Protocol of the Session on September 30, 2004

dass sie neue Lehrerinnen und Lehrer haben. Das wären die richtigen Signale in der Bildungspolitik.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Siegfried Schneider (CSU))

Das alles gehört zu einer Gesamtdiskussion. Sie wollen nicht nur ein Büchergeld einführen, sondern auch Studiengebühren. Spätestens dann wird jedem klar, was Sie erreichen wollen: Beides zusammen bildet ein Einfallstor für mehr private Bildungsfinanzierung in Bayern. Wo das endet – das sage ich Ihnen als Fachpolitikerin in der Erwachsenenbildung -, sehen Sie an der Erwachsenenbildung. Da zahlen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer inzwischen mehr als der Freistaat Bayern. Die Sparwut Ihres Ministerpräsidenten führt dazu, dass Sie Ihre Grundsätze, die Sie vielleicht einmal hatten, über Bord werfen.

Zusammenfassend kann man sagen: Die Abschaffung der Lernmittelfreiheit ist für Sie immer noch nicht vom Tisch. Erst dann, wenn Sie heute unserem Antrag zustimmen, wissen wir endlich, dass Sie es wirklich ernst meinen.

(Beifall bei der SPD)

Als nächstem Redner darf ich Herrn Kollegen Wägemann das Wort erteilen. Bitte, Herr Kollege.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Da bereits ausreichend grundsätzliche politische Ausführungen erfolgt sind ebenso wie gebetsmühlenartige Klagen und ein Schlechtreden unseres bayerischen Bildungssystems, womit es Ihnen aber nicht gelungen ist, die positiven Fakten des bayerischen Schulsystems zu beseitigen, will ich als langjähriger Praktiker nur auf einige Argumente eingehen. Die Theoretiker Frau Schieder und Herr Maget haben hier gesagt, der Verwaltungsaufwand würde massiv steigen, wenn man ein Büchergeld in Bayern einführen würde. Ich habe fast 23 Jahre lang als Geschäftsführer eines großen Schulzweckverbands mit Hauptschule, Realschule und Gymnasium die Organisation in diesem Bereich mit abgewickelt.

(Heidi Lück (SPD): Da sieht man es, abgewickelt!)

Ich habe immer alle Haushaltsanforderungen für lernmittelfreie Bücher genehmigt, weil ich der Meinung war, dass Bücher ein wichtiges Handwerkszeug für die Schülerinnen und Schüler sind.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Nicht alle Kämmerer und nicht alle Oberbürgermeister und Landräte haben aber so gehandelt, sondern viele haben angesichts knapper kommunaler Kassen in den letzten Jahren die Ansätze immer weiter nach unten fahren lassen. Die Zahlen belegen, dass hier häufig gespart wurde. Deswegen ist derzeit die Versorgung der Schulen mit lernmittelfreien Büchern sicher nicht optimal; sie sollte verbessert werden. Bei einer Beteiligung der Eltern müsste

gleichzeitig deren Mitspracherecht erhöht werden. Sie müssten sich auch bitte vor Augen halten, dass von der früheren Einzelabrechnung auf Pauschalierung umgestellt wurde, was eine erhebliche Vereinfachung war. Diese Pauschalierung führt aber zu Abweichungen nach oben oder unten, führt dazu, dass manche Kommunen fast 100 % ihrer Aufwendungen zurückerhalten haben, während andere, die viel beschafft haben, deutlich weniger als die ursprünglichen zwei Drittel erhalten haben. Der große Vorteil des Systems des Büchergeldes liegt darin, dass die Schulen künftig einen planbaren Mittelumfang haben werden. Sie können sich ausrechnen, dass sie pro Schüler einen bestimmten Betrag bekommen plus die Leistungen des Staates und der Kommunen.

