Protocol of the Session on June 28, 2005

Wir stimmen der Regelung zu den beweglichen Ferientagen zu, obwohl ich es sehr bedauere, dass es nicht geklappt hat, den Schulen dieses Stückchen Freiheit zuzugestehen. Es ist aber durch Petitionen, die wir im Ausschuss beraten haben, zutage getreten, dass die Eltern, vor allem die allein erziehenden Mütter, an den beweglichen Ferientagen keine Betreuung für ihre Kinder fi nden konnten. Ich denke, das sollte ein weiterer Anlass sein, um Müttern, Vätern und Eltern mehr Betreuung zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Waschler, in zwei Punkten habe ich Beratungsbedarf. Zum einen geht es um Artikel 43, in dem die Aufsicht vom Schulamt an die Regierung übergeht. Die Begründung hierzu ist mir schleierhaft. Ich freue mich darauf, was wir dazu im Ausschuss hören werden.

Zum anderen besteht bei uns wie bei der SPD Beratungsbedarf hinsichtlich des Artikels 86 Absatz 10, wonach die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Ordnungsmaßnahmen entfällt. Das Beispiel mit gewaltbereiten Schülerinnen und Schülern, Herr Minister Schneider, ist eines, das ein Extrem setzt. Es gibt aber auch noch andere, kleinere Vergehen, wie ich sagen möchte. Ich bin mir sicher, auch hier im Raum sitzen viele, die schon einmal einen Verweis bekommen haben. Herr Kollege Waschler hat natürlich noch nie einen Verweis bekommen, ich im Übrigen auch nie. Die aufschiebende Wirkung, Herr Kollege Eisenreich, bezieht sich aber auf alle Ordnungsmaßnahmen. Sie haben schon Recht, Widerspruch und Anfechtung – oder wie immer das auch heißt, ich bin keine Juristin – werden natürlich weitergeführt werden. Sie höhlen dieses Recht aber eigentlich aus, indem Sie den Sofortvollzug durchführen. Es hat aber niemand etwas davon, wenn man es im Nachhinein wieder rückgängig macht.

Ich denke, gerade an den Schulen sollte man den Schülerinnen und Schülern zeigen, dass es Demokratie gibt, dass man miteinander auskommen kann – Gewaltfälle nehme ich jetzt einmal aus. Es sollte den Schülerinnen und Schülern gezeigt werden, dass Lehrer und Schülerinnen und Schüler zusammenarbeiten und es keinen Diktator gibt, der bestimmt. Das gibt es im Schulleben nämlich leider auch, Herr Kollege Eisenreich. Davor werden unsere Kinder dann nicht mehr geschützt sein. Anstatt mit der Brechstange auf das Verhalten der Schülerinnen und Schüler zu antworten, sollten wir uns um pädagogische Antworten bemühen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine letzte Anmerkung: Die Erweiterung der Defi nition „öffentliche Schulen“ ist nur Kosmetik. Das wirkliche Problem packen Sie nicht an. Das wirkliche Problem heißt: Kommunale Schulen bekommen weniger Zuschüsse als private Schulen. Dieses Problem haben Sie nicht gelöst, und Sie werden es auch nicht lösen wollen. Die Verstaatlichung kommunaler Schulen – ich sage das hier, damit es wieder einmal alle gehört haben –, so haben Sie vor dem Ausschuss betont, könne frühestens in der übernächsten Legislaturperiode angegangen werden.

Zu erwähnen ist noch, dass das Konsultationsverfahren für die Kommunen und für die kommunalen Spitzenverbände zu knapp gewesen ist. Das Schreiben hat sie teilweise später als Mitte Mai erreicht, doch bis zum 30. Mai musste geantwortet werden. Ich meine, künftig sollte man sich einen besseren Stil angewöhnen. Über alles Weitere sprechen wir am Donnerstag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport als dem federführenden Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Keine Widerrede. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Absatz 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden

Ausgenommen von der Abstimmung sind die Listennummern 10, 12 und 14. Das sind die Dringlichkeitsanträge zur Feinstaubbelastung auf den Drucksachen 15/3076, 15/3081 und 15/3085. Diese Anträge sollen auf Wunsch aller Fraktionen gesondert beraten werden.

Auf Wunsch der SPD-Fraktion lasse ich vorweg über die Listennummer 18 abstimmen: Dringlichkeitsantrag der Abg. Johanna Werner-Muggendorfer, Rainer Volkmann, Adelheid Rupp u. a. u. Frakt. (SPD), Berufsfachschule für Musik in Altötting (Drs. 15/3065), Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses (Drs. 15/3486). Sowohl der federführende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport als auch der mitberatende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen schlagen jeweils eine Neufassung des Dringlichkeitsantrages vor. Ich lasse jetzt, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen, über die Fassung des Haushaltsausschusses abstimmen. Im Einzelnen verweise ich auf die Drucksache 15/3486. Wer der vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vorgesehenen Neufassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Bei Enthaltung einiger Abgeordneter der GRÜNEN – –

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wenn ich die Hand hebe, dann bedeutet das, die ganze Fraktion stimmt zu.)

