Protocol of the Session on April 5, 2005

Fantastisch! Ich freue mich natürlich über den Ausdruck „Grünes Licht“; denn auch damit wird eine Forderung der GRÜNEN aufgegriffen.

(Zuruf des Abgeordneten Johannes Hintersber- ger (CSU))

Wir fordern schon lange, dass differenzierte Fahrverbote für die Städte möglich sein müssen. München hat dies im Luftreinhalteplan gefordert. Wer hat das blockiert? – Die Regierung von Oberbayern im Auftrag des Innenministers und eines wirklich ausgesprochen schwachen Umweltministers. Wenn Ihnen dieses Anliegen wichtig gewesen wäre, dann hätten Sie sich doch dafür stark gemacht, dass Kommunen diese schwierigen Maßnahmen, die nicht einfach und auch für Kommunen nicht die angenehmsten sind, einleiten und durchführen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben das bis heute blockiert. Jetzt endlich lese ich: Die Luftreinhaltepläne werden fortgeschrieben. Das ist notwendig. Ab 01.01.2005 brauchen wir wirksame Aktionspläne. Das haben wir in der letzten Plenarsitzung eingefordert, und Sie haben es abgelehnt. Selbstverständlich müssen sie fortgeschrieben und mit Maßnahmen versehen werden, die sofort wirken. Da rettet uns nicht der Partikelfilter, sondern retten uns differenzierte Fahrverbote – Sie nennen das „Verkehrsleitende Maßnahmen“ –, damit nicht alle Rußpartikel und jede Emission in der Innenstadt, wo jetzt schon die Werte zu hoch sind, abgeladen werden und uns die Luft zum Atmen nehmen. Endlich zeigt sich hier auch im Kabinett eine gewisse Einsicht. Ich begrüße es, dass sich hier jetzt einmal nicht die alten Wirtschaftsbosse in diesem Haus durchgesetzt haben, die immer alle Entscheidungen auf Kosten der Umwelt treffen, sondern dass endlich die Einsicht gewachsen ist, dass Umweltschutzmaßnahmen erstens der Wirtschaft gut tun und zweitens notwendig sind, um die Gesundheit der jetzt lebenden Menschen und künftiger Generationen zu sichern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was das Kabinett heute beschlossen hat, reicht aber leider nicht aus. Einzelne Maßnahmen begrüßen wir durchaus; andere waren tatsächlich überfällig. Wesentliche aber

fehlen. Ich hoffe, dass Ihre Blockadepolitik mit diesen Beschlüssen in Bayern ein Ende gefunden hat.

(Johannes Hintersberger (CSU): Welche Blockadepolitik?)

Mein Gott, Herr Hintersberger, Sie haben es immer noch nicht begriffen. Monatelang durfte die Stadt München keine verkehrsleitenden Maßnahmen ergreifen, weil in diesen Ministerien – vielleicht auch in diesem, das jetzt abtaucht – Fahrverbote so gefürchtet werden, wie der Teufel das Weihwasser fürchtet. Sie wollen dem Autofahrer bloß kein Bremsen oder Ausweichen zumuten. Das ist aber nötig, um die Partikelemissionen zu mindern.

Nötig ist auch, dass die Ballungsräume in die Aktionspläne einbezogen werden; das ist auch in unserem Dringlichkeitsantrag enthalten, den wir morgen beraten werden. Der Umgriff muss dabei größer sein als derzeit in München. Im Nürnberger Raum gibt es das ansatzweise. Wir werden auch in der Region München und in anderen Regionen die Ballungsräume einbeziehen müssen. Wir müssen Luftreinhaltepläne mit konkreten Maßnahmen dort erarbeiten, wo in Städten jetzt und in den nächsten Wochen die Grenzwerte überschritten werden. Da kann man nicht bis zum Jahr 2006 oder 2007 warten. Die Rücksicht auf die Gesundheit der Bürger erfordert sofortiges Handeln.

