Protocol of the Session on January 27, 2005

Mir liegt die Wortmeldung des Kollegen Prof. Dr. Stockinger vor.

Herr Präsident, Hohes Haus! Ich muss betonen, dass mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von gestern ein weiterer Meilenstein im Bildungsföderalismus dieser Bundesrepublik Deutschland bezeichnet wurde.

Herr Kollege, darf ich Sie für einen Moment unterbrechen? – Ich habe vorhin vergessen zu sagen: Die CSU-Fraktion hat für ihren Antrag namentliche Abstimmung beantragt.

Wurde die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Fünften HRG-Änderungsgesetz hinsichtlich der Junior-Professur noch mit einer Mehrheit von 6 : 2 Stimmen getroffen, so fiel die gestrige Entscheidung dieses Gerichts zum Sechsten HRG-Änderungsgesetz mit 8 : 0 Stimmen. Bemerkenswert ist bei der Zusammensetzung dieses Gerichts von der Spitze bis hin zu den beteiligten Richterinnen und Richtern, dass zu diesem Thema Einstimmigkeit erzielt wurde. Klipp und klar wurde festgestellt, dass alles, was in der Bundesrepublik Deutschland mit Hochschulpolitik zu tun hat, ausschließlich Angelegenheit der Länder ist.

Ferner wurde klipp und klar festgestellt, dass auch im Rahmen des Artikels 75 des Grundgesetzes die notwendige Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Festlegung von Gebühren an den Hochschulen nicht mit den grundgesetzlichen Regelungen kollidiert. Das Eingreifen des Bundesgesetzgebers dient auch nicht der Wahrung der Rechts- und Wirtschaftsgleichheit im gesamtstaatlichen Interesse.

Der Bundesgesetzgeber, so gestern das Gericht in seiner Begründung, hat die zulässigen Grenzen der Rahmengesetzgebungskompetenz überschritten. Auch dies ist für mich ein Anlass, darauf hinzuweisen, dass die leider gescheiterte Kommission zur Reform des Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland einen richtigen Ansatz hatte, der aufseiten der Länder auch sachlich und zutreffend begründet wurde. Mit dieser Entscheidung, mit der Berechtigung der einzelnen Länder mit Ausnahme von Hessen – in der hessischen Verfassung steht, dass keine Studiengebühren erhoben werden dürfen – wurde ein wesentlicher Beitrag zum Wettbewerb im Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland geleistet.

Die Hochschulen, egal ob Fachhochschulen, Akademien oder Universitäten, haben die Chance und Herausforderung zugleich, sich entsprechend ihren Zielen und ihrer Profilierung zu positionieren. Die Studierenden haben die

Chance, sich die Hochschule und den Studiengang herauszusuchen, der ihren Vorstellungen am gerechtesten wird. Ich will ein Beispiel nennen und dabei bewusst keinen Fakultäts- und Universitätsnamen verwenden, damit sich niemand bevorzugt oder benachteiligt fühlt. Wenn an der Universität A im Studiengang Betriebswirtschaft ein Verhältnis von zehn Bewerbungen zu einem Studienplatz, an der Universität B im selben Studienbereich ein Verhältnis von 0,9 Bewerbungen zu einem Studienplatz besteht, kann die Universität A den zur Verfügung stehenden Gebührenrahmen voll ausschöpfen, und die Universität B muss die untere Grenze des Rahmens nehmen, womit ein deutliches Zeichen von Wettbewerb und Verbesserungsmöglichkeiten gesetzt ist.

Nehmen Sie die Einführung von Studiengebühren als eine Herausforderung der einzelnen Professorinnen und Professoren an. Nicht jeder wird begeistert sein, wenn seine Leistungen, die er landauf landab in seiner Hochschule und seinem Fachbereich bietet, mit der Elle der Gebühren gemessen werden. Ich fordere die Studierenden auf, diese Elle hoch anzulegen. Die Meßlatte an die Qualität der Lehre ist die Konsequenz aus den Studiengebühren.

(Beifall bei der CSU)

Kolleginnen und Kollegen von der linken Seite dieses Hauses, wollen Sie den Studierenden diese Meßlatte nicht in die Hand geben? Wollen Sie die Studierenden nicht zu noch kritischeren Beurteilern in den Hörsälen und in den Seminarräumen machen?

(Rainer Volkmann (SPD): Setzen die Studierenden die Gebühren fest?)

Ich bin der Meinung, dass dieses Instrument ein allgemein taugliches für diese Situation ist.

(Rainer Volkmann (SPD): Darf ich etwas fragen?)

Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, mit Rücksicht auf die Zeit, die mir zur Verfügung steht, bitte ich, die Diskussion im Ausschuss fortzusetzen. Kollege Dr. Spaenle hat bereits auf Punkt III des Antrags der SPD hingewiesen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Volkmann?

