Protocol of the Session on March 17, 2004

Nein. – Ich wollte nur sagen, das war eine Veranstaltung für die Betroffenen vor Ort und keine Politdiskussion. Aber jeder, der sich dafür interessiert hat, konnte dorthin gehen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das ist doch Quatsch!)

Die Landräte und die Oberbürgermeister wurden im Übrigen nicht einbestellt, sondern ich habe ihnen ein Gesprächsangebot gemacht, um es ihnen zu ermöglichen, individuelle Probleme vorzutragen, die im Rahmen der Konnexität vielleicht gar nicht angesprochen werden können, weil man nicht jeden Gymnasialbau und jede Buslinie ansprechen kann. Deshalb haben wir zusätzlich zu den ernsthaften Gesprächen, die wir mit den kommunalen Spitzenverbänden führen, alle Sachaufwandsträger ins Ministerium eingeladen für den Fall, dass sie ein Gespräch wünschen. Ich halte das für eine sehr positive Form, mit den Kommunen umzugehen und zu beweisen, dass wir sie wirklich ernst nehmen und uns auch um Probleme,

die möglicherweise über die Konnexität hinausgehen, kümmern.

Ich bringe ein konkretes Beispiel. In der Stadt Fürth besteht an den Gymnasien zum Teil ein großer Raumbedarf. So fehlen an einem Gymnasium rund ein Dutzend Räume. Das hat aber nichts mit dem G 8 zu tun, sondern mit Problemen in der Stadt Fürth. Wir versuchen in diesem Fall, mit der Kommune darüber zu reden, ob und wie wir eine Lösung finden können. Ich denke, so nimmt man die Kommunen ernst und nicht, indem man sich gegenseitig etwas vor die Füße wirft.

Ich nehme die Kommunen mit ihren Problemen ernst und bitte darum, die Gespräche im Ministerium vor diesem Hintergrund als Angebot zu sehen und nicht als Einbestellung. Es musste keiner kommen; es konnte nur jeder kommen, der wollte. Kommunen werden nicht einbestellt, sondern sie sind ernsthafte Gesprächspartner einer CSUgeführten Bayerischen Staatsregierung.

(Beifall bei der CSU)

Für eine Zwischenbemerkung gemäß § 111 Absatz 4 der Geschäftsordnung hat Herr Kollege Vogel um das Wort gebeten. Herr Kollege, Sie haben zwei Minuten Zeit.

Frau Ministerin Hohlmeier, ich möchte es auf das Schärfste zurückweisen, dass wir die Möglichkeit hatten, bei Ihren Dialogveranstaltungen anwesend zu sein.

Erstens. Es gab eine Anfrage des Arbeitskreises Bildung der SPD-Fraktion im Ministerium, ob wir die Termine dieser Veranstaltungen erfahren können, um uns zu beteiligen. Es wurde uns aber gesagt, dass es keine Möglichkeit gebe, die Termine zu erfahren; man wisse sie auch nicht und könne uns nicht weiterhelfen. Das ist die Auskunft, die unsere Mitarbeiterin vom Arbeitskreis Bildung erhalten hat.

Zweitens. Es gab auch keine Einladung für die örtlichen Abgeordneten. Wir konnten uns nachträglich aus der Zeitung informieren und waren darauf angewiesen, dass wir von Teilnehmerinnen und Teilnehmern Informationen bekommen haben, und diese waren bei Gott nicht so, wie Sie es heute darstellen.

Drittens möchte ich auf eigene Erfahrungen verweisen. Es hat Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause gegeben, die sich Podiumsdiskussionen am liebsten verweigert hätten, weil man gesagt hat, mit uns braucht man darüber sowieso nicht zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für eine weitere Zwischenbemerkung gemäß § 111 Absatz 4 der Geschäftsordnung erteile ich Frau Kollegin Stahl das Wort.

Da meine Bemerkung einen ähnlichen Sachverhalt betrifft wie die Anmerkung des Kollegen Vogel, denke ich, dass Frau Staatsministerin Hohlmeier beide Beiträge zusammen behandeln kann.

