Protocol of the Session on May 11, 2005

Es wäre auch darüber zu berichten, dass der ORH dargestellt hat, dass die Privatisierungserlöse zunehmend nicht grundstockskonform verwendet werden, sondern dass damit zunehmend die normale Haushaltsfi nanzierung vorgenommen wird. Auch dies ist eine Position, welche die SPD-Fraktion immer wieder dargestellt hat. So gäbe es noch einige andere Punkte darzulegen.

Ich will mich auf zwei Komplexe beziehen: erstens den Einsatz der IuK-Technik bei den Staatsministerien und bei den Verwaltungen. Zweitens werde ich auf die erneuten Beanstandungen bei der bayerischen Steuerverwaltung eingehen.

Zunächst zum IuK-Einsatz. Durch den ORH-Bericht zieht sich wie ein roter Faden, dass der Einsatz der IuK-Technik in der Bayerischen Staatsregierung, in den Ministerien und bei der Verwaltung nur unzureichend ist und der möglichen Modernität nicht entspricht. Es wurde die Personal- und Stellenverwaltung in den Ministerien untersucht. Der ORH stellt fest, dass die Erfassung der Daten für die über 330 000 Beschäftigten derzeit in – man höre und staune – 16 verschiedenen Datenerfassungssystemen erfolgt. Die Verwaltung der Daten könnte wesentlich wirtschaftlicher und mit weniger Aufwand erfolgen, wenn die Personal- und Stellendaten in einem einheitlichen IuK-Ver

fahren abgewickelt und verwaltet würden. Es ist nicht nur so, dass die verschiedenen Ministerien unterschiedliche Systeme verwenden, sondern auch innerhalb der einzelnen Verwaltungszweige werden unterschiedliche Systeme für Teilbereiche genutzt. Das kann nicht effi zient sein. Im Übrigen werden die Daten von 72 000 Beschäftigten sogar mehrfach verwaltet, mit unterschiedlichen Systemen. Auch das ist ein Ausdruck der Ineffi zienz. Bei 29 000 Beschäftigten werden die Daten sogar noch manuell oder mit Hilfssystemen verwaltet.

Der ORH hat überzeugend dargestellt, dass ein einheitliches System zur Verfügung stehen würde, man könnte es anwenden. Das wäre wesentlich wirtschaftlicher und im Übrigen würden auch weniger Lizenzkosten anfallen. Eine vergleichbare Beanstandung gibt es beim Einsatz von IuK-Mitteln bei der Zeiterfassung der staatlichen Bediensteten. Auch hier gibt es unterschiedliche Systeme, die darüber hinaus nicht an die übrigen Systeme der Personalverwaltung angebunden sind. Im Übrigen ist die Beschaffung der Zeiterfassungssysteme nicht koordiniert worden. Die Behörden haben selbstständig unterschiedliche Systeme angeschafft. Auch das ist ein Ausdruck des unzureichenden Umgangs mit dieser Technik.

Das Problem setzt sich auch bei der Schulverwaltung fort. Was ich hier referiere, weist eine Steigerung auf. Von Punkt zu Punkt wird es dramatischer. Bei der Schulverwaltung werden für die notwendigen Erfassungen viele unterschiedliche IuK-Systeme eingesetzt. Die Daten werden dann mit hohem Aufwand zwischen den verschiedenen Ebenen ausgetauscht. Trotz dieses hohen Aufwands liegen die notwendigen Planungsdaten aber – man höre und staune – nicht rechtzeitig vor. Vielleicht ist auch das eine Erklärung dafür, weshalb die bayerische Bildungspolitik so unzureichend ist. Wenn nämlich keine ausreichende Datengrundlage vorliegt, kann man auch keine gute Politik machen. Der ORH stellt fest, das derzeitige IuK-System in den Schulverwaltungen ist unwirtschaftlich, und ein Gesamtkonzept liegt nicht vor.

