Protocol of the Session on February 16, 2005

Ja, das ist Ehrgeiz. Danke.

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich ein Wort über die ärztliche Versorgung in den Strafanstalten verlieren. Es ist uns durchaus bewusst, dass unser Antrag nur bedingt Einfluss auf die Qualität der ärztlichen Versorgung nehmen kann. Ob eine Diagnose ordentlich gestellt wird, hängt nicht unbedingt vom Preis ab, sondern von der Qualität des Arztes. Es ist uns auch bewusst, dass es sehr schwierig ist, Ärzte für die notwendige Versorgung in den Justizvollzugsanstalten zu bekommen. Eine Rolle spielt

aber auch, ob genügend Geld für Medikamente vorhanden ist, wie oft Gefangene dem Arzt vorgeführt werden und ob das Geld für die teure Zahnbehandlung reicht. Angesichts der gestiegenen Gefangenenzahlen und des gekürzten Ansatzes glauben wir nicht, dass der Betrag ausreicht.

In der knappen Redezeit konnte ich nur einige Themen kurz streifen. Es läge mir natürlich noch am Herzen, zum ADG etwas zu sagen. Ich glaube, dass Ihre Befürchtungen hierzu schlicht überzogen sind. Man muss darüber sehr sorgfältig diskutieren und eventuell überlegen, ob man die eine oder andere Stelle ändert.

Auch wir sehen die Notwendigkeit, auf die finanziellen Einbrüche im bayerischen Haushalt einzugehen, weshalb wir nur das Machbare und Bezahlbare beantragt haben, zumal unsere Haushaltsschwerpunkte der Finanzierung von Chancengerechtigkeit, dem Erhalt des sozialen Netzes – das betrifft auch die Anträge zum Justizhaushalt in den genannten Bereichen – und dem Schutz unserer aller Lebensgrundlagen dienen.

(Lang anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Der nächste Redner ist schon am Rednerpult angelangt. Bitte schön, Herr Kollege König.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben von der Frau Staatsministerin gehört, wie die Haushaltsausstattung aussehen wird, welche Probleme bestehen und welche Initiativen die Bayerische Staatsregierung ergriffen hat. Seitens unseres Vertreters im Haushaltsausschuss, Dr. Müller, bestätigt von Frau Kollegin Stahl, haben wir gehört, dass die Lage, was die Personal- und Sachausstattung bei der Justiz angeht, ernst ist. Außerdem haben wir gehört, was seitens der Opposition vorgeschlagen wird.

Herr Kollege Schindler und Frau Kollegin Stahl, selbstverständlich ist es legitim und sogar Aufgabe einer Opposition, zunächst einmal alles kritisch zu beleuchten und zu hinterfragen. Vielleicht ist es auch Aufgabe der Opposition, die Aktivitäten, was den Haushalt angeht, darauf zu beschränken, Änderungsanträge zu stellen mit dem Ziel, Mehrausgaben herbeizuführen zur Verbesserung der Stellenausstattung, was der wesentliche Inhalt der Anträge der SPD ist. Aber, Herr Kollege Schindler, eigentlich – und Sie wissen das – sind diese Anträge nicht erforderlich; denn wenn das für die gewünschten Stellenmehrungen notwendige Geld vorhanden wäre, dann wären nicht nur die Stellen, sondern auch das Geld dafür im Haushalt enthalten. Das wissen Sie und wir genau. Es würde also dieser Anträge nicht bedürfen.

Wir von der CSU verfolgen nun einmal das Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushalts 2006. Ich weise es zurück, wenn Sie sagen, das ist ein willkürliches Ziel. Das ist kein willkürliches Ziel, sondern ein nachhaltiges Ziel, das man nun einmal nur erreichen kann, wenn man bereit ist, in allen Einzelplänen zu Einsparungen zu kommen. Natürlich ist das schwierig. Natürlich ist das sogar äußerst schwierig für die betroffenen Bediensteten, die erhöhten Belas

tungen ausgesetzt werden. Letztlich geht es um einen Abwägungsprozess. Sie wissen, dass wir uns für das nachhaltige Ziel eines ausgeglichenen Haushalts entschieden haben, was bedingt, dass es auch im Justizhaushalt zu Kürzungen kommt.

