Protocol of the Session on July 20, 2004

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe jetzt auf:

Tagesordnungspunkt 2 a Gesetzentwurf der Abgeordneten Franz Maget, Christa Naaß, Prof. Dr. Peter Paul Gantzer und anderer und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Beamtengesetzes (Drucksache 15/1264) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Mir ist signalisiert worden, dass Kollege Wörner die Begründung und die Aussprache miteinander verbindet. Herr Kollege Wörner hat das Wort. Die Redezeit beträgt zehn Minuten.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diesen Gesetzentwurf eingebracht, wissend, dass die Bayerische Staatsregierung ursprünglich vorhatte, die Ballungsraumzulage abzuschaffen. Wer den Text des Gesetzes liest, dem wird klar, wie wichtig dieses Gesetz ist und wie wichtig die Weiterführung der Ballungsraumzulage ist. Im Grunde genommen müsste die Ballungsraumzulage sogar angehoben werden. Es heißt nämlich hier:

Fürsorgeleistung zum Ausgleich erhöhter Lebenshaltungskosten an Beamte und Richter mit Dienstort im Stadt- und Umlandbereich Münchens.

Wenn man nun weiß, wie die Beamtenbezüge und die Gehälter von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst in den letzten Jahren aufgrund von Maßnahmen gesunken sind, die der Freistaat Bayern gegen diese Berufsgruppen eingeleitet hat, müsste man eigentlich fordern, die Ballungsraumzulage zu erhöhen. Hinzu kommt, dass aufgrund einer Reihe von Maßnahmen die Lebenshaltungskosten der Beschäftigten im Ballungsraum gestiegen sind, und zwar um mindestens 3,5 %. Daraus ergibt sich die Forderung nach einer Anhebung von selbst.

Minister Faltlhauser zieht auf der einen Seite ein Streichkonzert bei den Beamten durch und will zunächst die Ballungsraumzulage in München streichen. Offensichtlich auf Druck aus dem eigenen Laden erhält er diese zumindest für einen Teil der Beschäftigten aufrecht. Herr Minister, Sie nehmen den Leuten etwas weg, was Sie ihnen dann wieder geben müssen. Sie verlangen für Ihre Staatsbedienstetenwohnungen Mietpreise, für die sich eine Genossenschaft schämen würde. Sie geben den Beamten auf der einen Seite Geld, auf der anderen Seite ziehen Sie es ihnen wieder aus der Tasche. Man muss sich nicht wundern, dass Sie Ihren Haushalt dubios finanzieren müssen und es immer wieder zu Einschnitten und erheblichen Problemen für die Beschäftigten in den Ballungsräumen kommt. Jetzt streichen Sie die Ballungsraumzula

ge für Bedienstete und Beschäftigte, die außerhalb des Ballungsraums wohnen, aber im Ballungsraum arbeiten.

Wissen Sie, was das für die Polizei bedeutet? Wir rekrutieren zum Wohle der Stadt München, zur Sicherheit im Ballungsraum Polizistinnen und Polizisten aus ganz Bayern. Diese müssen nach München – die werden nicht gefragt, sonst werden sie nicht genommen. Wir nehmen die Leute aus ihrem Lebensmittelpunkt heraus, in dem sie zu Hause sind, in dem sie möglicherweise Familie haben, Eltern haben, eventuell ein Haus oder eine Wohnung besitzen. Anschließend erklären wir ihnen – sie brauchen in München ja eine Unterkunft –, sie bekommen die Ballungsraumzulage nicht mehr, weil sie woanders wohnen. Können Sie das diesen Menschen erklären?

Ich halte das für ein unmögliches Vorgehen. Deswegen werden wir dem, was die Staatsregierung hier vorschlägt, nicht zustimmen. Wir bitten Sie, unseren Gesetzentwurf anzunehmen, der mit diesem Thema sorgfältiger als Sie umgeht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Noch schäbiger wird die Sache, wenn man weiß, dass wir seit Jahren versuchen, die Ballungsraumzulage zumindest auf den Wohnsitz des Ober-Oberbayern Stoiber auszuweiten. Die Lebenshaltungskosten in Wolfratshausen sind deckungsgleich mit denen in Erding und Freising. Offensichtlich ist sich der Herr Ministerpräsident nicht zu schade dafür, an seinem eigenen Wohnort die Beamtinnen und Beamten und Beschäftigten im öffentlichen Dienst schäbig im Stich zu lassen. Sonst hätte er längst dafür gesorgt, dass diese Gegend auch in die Ballungsraumzulage einbezogen wird. Dann wäre es zumindest zum Teil gerecht; die ganze Gerechtigkeit bekommen wir nicht, das wissen wir selbst. Wir meinen, es ist dringend notwendig, dass Sie Ihren Gesetzentwurf überarbeiten und sich zumindest in diesem Punkt unserem Gesetzentwurf anschließen.