Erfreulicherweise hat es der Industriekommissar Verheugen klar und deutlich als unsinnige Debatte bezeichnet, als gefordert wurde, die Grenzwerte wieder zu lockern oder zu senken. Das war einmal ein klares Wort von der EU-Ebene, für das man nur dankbar sein kann.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Auch der Luftverkehr gehört in diese Debatte; denn er trägt erheblich zur Luftbelastung bei. Nach Informationen, die ich erhalten habe, verzeichnet beispielsweise gerade die Messstation am Flughafen in München-Erding seit 2002 eine deutliche Zunahme der Partikelemissionen.

(Zuruf von der CSU)

Wir müssen also auch an den Luftverkehr herangehen, wenn wir die Luft sauberer machen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Über einzelne Maßnahmen werden wir gewiss morgen noch diskutieren. Auch die Landwirtschaft ist dabei genauer unter die Lupe zu nehmen, weil auch bei der Landwirtschaft ein großes Emissionsbündel festzustellen ist, dessen Reduzierung mit verschiedenen Maßnahmen anzugehen ist.

(Zurufe von der CSU)

Das macht nichts. Ich bin morgen wieder gut drauf und werde einiges Neues bringen.

Wir müssen heute handeln und können nichts auf die lange Bank schieben. Wir können uns auch nicht auf diesem

Paket ausruhen, das das Kabinett vorgelegt hat. Es ist zwar durchaus in einigen Punkten richtig, aber absolut dürftig, wenn man die breite Palette der Möglichkeiten betrachtet. Jetzt geht es an die Umsetzung.

Ich hoffe, dass die Wirtschaft begriffen hat, dass die Umsetzung umweltpolitischer Notwendigkeiten und Forderungen die Grundlage einer zukunftsfähigen wirtschaftlich-ökonomischen Entwicklung in Bayern ist. Auf die Politik kann man sich kaum verlassen, wie wir in diesem Fall in Bayern gesehen haben. Da wurde die Schuld immer weg geschoben; und dringend notwendiges Handeln wurde vertagt. Jetzt brauchen wir ein breites Bündel von Maßnahmen, die kurz-, mittel- und langfristig wirken.

(Dr. Otmar Bernhard (CSU): Zum Beispiel den Autobahnring um München!)

Was habe ich da für ein nettes Zitat eines SPD-Abgeordneten zur A 99 gehört? – Ach, ich weiß nicht mehr so genau. Herr Kollege Wörner ist nicht mehr da. Wie war das so nett? – Da könnte ich Herrn Vocke zum Naturschützer im Staatswald machen – das war es aber nicht so ganz. Es war irgendwie anders; ich nehme das zurück.

(Christian Meißner (CSU): Wie war’s denn jetzt?)

Ich habe es nicht richtig wiedergegeben, aber es war jedenfalls ein netter Ausspruch.

Damit kommen wir jedenfalls nicht hin. Sie wissen, dass A 99 Süd nicht umsetzbar ist und dass diese Maßnahme in dreißig oder in fünfzig Jahren, wenn sie umgesetzt wäre, insgesamt weiter zur Belastung der Luft führen wird.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sie kann doch deswegen nicht umgesetzt werden, weil Sie die Leute dauernd aufhetzen!)

Wir werden in der Tat nicht umhin kommen, den Autoverkehr und den Flugverkehr technisch angemessen zu optimieren, aber auch zu reduzieren. Wir werden die Emissionen aus dem Verkehr nicht weiter ins Grenzenlose wachsen lassen können.

(Beifall bei den GRÜNEN – Thomas Kreuzer (CSU): Das hat aber nichts mit dem Feinstaub zu tun!)