(Zuruf der Abgeordneten Marianne Schieder (SPD))

Damit steht deutlich mehr Geld als bisher zur Verfügung. Vor allem kann die Schule jetzt selbst bestimmen, während sie bisher immer vom Wohlwollen des Sachaufwandsträgers – der Kommune – abhängig war. Jetzt hat sie zum ersten Mal die Gelegenheit, selbst zu entscheiden. Wenn die Schulen wirklich gut mit Büchern ausgestattet sind, werden sich auch die Nebenkosten, zum Beispiel Kopierkosten, angemessen senken lassen. Auch hier soll nach dem Willen der Ministerin die Position der Eltern gestärkt werden. Die Eltern sollen auch bei der Verwendung dieser Unterrichtsmittel und bei den Kopierkosten mitreden können.

Zwar wird niemand von den Eltern über eine zusätzliche Belastung jubeln, aber der jetzige Vorschlag ist für alle Beteiligten vertretbar, weil er auch eine weitere Verbesserung der Qualität mit sich bringt. Deswegen habe ich keinerlei Probleme damit, heute Nachmittag diesen Dringlichkeitsantrag der SPD, der kurz und lapidar formuliert ist, abzulehnen.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD – Zuru- fe)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, damit ist die Aktuelle Stunde -

(Franz Maget (SPD): Können wir noch fünf Minuten für die GRÜNEN haben? Dann könnten wir gleich abstimmen!)

Ist das unter den Fraktionen so vereinbart, dass wir jetzt gleich über den Dringlichkeitsantrag abstimmen?

(Margarete Bause (GRÜNE: Wenn wir noch fünf Minuten reden können! – Franz Maget (SPD): Aber nur fünf Minuten für die GRÜNEN!)

- Ist der Herr Fraktionsvorsitzende der CSU damit einverstanden, dass wir den GRÜNEN noch fünf Minuten Redezeit geben? Dann könnten wir gleich abstimmen.

(Joachim Herrmann (CSU): Ja! – Zuruf von den GRÜNEN: Namentliche Abstimmung!)

Namentliche Abstimmung ist beantragt.

(Franz Maget (SPD): Namentliche? – Unruhe)

Sie müssen sich schon einigen. Wenn Sie das so wollen, müssen Sie jetzt einen Redner oder eine Rednerin ans Pult schicken.

(Margarete Bause (GRÜNE): Dann lassen wir es sein! – Unruhe)

Was lassen wir jetzt sein?

(Zurufe von den GRÜNEN)

Dann stimmen wir heute Nachmittag im Lauf der Beratung der Dringlichkeitsanträge darüber ab. Sie müssen aber darauf achten, dass diejenigen, die dann reden sollen, auch da sind.

(Unruhe)

Ich komme mir jetzt zwar schon allmählich komisch vor, aber ich muss es doch noch einmal sagen: Ich bitte Sie darum, jetzt wirklich diszipliniert zu sein. Hier im Saal herrscht ein hoher Lärmpegel. Ich wünsche wirklich niemandem, dass er sich das länger anhören muss. Ich bitte, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Das gilt nicht nur für die Kolleginnen und Kollegen, sondern auch für das ganze Drumherum in diesem Raum. Ich hoffe, dass das jetzt das letzte Mal war, dass ich Sie darum bitten musste.

Wir fahren in der Tagesordnung fort. Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 2 a Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Aufhebung des Wohnungsaufsichtsgesetzes (Drucksache 15/1635) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Ich darf dafür Herrn Staatssekretär Schmid das Wort erteilen. Bitte, Herr Staatssekretär.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Ihnen heute im Rahmen der Deregulierungsbemühungen einen weiteren Vorschlag unterbreiten. Es geht um den Abbau kommunaler Standards – ein Ziel, das wir uns gemeinsam gesetzt und das wir gemeinsam formuliert haben. Heute geht es konkret um die Aufhebung des Wohnungsaufsichtsgesetzes. Ich will dazu nur einige Bemerkungen machen, nachdem das Thema nach Einbringung des Gesetzentwurfs in den Ausschüssen umfassend besprochen und diskutiert wird.

