Protocol of the Session on July 16, 2008

(Georg Winter (CSU): Viele tausend Worte!)

Herr Kollege Winter, wenn Sie gestatten: ein paar.

Bevor ich noch ein paar Worte zu den ABS-Papieren im Speziellen sage, will ich zunächst eine Bemerkung machen zu der jetzt häufig diskutierten Frage des sogenannten öffentlichen Auftrags der Bank oder des Auftrags der Bank oder der Tätigkeit der Bank als öffentlich-rechtliche Bank, weil man, meine Damen und Herren, nur über ein Verständnis des grundsätzlichen Auftrags, den eine Landesbank hat, ein Kriterium zur Verfügung hat, ob der massive Einstieg in das ABS-Segment gerechtfertigt war oder nicht.

Bekanntlich hat die Landesbank nach dem Landesbankgesetz einen unmittelbaren öffentlichen Auftrag als Staats-, Kommunal- und Sparkassenzentralbank. Sie kann außerdem als Geschäftsbank tätig sein, allerdings vor dem Hintergrund, dass sie eine öffentlich-rechtliche Bank ist, was im Gesetz durch den Zusatz ausgedrückt ist: „unter Beachtung ihres öffentlichen Auftrags“. Das, meine Damen und Herren, bedeutet bezüglich der anderen Bankgeschäfte – der unmittelbare öffentliche Auftrag ist ja eh unbestritten – für eine Bayerische Landesbank wie im Übrigen parallel für die Sparkassen und ähnlich auch für die LfA, dass im Vordergrund ihres Geschäfts und ihrer geschäftlichen Bemühungen das Realkreditgeschäft stehen muss; das heißt also die Unterstützung der Realwirtschaft, der Sparkassen und letztlich der bayerischen Wirtschaft.

Folgende Geschäftsfelder sind zu nennen – ich will es ein bisschen konkreter machen –: Die Bayerische Landesbank muss ein verlässlicher Partner der Sparkassen und des Mittelstands in der Region sein. Sie ist Begleiter mittelständischer wie größerer Unternehmen im Ausland und kann natürlich auch im Ausland tätig sein. Sie ist dazu da, um die Ausreichung von Großkrediten oder Konsortialkrediten zusammen mit den Sparkassen zu ermöglichen. Sie kann auch ein bedeutender Finanzierer im Kapitalmarkt-Know-how als Plattform der Mittelstandsfinanzierung und für die Beratung der Sparkassen sein. Selektiv kann sie sozusagen attraktive Segmente der realwirtschaftlichen Entwicklung in Nachbarregionen oder auch bestimmten Regionen der Welt besetzen.

Meine Damen und Herren, wenn man den Auftrag der Bayerischen Landesbank ungefähr so umreißt, dann kommt man nie auf die Idee, für zig Milliarden ABS-Papiere zu kaufen, weil die ABS-Papiere mit einem solchen eigentlich realwirtschaftlich orientierten Auftrag der Bayerischen Landesbank nie und nimmer etwas zu tun haben. Meine Damen und Herren, das ist die entscheidende Fehlentwicklung der letzten Jahre bei der Bayerischen Landesbank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Für diese Entwicklung, Herr Kollege Welnhofer, sind selbstverständlich die Vertreter der Staatsregierung im Verwaltungsrat in einer besonderen Verantwortung. Natürlich muss es der Verwaltungsrat insgesamt steuern, aber nach der sozusagen realen Machtverteilung im

Es gibt prinzipiell zwei Methoden, sich einer solchen Zahl zu nähern.

Also bei der Bank. –

Da ist einmal eine pauschale vorläufige Schätzung – das machen derzeit viele – oder zweitens eine detaillierte, auf die jeweilige Anlage abgestellte Prüfung des Ausfallrisikos. Der Vorstand der Landesbank hat sich für diese zweite Methode entschieden und hat deshalb eine bisher vorläufige, geschätzte Zahl nicht genannt.

Zitat Ende. Man muss dabei auch sehen, dass zumindest etliche Mitglieder des Haushaltsausschusses über die Aussage etwas ungläubig geschaut haben, dass es jetzt keine solchen Zahlen geben solle.

Wenn das, was er da gesagt hat, gestimmt hat, dass nämlich ausgerechnet diese Bank – die Landesbank – im Unterschied zu allen anderen Banken eine andere Methode der Bewertung der Papiere hat, dann konnte es aus methodischen und objektiven Gründen natürlich keine Zahlen geben. Deswegen hat der Minister sozusagen auf dieser Basis gesagt, es gebe keine vorläufigen Zahlen. Und er hat gesagt, es gebe keine geschätzten Zahlen. Die Information war: Es gibt zwei Methoden, sich einer solchen Zahl zu nähern: Das ist zum einen die pauschale, vorläufige Schätzung.