Wenn Sie das nicht begreifen, wird die EU – da bin ich guter Dinge – den bayerischen Umweltminister tatsächlich zum Handeln bringen, auch wenn es lange dauert. Bei Natura 2000 waren es über zehn Jahre. Bei der Wasserrahmenrichtlinie: Fehlstart. Jetzt sind wir bei der Luftqualitätsrichtlinie: Schauen wir mal, was daraus wird. Gut, dass wir einige klare Umweltrichtlinien von der EU haben, deren Umsetzung auch eingefordert und überprüft wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Abschließend möchte ich noch zwei Hinweise der NETZEITUNG.DE bringen. Analysten der US-InvestmentBank Goldman Sachs haben am 31. März darauf hingewiesen, dass der Ölpreis noch in diesem Jahr auf bis zu

105 Dollar pro Barrel steigen kann. Ich bitte Sie, das bei unserer heutigen Debatte zu bedenken. Wir brauchen in der Tat eine Politikumkehr hin zur Luftqualität, die wirklich substanzielle Entscheidungen trifft und nicht vor einer vermeintlichen Notwendigkeit der Industrie kuscht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Internationale Energie-Agentur weist zum Umgang mit der Ölkrise darauf hin, dass wir den Ölverbrauch wegen der Umwelt, aber auch im Hinblick auf die Preisstabilität, verknappen müssen. Die Internationale Energie-Agentur hält Reserven in den Industriestaaten bereit, die deren Bedarf zwischen 110 bis 115 Tage lang decken können. Fahrverbote, die es den Fußgängern in den Siebzigerjahren auch in Deutschland ermöglicht haben, auf den Autobahnen zu spazieren, sollen nun bereits als Vorsorgemaßnahme gegen zu hohe Preise empfohlen werden. – Sie sehen also, dass die Debatte in entscheidenden Wirtschaftsgremien bereits wesentlich weitblickender geführt wird, als Sie es sich in diesem Hohen Haus getrauen. Ich wünsche Ihnen also Mut für Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und zur Gesunderhaltung der Bevölkerung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Als Nächster hat Kollege Müller das Wort.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor der heutigen Debatte habe ich mir eigentlich vorgestellt, dass bei diesem Thema und bei der Regierungserklärung ein wenig mehr über das nachgedacht wird, worum es wirklich geht. Ich habe allen Rednern zugehört; die am häufigsten gebrauchten Worte waren „Diesel“ und „Rußpartikelfilter“. In der „Süddeutschen Zeitung“ von heute wird ein Bericht des TÜV Bayern zitiert, dass die Feinstaubbelastung, selbst wenn wir alle Fahrzeuge mit Rußpartikelfiltern ausstatten würden, gerade um 5 % reduziert werden könnte.

(Alexander König (CSU): Ja, maximal!)

Das heißt: Das Thema muss doch sehr viel weiter gesehen werden. Ich sage Ihnen, ohne irgendjemandem Vorwürfe machen zu wollen: Mich belastet fast noch mehr als die Feinstaubdebatte der Umstand, dass es immer nur um die eine Sau geht, die gerade durchs Dorf getrieben wird. Ein Einzelthema wird da dann mit hochroten Köpfen in der jeweiligen Diskussion verfolgt. Kein Mensch spricht beispielsweise mehr davon, dass bereits bei der jetzigen Sonneneinstrahlung Kinder nicht mehr der Sonne ausgesetzt werden sollen, weil die Ozonbelastung so hoch ist. Vor einigen Jahren war die Ozonbelastung ein großes Thema. Im Moment wird dieses Thema nicht mehr diskutiert, weil es offensichtlich durch Nichtbeachtung erledigt ist. – Genau das Gleiche haben wir bei der Smog-Verordnung: Die gibt es nicht mehr, und deswegen haben wir offensichtlich kein Problem mehr mit dem Smog.