- Herr Dr. Dürr, Sie sind nicht die ganze Fraktion.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Ich bin die Fraktion!)

- Sehen Sie, das ist der Nachteil der Doppelspitze, weil Sie sich nicht einigen können, wer die Fraktion ist. - Jetzt sind die anderen auch aufgewacht, jetzt ist es einstimmig. Die GRÜNEN enthalten sich also einstimmig. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir kommen jetzt zum Rest der Liste. Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen zu den übrigen Anträgen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste (siehe Anlage).

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung bei den GRÜNEN. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 bis 8 gemeinsam auf:

Antrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Leitlinien der zukünftigen bayerischen Verkehrspolitik (Drs. 15/2545)

Antrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Tempolimit (Drs. 15/2551)

Antrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Tempolimit innerorts (Drs. 15/2553)

Antrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Einführung eines Grenzwertes für den CO2-Ausstoß bei Kraftfahrzeugen (Drs. 15/2566)

Antrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ökologische Folgen des Luftverkehrs verringern (Drs. 15/2567)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und weise darauf hin, dass jede Fraktion 30 Minuten Redezeit hat. Zuerst hat sich Herr Kollege Dr. Magerl zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute mit einem Antragsbündel von fünf Anträgen zum Thema Verkehr zu tun. Diese Anträge sind Bestandteil eines größeren Antragsbündels, welches gemeinsam im federführenden Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr behandelt wurde. Rund 40 % dieser Anträge wurden einstimmig angenommen. Leider wurden aber zentrale Teile unserer Initiative von der CSU, und zum erheblichen Teil leider auch von der SPD, abgelehnt. Vielleicht gibt es hier und heute

aber noch etwas Bewegung, vielleicht gelingt es mir, noch den einen oder die andere zu überzeugen.

Schauen wir doch einmal auf die Rahmenbedingungen, die wir im Moment beim Verkehr haben. Wir haben zum einen den Ölpreis, der sich auf einem Rekordniveau befi ndet und bei dem weitere Steigerungen durch die erhöhte Nachfrage und durch Spekulationen zu erwarten sind. Die Prognose der Analysten geht so weit, dass ein Fass mehr als 100 Dollar kostet.

Wir haben nach wie vor Umweltbelastungen aus dem Straßen- und aus dem Luftverkehr, die viel zu hoch sind. Die Ozonprognose des heutigen Tages liegt bei knapp unter 180 µg/m3 und damit im Bereich des Warnwertes. Dieser Wert wird in den nächsten Tagen eher ansteigen als zurückgehen.

Wir haben zwar hier im Hause hinlänglich über die Feinstaubproblematik debattiert, werden aber das Thema in der nächsten Plenarsitzung bedauerlicherweise noch einmal zu diskutieren haben. Nach wie vor ungelöst ist die Klimaproblematik. Der CO2-Ausstoß des Straßenverkehrs hat sich seit 1960, also in 45 Jahren, mehr als verfünffacht. Gleichzeitig ist der Anteil des Verkehrssektors an den klimarelevanten CO2-Emissionen in den letzten Jahren auf über ein Fünftel der Gesamtemissionen angestiegen. Es ist zwar gelungen, durch technische Maßnahmen eine Verminderung des CO2-Ausstoßes pro gefahrenen Kilometer zu erzielen, aber durch die gestiegene Fahrleistung ist der Effekt wieder aufgehoben bzw. ins Gegenteil verkehrt worden.

Ungelöst ist auch das Problem des Straßenverkehrslärms und des Lärms von Flugzeugen. Nach wie vor ungelöst ist das Problem der Inanspruchnahme von Grund und Boden durch Verkehrsfl ächen. Hier gibt es weitere Steigerungen. Wenn es auch nur zu einer annähernden Umsetzung der Planungen auf allen Ebenen von den Gemeindestraßen bis zu den Bundesautobahnen kommt, dann wird der Flächenverbrauch weiter ansteigen. Enorme Probleme haben wir auch nach wie vor bei der Verkehrssicherheit. Wesentliches Thema in der Diskussion ist das außer- und innerörtliche Tempolimit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man muss sich nur die Werte ansehen: In Bezug auf die Zahl der verunglückten Kinder unter 15 Jahren wurden im Jahr 2000 in Deutschland mit 530 Todesopfern pro 100 000 Einwohner in dieser Alterklasse die meisten Opfer im Vergleich aller EU-Staaten registriert. Überdurchschnittlich gefährdet sind auch junge Pkw-Fahranfänger und Zweiradfahrer. Das heißt, wir sind in Deutschland bei den jungen Leuten und den Kindern nach wie vor auf dem letzten Platz innerhalb der EU. Dies ist eine Schande. Ich meine auch, dass dies damit zusammenhängt, dass wir viel zu hohe Geschwindigkeiten sowohl außerorts als auch innerorts auf unseren Straßen erlauben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu den Rahmenbedingungen möchte ich abschließend darauf hinweisen, dass wir nach wie vor eine falsche