Herr Schindler, natürlich ist es legitim, seitens der Opposition zu sagen, wir sind gegen dieses Ziel.

(Franz Schindler (SPD): Danke schön!)

Natürlich ist es legitim, zu sagen, wir sind dafür, mehr Schulden zu machen. Natürlich ist es legitim, zu sagen, dass man in Zukunft höhere Tilgungsbeträge und Zinslasten haben will. Natürlich ist es legitim, zu sagen, wir sind nicht für den seriösen Haushalt, wir nehmen einen unseriösen Haushalt auch angesichts der Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder in Kauf. Wir von der CSU bitten allerdings um Verständnis, dass wir uns für das nachhaltige Ziel eines ausgeglichenen Haushalts entschieden haben.

(Franz Schindler (SPD): Die Staatskanzlei hat entschieden, und Sie nicken mit!)

Beides zusammen geht nicht. Es ist nicht möglich, alle Wünsche zu erfüllen, so gern man das tun würde – auch wir, nebenbei bemerkt –, und gleichzeitig die soliden Staatsfinanzen aufrechtzuerhalten, die wir hier in Bayern haben.

Herr Kollege Dupper, ich habe gelesen, was Sie am 2. Februar im Haushaltsausschuss gesagt haben. Es handelt sich um einen interessanten Satz, der sicher richtig ist. Ich zitiere aus dem Protokoll: „Die Politik schiebe der Justiz immer mehr Aufgaben zu, ohne die Personalausstattung zu verbessern.“ Da ist sicher viel Wahres dran. Die wachsenden Aufgaben sind sicher ein wesentlicher Grund für die enorme Belastung unserer Justiz in allen Laufbahngruppen. Allerdings müssen Sie, Herr Kollege Dupper, Herr Kollege Schindler und meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, sich schon fragen lassen, woher diese Aufgaben kommen.

(Jürgen Dupper (SPD): Von der Gesetzgebung!)

Genau. Richtig, Herr Kollege Dupper, von der Gesetzgebung. Und wer macht die Gesetze? – Woher stammen denn die Gesetze, die dazu führen, dass die Justiz immer mehr Aufgaben hat, die sie immer mehr belasten? – Ich vermisse die Antwort. Die stammen vom Bundesgesetzgeber. Die meisten Gesetze, die zu Aufgabenmehrungen führen, stammen vom Bundesgesetzgeber. Deshalb, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, möchte ich Ihnen an dieser Stelle vorschlagen, aktiv zu werden. Es ist schön, wenn man Mehrausgaben fordert und alles in Frage stellt. Darüber hinaus sollten Sie aber überlegen, was Sie als SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, also als Vertreter der Parteien, die im Bundestag die Mehrheit stellen, tatsächlich dazu beitragen können, dass unsere Justiz entlastet wird.

Es gibt zwei Möglichkeiten: Man kann sagen, die Aufgaben wachsen und wachsen und wachsen, weswegen

man mehr Geld braucht, um diese Aufgaben zu erfüllen. Es muss aber auch der Gedanke an die andere Möglichkeit zulässig sein und verfolgt werden, nämlich dass die Aufgaben bestmöglich erfüllt werden müssen mit einer effizienten, schlanken Justiz und mit effizienten, schlanken Gesetzen. Zu einer noch besseren Justiz und zu einer entsprechenden Rechtskultur könnten Sie etwas beitragen, und zwar mit uns zusammen. Sie könnten uns unterstützen, indem Sie bei Ihren Parteifreunden in Berlin Einfluss nehmen, was Sie bisher leider nicht tun, damit die unguten Entwicklungen, die zu Mehrbelastungen unserer Justiz führen, zurückgeführt werden. Sie könnten unsere Frau Staatsministerin der Justiz bei ihren Bemühungen auf Ebene des Bundesrats unterstützen, indem Sie bei den Gesetzgebungsvorhaben Einfluss auf Ihre Parteifreunde in Berlin nehmen. Denn hier handelt es sich in aller Regel um Bundesrecht. Leider ist hier bisher Fehlanzeige. Deshalb meine Anregung, Kolleginnen und Kollegen. Das ist ein reiches Betätigungsfeld. Sie könnten mithelfen, unsere Justiz in vielen Bereichen zu entlasten. Werden Sie tätig!