Damit möchte ich Folgendes sagen: Ich halte es für richtig, dieses Thema heute zu diskutieren. Aber ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn die Staatsregierung den

Gesamtzusammenhang dieser Probleme ein wenig mehr gesehen hätte. Wenn das Problem, das wir heute diskutieren, in einen Gesamtzusammenhang gestellt würde, würde Politik vielleicht insgesamt wieder glaubhafter. Stattdessen fokussieren wir die Diskussion immer nur auf einen einzigen Bereich. Im Übrigen ist der heute diskutierte Bereich nur einer der kleineren Verursacher. Er ist zumindest ein ursächliches Problem, das wir schnell lösen können, weil es dafür bereits die entsprechende Technologie gibt. Aber im Grunde genommen kommen wir in der Politik nicht weiter, wenn wir nur wie Betroffene mit hochrotem Kopf ein Thema nach dem anderen diskutieren. Beim nächsten Thema haben wir die Themen schon vergessen, die wir davor diskutiert haben. Ich glaube, hier sollten wir gemeinsam in diesem Haus versuchen, einen Schritt weiter zu kommen.

Ein zweiter Punkt. Vorhin wurde angesprochen, dass Bundeskanzler Schröder vor einem knappen Jahr nicht die richtigen Entscheidungen getroffen habe. Er habe sich hier im Grunde genommen eher restriktiv verhalten. – Dazu darf ich feststellen, dass Sachkenntnis nicht schädlich ist, Herr Minister. Ich glaube, dass das, was Sie vorher gesagt haben, Herr Minister, nicht sehr gut recherchiert war. Ich darf versuchen, den Sachverhalt aus meiner Sachkenntnis ein wenig zu erläutern. Wenn ich es richtig sehe, ging es darum, dass die deutsche Automobilwirtschaft gesagt hat: Wir erreichen die Norm Euro IV mittels Motormanagement. Dieses ist unser Weg – im Unterschied zu einem Konzern in Frankreich, der bereits sehr früh richtigerweise auf den Rußpartikelfilter gesetzt hat. Im Übrigen sind die technischen Voraussetzungen für die Erreichung der Euro-IV-Norm durch Motormanagement in der Tat vorhanden. Allerdings haben der Ruß und der Feinstaub als solche bei der Entstehung der Euro-IV-Norm nicht die entscheidende Rolle gespielt, infolgedessen waren sie auch keine entscheidenden Themen.

Wenn Sie hier also einen Angriff gegen Schröder fahren wollten, wären Sie nur dann glaubhaft, wenn die Bayerische Staatsregierung ab diesem Tag kein einziges Auto mehr bei Audi oder BMW gekauft hätte, sondern wenn sie ab diesem Tag ihre Autos bei den Franzosen gekauft hätte. Das ist aber nicht der Fall gewesen; das weiß ich.

(Alexander König (CSU): Es geht doch nur um Diesel-Autos! – Sebastian Freiherr von Rotenhan (CSU): Das Geschrei hätte ich aber nicht hören mögen, wenn sie das getan hätten.)

Vielen Dank! Herr von Rotenhan, das war genau die Äußerung, die ich hören wollte. „Das Geschrei hätte ich hören wollen, wenn die Bayerische Staatsregierung auf Peugeot oder Citroen umgestiegen wäre!“ Das ist richtig. Aber dann frage ich auch: Was wäre denn für ein Geschrei zu hören gewesen, wenn man empfohlen hätte: „Kauft Autos in Frankreich, nicht in Deutschland“? Der Kernpunkt war – und auf diese Wunde müssen Sie den Finger legen –, dass unsere Motorspezialisten auf das falsche Pferd gesetzt und die Entwicklung nicht rechtzeitig erkannt haben. Das ist der Punkt. Aber diesen Sachverhalt zu politisieren, ist zu billig und einfach.

Das Handeln der Staatsregierung war so, dass es ins Leere gehen musste.

(Christian Meißner (CSU): Seit wann steigen die Diesel-Zulassungen? – Seit der Ökosteuer!)

Nein, die Diesel-Problematik ist wesentlich komplizierter als Sie sie machen wollen.