Man kann also durchaus sagen: IuK-Einsatz in der Personal- und Stellenverwaltung: mangelhaft; IuK-Einsatz in der Zeiterfassung der staatlichen Bediensteten: mangelhaft; IuK-Einsatz in der Schulverwaltung: mangelhaft. Nun aber kommt die Steigerung: Der IuK-Einsatz bei der bayerischen Staatsforstverwaltung und beim Forstministerium ist nicht nur mangelhaft, sondern der Einsatz hier ist ungenügend.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, was hier festgestellt worden ist, das hat Brisanz. Der ORH stellt erhebliche Mängel bei der Ausschreibung und der Vertragsabwicklung der IuKVerfahren fest. Die Verfahren erfüllen oft die vertraglich geforderten Bedingungen nicht. Die Verwaltung hat in Teilbereichen sogar darauf verzichtet, dass die vertraglichen Bedingungen eingehalten wurden. In Einzelfällen sind deshalb erhebliche Summen für Mehrkosten angefallen. Dazu kommt noch, meine Damen und Herren, dass bei der Staatsforstverwaltung die Daten für die Kameralistik und die Doppik nicht kompatibel sind. Sie können deshalb nicht ausreichend miteinander abgeglichen

werden. Der ORH stellt Buchungsunklarheiten in Einzelfällen fest, die in mehrere hundert Millionen Euro gehen. Insgesamt stellt der ORH fest, dass eine Reihe von Zahlungsvorgängen bei der Staatsforstverwaltung nicht nachvollzogen werden kann. Das hat zur Folge, dass die Kostenrechnungen und die darauf basierenden Berichte – beispielsweise auch an den Bayerischen Landtag – ich zitiere wörtlich – „nicht richtig sind“. Denn das 1997 veröffentlichte, so genannte positive Betriebsergebnis beim Staatsforst beruht zu einem erheblichen Teil auf Schätzungen und Annahmen.

Meine Damen und Herren, das ist doch wirklich bemerkenswert. Ich muss schon sagen, hier hätte die Staatsregierung wirklich eine Aufgabe zur Modernisierung der Verwaltung. Die ist dringender als ihre aktuelle Verwaltungsreform. Die Staatsregierung sollte erst einmal schauen, dass sie ihren IuK-Einsatz modernisiert und auf den neuesten Stand bringt, denn er liegt weit hinter dem, was die Staatsregierung an propagandistischer Modernität von sich verkündet.

(Beifall bei der SPD)

Auch bei der Forstreform hätte der Forstminister erst einmal die Aufgabe, seinen eigenen Laden in Ordnung zu bringen, bevor er den Forstbetrieb mit neuen Instabilitäten und Reformen überzieht.

Nun zum zweiten Punkt, der Steuerverwaltung. Meine Damen und Herren, es ist für den Finanzminister und für den Finanzstaatssekretär blamabel, dass der Rechnungshof zum wiederholten Mal massive Beanstandungen bei der Bearbeitung von Steuererklärungen und bei den Betriebsprüfungen festgestellt hat.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich richte das nicht als Schuldvorwurf an die Beschäftigten der Steuerverwaltung; denn man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Probleme deswegen auftauchen, weil die Steuerverwaltung personell dramatisch unterbesetzt ist.

Diesmal hat der Rechnungshof die Veranlagung der Gewinneinkünfte bzw. den Innendienst in diesem Bereich überprüft, wobei er festgestellt hat, dass bei 30 % der Fälle Auffälligkeiten vorhanden sind. Das bedeutet, die Steuererklärungen werden mangelhaft geprüft und bearbeitet, was Steuerausfälle zur Folge hat. Die notwendigen Überprüfungen und die Fallauswahl für die Betriebsprüfungen sind nicht im Mindesten so erfolgt, wie dies notwendig wäre. Man muss sehen, die Betriebsprüfung kann am Ende nur so erfolgreich sein wie der Innendienst; denn beides muss zusammenwirken. Ist die Bearbeitung im Innendienst nicht in Ordnung, ist auch die Fallauswahl der Betriebsprüfung zufällig, wodurch die Ergebnisse schlechter werden.

Festzuhalten bleibt, wir haben zu wenig Personal im Innendienst. Das bestätigt die Position der SPD-Fraktion. Wir sagen das seit langem. Das Ganze hat natürlich Steuerausfälle zur Folge.

Bei den Außenprüfungen fordert der Rechnungshof ausdrücklich ein größeres Prüfungsvolumen und Verbesserungen beim Personaleinsatz. Der Finanzminister hat bei den Haushaltsberatungen in den letzten Monaten nicht die Wahrheit gesagt, indem er behauptet hat, dass Bayern beim so genannten Prüfungsturnus im Bundesdurchschnitt liegt. Das ist nicht wahr.

