Ich habe es von mir aus sehr schwer, weil ich nicht weiß, wie wichtig dieses Telefonat ist. – Herr Kollege Kupka hat das Wort.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als ich das Thema zur heutigen Aktuellen Stunde gelesen habe, habe ich mir erst einmal die Augen gerieben. Ich habe mir gedacht, dass ich das schon irgendwo gelesen hätte; denn das Gleiche stand vor wenigen Tagen in der „Abendzeitung“. Lesen Sie das einmal nach. Dort steht es Punkt für Punkt. Ich habe mir gedacht: Die werden doch heute nicht das Gleiche vortragen. Tatsächlich, es kam dasselbe wieder. Entweder haben Sie von der „Abendzeitung“ abgeschrieben, oder Sie haben die „Abendzeitung“ mit der Vorbereitung dieser Aktuellen Stunde beauftragt. Beides ist nicht sehr kreativ. Das möchte ich einmal feststellen.
Herr Kollege Maget, dass Sie heute mit diesem Thema nicht punkten, liegt daran, dass Sie das falsche Thema zur falschen Zeit angerissen haben. Die Bürger erwarten heute, dass ihnen die Politik sagt, wie es morgen besser wird. Sie beschreiben die Vergangenheit. Sie gestalten nicht die Zukunft.
Sie werden sehen, wie aktuell das ist. Da werden noch andere Themen kommen, von denen Sie glauben, dass sie aktuell seien. Das hilft uns nicht weiter. Sie haben Kirch angesprochen. Ich will nicht in die Details gehen. Das hat bereits Herr Minister Dr. Wiesheu getan. Das noch einmal zu wiederholen, würde bedeuten, mit dem Kehrbesen hinter der Kehrmaschine nachzuarbeiten. Das hat nicht viel Sinn. Herr Kollege Maget, eines muss ich aber schon sagen: Ich erinnere mich an den Prozess gegen einen gewissen Herrn Breuer. Ich erinnere mich daran, dass es in diesem Zusammenhang in der Presse Meldungen über ein Gespräch in einem Hinterzimmer in Hannover gab, das zwischen Breuer und Schröder stattgefunden hat. Ich erinnere mich auch daran, was Herr Breuer gesagt hat und was dann der Auslöser für die Sache mit Kirch war, nämlich, dass man ihn nicht für kreditwürdig hält. Das sollten Sie sich einmal in Bezug auf Standortpolitik und Unternehmenspolitik überlegen. Eine solche Geschichte hat es bis dahin in Deutschland noch nicht gegeben. Ich war in Ismaning und habe mit den Leuten geredet, die bei Kirch gearbeitet haben. Die waren außer sich.
(Franz Maget (SPD): Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie das dem Bundeskanzler in die Schuhe schieben wollen?)
Herr Kollege Maget, Sie können mich so verstehen, wie ich es gesagt habe. Sie können es auch im Protokoll noch einmal nachlesen. Ich komme jetzt zum Forschungsreaktor München II.
Zum Forschungsreaktor: Sie haben uns viele Vorschläge gemacht, wie dieses Geld zur Deckung von Haushaltslücken verwendet werden könnte. Herr Kollege Maget, vor nicht allzu langer Zeit haben Sie hier gesagt: Dass der Standort Deutschland so gut ist, beweist auch die Tatsache, dass General Electric sich in Bayern niedergelassen hat. Sie haben Recht. Sie hätten jedoch hinzufügen müssen, dass dies nur der Fall war, weil wir den Forschungsreaktor haben.
Ohne den Forschungsreaktor wäre General Electric nicht nach Garching gegangen. Frau Kollegin Gote, die „anderen Aussagen“ haben Sie vermutlich in der dritten Etage geholt. Die sind nicht nach Garching gegangen, weil Garching landschaftlich so schön liegt.
Meine Damen und Herren, wenn wir Vergleiche mit Ländern anstellen, die ein höheres Wirtschaftswachstum als wir haben, stellen wir drei Unterschiede fest: Flexiblere Strukturen, unternehmens- und innovationsfreundliches Klima und eine geringere Staatsquote. Wir haben nicht die Absicht, Industriepolitik zu machen und uns mit Unternehmen zu messen. Wir wollen raus aus Staatsbeteiligungen nach dem Motto „gestalten, nicht besitzen“. Wir beteiligen uns nur noch an kleinen Industrieunternehmen, insbesondere dort, wo Innovation gefragt ist, wo es um Forschung und Technologie geht und wo Anstöße nötig sind. Wir brauchen Technologien, die in der Zukunft von großer Bedeutung sind.