Setzen Sie sich mit uns zusammen ein für Verfahrensvereinfachungen beim Verbraucherinsolvenzrecht. Die überlasteten Rechtspfleger werden es Ihnen danken. Kollege Müller und Kollegin Stahl sprachen von einem prozentualen Anstieg von rund 500 % in den letzten Jahren. Verfahrensvereinfachungen sind dringend erforderlich. Dazu brauchen wir aber Rot-Grün in Berlin. Setzen Sie sich dafür ein.

Bitte setzen Sie sich mit uns ein für die Stärkung der Eigenverantwortung und für einfachere pauschale Vergütungssysteme im Betreuungsrecht. Auch das könnte zu Vereinfachungen in der Justiz und zu Minderbelastungen und Entlastungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Justiz führen. Setzen Sie sich mit uns ein, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, gegen überzogene Vorstellungen im Bereich des Jugendstrafrechts, die riesige Kosten nach sich ziehen würden. Wie wir heute schon mehrfach gehört haben, ist für viele Dinge, die wünschenswert erscheinen mögen, das Geld leider nicht vorhanden. Setzen Sie sich mit uns ein gegen den geplanten bürokratischen Überwahnsinn zum Verbraucherkreditrecht. Setzen Sie sich mit unserer Justizministerin zusammen ein gegen die Vorstellungen ihrer Parteifreunde in Berlin zum Sanktionenrecht, gegen Vorschläge zur Änderung der gemeinnützigen Arbeit, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Abführung von Teilen der Geldstrafen an Opfereinrichtungen usw. Sie könnten dabei etwas für den Grundsatz „Opferschutz vor Täterschutz“ tun.

All das – wenn es kommt – wird zu weiteren erheblichen Mehrbelastungen für unsere Justiz, zu Mehrkosten und zu Einnahmenschmälerungen im Haushalt führen. Das wird unsere Justiz nicht stärken, sondern schwächen. Sie haben es in der Hand, ob Sie im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger in Bayern tätig werden, ob Sie mit uns gemeinsam gegen die Pläne in Berlin vorgehen. Bisher da leider Fehlanzeige.

Ich komme zum Thema „Antidiskriminierungsgesetz“. Sie haben darauf gewartet, dass ich es anspreche.

(Franz Schindler (SPD): Ja!)

Das hätte Ihnen Ihr Parteifreund Ude erklären können, der mit uns einer Meinung ist. Ich will Ihnen auch noch einmal sagen, dass es sich bei den Planungen zur Ausführung der Antidiskriminierungsrichtlinie der EU um eine völlige Überreglementierung seitens Rot-Grün in Berlin handelt. Sie wissen genauso wie ich, dass diese Richtlinie uns anhält, in Deutschland ein entsprechendes Antidiskriminierungsgesetz zu erlassen. Allerdings ist lediglich im Privatrecht auf die Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts und der ethischen Herkunft abzustellen, die verhindert werden soll. Es ist aber nicht auszuweiten – wie es von Rot-Grün geplant ist – auf die Bereiche Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität. Sie müssen Ihren Anhängern in Wahlversammlungen erklären, dass Sie nichts gegen die Vorstellungen Ihrer Parteifreunde in Berlin einzuwenden haben, die im Ergebnis dazu führen werden, dass Folgendes passiert – ich will das praktisch vorstellen:

Eine Bürgerin vermietet in München eine Wohnung, und es bewerben sich 45 Interessenten dafür. Sie muss, bevor sie das privatrechtliche Geschäft abschließt, im Rahmen – wenn es so käme – des Antidiskriminierungsgesetzes genau prüfen, dass keine Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, der Weltanschauung, des Alters, der Behinderung oder der sexuellen Identität usw. erfolgt. Das heißt, die Vermieterin müsste, wenn sie dem Gesetz gerecht werden will, wahrscheinlich angesichts der möglichen Streite genau darüber Buch führen, um das nachvollziehen zu können, wer anwesend war: männlich/weiblich, Aussehen usw. Man muss sich fragen, ob man jemanden diskriminiert hat und ob das in der Absicht lag. Allein dieses geplante Antidiskriminierungsgesetz zeigt, Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den GRÜNEN, dass Sie auf dem Holzweg sind, wie weit Sie unsere Rechtsordnung auf den Kopf stellen und wie Sie damit dazu beitragen, unsere Justiz mehr und mehr zu belasten. Auch dieses Gesetz wird in der Folge zu weiteren Rechtsstreitigkeiten führen, die völlig überflüssig sind und die bisher vermieden werden konnten.

(Beifall bei der CSU)

Von daher, Kolleginnen und Kollegen, hat Herr Kollege Dupper im Haushaltsausschuss den Nagel auf den Kopf getroffen. Er hat nur nicht eingeordnet, wer wofür verantwortlich ist. Die Arbeitsbeschaffung für unsere Justiz kommt aus Berlin. Ich bitte Sie noch einmal eindringlich, dieses reiche Betätigungsfeld zu nutzen, das Sie bisher offensichtlich übersehen haben. Nehmen Sie Einfluss auf Ihre Parteifreunde in Berlin und stellen Sie sich auf unsere Seite. Wir werden dann nicht umhin kommen, auch Sie zu loben bei unseren Anhängern und Anhängerinnen, wenn Sie gemeinsam mit uns gegen diesen Unsinn vorgehen. Darum bitte ich Sie. Dann brauchen Sie auch keine weiteren Schaufensteranträge zu stellen, denen wir zwar gerne zustimmen würden, die aber aus den bekannten Gründen nicht zustimmungsfähig sind. Sie könnten hier sagen, Sie setzten sich wirklich für die Bürger in ganz Bayern und für die bayerische Justiz ein. Das wünsche ich Ihnen, uns und den Bürgern und Bürgerinnen in Bayern.

Mir ist es ein Anliegen, mich dem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Staatsministeriums der Justiz anzuschließen. Ausdrücklich einschließen in den Dank

möchte ich die Staatsministerin der Justiz, Frau Dr. Merk, die mittlerweile eine herausragende Rolle in der Justizpolitik in Deutschland spielt. Käme die Unterstützung von gewissen Kreisen, wie ich sie gedanklich herbeigewünscht habe, wäre unser Erfolg noch durchschlagender, und wir könnten noch schneller noch mehr erreichen. Was getan werden kann, tut unsere Justizministerin mit Unterstützung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Ministerium. Dafür danke ich namens der CSU-Fraktion sehr herzlich. Wir werden dem Haushalt zustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Weiß, Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein bisschen seltsam, die Haushaltsberatungen als Parlamentneuling mit zu verfolgen. Die Regierung stellt den Haushalt auf, stellt ihren Bedarf fest, kommt zum Parlament und bittet um das Geld. Die Opposition sagt bei jedem Einzelplan, sie wolle der Regierung mehr Geld geben. Ich bin über dieses Vorgehen ein bisschen überrascht. Man könnte – wenn ich es nicht besser wüsste – den Eindruck gewinnen, dass sie der Regierung helfen will. Die 27 Millionen Euro, auf die sich die Änderungsanträge in der Summe belaufen, sind im Haushaltsausschuss beraten worden.

Mir ist aufgefallen, dass sich häufig die SPD bei den Vorschlägen der GRÜNEN enthalten hat und umgekehrt. Eine einheitliche Linie, einen großen Bedarf, der allen auf den Nägeln brennt, kann ich aus diesen Änderungsanträgen nicht erkennen. Es wird lediglich deutlich, dass die Änderungsanträge zu diesem Einzelplan – wie zu allen anderen auch – vor allem dazu dienen, den Betroffenen zu suggerieren, dass Sie den vielfältigen Wünschen, die gestellt werden, nachkommen würden, wenn Sie nur dürften. Es fragt sich aber, wie Sie das tun wollen, da Sie das zu allen Einzelplänen versprochen haben.