(Zuruf des Staatssekretärs Franz Meyer)

Herr Staatssekretär, der ORH hat festgestellt, dass Bayern die Empfehlungen der Länderfi nanzministerkonferenz für den Prüfungsturnus – das heißt, wie häufi g Betriebe geprüft werden – nicht eingehalten hat und derzeit auch nicht einhält. Bayern ist nicht vorn, Bayern ist hinten. Herr Staatssekretär, das müssen Sie sich einmal vor Augen halten. Tun Sie etwas zur Verbesserung der Situation.

Die Betriebsprüfungsstellen sind personell zu 12 % unterbesetzt, und die so genannte betriebsnahe Veranlagung ist sogar zu 14 % unterbesetzt. Das hat Folgen für die Bearbeitung und Überprüfung der Steuerfälle, was wir schon in den vergangenen Jahren feststellen mussten. Vor einiger Zeit haben wir etwas intensiver über den Umsatzsteuerbetrug diskutiert. Wir wissen, bei den Umsatzsteuersonderprüfern gibt es vergleichbare Probleme.

Das alles kostet den Freistaat Bayern eine Menge Geld. Denjenigen, die hier wie der Finanzminister und der Staatssekretär im Finanzministerium mit rigorosen Streichkonzerten aufspielen, muss ich sagen: Bringen Sie diese Dinge erst einmal in Ordnung, und verschonen Sie uns so lange von Ihren Streichkonzerten.

(Beifall bei der SPD)

Die letzte Bemerkung, die ich in diesem Zusammenhang machen will, betrifft eine völlig absurde Angelegenheit. Wir beraten den ORH-Bericht mitsamt dem Punkt, über den ich am Schluss gesprochen habe, ausführlich im Haushaltsausschuss und stellen fest, dass eine mangelnde Bearbeitung wegen fehlenden Personals erfolgt mit der Folge von Steuerausfällen. Es werden Beschlüsse gefasst, die zwar in unseren Augen nicht ganz ausreichen, aber immerhin tut man so, als würde man das Problem aufseiten der CSU-Fraktion erkennen. Eine Woche später kommt die Staatsregierung mit ihrem Stelleneinzugsplan für das Jahr 2005 in den Haushaltsausschuss. Und was beschließt die Mehrheit des Ausschusses eine Woche nach der Beratung des ORH-Berichts? – Sie beschließt, dass 2005 bei der Steuerverwaltung weitere zig Stellen eingezogen werden.

Meine Damen und Herren, das passt doch nicht zusammen. Wenn man feststellt, es gibt erhebliche Mängel, dann ist es doch Aufgabe von Staatsregierung und Ausschuss, diese Mängel zu beheben. Das, was Sie tun, ist nichts anderes, als dass Sie ein Problem zur Kenntnis nehmen und eine Woche später Streichungen beschließen, durch die das Problem noch verschlimmert

wird. Meine Damen und Herren, dem können wir natürlich nicht die Hand reichen.

(Beifall bei der SPD)

Insgesamt stelle ich fest, es gibt seitens der Staatsregierung strategische Mängel auch im Verwaltungsvollzug. Das ist für uns Grund genug, der Entlastung der Staatsregierung leider nicht zustimmen zu können.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Schieder, ich bedaure, dass für Sie die Uhr immer zu schnell läuft, aber es sind eben Redezeiten vereinbart. Ich bedanke mich, dass Sie zumindest jetzt noch hingesehen haben.

(Werner Schieder (SPD): Das habe ich gerade noch hingekriegt, Frau Präsidentin!)

Na gut, aber ich war sehr großzügig.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wie wir Sie kennen und schätzen, Frau Präsidentin!)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Hallitzky. Bitte, Herr Kollege.

Liebe Frau Präsidentin, ich freue mich schon im Voraus auf diese Großzügigkeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir hier heute die intensive Debatte, die wir in den letzten Wochen im Haushaltsausschuss zum Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs und zur Entlastung der Staatsregierung für das Jahr 2002 geführt haben, Revue passieren lassen, fällt uns als Erstes auf, dass Herrn Prof. Dr. Faltlhauser Recht zu geben ist, wenn er in der gestrigen „Süddeutschen Zeitung“ in dem Artikel „Bayerns Abstieg von der Spitze“ den bayerischen Staatshaushalt, für den er selbst verantwortlich ist, in substantivierter Form als „provinziell“ bezeichnet.