Ich sage Ihnen noch etwas. Sie strafen damit die Beschäftigten im Ballungsraum doppelt, die nicht hier wohnen, aber hier arbeiten müssen. Sie haben ihnen, wie ich schon geschildert habe, eine ganze Menge zugemutet. Letztlich sind über 9 % verloren, die Sie durch die Arbeitszeiterhöhung an Lohnerhöhung nicht weiterreichen.

Jetzt gehen Sie her und nehmen den betroffenen Menschen auch noch die Ballungsraumzulage völlig weg, obwohl sie in der ganzen Woche während ihres Aufenthalts in München dieselben Lebenshaltungskosten haben. Die können nämlich nicht jeden Tag nach Hause fahren, wie es Minister machen.

Deswegen ist es dringend erforderlich, nicht dem Gesetzentwurf, den Sie einreichen, zuzustimmen, sondern unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. Wir halten es nämlich für notwendig für die Sicherheit in München und im Interesse der Beschäftigten liegend, dass sich diese den Ballungsraum München weiterhin leisten können, den Sie mit Erhöhungen versteckter Art vielfältig überziehen, sodass die Lebenshaltungskosten weiterhin steigen.

Ich erinnere einmal an die Sozialmieten. Die betroffenen Menschen sollen Sozialmieten zahlen, weil sie beim Staat so toll verdienen. Die Zinsen für Wohnungsbaudarlehen haben Sie erhöht. Aber auch die Zinsen für diese Darlehen schlagen auf die Lebenshaltungskosten durch. Wenn man das alles summiert, kommt man zu einem Ergebnis, das es Ihnen nahe legen müsste, die Ballungsraumzulage zu erhöhen, statt sie auf gleicher Höhe zu lassen und sie für diejenigen, die nicht in München wohnen, sogar zu streichen.

Ich bitte deshalb, Ihren Gesetzentwurf abzulehnen und unserem zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste hat Frau Kollegin Heckner das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wörner, noch ist es ja nicht soweit, einen Gesetzentwurf der Staatsregierung abzulehnen; denn er liegt noch nicht vor.

Wir sind uns in der CSU-Fraktion in den letzten Tagen darüber klar geworden, dass die Staatsregierung – da sind Sie, Herr Kollege Wörner, wohl nicht ganz bei der Wahrheit geblieben – das Auslaufen des Gesetzes nicht schon beschlossen hatte. Von unserem Herrn Finanzminister lagen zwei Alternativentwürfe vor. Das müssen Sie in einem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren doch wohl zugestehen, dass man über Alternativen diskutieren darf. Letztendlich ist sowohl bei uns in der Fraktion als auch heute im Kabinett und schon letzte Woche von unserem Herrn Ministerpräsidenten eindeutig dem zweiten Alternativvorschlag – Beibehaltung der Ballungsraumzulage unter veränderten Bedingungen – der Vorzug gegeben worden.

Meine Damen und Herren, wir wollen doch noch einmal ganz klar festhalten – Herr Kollege Wörner hat sich lediglich auf die Negativbeispiele bezogen –, wofür die Ballungsraumzulage 1990 eingeführt wurde. Diese Zulage zahlt der Freistaat Bayern derzeit in Höhe von 42 Millionen Euro. Wir haben mit der Ballungsraumzulage für München und das Umland von München einen sozialen Ausgleich für Beamtinnen und Beamte sowie vergleichbare Angestellte im Tarifbereich im unteren und mittleren Einkommensniveau geschaffen. Bayern, Herr Kollege Wörner, ist das einzige Bundesland in ganz Deutschland, das einen derartigen sozialen Ausgleich schafft. Wir brauchen von Ihnen keine Nachhilfestunden, wie man den Kolleginnen und Kollegen einen sozialen Ausgleich gewährt.

Ich habe in den letzten Tagen mit diversen Verbandsvertretern gesprochen. In nichtöffentlichen Runden wird da sehr wohl angemahnt, dass man, wenn die Haushaltslage schon so angespannt ist, wie es derzeit der Fall ist, nicht einfach nach dem Gießkannenprinzip vorgehen kann, sondern eine stärkere Gerechtigkeit anstreben sollte.

Gemäß dem Motto der CSU, das wir die, die wirklich Hilfe brauchen, nicht im Regen stehen lassen, wollen wir gezielt

denen – hier spielen nun einmal die Wohnraumkosten in München und im Großraum München die Hauptrolle – die Ballungsraumzulage nach wie vor in ungekürzter Höhe gewähren. Ich möchte auch darauf verweisen, dass die CSU hier sehr wohl auch den familienfreundlichen Aspekt der kinderbezogenen Ballungsraumzulage beibehalten wird.

Meine Damen und Herren, das Finanzministerium wird in den nächsten Wochen einen Gesetzentwurf erarbeiten. Er wird selbstverständlich mit den zuständigen Verbänden erörtert werden und dann in die Diskussion hineingehen. Es ist also noch viel zu früh, Herr Kollege Wörner, hier von Ablehnung zu reden.