Es war nicht nur bei Herrn Kollegen Vogel so, sondern es war auch in Nürnberg so, dass ich erfahren habe, dass es ein Dialogverfahren gibt. Das wurde in der Zeitung verkündet. Ich denke, das ist keine Form der Einladung, wie wir sie als Kollegen im Landtag erwarten können. Zudem stand weder Ort noch Zeitpunkt dabei, und Sie werden wohl nicht erwarten, dass ich sämtliche Gymnasien anrufe, um zu erfahren, wo eine solche Veranstaltung stattfindet. Das mag sich unter den betroffenen Eltern und Lehrkräften herumgesprochen haben, aber wir konnten es nicht wissen.

Bevor also eine solche Behauptung unwidersprochen im Raum und im Protokoll steht, muss ich klarstellen, dass das etwas anderes war als eine Einladung. Ihre Darstellung diesbezüglich ist eine Frechheit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Die Frau Ministerin hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Herr Präsident, die Aussage von Frau Stahl lässt mich ein wenig schmunzeln. Frau Stahl, Sie brauchen nicht sämtliche Gymnasien anzurufen; es hätte gereicht, wenn Sie bei mir angerufen hätten. Im Übrigen waren die Veranstaltungen als Fachveranstaltungen nicht für Abgeordnete gedacht, sondern in erster Linie für Eltern, Lehrer und Schüler.

(Christine Stahl (GRÜNE): Dann können Sie nicht sagen, Sie haben uns eingeladen!)

Ich habe nicht gesagt, dass ich Sie eingeladen habe, sondern ich habe gesagt, es bestand die Möglichkeit, daran teilzunehmen, wenn man wollte. Das war exakt der Wortlaut. Es haben sich auch etliche Kollegen von der CSU bei mir gemeldet; sie haben angerufen und gesagt, sie würden gern daran teilnehmen. Sie, Frau Stahl, hätten mich wie jeder andere anrufen können, aber Sie haben mich nicht angerufen und auch nicht im Büro nachgefragt.

Herr Vogel, ein ganzer Arbeitskreis der SPD kann an einer solchen Veranstaltung nicht teilnehmen.

Sollte es ein Missverständnis Ihnen gegenüber gegeben haben, würde ich mich dafür entschuldigen, weil ich, nachdem die ersten Anfragen gekommen sind, dezidiert festgelegt habe, dass Abgeordnete an den Veranstaltungen teilnehmen können, wenn sie dies wollen. Allerdings gilt die Veranstaltung dann nicht den Abgeordneten, sondern den Eltern, den Lehrern und den Schülern. Es ist keine Diskussion zwischen Abgeordneten und mir zu führen, sondern ich wollte die Argumente von Eltern, Lehrern und Schülern hören und wollte den Abgeordneten – soweit sie es wollen – die Möglichkeit zum Zuhören geben. Ich wollte nicht, dass wir miteinander eine Politdiskussion führen. Es ein Unterschied zwischen einer Podiumsdiskussion und einer Sachveranstaltung innerhalb von Schulen.

Zu einer Zwischenbemerkung hat sich Frau Kollegin Schieder gemeldet.

Ich möchte feststellen, dass die Frau Ministerin bei der Wahrheit bleiben soll. Die SPD-Fraktion hat angerufen. Wir haben keine Termine bekommen. Wir wollten nicht mit dem ganzen Arbeitskreis hin, sondern wir wollten wissen, wo die Veranstaltungen stattfinden. Wir wollten auch keine Politdiskussionen führen, sondern einfach dabei sein, um zu hören, was dort gesagt wird. Das wird uns verweigert. So geht man seitens der Staatsregierung mit Mitgliedern diesen Hohen Hauses um. Das sollte die CSU-Fraktion genauso wie uns beunruhigen.