Nein, ich habe bereits gesagt, dass wir wegen der Kürze der Zeit die Diskussion im Ausschuss konzentriert, diszipliniert und zielführend führen sollten.

(Rainer Volkmann (SPD): Die Frage wäre ganz kurz gewesen!)

Ich will Ziffer III des SPD-Antrags, die Kollege Dr. Spaenle schon erwähnt hat, herausgreifen, weil kein Satz stimmt. Erster Satz:

Die über Studiengebühren erzielten Einnahmen würden heute lediglich zum Ausgleich der Defizite in der staatlichen Finanzierung der Hochschulen dienen.

Unser Haushalt für den Hochschulbereich sieht gegenüber 2004 eine Steigerung von 6,8 % vor. Wo sind hier die Defizite?

(Lachen bei der SPD)

Angesichts der aktuellen massiven Kürzungen im Hochschulbereich ist nicht zu erwarten, dass die Hochschulen durch die Einführung der Studiengebühren finanziell besser gestellt werden.

Ich verweise auf meine Begründung zum ersten Satz und darauf, dass wir den Hochschulen die Garantie gegeben haben, dass sie bis einschließlich 2008 über die ihnen zugesagten Mittel auf der Basis von 2004 plus Zuwachsoptionen verfügen können. Ich komme zum Satz drei in diesem Antrag:

Die Hochschulen werden nur zum geringsten Teil an den Einnahmen durch die Studiengebühren profitieren.

Auch das ist falsch. Wir haben gesagt, die Erträge aus den Studiengebühren, die direkt von den Hochschulen eingenommen werden, fließen ausschließlich den Hochschulen zu. An dieser Aussage können Sie mich messen. Ich stehe auch dazu, dass ich diese Aussage im Namen meiner Fraktion getroffen habe.

Im nächsten Satz sagen Sie:

Die Erfahrung in Bayern und anderen Bundesländern zeigt: zusätzliche Einnahmen wie beim Beispiel der Verwaltungsgebühren gehen ans Finanzministerium.

Dazu sage ich: Richtig. Sie werden an das Finanzministerium gegeben als Solidarbeitrag der Studierenden zum Erhalt der 400 Stellen an unseren Hochschulen.

Satz fünf heißt:

Der internationale Vergleich macht deutlich, dass Länder, die Studiengebühren eingeführt haben, die staatliche Finanzierung abgesenkt haben.

Dieser Satz hinkt, denn welche private Universität, die zu den führenden in der Welt gehört, hat in den USA die staatlichen Mittel gesenkt? – Die haben keine staatlichen Mittel an privaten Universitäten, sodass nichts zu senken war.

Ich sehe – damit komme ich zum Abschluss – in der Einführung von Studiengebühren eine absolute Steigerung der Qualität unseres Hochschulwesens. Ich sage das vor dem Hintergrund eines ehemaligen Studenten, der zum Teil Stipendium bekommen hat, dessen Eltern aber nicht in der Lage waren, ihm den Betrag in Höhe des BAföGHöchstsatzes zur Verfügung zu stellen, und der deshalb in den Semesterferien arbeiten musste. Ich sage Ihnen das auch aus der Erfahrung eines Vaters, der – so Gott

will – im Herbst dieses Jahres zwei Töchter an unsere bayerischen Hochschulen zum Studium schicken kann. Ich weiß, wovon ich rede. Ich weiß, welche Belastungen zugewiesen werden können, und ich verweise abschließend auf die sozialen Abfederungen, die sowohl Kollege Dr. Spaenle als auch Staatsminister Dr. Goppel ausführlich als condicio sine qua non vorgestellt haben. Ich bitte Sie um Zustimmung zum Dringlichkeitsantrag der CSU.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, die von der Geschäftsordnung vorgeschriebene Frist von fünfzehn Minuten zwischen der Ankündigung der namentlichen Abstimmung und der Abstimmung ist noch nicht vorüber. Die Abstimmung über diese drei Dringlichkeitsanträge erfolgt mit der Abstimmung über die Anträge, die ich jetzt aufrufen werde, in einem Paket. Insoweit wird die Abstimmung zurückgestellt.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Veröffentlichung Vorstandsbezüge (Drucksache 15/ 2608)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Franz Maget, Johanna Werner-Muggendorfer, Karin Radermacher und anderer und Fraktion (SPD) Offenlegung von Managergehältern (Drucksache 15/ 2613)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Runge.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Vorstände deutscher Unternehmen tragen hohe Verantwortung gegenüber ihrem Unternehmen, den Arbeitsplätzen, ihren Mitarbeitern und gegenüber dem eingesetzten Kapital. Die Vorstände von Kapitalgesellschaften stehen vor allem in der Pflicht gegenüber den jeweiligen Anteilseignern. Gerade bei Publikumsgesellschaften gilt es, im Hinblick auf die Vorstandsbezüge für Transparenz zu sorgen, auch um das Vertrauen von Anlegern in den Kapitalmarkt wieder zu verbessern.