Meine Damen und Herren, die Bayerische Justiz ist gut aufgestellt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten hervorragende Arbeit – das ist in allen Reden angeklungen – über den pflichtgemäßen Einsatz hinaus. Auch ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken für die Leistung und den Einsatz.

Wir sind uns im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen einig – das kommt in allen Beratungen, in denen dieses Thema ansteht, zum Ausdruck –, dass die Arbeitsbelastung sehr hoch ist und man alle Möglichkeiten nutzen muss, um die Justiz zu stützen und zu unterstützen. Man kann in allen Bereichen stets mehr tun. Die Wünsche und Ansprüche sind unbegrenzt und nach oben offen. Von der Opposition werden – ich habe es angesprochen – zu allen Einzelplänen Mehrausgaben gefordert, ohne einen Deckungsvorschlag zu machen. Die Ressourcen sind begrenzt. Wir sind mit den öffentlichen Haushalten an einem Punkt angelangt, wo es keinen Sinn mehr macht, neue Schulden zu machen. Wenn wir unseren komfortablen Lebensstandard mit staatlichen Leistungen in der Vergangenheit nur mithilfe von Schulden aufbauen konnten und in der Gegenwart nur mithilfe von Schulden

aufrechterhalten oder ausbauen können – wie das gefordert wird –, liegt die Frage nahe, ob wir uns das jemals leisten konnten.

Nun speziell zum Justizhaushalt. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein leistungsfähiges und effizientes Rechtssystem ist ein wichtiger Standortfaktor. Auch wenn wir uns bei den Ausgaben künftig nach den Einnahmen richten wollen -, das haben wir uns fest vorgenommen -, bleibt die bayerische Justiz leistungsfähig und effizient. Wenn wir uns Gedanken machen, wie wir zu einer Entlastung der Justiz kommen wollen, dann müssen wir uns auch Gedanken darüber machen – das ist bei meinen Vorrednern der Mehrheitsfraktion auch schon angeklungen –, wie man die Zahl der Verfahren verringern könnte.

Man sollte deshalb intensiv über die Ursachen der Arbeitsüberlastung nachdenken. Bei der Verfahrensflut, die wir im Moment zu verzeichnen haben, ist es nicht damit getan, dass man dieser immer mehr steigenden Nachfrage nachgibt und für offensichtlich unsinnige bzw. kleinste Verfahren die Möglichkeit dreier Instanzen eröffnet. Man muss bei der Verfahrensflut ansetzen. So sehr eine effiziente Justiz ein wichtiger Standortfaktor ist, so sehr ist ein Rechtssystem, das sich in einem endlosen Instanzenzug und in Prozesshanseleien verliert, ein Standortnachteil.

Einer Überlastung des Rechtssystems müssen wir nicht dadurch begegnen, dass wir die ständig steigende Nachfrage durch ständig neue Planstellen zu befriedigen versuchen. Die Nachfragesteigerung ist hier, anders als in anderen Bereichen, beispielsweise wie in der privaten Wirtschaft, nicht unbedingt positiv zu sehen. Wenn der Bürger die Justiz bemüht, ist das schlecht steuerbar, der Staat hat Rechtsgewährungspflicht. Es ist aber steuerbar, durch wie viele Instanzen und mit welchen Verfahrensvorschriften diese Nachfrage des Bürgers nach Rechtsprechung bedient wird. Es tut dem Rechtsstaat sicher keinen Abbruch, im Gegenteil, wenn man sich im Zuge einer Justizreform zur Aufgabe macht, die Gerichtsorganisation und die Prozessordnung so zu straffen, dass die Justiz auch im jetzigen Umfang mit den steigenden Verfahrenszahlen besser umgehen kann.