Das Wohnungsaufsichtsgesetz dient als ergänzendes öffentlich-rechtliches Überwachungsinstrumentarium dazu, Wohnungsmängel und Wohnungsmissstände zu bekämpfen. Ich nenne einige Beispiele: Durchfeuchtung, ungenügender Wärme- und Schallschutz sowie fehlender Anschluss von Herd und Heizung. Alle diese Probleme hat man mit dem Gesetz bisher im Griff gehabt. Ich darf Ihnen

einige Gründe dafür nennen, warum wir diese Vorschriften in der heutigen Zeit nicht mehr brauchen.

Beginnend im Jahr 1974, vor allem im Jahr 2001, wurde der Mieterschutz immer weiter ausgebaut und verbessert, sodass wir die Durchsetzung der Interessen des Mieters durch zahlreiche Vorschriften gewährleisten konnten. Darüber hinaus gibt es die allgemeinen sicherheitsrechtlichen Vorschriften, die vom Wohnungsaufsichtsgesetz unberührt sind. Das heißt, momentan bietet die Rechtslage eine breite Palette an gesetzlichen Vorschriften für Maßnahmen und Eingriffe. Wir haben auch die Erfahrung machen müssen, dass gerade in der Landeshauptstadt München – um ein Beispiel zu nennen – von 1998 bis 2003 nur in vier Fällen Anordnungen nach dem Wohnungsaufsichtsgesetz erlassen wurden. Deshalb haben wir gern den Vorschlag des Gemeindetags aufgegriffen, diese kommunalen Standards gemeinsam abzubauen, zumal wir weitere gesetzliche Grundlagen haben, um etwaigen Missständen entgegentreten zu können. Nach Artikel 83 der Bayerischen Verfassung haben die Kommunen weiterhin die Möglichkeit einzugreifen, die Aufgabe bleibt ihnen erhalten.

Die anderen kommunalen Spitzenverbände haben unsere Initiative begrüßt und unterstützt, ebenso die Haus- und Grundbesitzerverbände. Lediglich der Mieterbund ist unseren Bestrebungen entgegengetreten, insbesondere weil er glaubt, dass den so genannten Entmietungsfällen nicht mehr angemessen begegnet werden kann. Aber ich glaube, dass wir mit all den anderen Vorschriften, die hier einschlägig sind – auch mit den strafrechtlichen Vorschriften – diesem Problem begegnen können.

Der Gesetzesvorschlag hat noch einen zweiten Aspekt, nämlich das Thema der Zweckentfremdung, die auftritt, wenn Wohnraum zu anderen Zwecken umgewidmet wird, insbesondere in Gewerberaum. Hier brauchen wir eine differenzierte Betrachtung. Es gibt nach wie vor Gemeinden mit Wohnraummangel, die sich insbesondere im Ballungsraum München befinden, wo wir reagieren müssen. Wir verfügen gerade durch die zurückgehende Bautätigkeit in den letzten Jahren nach wie vor über lange Vormerklisten für den Bezug von Sozialmietwohnungen. Wenn ich in diesem Zusammenhang insbesondere München erwähnen darf: Hier ist die Liste auf 13 000 Haushalte angewachsen, davon rund 7000 in der ersten Dringlichkeitsstufe. Das heißt, das Problem ist nach wie vor virulent; wir müssen uns um das Thema kümmern.