Herr Minister, Sie haben gesagt, diese Methode habe die Landesbank nicht gewählt. Sie hätten keine vorläufige Schätzung. Das haben Sie gesagt! Man kann man das mit dem „belastbar“ vergessen, weil Sie gesagt haben, es gebe keine vorläufigen Zahlen, Sie hätten keine Schätzungen vorliegen. Das klang sozusagen in dem Kontext Ihrer Rede insofern plausibel, als Sie gesagt haben, wir haben eine ganz andere Methode, sodass aus objektiven Gründen nicht einmal Schätzungen oder vorläufige Zahlen vorlagen.

Herr Minister, das ist die Information, die Sie dem Haushaltsausschuss gegeben haben. Das kann jeder nachlesen. Diesen Umstand und diese Information muss man mit dem vergleichen, was der Finanzminister zu diesem Zeitpunkt wusste. Das war das Ergebnis des Untersuchungsausschusses. Der Finanzminister wusste gut Bescheid, und er wusste immer Bescheid. Er wusste aktuell Bescheid. Die Zahl von 1,9 Milliarden Euro Wertberichtigung, die ein paar Stunden später bekannt gegeben worden ist, kannte er schon zwei Wochen lang, während er uns im Haushaltsausschuss ein Märchen auftischte. Das war eine Märchenstunde, wie ich sie noch nicht erlebt habe.

Herr Kollege Welnhofer, Ihr Mehrheitsbericht ist in der Folge davon nichts weiter als ein grandioses Märchenbuch, das Sie der Öffentlichkeit auftischen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren! Bevor ich noch ein paar Worte sage – –

Das ist es, meine Damen und Herren, was wir dieser Staatsregierung, dem Finanzminister und den Verwaltungsratsmitgliedern vorwerfen: dass Sie in den letzten Jahren nicht darauf geachtet haben, die Bank als Verwaltungsräte richtig zu steuern, Sie ihr eine Aufgabe zuzuweisen, sie auch in der Weise zu kontrollieren, dass sie, wenn die sagen: Wir wollen mit irrsinnigen Beträgen in spekulative Bereiche der ABS-Papiere einsteigen, wenigstens sagen: Moment einmal, was macht Ihr denn da? Passt das überhaupt noch, mit zig Milliarden so etwas zu veranstalten? Das ist der entscheidende Vorwurf, den wir Ihnen machen, dass Sie versagt haben bei der strategischen Steuerung der Landesbank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Und weil Sie versagt haben bei der strategischen Steuerung der Landesbank, sind Sie letztlich Opfer der Krise geworden.

(Engelbert Kupka (CSU): So wie Herr Steinbrück!)

Aber ursächlich, Herr Kollege Kupka, für die Verluste der Landesbank ist nicht unmittelbar die Finanzmarktkrise, sondern ursächlich ist der massive fehlerhafte Einstieg in ein völlig falsches Geschäftsfeld, für das die Landesbank von vornherein nicht da war.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Und dafür tragen Sie die Verantwortung, meine Damen und Herren.

Wenn man das einigermaßen verstanden hat – –

(Dr. Ludwig Spaenle (CSU): Das bezweifle ich!)

Ich bezweifle auch, dass Sie das verstanden haben, und ich weiß auch nicht, ob es der Finanzminister verstanden hat.

(Herbert Ettengruber (CSU): Jetzt aber! – Alexander König (CSU): Werden Sie nicht unverschämt!)

Ich habe nur mit Interesse festgestellt, dass bei der Zeugenvernehmung von Herrn Dr. Hanisch durchgeklungen ist und auch bei Ihrem Vorgänger, Herr Finanzminister, dass man das verstanden hat. Herr Dr. Hanisch hat im Untersuchungsausschuss auf meine Frage erklärt: Für die Landesbank ist das Kreditersatzgeschäft in Zukunft generell tot.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Aha!)

Das wird es nicht mehr geben. Darüber habe ich mich gefreut. Aber eine solche Aussage, meine Damen und Herren, zur strategischen Steuerung dieser Bank hätte ich monatelang vom bayerischen Finanzminister erwartet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Engelbert Kupka (CSU): Und der Herr Finanzminister auch, oder? Oder vom Bund?)

Lande weiß ein jeder, dass am Ende die Vertreter der Staatsregierung das gewichtigere Wort sprechen. Wenn die Vertreter der Staatsregierung das, was ich eben geschildert habe, als umrissenen Auftrag der Bayerischen Landesbank begreifen, dann können sie nie und nimmer dem zustimmen – ich nenne das als wichtiges Beispiel –, was im August 2006 geschehen ist.