Im Aktiengesetz heißt es beispielsweise, die Bezüge der Vorstände müssten im angemessenen Verhältnis zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens stehen sowie zur Leistung des jeweiligen Vorstandsmitgliedes. Um das beurteilen zu können, müssen die Aktionäre wissen, was ihre Vorstände verdienen. Es gibt bekanntermaßen nicht nur hin und wieder größere Schieflagen hinsichtlich der regulären Bezüge, sondern gerade mit Optionsprogrammen wird viel Schindluder getrieben.

Dass Handlungsbedarf besteht, wird allgemein – quer durch alle politischen Lager – anerkannt. Allerdings stellt sich die Frage, wie und wann. Es ist kein Geheimnis, dass Frau Zypries gesagt hat, es solle die Hauptversammlungssaison abgewartet werden, um zu sehen, was passiert. Es gibt die Empfehlung des Deutschen Corporate

Governance Kodex. Dort heißt es, die Vergütung der Vorstandsmitglieder sollten im Anhang des Konzernabschlusses, aufgeteilt nach Fixum und erfolgsbezogenen Komponenten und Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung, ausgewiesen werden, und die Angaben sollten individualisiert erfolgen. Das klingt schön, ist im Grunde richtig, aber der Kodex genügt nicht. Nur ein Teil der börsennotierten deutschen Unternehmen hält sich daran.

Letzten Herbst hat die Bayerische Staatsregierung eine entsprechende Bundesratsinitiative angekündigt. Zitiert wurden damals namentlich insbesondere unser Ministerpräsident und unsere bayerische Justizministerin, denen dies ein wichtiges Anliegen war, welches wir heute wiederum voranbringen wollen.

Wir meinen: Wer für die Veröffentlichung der Bezüge von Vorständen von Publikumsgesellschaften eintritt, kann nichts gegen die Veröffentlichung der Bezüge von Vorständen oder Geschäftsführern öffentlicher Unternehmen, öffentlicher Einrichtungen schlechthin haben. Im Gegenteil, es gibt gute Argumente, weshalb gerade diese Bezüge öffentlich gelegt werden müssen. Schließlich bewirtschaften die Vorstände von öffentlichen Unternehmen und Einrichtungen im Gegensatz zu den Vorständen von Aktiengesellschaften das Geld von mehr Menschen, nämlich das Geld aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Wir meinen, es ist durchaus wichtig, für Transparenz zu sorgen, dafür, dass beispielsweise die Bezüge der Vorstandsmitglieder bzw. der Mitglieder der Geschäftsführung von Bayerischer Landesbank, von der LfA-Förderbank, von der Flughafen München GmbH oder – damit die Franken auch bedacht sind – der Flughafen Nürnberg GmbH, der GSB-Gesellschaft Sonderabfallentsorgung, der beiden Messegesellschaften, an denen der Freistaat beteiligt ist, der bayerischen Staatsbäder, aber auch von solchen Gesellschaften wie Bayern International, Bayern Kapital, Bayern Innovativ, Bayern Bio-M AG – Munich BioTech Development öffentlich gemacht werden. Es gibt zahllose staatliche Beteiligungen, von denen wir meinen, es sei interessant oder auch wichtig, deren Vorstandsbezüge zu veröffentlichen. Das sollte in unseren Augen beispielsweise auch für die Bezüge der Intendanten, Präsidenten und Vorstände der Bayerischen Staatsoper gelten und vom Bayerischen Rundfunk – da handelt es sich nicht um Steuergelder sondern um Gebührengelder, von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, von den Spielbanken, der Lotterieverwaltung usw. Wir sehen keinerlei Grund dafür, weshalb in diesem Bereich keine Transparenz gelten sollte.

Deshalb stellen wir heute folgenden Antrag:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, im Bundesrat eine Gesetzesinitiative zu starten, über die die individuelle Veröffentlichung der Bezüge von Vorständen deutscher Publikumsgesellschaften einschließlich „Sondervergütungen“, wie Aktienoptionen zur Pflicht gemacht wird, bzw. einen entsprechenden Vorstoß von anderer Seite zu unterstützen.

Wir können gern darüber diskutieren, ob wir es etwas enger fassen, zum Beispiel sagen, wir beschränken uns auf börsennotierte Unternehmen, auf Dax-100- oder Dax-30Unternehmen. Aber wir meinen, es sollte jetzt einfach mal ein Anfang gemacht werden, es sollten Nägel mit Köpfen gemacht werden.