Protocol of the Session on June 28, 2005

(Beifall bei der SPD)

Die Causa Kirch ist erwähnenswert. Kirch ist als Filmrechtehändler in Bayern aufgestiegen und hat ein Imperium aufgebaut, das für den Medienstandort Bayern sicherlich gut war. Aber dann ist die Causa Kirch problematisch geworden. Kirch hatte schon mehr als 4 Milliarden Euro Schulden und brauchte, um die Formel 1-Rechte zu kaufen, noch einmal 1 Milliarde Euro. Die Landesbank

war schon mit einer Milliarde beteiligt. Staatsminister Huber hat sich ins Zeug gelegt, um von der Hypo-Vereinsbank 1 Milliarde Euro zu bekommen. Er hat sie nicht bekommen. Aber die Landesbank hat noch einmal 1 Milliarde Euro hineingesteckt. Also hat die Landesbank insgesamt 2 Milliarden Euro in den maroden Kirch-Konzern gesteckt. Hätte das Land Bayern die 2 Milliarden Euro nicht gegeben, wäre Kirch vorher schon Pleite gegangen. Das wäre das gleiche Ergebnis, aber der Freistaat Bayern hätte 2 Milliarden Euro mehr.

Ich werde Ihnen auch sagen, warum zwei Milliarden Euro über die Landesbank an den Kirch-Konzern gegeben wurden. Zeitweise waren 11 von 38 Aufsichtsräten Mitglieder der Staatsregierung im Vorstand der Landesbank – 11 von 38! Staatskanzleiminister Huber legte zum Formel 1-Kredit noch mal 1 Milliarde Euro auf die über 6 Milliarden Schulden, die Kirch schon hatte, mit der Begründung, wenn ein Unternehmen die Weltrechte an der faszinierenden Formel 1 halte, mache dies den Einsatz der Staatsregierung notwendig. Andere würden dafür Jubelfeste abhalten. Das sei ein big point der bayerischen Medienpolitik. Das alles geschah ohne ausreichende Absicherung.

Kollege Dr. Bernhard sprach von Ränkespielen. Aber Kirch hatte hochrangige Berater. Es gab Dr. Helmut Kohl. Er kassierte über viele Jahre hinweg sechsstellige Summen. Es gab Dr. Theo Waigel. Auch er kassierte über viele Jahre hinweg sechsstellige Summen. Der Bundesminister für Post und Telekommunikation Bötsch kassierte über viele Jahre sechsstellige Summen von Kirch. Und es gab das CSU-Urgestein Scharnagl, den früheren Herausgeber des „Bayernkurier“; er kassierte über viele Jahre sechsstellige Summen von Kirch.

(Zurufe und Widerspruch von der CSU)

Er hat das als Chefredakteur verantwortet.

Obwohl er Mitglied des ZDF-Fernsehrates war, hatte er Beraterverträge – was mit den Richtlinien des ZDF nicht vereinbar war – bei Kirch und hat sechsstellige Summen kassiert.

Man mag darüber nachdenken, wie das alles zustande gekommen ist. Ich lasse das offen, wie Kollege Pschierer anderes offen gelassen hat. Bei all dem Eigenlob, das die Staatsregierung über ihre ökonomische Tätigkeit legt – –

Ihre Redezeit ist zu Ende, Herr Kollege.

Ich bin sofort fertig. – Bescheidenheit wäre ein demütiges Zeichen, wenn man eine solche Bilanz wie bei der Causa Kirch zu verzeichnen hat, anstatt solche Töne zu spucken, wie Staatsminister Dr. Wiesheu dies getan hat. Ihnen täte Bescheidenheit gut.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Graf von und zu Lerchenfeld. Bitte schön.

Verehrte Frau Präsidentin, Hohes Haus! Chapeau, chapeau. Hut ab, meine Kollegen von der SPD, die Debatte, die Sie heute geliefert haben, ist wirklich „großartig“. Sie haben Chuzpe, richtige Chuzpe. Das waren Tatsachenverdrehungen erster Güte.