Raumordnungspolitik, eine falsche Verkehrswegeplanung und zu viele Subventionen, die die vorhandenen Fehlentwicklungen beim Verkehr verstärken, haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das heißt, dass wir eine Neuorientierung auf dem Sektor Verkehr nach wie vor nötig haben. Die ökologisch-soziale Steuerreform – es waren gerade die GRÜNEN, die diese mit Unterstützung der SPD vorangebracht haben – hat bereits beim Pkw-Verkehr eine Wende eingeleitet. Die Fahrleistung der Pkws ist in Deutschland von 534,4 Milliarden Kilometern pro Jahr in 1999 auf 509,3 Milliarden Kilometer pro Jahr in 2000 gesunken. Entsprechend ist auch der Treibstoffverbrauch zurückgegangen.

Sie von der CSU haben letztens bei einer Diskussion zu dem Thema erklärt, das stimme alles nicht. Herr Dr. Wiesheu hat vollmundig aus dem hohlen Bauch heraus angekündigt, er werde uns ein Gutachten zeigen, das das alles widerlegt. Bis heute hat er das Gutachten nicht vorgelegt. Meine Zahlen – ich kann das klar belegen – entstammen dem Werk „Verkehr in Zahlen“, welches vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen erstellt wird. Ich habe keinen Grund, an diesen Zahlen zu zweifeln.

Das heißt, es ist der amtierenden Bundesregierung – ich gehe davon aus, dass sie noch einige Jahre weiter im Amt sein wird, auch wenn Sie anderes behaupten – gelungen, eine Verkehrswende einzuleiten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich gehe auch davon aus, dass es uns bei der Lkw-Maut – diese funktioniert mittlerweile hervorragend – gelingen wird, die erhoffte Verlagerung von der Straße auf die Schiene zu erreichen.

Damit man sieht, wo Sie bei diesem Thema stehen, will ich aus dem Gesamtverkehrsplan Bayern 2002 zitieren, in dem Sie sich klar gegen eine gerechte Bemautung des Lkw-Verkehrs wenden. Hier heißt es: „Sie“ – die Staatsregierung – „hält aber die von der Kommission Verkehrsinfrastrukturfi nanzierung vorgeschlagene Gebührenhöhe von 25 Pfennigen – gleich 12,8 Cent – und erst recht den von der Bundesregierung genannten Betrag von durchschnittlich 15 Cent je Fahrzeugkilometer für zu hoch.“ – Das ist also das, was Sie wollen. Sie wollen sowohl im Güterverkehr als auch im Pkw-Verkehr eine möglichst billige Lösung, die weder die tatsächlichen Kosten, was die Abnutzung der Straßen anbelangt, noch die externen Kosten, was die Umweltbelastung anbelangt, trägt. Das ist das, was Ihre Verkehrspolitik ausmacht.

Unser erster Antrag betreffend die Leitlinien der zukünftigen bayerischen Verkehrspolitik möchte hier eine Wende einleiten. Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns bewusst an dem Text des Gesamtverkehrsplans 1994 orientiert. Das, was wir fordern, war schon einmal die Position der Bayerischen Staatsregierung. Wer von 1994 unter Gustl Lang bis 2002 unter Otto Wiesheu in die umweltpolitische Steinzeit zurückgefallen ist, ist diese

Bayerische Staatsregierung. Damals waren Sie umweltpolitisch weiter, als Sie es heute sind.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von den GRÜ- NEN)

Es ist eben so, dass die Staatsregierung sich damals ein bisschen was getraut hat und sich heute überhaupt nichts mehr traut. Insofern muss ich klar und deutlich sagen: Herr Dr. Wiesheu ist auf diesem Sektor eine glatte Fehlbesetzung. Anders kann man es nicht sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehen Sie sich einmal im Vergleich zu den konkreten Formulierungen aus dem Jahr 1994 den Text auf Seite 41 des Gesamtverkehrsplans Bayern 2002 betreffend Ziele und Maßnahmen an: „Die Bayerische Staatsregierung bemüht sich vor allem um die Sicherstellung eines ausreichenden und modernen Straßennetzes.“ – Sie hat sich stets bemüht: In ein Zeugnis dürfte man nicht schreiben, was hier als völlig vage politische Zielsetzung der CSU und der Staatsregierung festgehalten wird. Wie gesagt, die Formulierung, die Sie früher gehabt haben, war weit besser. Erstes Ziel war die Vermeidung von unnötigem Verkehr. Zweites Ziel war die Verlagerung von stärker umweltbelastenden auf weniger umweltbelastende Verkehrsmittel, und drittes Ziel war die ressourcenschonende, umweltfreundliche Gestaltung des Verkehrs und der Verkehrsmittel und die bestmögliche Vernetzung aller Verkehrssysteme. Das waren klare Formulierungen, das war eine klare Zielvorgabe.