Weil die Wahrheit – wie Schopenhauer sagte – nackt am schönsten ist, möchte ich einige „nackte Zahlen“ nennen: Bayern hat aufgrund seiner Politik – nicht aufgrund seiner Fehler – im Standort-Ranking unter 60 führenden Ländern seinen Platz von 20 auf 18 verbessert. Deutschland dagegen ist von Platz 21 auf Platz 23 zurückgefallen. So falsch kann die Politik, die in Bayern betrieben wird, also nicht sein. Deshalb lohnt es sich nicht, dieses Thema zum Thema einer Aktuellen Stunde zu machen. In Bayern wird eine hervorragende Unternehmenspolitik betrieben, wenn auch nicht alles so läuft, wie es wünschenswert wäre. Bayern liegt nicht auf einer Insel der Seligen. Wir sind in eine Politik eingebunden, die für unsere Unternehmen nicht günstig ist. Das hat der Herr Minister schon ausgeführt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Anlass für die heutige Aktuelle Stunde ist der Aufkauf der Hypo-Vereinsbank durch ein italienisches Institut. Eigentlich handelt es sich dabei um eine Übernahme.
Dieses Institut macht zwar nur ein Drittel der Größe der Hypo-Vereinsbank aus, verfügt aber über den doppelten
Börsenwert. Das zeigt die ganze Misere, die Sie damals mit der Fusion der Hypo-Bank und der Vereinsbank mit verursacht haben.
Jetzt stellt sich Herr Staatsminister Dr. Wiesheu hierher und sagt, dass sei eine Sache der Aufsichtsräte der Unternehmen, damit habe die Staatsregierung nichts zu tun. Sie verschweigen aber, dass Sie vorher versucht haben, die Bayerische Landesbank zu überreden, mit der HypoVereinsbank zusammenzugehen. Sie verschweigen außerdem, dass die Bayerische Staatsregierung – insbesondere auch der Ministerpräsident – an der damaligen Fusion maßgeblich beteiligt waren.
Eine Aussage in der Presseerklärung, die Sie herausgegeben haben, ist hochinteressant. Ich zitiere wörtlich: „Dabei spielt es eine zentrale Rolle, ob Deutschland beim Thema Finanzstandort nicht nur national, sondern auch international beachtete Player hat“.
Das ist richtig. Weiter heißt es: „Leider ist es auch ein besonderes Versäumnis der Bundesregierung, hier in den letzten Jahren die Entwicklung verschlafen zu haben, und es ist bedauerlich, dass der Bund die Möglichkeiten für eine sinnvolle Gestaltung des Finanzplatzes nicht entsprechend genutzt hat.“
Was wollen Sie damit sagen? – Sie haben schon angedeutet, dass in der Bankenlandschaft neue Wege gegangen werden müssten. Bislang war die gemeinsame Position in diesem Hohen Hause, dass wir von einen DreiSäulen-Modell der Deutschen Bankenlandschaft ausgehen, nämlich von den privaten Großbanken, den Genossenschaftsbanken und dem öffentlich-rechtlichen Sektor, den Sparkassen und Landesbanken. Das war auch die Position des Finanzministers, also die Position der Staatsregierung. Heute werfen Sie der Bundesregierung vor, dass sie diese Position, die Sie selbst verlangt haben, in den letzten Jahren nicht eingehalten habe. Das ist doppelzüngig und scheinheilig. Sie sollten einmal darlegen, wie Sie sich die Bankenlandschaft der Zukunft vorstellen und nicht nur auf Berlin zeigen und der Bundesregierung die Schuld in die Schuhe schieben.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Dr. Bernhard war heute so ehrlich und hat gesagt, die Fusion sei richtig gewesen. Er hat nicht gesagt, dass die Staatsregierung diese Fusion maßgeblich eingefädelt hätte. Ich habe hier ein Interview des Magazins „Capital“ mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber aus der damaligen Zeit. Die Überschrift lautet: „Ich war elektrisiert – Bayerns Ministerpräsident zog hinter den Kulissen die Fäden, bevor die Münchner Großbanken ihre Fusion besiegelten“. In diesem Interview heißt es: Entscheidend ist, dass in München eine schlagkräftige Superregionalbank entsteht, die gleichzeitig Europas größter Immobilienfi nanzierer ist.