(Beifall bei der CSU)

Lieber Kollege Hufe, ich komme zu Ihren Anmerkungen zum Filmfest. Wenn ich mich recht erinnere, wird die Gesellschaft, die dahinter steht, gemeinsam von der Stadt und dem Land Bayern geführt. Zurzeit hat der sehr verehrte Staatsminister der Finanzen den Vorsitz im Aufsichtsrat.

(Dr. Hildegard Kronawitter (SPD): Er war aber nicht da!)

So ganz alleine das Verdienst von München ist das Filmfest doch nicht.

Erinnern Sie sich daran, dass 1994 – so hat mir Kollegin Deml erzählt – die Kollegin Renate Schmidt gefordert habe, den Forschungsreaktor in Garching nicht zu bauen. Sie habe vorgeschlagen, den Professoren die Fahrkarte für Forschungsfahrten nach Grenoble zu zahlen. Das ist die Forschungspolitik der SPD.

(Beifall bei der CSU – Dr. Otmar Bernhard (CSU): Die GRÜNEN wollten kein HEU!)

Von allen wurde schon gesagt, dass Bayern im Verhältnis zu den anderen Bundesländern wirklich hervorragend dastehe. Schauen Sie sich Niedersachsen an. Nach den Herren Schröder und Gabriel ist es pleite. Wer muss es richten? – Die CDU.

(Lachen bei der SPD)

Bremen ist ebenfalls pleite; ohne Bund geht nichts mehr. In Nordrhein-Westfalen gibt es nach 40 Jahren roter und grüner Regierung eine Rekordverschuldung, Rekordarbeitslosigkeit und desaströse Verhältnisse. Sie haben seit 1995 in Nordrhein-Westfalen die Schulden fast um das Dreifache erhöht auf 100 Milliarden Euro und gleichzeitig mit einer Wirtschaftspolitik dafür gesorgt, dass mehr als eine Million Menschen dort arbeitslos sind.

Und im Bund? Nachdem Herr Eichel von der wandelnden Spardose zum Fass ohne Boden mutiert ist, haben Sie Schulden auf Schulden gehäuft und mit einer vollständig verfehlten Wirtschaftspolitik Unternehmen aus Deutschland vertrieben. Das ist in Ihren Augen vernünftige Wirtschaftspolitik.

(Franz Schindler (SPD): Typische Rede eines Verbandsvertreters!)

Jetzt kommt Ihr fabelhafter Finanzminister Eichel und schreibt das letzte Kapitel dieser Bundesregierung, den Ausverkauf Deutschlands. Das letzte Tafelsilber wird verscherbelt, das Ihnen nach sieben Jahren rot-grüner Regierung noch verblieben ist. Forderungsverkäufe. – An wen? – An verteufelte Hedge Fonds.

(Zuruf des Abgeordneten Franz Schindler (SPD))

Verkauf von Pensionsverpfl ichtungen für ehemalige Beamte von Telekom und Post, und jetzt sogar noch der Rückgriff auf das Sondervermögen aus dem Marschallplan

(Franz Maget (SPD): Mein Gott!)

zur Aufstellung eines Haushalts, der sowieso im Jahre 2006 nur noch eine Farce ist. Diesem Minister ohne Macht und Fortune, der einmal angetreten war als Sparer der Nation, gelingt einfach überhaupt nichts mehr.

Ich wiederhole: Hut ab vor Ihrem Mut, die wirtschaftlichen Tatsachen in Deutschland so zu verdrehen. Wenn jetzt am Ende dieser Bundesregierung nichts mehr vorhanden ist, was man verkaufen kann,

(Franz Schindler (SPD): Abwarten!)

dann schreien Sie nach Steuererhöhungen.

(Franz Schindler (SPD): Wer will sie erhöhen?)