Ich begrüße den Entwurf des Eckpunktepapiers, wonach die Ballungsraumzulage zielgenau eingesetzt werden soll. Wir würden sie gern noch mehr Menschen geben. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass wir bei den zukünftigen Tarifverhandlungen den Angestelltenbereich selbstverständlich mit in die Diskussion einbeziehen, damit auch hier keine Ungleichbehandlungen entstehen.

Ich empfehle für die CSU-Fraktion die Ablehnung des jetzigen SPD-Entwurfs.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächster hat Herr Kollege Sprinkart das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon fast wie ein Ritual. Bereits im Jahr 2000 wollte Finanzminister Faltlhauser die Ballungsraumzulage nicht verlängern bzw. streichen. Es gab einen fraktionsübergreifenden Protest. Daraufhin hat man die Gebietskulisse deutlich eingeschränkt mit der Begründung, es soll gerechter werden, indem man auf den Anhang 2 des Landesentwicklungsprogramms verwies. Nun geht das gleiche Spiel wieder los. Die Ballungsraumzulage soll auslaufen. Zusätzlich lässt man von der Staatsregierung verlauten, sie werde nicht verlängert und damit gestrichen.

Es gibt wiederum Protest und einen Gesetzentwurf der SPD-Fraktion. Jetzt wird wieder die Gruppe des Bezieherkreises eingegrenzt, indem man sagt, die Leute müssten nicht nur in dem Ballungsraum München und Umland arbeiten, sondern auch dort leben. Meine Damen und Herren, wir dürfen gespannt sein, was sich die Staatsregierung bei der nächsten Runde einfallen lässt. Vielleicht muss man dann im Ballungsraum München nicht nur arbeiten und leben, sondern auch dort geboren sein. Es ließe sich auch überlegen, ob man vielleicht das richtige Parteibuch haben muss, um die Ballungsraumzulage zu bekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren von der Regierungsfraktion, selbstverständlich geht es Ihnen hier um gar nichts anderes als um Einsparungen. Es geht nicht um mehr Gerechtigkeit.

Die Lebenshaltungskosten in München sind ganz sicher nicht gesunken, sondern gestiegen. Von daher hat der Gesetzentwurf der SPD seine volle Berechtigung. Wir werden ihm zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Wörner hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Sie haben noch vier Minuten, Herr Kollege.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Jetzt muss ich doch noch einmal ein bisschen Nachhilfeunterricht an die in den Landtag eingerückte Kollegin erteilen. Liebe Frau Kollegin, die Ballungsraumzulage war keine Gnade oder Gunst der Bayerischen Staatsregierung, sondern beruhte auf der weisen Einsicht des Schorsch Kronawitter. Er hat die Ballungsraumzulage für München eingeführt. Dadurch war der Freistaat Bayern in Zugzwang. So war doch die Geschichte wirklich.

(Zuruf des Staatsministers Erwin Huber)

Sie, Herr Huber aus Niederbayern, können sich vielleicht als Ministerpräsident gerieren, aber nicht in der Sache Ballungsraumzulage; davon verstehen Sie nichts.

Frau Kollegin, Sie sprachen von „ungekürzter Höhe“. Aber war denn die Kürzung des Jahres 2000 nichts? Hier zeigt sich Ihre „große“ Kenntnis. Jetzt wird wieder gekürzt, Frau Kollegin. Jetzt wird für Betroffene gekürzt, die nicht in München wohnen.

Da Sie den Gesetzentwurf noch nicht haben, sondern immer noch daran basteln, müssten Sie doch selber merken, wie unsicher Sie sind. Wenn Sie in der CSU-Fraktion ein bisschen Standvermögen hätten, dann würden Sie in dieser Frage Ihrem Herrn Minister einmal sagen: Jetzt reicht’s, da machen wir nicht mehr mit! Wenn wir bedenken, wie in den letzten Jahren die Absenkung war, dann ist es für die Beamten sowieso genug Strafe, bei diesem Staat arbeiten zu müssen.

(Widerspruch bei der CSU)

Selbstverständlich! Schauen Sie sich doch einmal an, was Sie denen weggenommen haben. Deshalb ist es notwendig, dass mit diesen Menschen endlich einmal vernünftig umgegangen wird, die für alle Bürgerinnen und Bürger in Bayern ihre Leistung erbringen.

Da können wir nicht so tun, als brauchten wir diese Menschen nicht mehr zu bezahlen und könnten sie wie Leibeigene halten, wie das ein Petent heute gegenüber dem Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes erklärt hat. Nein, dann müssen wir sie anständig besolden und von dem Gefühl wegkommen, es handle sich um Leibeigene, mit denen wir machen können, was wir wollen, mal ein bisschen rauf, aber in der Regel immer weiter runter.

Kolleginnen und Kollegen, unterstützen Sie uns bitte bei unserem Antrag und lassen Sie sich nicht etwas anderes aufschwatzen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aussprache ist geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Ich sehe keinen Widerspruch. Herr Huber, haben Sie dagegen gestimmt? – Nein. Dann sehe ich keine Gegenstimmen, und es ist so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 2 b Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes zur Sicherung des juristischen Vorbereitungsdienstes (Drucksache 15/1350) – Erste Lesung –