Im August 2006 hat nämlich der Vorstand dem Verwaltungsrat einen Vorschlag unterbreitet – im Protokoll wird die Sitzung als eine Strategiesitzung bezeichnet –, und hat gesagt: Wir wollen im Segment ABS-Papiere in der Größenordnung von 58 Milliarden Euro – eine gigantische Größenordnung – einsteigen. Zu dieser Größenordnung kam es dann nicht, weil später die Krise kam. Aber das war die strategische Größenordnung, die dem Verwaltungsrat vorgelegt wurde.

Meine Damen und Herren, wir haben die Protokolle der Verwaltungsratssitzungen. Was, glauben Sie, wurde zu diesem Punkt diskutiert? – Nichts.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Wann gibt’s Kaffee?)

Null Komma nichts. Es ist nicht gefragt worden: Was ist denn ABS? Was verbirgt sich dahinter? Es ist nicht thematisiert worden: Gehört das noch in irgendeiner Weise zum Auftrag der Bayerischen Landesbank? Nichts. Es ist nur abgenickt worden. Das ist der Umstand.

(Susann Biedefeld (SPD): Unglaublich!)

Der Verwaltungsrat hat sich erst Ende August 2007, als das Ganze schon am Kochen war, endlich erklären lassen, was ABS, Subprime usw. ist.

Meine Damen und Herren, Herr Finanzminister und verehrte Vertreter der Staatsregierung, soweit Sie da sind! So geht es nicht! Ich bin für die politischen Mandate in der Landesbank, keine Frage. Aber man muss eben dort auch richtig steuern. Der entscheidende Fehler liegt nicht darin, dass man letztlich nicht begriffen hat, wie ABS im Einzelnen technisch funktioniert. Das muss nicht einmal jeder Verwaltungsrat wissen, das ist nicht der Punkt. Die entscheidende Frage, Herr Kollege Welnhofer, ist auch nicht, was immer Ihr Ablenkungsmanöver ist, dass wir angeblich gewusst hätten, wann eine Finanzmarktkrise kommt. Was soll der Blödsinn? Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Für uns ist die Frage entscheidend, dass die Bank eine vernünftige, realwirtschaftlich orientierte Ausrichtung braucht.

Wenn man das verstanden hat, dann braucht es keinen Einstieg in irgendwelche Kapitalmarktgeschäfte. Da ist man, soweit man Anlagepolitik macht, eher etwas konservativer, im Grunde genommen ähnlich wie die Sparkassen, und braucht dafür kein Kreditersatzgeschäft, was ja jetzt auch gemacht wird. Man braucht kein InvestmentBanking, man braucht kein ausdrückliches Kapitalmarktgeschäft auf allen risikoreichen Kapitalmärkten der Welt – das alles braucht man nicht, wenn man die Aufgabe vernünftig definiert, die die Landesbank hat.

Erwin Huber, gerade nicht gelogen hat, weil er nämlich nur das gesagt hat, was er gewusst hat.

(Lachen bei der SPD)

Im weiteren Verlauf Ihrer Ausführungen, Frau Kollegin Rupp, sagten Sie in einem allgemeinen, nicht anders zu erwartenden Rundumschlag: Huber ist an allem schuld; Huber hat gelogen; Huber muss zurücktreten.

(Adelheid Rupp (SPD): Wer denn sonst?)

Frau Kollegin Rupp, zum Stichwort Doppelzüngigkeit sage ich Ihnen: Wenn Sie den ersten Teil Ihrer Ausführungen – lesen Sie einmal Ihre eigene Rede nach – mit dem zweiten Teil Ihrer Ausführungen vergleichen, dann wissen wir, was Doppelzüngigkeit ist.

Ich muss Ihnen leider sagen, geschätzte Frau Kollegin Rupp – wir verstehen uns ja sonst ganz gut –: Was Sie hier abgeliefert haben, ist leider ein Akt der Verleumdung. Im ersten Satz sagen Sie nämlich zusammengefasst, Huber hat es nicht gewusst, und im zweiten Satz sagen Sie, er hat gelogen. Damit ist das Verleumdung; das muss ich Ihnen in aller Deutlichkeit vorwerfen.

Mich hat wiederum gefreut, Frau Kollegin Rupp, dass Sie gesagt haben, dass Sie das Thema weiter aufkochen werden, auch im Rahmen von Ministerbefragungen. Das dürfen Sie gerne tun. Wir gehen davon aus, dass wir wieder eine Mehrheit bekommen werden. Dann können Sie im Rahmen von Ministerbefragungen im neuen Landtag das Thema weiter aufkochen.

(Zuruf von der SPD)

Nach dem, was Sie sagten, klang jedenfalls Ihre Forderung nach Rücktritt wie das, was man eine alte Leier nennt. Die alte Leier hätte in diesem Fall Kollegen Dürr besser gestanden als Ihnen.