Steuererhöhungen für die Reichen! Bravo! Das ist fi nanzpolitischer Blödsinn. Das macht einen ganz schwindelig. Erst senken Sie den Spitzensteuersatz um 5 % auf 42 % und jetzt wird er wieder erhöht. Das Ganze innerhalb kürzester Zeit! Ist das logisch? Ist das klar und ehrlich? – Nein! Das ist rein populistisch. Die Angst treibt Sie um, die Angst vor Ihren eigenen Genossen, die sich langsam um die beiden wirklichkeitsfremden Populisten Lafontaine und Gysi von der Linkspartei scharen. Sie werden es dadurch noch schaffen, dass der Standort Deutschland noch schlechter wird, als er es bereits heute ist.

(Beifall bei der CSU)

Sind Sie sich im Klaren darüber, was Sie mit diesen dummen Forderungen anrichten? Sind Sie sich darüber im Klaren, dass die Großunternehmen, die Herr Schröder bisher immer so verhätschelt hat, schnellstens ihren Sitz ins Ausland verlegen werden, wenn sie merken, dass sie keine Spitzenkräfte in Deutschland mehr bekommen, weil diese Spitzenkräfte einfach zu hoch besteuert werden?

(Lachen bei der SPD)

Sie schaffen Arbeitsplätze, aber nicht bei uns, sondern im Ausland. Ihre Freunde von der so genannten „PremiumOpposition“ führen immer das Wort „Nachhaltigkeit“ im Munde. Da darf ich Ihnen noch etwas zum Abschluss empfehlen. Verabschieden Sie sich bitte nachhaltig in die Opposition. Wir werden Jahre brauchen, bis wir den Augi

asstall in Deutschland, für den Sie mit Ihrer Wirtschaftspolitik verantwortlich sind, ausgemistet haben.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian Magerl (GRÜNE) – Gegenruf von Staatsminister Erwin Huber (CSU))

Herr Staatsminister, nehmen Sie doch bitte für die Zurufe die Abgeordnetenbank ein. - Nächster Redner: Herr Kollege Werner Schieder.

(Dr. Martin Runge (GRÜNE): Jetzt wird es unterhaltsam und kabarettistisch!)

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will die Aufmerksamkeit nach Möglichkeit wieder auf das Thema dieser Aktuellen Stunde lenken. Gegen Ende dieser Aktuellen Stunde, verehrter Herr Kollege Maget, ist mein erstes Fazit, dass eine Aktuelle Stunde eigentlich nicht ausreicht, um ausreichend darzulegen, worin das Versagen der Staatsregierung gerade im Bereich unternehmenspolitischer und spezieller wirtschaftspolitischer Ansätze liegt. Eine Aktuelle Stunde reicht dafür nicht aus. Wir müssten im Grunde einen ganzen Plenumstag darauf verwenden, um die lange Passivseite dieser Staatsregierung zu verdeutlichen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie haben es an der leidenschaftslosen Verteidigung der Staatsregierung meiner geschätzten Ausschusskollegen Dr. Bernhard und Kupka gemerkt, dass wir nicht so ganz falsch liegen mit dem, was wir behaupten. Die wissen schon auch, wie viele Millionen, zig Millionen, hundert Millionen - und woanders eine Milliarde - fi nanziell durch die Politik dieser Staatsregierung versenkt wurden. Wer es nicht glaubt, meine Damen und Herren in der CSU-Fraktion, der soll doch mit denen reden; die können Ihnen das sicherlich auch erklären.

Herr Staatsminister Wiesheu, wir haben hier nicht behauptet, Sie sollten sich aus diesen Dingen heraushalten. Sie haben uns das unterstellt. Das meinen wir nicht. Wir sind schon dafür, dass eine Staatsregierung aktiv eingreift, gestaltet und etwas voranbringt.

(Zurufe von der Regierungsbank)

Unsere Aufforderung, dass Sie aktiv sein und sich einmischen sollen, bedeutet aber nicht, aus jeder Initiative, die Sie ergreifen, eine Pleite zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Aufforderung, sich da herauszuhalten, ist vielleicht in einem ironischen Sinne richtig.