Protocol of the Session on November 11, 2004

Mit der Forderung nach einer Umschichtung von Finanzmitteln unterstellen Sie, dass für den Bereich der Kinderbetreuung keine ausreichenden Finanzmittel zur Verfügung stehen.

(Margarete Bause (GRÜNE): Das stimmt doch auch!)

Das ist schlichtweg falsch, Kolleginnen und Kollegen. Dazu möchte ich Ihnen einige aktuelle Zahlen vortragen. Wir haben im Kindergartenbereich im Jahr 2000 399 Millionen Euro ausgegeben, im Jahr 2003 waren es 460 Millionen Euro. Die Haushaltsansätze für die Folgejahre belaufen sich auf 465 Millionen Euro für das Jahr 2004, auf 476 Millionen Euro für das Jahr 2005 und auf 484 Millionen Euro für das Jahr 2006.

Wer hier von einem Sparmodell spricht, weiß ganz genau, dass das nicht stimmt. Zusätzlich stehen bis 2006 – zusätzlich! – für den weiteren Ausbau 313 Millionen Euro zur Verfügung. Da meine ich schon, dass kein Land in Deutschland zurzeit so viel in die Kinderbetreuung investiert wie Bayern.

Frau Staatsministerin, ich muss Sie einen Moment unterbrechen. – Meine Damen und Herren, hier herrscht ständig ein hoher Geräuschpegel. Ich bitte sehr darum, dass es etwas ruhiger wird und Dauerverhandlungen außerhalb des Saales geführt werden.

Es würde mit Sicherheit zur Versachlichung der Diskussion beitragen, wenn man diese Zahlen einmal wirklich zur Kenntnis nähme. Ich habe schon gehofft, dass sich mittlerweile in der Opposition herumgesprochen hat, dass wir in den Kindergärten für die Drei- bis Sechsjährigen praktisch eine Vollversorgung haben, nämlich 99,1 %, sodass eine Kindergartenpflicht im letzten Kindergartenjahr vom Grundsatz her völlig unnötig ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie den Entwurf des Kindertagesstättengesetzes aufmerksam gelesen hätten, wüssten Sie, dass die Regeln für Bedarfsplanung

gerade dazu dienen, das Angebot an Kindertagesplätzen am tatsächlichen Bedarf – dazu brauche ich die Eltern – auszurichten. Ich bin glücklich darüber, dass wir alle kommunalen Spitzenverbände ins Boot bekommen haben. Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag stehen hinter diesem Kindertagesstättengesetz.

(Zuruf der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD) – Unruhe)

Diese brauche ich, weil sie für den Ausbau der Kinderbetreuung vor Ort eine ganz wichtige Rolle wahrnehmen; das wissen Sie genauso gut wie ich.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich möchte Ihnen zum Schluss die tatsächlichen Zahlen zum Versorgungsgrad der Kinder unter drei Jahren vorlesen, weil ich hoffe, dass die Opposition in diesem Hohen Hause diese Zahlen tatsächlich einmal zur Kenntnis nimmt. Der Versorgungsgrad für Kinder unter drei Jahren beträgt aktuell 4,8 % – anstatt der immer angegebenen 2,3 %. Bayern nimmt damit in der Betreuung der unter Dreijährigen schon jetzt einen Spitzenplatz unter den westlichen Flächenländern ein.

(Susann Biedefeld (SPD): Schöne Rechnereien! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Der Versorgungsgrad für Schulkinder im Alter von 6 bis 10 Jahren beträgt mittlerweile 16,7 %, für die Altersgruppe der 10- bis 16-Jährigen 3,9 % statt der im SPD-Antrag angegebenen 3,4 %.

Lassen Sie mich noch ein Wort zur Tagespflege sagen. Mich hat schon etwas bedrückt, was Sie in Ihrem Antrag zur Tagespflege geschrieben haben. In Frankreich werden 30 % der Betreuung der Kinder unter drei Jahren durch Tagespflege und Tagesmütter wahrgenommen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Die Franzosen sind doch sonst kein Vorbild für Sie!)