(Beifall bei der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung: Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/619 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Es gibt eine Stimmenthaltung aus den Reihen der CSU. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

Wir fahren in der Tagesordnung fort. Zur gemeinsamen Behandlung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Franz Maget, Dr. Hildegard Kronawitter, Franz Schindler und Fraktion (SPD)

Einführung des bayernweiten Korruptionsregisters (Drucksache 15/620)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bundesweites Antikorruptionsregister (Drucksache 15/621)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Joachim Herrmann, Franz Josef Pschierer, Peter Welnhofer und anderer und Fraktion (CSU)

Korruptionsregister einfordern (Drucksache 15/645)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Das Wort hat Herr Kollege Schindler.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Leider ist das Thema Korruption nicht von der politischen Tagesordnung verschwunden. Es gibt gerade in diesen Tagen und Wochen Anlass, sich erneut diesem Thema zuzuwenden. Korruption ist nicht irgendein Kavaliersdelikt, über das man hinwegsehen kann. Vielmehr ist Korruption ein Krebsübel, insbesondere in Teilen der Wirtschaft, und zwar leider nicht nur in den unterentwickelten Ländern, die wir gelegentlich als Bananenrepubliken meinen be

zeichnen zu können, sondern durchaus auch in entwickelten Ländern, auch in Deutschland und leider auch in Bayern. Die Organisation Transparency International hat hierüber Untersuchungen angestellt und festgestellt, dass die Korruption in den letzten fünf Jahren in Deutschland signifikant gestiegen ist. Der Leiter der Staatsanwaltschaft München hat vor kurzem mitgeteilt, dass seit Einrichtung einer Spezialabteilung zur Bekämpfung der Korruption bereits 6215 entsprechende Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sind.

Auffällig ist auch, dass besonders korruptionsanfällig all die kommunalen und staatlichen Verwaltungen sind, die mit der Vergabe öffentlicher Bauaufträge zu tun haben, sowie alle Verwaltungsbereiche mit direkten Bürgerkontakten. Betroffen sind alle staatlichen Ebenen, von den Gemeinden über die Länder bis zum Bund.

Es gibt die so genannte strukturelle Korruption, die sich dadurch auszeichnet, dass sich im Laufe der Jahre gerade Netzwerke von gegenseitigen Beziehungen und Abhängigkeiten bilden, die weniger vornehm auch als eine besondere Form der organisierten Kriminalität bezeichnet werden müssen. Daneben gibt es auch – das weiß jeder – die Gelegenheitskorruption, die aber nicht einen Umfang einnimmt, dass es sich lohnen würde, deswegen viele Wort zu verlieren. Das Eigentümliche und Eigenartige hierbei ist aber nach allen Feststellungen, die es gibt, dass die Täter dieser Straftaten regelmäßig auffällig unauffällig agieren und deswegen auch nur sehr schwer festgestellt werden können. Es soll angeblich mittlerweile sogar eine ökonomische Theorie der Korruption geben, die beinhaltet, dass in Unternehmen durchaus nach rationalen ökonomischen Kriterien vorgegangen wird und gegenübergestellt wird: „ Was kostet es, wenn ich erwischt werde?“ und „Was bringt es, wenn ich nicht erwischt werde?“ Nach einem Vergleich der jeweiligen Kosten wird dann die Entscheidung vorgenommen, ob man zum Mittel der versuchten oder vollendeten Korruption greift oder nicht.

Es wird immer gesagt, Korruption zeichne sich oft dadurch aus, dass es im Kreis der an Straftaten unmittelbar Beteiligten keine Opfer gebe. Das stimmt wohl, denn es gibt zunächst nur einmal denjenigen, der korrumpiert, und denjenigen, der sich korrumpieren lässt. Das sind zunächst einmal jeweils Gewinner, weil derjenige, der korrumpiert, regelmäßig etwas dafür bekommt, und derjenige, der sich korrumpieren lässt, auch. Das Problem ist, dass die Allgemeinheit das eigentliche Opfer ist, nämlich das Opfer in unterschiedlichster Weise, und zwar erstens deshalb, weil regelmäßig wegen solcher Straftaten letztlich Aufträge, die die öffentliche Hand vergibt, nicht mehr zu marktgerechten Preisen abgerechnet werden, sondern deutlich überteuert sind, und weil zweitens durch die Existenz von Korruption das Vertrauen der Bevölkerung in die Verwaltung und das Vertrauen in fachgerechte Entscheidungen der Verwaltung schwindet, weil das Phänomen Korruption letztlich die These bestätigt, dass der Ehrliche der Dumme ist. Das sind die Probleme, die es in diesem Zusammenhang zu sehen gibt, und deswegen ist von uns jede Initiative zu begrüßen, die versucht, diesem Krebsübel entgegenzutreten.