Es wurde zu Recht das Paradebeispiel des Antidiskriminierungsgesetzes angesprochen. Ich glaube, wir alle, die wir uns damit beschäftigt haben, sind inzwischen Fachleute genug, um vorauszusehen, welche Prozesslawine dieses Gesetz auslösen wird, welche Prozessflut auf unserer Justiz zukommen wird. Wieso kommen Sie jetzt nicht auf die Idee, die Verfahren zu straffen und damit die Justiz zu entlasten? An dem Beispiel Antidiskriminierungsgesetz wird das meines Erachtens augenfällig. Ich glaube, Sie hängen hier noch einer falsch verstandenen Überbetonung des Gleichheitsgrundsatzes nach, dem Ideal einer bis ins Detail gehenden Einzelfallgerechtigkeit. Nach dieser Logik werden nicht mehr nur die Fälle unterschiedlich behandelt, die im Wesentlichen, wie das in unserem Grundgesetz steht, verschieden sind, sondern vielmehr muss schon für die kleinste Abweichung vom gesetzlich normierten Standardfall eine Sonderregelung getroffen werden, oder, soweit die Justiz betroffen ist, es muss die Möglichkeit eröffnet werden, diese Sonderbe

handlung des individuellen Einzelfalls bis in die letzte Instanz ausprozessieren zu lassen.

Das führt bei 80 Millionen potenziellen Einzelfällen, bei 80 Millionen Menschen in diesem Land, in eine Sackgasse. Es löst auch die Rechtssicherheit, die Vorhersehbarkeit von Gerichtsentscheidungen für den Bürger auf. Gerechtigkeit, die von 80 Millionen Rechtssuchenden akzeptiert werden soll, lebt auch von einem wesentlich größeren Stück schematischer Gleichbehandlung – ich will das ganz bewusst einmal so ausdrücken –, sie lebt von gleichen Fällen und nicht von dem Streben nach absoluter Einzelfallgerechtigkeit. Sie lebt tatsächlich von einem Stück Grobkörnigkeit. Auch deswegen führt kein Weg daran vorbei, der Zunahme der Verfahren entgegenzuwirken oder dafür zu sorgen, dass diese Verfahren wenigstens straffer und schneller erledigt werden können und für den Bürger vorhersehbarer. Dazu kann der Gesetzgeber beitragen. Dazu kann ein Dialog mit den unabhängigen Gerichten beitragen. Was aber nicht dazu beitragen kann, ist, für die gestiegenen Fallzahlen als einzige Lösungsmöglichkeit eine Stellenmehrung ins Auge zu fassen, um mit gleichem Aufwand und Umfang den gestiegenen Verfahrenszahlen gerecht zu werden.

Herr Schindler, auf eines wollte ich noch näher eingehen. Wir haben schon im Rechts- und Verfassungsausschuss darüber debattiert. Sie kreiden uns an, dass die Gerichtsumstrukturierung unter dem großen Stichwort Verwaltungsreform läuft. Ich gebe zu bedenken: Die Justiz ist unabhängig. Das ist ein hohes Gut, darin sind wir uns alle einig. Die Gerichte sind bei uns aber nicht in dergestalt ausgestattet, dass sie selbst über den Stellenkegel, die Einstellungen, die Ausstattung und die Besoldung entscheiden könnten. Diese Einschränkung muss sich auch ein unabhängiges Gericht gefallen lassen, und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das rührt auch ein wenig an das Selbstverständnis des Parlaments, des Souveräns, des Haushaltsgesetzgebers.

Wir werden dem Haushalt zustimmen. Wir sind uns einig, wir könnten für die Justiz mehr tun, doch wie schon gesagt, wir könnten in vielen Bereichen mehr tun. Ich glaube, es ist an der Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie man mit dem effizient auskommt, was zur Verfügung steht.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Schindler.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur noch einige wenige Anmerkungen zu den Ausführungen der Kollegen König und Dr. Weiß machen, und Ihnen, Herr Kollege Dr. Müller, für Ihre wohltuend sachlichen Ausführungen danken. Ich habe sie später so nicht mehr wiedergefunden.

(Beifall bei der SPD)