Nein, nicht immer, Herr Kollege, aber manchmal lohnt es sich durchaus, einen Blick in das Nachbarland zu werfen. Wichtig ist die Qualifizierung der Tagesmütter. Es gehört zum Wahl- und Wunschrecht der Eltern, das ich keineswegs einschränken kann, dass ein- und zweijährige Kinder zu einer Tagesmutter gegeben werden, die angemessen fortgebildet wird. Deswegen halte ich es für falsch, was Sie in Ihrem Antrag ausgeführt haben.

(Beifall bei der CSU)

Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen damit zur Abstimmung. Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/1959 abstimmen; das ist der Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Wer dem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen?

Das ist die SPD-Fraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 15/1950. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt; die Modalitäten sind bekannt. Wir beginnen jetzt mit der Stimmabgabe. Dafür stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 15.14 Uhr bis 15.19 Uhr)

Meine Damen und Herren, die Abstimmung ist abgeschlossen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ausgezählt wird außerhalb des Raumes. Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Neuorganisation Landesumweltamt (Drucksache 15/ 1951)

Ich darf jetzt schon bekannt geben, dass namentliche Abstimmung beantragt ist.

Ich eröffne die Aussprache und gebe den Fraktionsführungen eine Orientierung bezüglich der Redezeiten: Die CSU hat noch 30 Minuten, die SPD 22 Minuten, und die GRÜNEN haben noch 29 Minuten. Das Wort hat Herr Kollege Dr. Dürr.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich vermisse den Verwaltungsreformminister, den Kollegen Huber.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Uns ist die Verwaltungsreform so wichtig, dass, wie Sie sehen, der Fraktionsvorsitzende spricht. Ich hoffe, der CSU und der Staatsregierung ist die Reform wenigstens so wichtig, dass die Präsenz gewährleistet ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Dr. Dürr, der nach der Verfassung zuständige Minister ist da.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Wer ist das?)

Das tröstet mich.

Kolleginnen und Kollegen, in der Bestandsaufnahme sind wir uns einig. Die Bayerische Staatsverwaltung muss modernisiert werden. Ihre Grundstrukturen sind 200 Jahre alt. Sie ist Spitze in alten Strukturen, aber sie

ist nicht modern. Sie funktioniert besser als die meisten vergleichbaren Verwaltungen, aber sie ist mittelfristig den neuen Anforderungen ebenfalls nicht gewachsen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihre Ordnungsprinzipien sind nicht zeitgemäß, weil sie sich ausschließlich an Regeln orientieren muss statt an Zielen und Ergebnissen. Es reicht heute nicht mehr, wenn alle Vorschriften eingehalten werden, das Ergebnis aber Blockade ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nicht umsonst ist Dienst nach Vorschrift das Schlimmste, was ein Beamter tun kann. Die Bayerische Staatsverwaltung ist nicht mehr zeitgemäß, weil ihre Strukturen so hierarchisch sind wie vor 200 Jahren. Die Beamten vor Ort haben zu wenige Kompetenzen. Es fehlen Zielvorgaben, und es fehlt ein Ablaufcontrolling. Am meisten aber fehlt ein leistungsförderndes Personalsystem.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu allem Überfluss wird in Bayern auch noch wesentlich mehr reguliert als in anderen Ländern. Deshalb muss sich dringend etwas ändern. Staatliches Verwaltungshandeln muss transparent sein, also nachvollziehbar und verlässlich, effizient, also zuverlässig, kostengünstig und schnell, und die Verwaltungsstruktur muss die Eigenverantwortung stärken, und zwar sowohl der Bürgerinnen und Bürger als auch der Staatsbediensteten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da fehlt es leider in Bayern „vom Boa weg“. Die überalterten Verwaltungsstrukturen verärgern die Bürgerinnen und Bürger, sie behindern Investitionen, uns sie behindern und verärgern nicht zuletzt die Staatsbediensteten selbst.

(Unruhe)

- Vielleicht kann die CSU ihre Fraktionssitzung außerhalb abhalten. Sie werden sich doch noch einig darüber werden, wie Sie abstimmen sollen.

Wenn wir uns in dieser Bestandsaufnahme einig sind, dann müsste doch eine Reform, die diesen Namen verdienen soll, auf diese Probleme eine Antwort haben.

(Margarete Bause (GRÜNE): Jetzt ist Herr Huber da! – Ulrike Gote (GRÜNE): Aber der ist nicht zuständig!)