Die Frage ist, wie wir diese Aufgabe bewältigen und das Problem lösen können, auch wenn wir die gesetzliche Grundlage des Wohnungsaufsichtsgesetzes jetzt aufheben. Wir haben eine Bundesratsinitiative ergriffen, mit der gewährleistet werden kann, dass eine Übertragung der Materie in die kommunale Selbstverwaltung möglich wird, sodass die Kommunen von sich aus reagieren können. Dafür brauchen wir allerdings eine Änderung der bundesgesetzlichen Grundlagen. Deshalb ergreifen wir die Bundesratsinitiative. Bis zu diesem Zeitpunkt übertragen wir eine Vollzugsvorschrift, die ein wichtiger Teil des Zweckentfremdungsrechts ist, in das LStVG, in das Landesstraf- und Verordnungsgesetz, um einen nahtlosen Übergang gewährleisten zu können. Ich halte das für einen guten und zukunftsweisenden Weg. Ich darf Sie sehr herzlich

bitten, dass Sie den Weg des Abbaus dieser Standards bei den Kommunen mit uns gemeinsam gehen und damit die Verantwortung der Kommunen stärken. Ich bitte Sie um eine zügige Beratung dieses Gesetzentwurfs.

(Beifall bei der CSU)

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wie immer beträgt die Redezeit pro Fraktion fünf Minuten. Wortmeldungen? – Ich darf als Erstem für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Wörner das Wort erteilen. Bitte, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Widerspruch wurde deutlich in der Begründung für die Abschaffung des Gesetzes durch Herrn Staatssekretär Schmid. Gegen Ende seiner Rede hat er gesagt: Wir wissen selbst, dass es schwierig ist, das Gesetz abzuschaffen; deswegen geben wir es als Übergangslösung in ein anderes Gesetz hinein. In drei Teufels Namen, wenn wir schon merken, dass das Gesetz in Ballungsräumen nach wie vor notwendig ist, warum heben wir es dann überhaupt auf? Geht es nur um die Euphorie, dass wir etwas geändert haben? Denn das ist das Ergebnis, wie man merkt, wenn man genau zuhört.

Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns gut überlegen, ob wir den Kommunen, die es noch brauchen, ein Instrument wegnehmen, mit dem sie Menschen helfen können. Herr Schmid, es freut mich natürlich, wenn Sie sagen, der Mieterschutz ist immer besser geworden. Ich muss aber dazu sagen, nicht mit Hilfe der CSU, sondern nur mit Hilfe der SPD.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben gegen fast alles gestimmt, was Mieter schützen sollte. Das sollte man der Lauterkeit halber schon sagen.

Das Gesetz bedarf einer intensiven Beratung, weil die Regionen Bayerns in ihren Lebensverhältnissen, gerade was Mietraum angeht, grundsätzlich unterschiedlich zu betrachten sind. Natürlich kann es sein, dass es Kommunen gibt, die sagen, das brauchen wir nicht. Das will ich gar nicht bestreiten. Aber in Ballungsräumen halten wir das Gesetz für dringend geboten. Herr Schmid, Sie sagen zwar richtigerweise, in München seien nur vier Anordnungen getroffen worden. Sie sagen aber nicht dazu, wie viel mit dem Instrument des Gesetzes verhindert worden ist, und zwar allein durch die Androhung, wir kommen und sehen uns das an. Das hat meist völlig ausgereicht, um einen Wohnungseigentümer dazu zu bringen, die Gesetze zu vollziehen. Allein um dieses Mittel zu erhalten, wäre es gut, das Gesetz beizubehalten.

Wenn der Verweis kommt, dass die Kommunen es nicht mehr wollen, muss man einen Moment lang darüber nachdenken, warum die Kommunen versuchen, zu erreichen, möglichst viele Aufgaben nicht mehr erfüllen zu müssen. Sie haben in Bayern mit Ihrer Politik, Kommunen mit finanziellen Mitteln an die kurze Leine zu nehmen, dafür gesorgt, dass die Kommunen ihren Aufgaben nicht mehr gerecht werden können, und deshalb versuchen viele Gemeinden, Aufgaben los zu werden. Das alles bitte

ich bei der Beratung des Gesetzentwurfs zu berücksichtigen. Dazu kommt: Wer den Wärmeschutz – die Überwachung war im Gesetz enthalten – abschafft und gleichzeitig in der CSU darüber fabuliert, man wolle die Umweltstandards heben und sichern, der bereitet diesem Ansinnen damit selbst ein Ende.