2006 ein gutes Image bekommt. Das ist nicht nur stümperhaftes Vorgehen, sondern das ist – ich zitiere die „Abendzeitung“ von heute – ein „Amigoalarm bei Bayerns WMPlanung“. Dieser Frage muss man einmal nachgehen. Darauf haben Sie keinerlei Antworten gegeben. Keine einzige Antwort haben Sie gegeben.

Deswegen begrüße ich es schon, dass möglicherweise eine Sondersitzung des Haushaltsausschusses stattfi ndet, bei der Sie dazu Stellung nehmen sollen. Die Frage ist nicht neu.

(Signal des Präsidenten)

Ich bin sofort fertig. Es stellt sich auch die Frage, mit wem Herr Vorleuter verhandelt hat. Das weiß keiner. Welche Verträge hat er denn geschlossen und welche Verpfl ichtungen ist er eingegangen? Das weiß keiner. Mit welchen Sponsoren hat er verhandelt? Auch das weiß keiner. Das sind die Fragen, die in diesem Zusammenhang gestellt werden müssen. Darauf sind Sie heute jegliche Antwort schuldig geblieben. Kollege Waschler, wenn das kleinkariertes Denken ist, muss ich Ihnen schon sagen: Ihre Hemmschwelle liegt sehr niedrig, Ihr Wunsch nach Aufklärung offensichtlich auch.

(Beifall bei der SPD – Karin Radermacher (SPD): Das kennen wir doch schon!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, auch nicht seitens des Herrn Ministers.

(Margarete Bause (GRÜNE): Und was sagt der Wiesheu dazu? Der gehört doch auch dazu!)

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet. Ich unterbreche die Sitzung und erwarte Sie alle morgen früh um neun Uhr pünktlich hier in diesem Saal. Ein schönes Sommerfest!

(Schluss: 17.34 Uhr)