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Faltlhauser, es wäre schön gewesen, wenn Sie heute hier gewesen wären, und zwar auch deshalb, weil Herr Dr. Fischer-Heidlberger heute zum ersten Mal die Debatte über den ORH-Bericht im Plenum miterlebt. Ich muss aber sagen, Herr Meyer, Sie sind mir als Staatssekretär persönlich auch sehr lieb.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Wir kommen aus dem gleichen Stimmkreis, aber nicht nur deshalb, sondern auch sonst.

Das ändert aber nichts daran, dass der Staatshaushalt in der Tat sehr provinziell ist. Im Jahr 2002, dem Jahr, für das die Staatsregierung heute die Entlastung beantragt, stiegen die Staatseinnahmen im Bundesdurchschnitt an, während gleichzeitig die von der Staatsregierung zu ver

antwortenden Staatsausgaben im Vergleich zu den Ausgaben der anderen alten Bundesländer um ein Vielfaches mehr in die Höhe schnellten. Im Übrigen waren sie auch sehr viel höher, als vom Bundesfi nanzplanungsrat vorgegeben.

Hemmungslose Expansion war 2002 angesagt. Warum? – Es war Wahljahr, und der Möchtegernkanzler Stoiber verteilte eifrig kostspielige Wahlgeschenke. Dass diese falsche Politik hektischer Geldausgabe keinerlei Auswirkungen auf die bayerische Wirtschaft hatte – Bayern dümpelte weiter im Mittelfeld der deutschen Länder dahin –, sei nur am Rande erwähnt. Was blieb und bleibt von diesem Jahr 2002, ist allein die durch die Stoiber-Kandidatur bedingte Zusatzbelastung der bayerischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. So viel zu dem Jahr, für das wir heute der Staatsregierung die Entlastung erteilen sollen.

Heute tun Sie pünktlich zur nächsten Wahl bekanntlich das Gegenteil. Sie sprechen sich für einen natürlich nur formal – die Debatte haben wir immer wieder – und nicht wirklich ausgeglichenen Haushalt aus und sind dafür auch bereit, politisch Notwendiges bedenkenlos zu streichen, und zwar im Sozialbereich, bei der Bildung, aber auch – dazu kommen wir noch – bei der Bestandserhaltung staatlichen Eigentums.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Diese Stopand-go-Politik – 2002: go, go, go; 2006: stop – ist falsch. Was unser Land braucht, ist eine stetige Politik, eine stetige Haushaltspolitik, und kein fi nanzpolitischer Schleuderkurs, wie Sie ihn seit Jahren fahren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Folgen Ihres Haushaltsgebarens müssen wir nun alle ertragen. Ich erinnere nur an den eklatanten Anstieg der Arbeitslosigkeit in Bayern im Vergleich zum Bundesdurchschnitt. Das ist das Ergebnis der Stop-and-go-Politik. Das ist die Folge, wenn die Privatisierungsmilliarden mit großer Geste in den Wind geschossen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das haben wir in den letzten Wochen bei den Debatten über die nicht zu verleugnende Schuld der Staatsregierung am im Ländervergleich höheren Anstieg der Arbeitslosenquote in Bayern immer wieder betont. Für diese Art von provinzieller Stop-and-go-Politik können wir in der Tat keine Entlastung erteilen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch eine zweite Dimension provinzieller Politik in der bayerischen Haushaltspolitik. Die bayerische Finanzverwaltung ist personell deutlich zu gering ausgestattet.

Das führt zu einem systematischen Ausfall von Einnahmen, die wir alle – ob Regierung oder Opposition – für die Erfüllung notwendiger Staatsaufgaben brauchen. Diese Debatte führen wir regelmäßig in den Haushaltsberatungen. Wir führen sie, weil sie dringend notwendig und

weil sie unabhängig von organisatorischen Änderungen, zu denen es in der Regel weitgehend Einigkeit zwischen Regierung und Opposition gibt, richtig und wichtig ist.