Es gibt verschiedene Wege der Bekämpfung der Korruption. Wir haben entsprechende Vorschriften in unserem

Strafrecht. Es gibt auch auf der Ebene des Verwaltungsrechts bei der Vergabe von Leistungen und bei Werkverträgen durchaus Vorschriften. Es gibt zum Beispiel die Vorschrift, dass vor allen Vergaben jeweils auch die Zuverlässigkeit der Auftragnehmer geprüft werden muss. Dennoch scheint es so zu sein, dass das Strafrecht als solches einigermaßen stumpf ist, sodass es wichtiger ist, auf den Bereich der Prävention zu setzen.

Was die Prävention betrifft, muss man wohl seriöserweise zugeben, dass es keinen Königsweg gibt. Es geht sicherlich darum, zunächst einmal ein allgemeines Bewusstsein in der Bevölkerung, aber auch in den betroffenen Verwaltungen dafür zu schaffen, dass Korruption gerade kein Kavaliersdelikt ist, sondern weit darüber hinausgeht. Zum andern geht es darum, durch eine erhöhte Transparenz Vorkehrung dafür zu treffen, dass es immer schwerer möglich wird, sich korrupt zu verhalten. Das fängt bei Kleinigkeiten an. Ein Beispiel dafür ist, dass es sicherlich hilfreich ist, Mitarbeiter in bestimmten Verwaltungen, die Aufträge vergeben, regelmäßig, nach ein paar Jahren – nicht, weil man ihnen gegenüber misstrauisch ist – in andere Abteilungen zu versetzen, um der Gefahr der Bildung von Netzwerken präventiv entgegenzuwirken. Das ist nur ein Beispiel. Es gäbe viele andere Beispiele, die alle schon einmal diskutiert worden sind.

Einer der Vorschläge betrifft auch die Einführung eines so genannten Anti-Korruptionsregisters. Das ist das Thema unseres heutigen Dringlichkeitsantrags, zudem auch die GRÜNEN einen Antrag eingereicht haben und dem auch die CSU gefolgt ist. Die Schaffung eines Anti-Korruptionsregisters bedeutet im Ergebnis nichts anderes als eine Liste, in der die Unternehmen verzeichnet werden, die auffällig geworden sind.

Das kann nicht der Königsweg und nicht die einzige Lösung sein. Wir wissen, dass es bei der Schaffung eines Antikorruptionsregisters auch viele rechtliche Probleme zu klären und zu überwinden gibt, zum Beispiel das Problem, dass auch in diesen Fällen der Grundsatz „in dubio pro reo“ gelten muss und dass jemand, solange ihm eine Straftat nicht nachgewiesen worden ist, selbstverständlich schwerlich dem Verdacht ausgesetzt werden kann, er habe eine begangen und habe deswegen Konsequenzen zu tragen. Wir wissen sehr wohl, dass es sich hierbei um schwierige juristische Probleme handelt. Dennoch sind wir der Meinung, dass ein Schritt in diese Richtung getan werden muss.

Sie wissen, dass die SPD-Fraktion schon mehrfach, konkret seit 1997 – –

(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Seit 1995!)

Entschuldigung, Herr Dr. Kaiser, mein Horizont reicht leider nur bis 1997; weiter zurück habe ich es nicht überprüfen können. Schon seit 1995 also hat die SPD immer wieder hier im Hause die Forderung eingebracht, sich der Idee der Schaffung eines Korruptionsregisters zuzuwenden. Diese Initiativen wurden jeweils von der Mehrheit dieses Hauses abgelehnt. Auch die Bundesregierung hat eine Initiative ergriffen, und zunächst sah es so aus, als würde auch die Union zustimmen. Der Vermittlungsausschuss wurde bemüht, und man hat sich beim Einigungs

vorschlag der Stimme enthalten. Im September 2002, als es zur Abstimmung – zum Schwur – kam, hat Herr Bocklet plötzlich für die Staatsregierung erklärt, dass man dem Vorhaben nicht zustimmen werde.