Das ist genau das Problem. 60 % aller Immobilienfi nanzierungen im Osten Deutschlands wurden durch die Hypo-Bank beziehungsweise durch die Hypo-Vereins
bank gemacht. Angeregt wurde dies auch von der Bayerischen Staatsregierung, siehe LWS. Dieses Stichwort ist noch gar nicht gefallen. Das war ein Staatsunternehmen, das Sie an die Wand gefahren haben.
Schon damals wurde nach den Stiftungen gefragt. Über die Stiftungsvermögen hat der bayerische Ministerpräsident gesagt: Wir prüfen natürlich laufend das Monitum unseres Rechnungshofes, dass die Landesstiftung und die Forschungsstiftung ihr Kapital möglichst ertragreich anlegen sollen. – Das war im Jahre 1997. Die Stiftungen haben bis zum Jahr 2000/2001 gewartet, bis sie die ersten Aktien verkauft haben. Dann gingen die Aktien in den Keller. Sie haben für die Prüfung vier Jahre gebraucht und haben solange geprüft, bis Sie den Wert der Aktien herunterspekuliert hatten. Das war das Problem, das uns auch heute bedrückt.
Herr Kollege Pschierer, Sie haben gesagt, unsere Beispiele wären alle von gestern und Geschichte. Sagen Sie das einmal den Leuten, die bei der Landesstiftung und der Forschungsstiftung Anträge stellen. Diese Leute bekommen kein Geld, weil Sie eine falsche Politik gemacht haben.
Ich habe mich damals sehr massiv gegen diese Steuerneutralität und gegen die Fusion im Allgemeinen ausgesprochen. Ich habe einen interessanten Brief bekommen, eine Antwort auf ein Schreiben an Herrn Stoiber; die Antwort stammte von Herrn Faltlhauser, heute Finanzminister, damals Leiter der Bayerischen Staatskanzlei:
Für mich ist es unverständlich, dass Sie als bayerischer Abgeordneter die geplante Bankenfusion, die den bayerischen und damit den Münchener Finanz- und Bankenplatz stärkt, negativ sehen.
Mit dem angekündigten Zusammenschluss von Bayerischer Vereinsbank und Bayerischer Hypotheken- und Wechselbank zum zweitgrößten Bankeninstitut in Deutschland werden die beiden renommierten bayerischen Kreditinstitute ihre Position im nationalen und internationalen Wettbewerb nachhaltig stärken. Beide Unternehmen sehen in ihrer klar defi nierten strategischen Ausrichtung zu einer Superregionalbank mit einer Konzentration auf Kernkompetenzen und einer selektiven Erschließung neuer Geschäftsfelder deutliche Wachstumspotenziale im Markt.
Schlimmer als Sie kann man sich gar nicht irren. Die wirtschaftspolitische Kompetenz von Herrn Stoiber, von Herrn Wiesheu und von Herrn Huber ist gleich Null. Meine Damen und Herren, das sollte man im bevorstehenden Bundestagswahlkampf auch dem Bürger sagen. Das Schlimmste, was Deutschland passieren kann, ist ein Superminister Stoiber in Berlin.
Herr Kollege Kaiser, bitte sagen Sie mir vielleicht nach der Aktuellen Stunde, wie viele Sätze das gerade gewesen sind. - Herr Staatsminister Wiesheu, bitte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will kurz auf eine von Herrn Kaiser aufgeworfene Frage eingehen. Die Fusion der HVB mit der Unicredit – Sie können das auch als Übernahme bezeichnen – war eine Entscheidung der Gremien der beiden Banken. Ich sage noch einmal: Wir waren daran nicht beteiligt. Das zum Ersten.
Zweitens. Das Drei-Säulen-Modell ist das bei uns in Deutschland vorherrschende Modell – das ist richtig. Das versagt es uns aber nicht, auch einmal in andere Länder zu schauen und zu sehen, was dort läuft. Schauen Sie sich Unicredit an: Das waren vorher sechs Sparkassen plus eine oder zwei Privatbanken.
Ich habe gesagt: Die Fusion der HVB mit Unicredit war eine Entscheidung dieser beiden Kreditinstitute.
Ich führe viele Gespräche, sogar einige, die Sie nichts angehen. – Okay, dann sind wir uns wieder einig.
Hinsichtlich des Drei-Säulen-Modells kann man einmal schauen, was in Italien gemacht worden ist – die haben es intelligent gemacht – und was in Österreich gemacht worden ist – die haben es auch nicht schlecht gemacht.
Nein! Vielleicht sollte man sich bei uns einmal darüber Gedanken machen, wie es insgesamt weitergehen kann.