Warum sollen wir darüber nicht reden? Es ist ein wichtiges Thema – das werden Sie einräumen –, es interessiert die Menschen. Selbstverständlich reden wir über das, was bei der Landesbank schief gelaufen ist und was besser
von den Banken, weil diese ohnehin gerade dabei waren, Kredite zu vergeben. Der Immobilienboom und der Boom der Kreditgeschäfte haben alles massiv beschleunigt. Alles wurde noch leichtlebiger und leichtgläubiger gehandhabt. Man verdiente ja so schön. Über Jahre hat man wunderbar verdient. Alle haben auf die steigenden Kurse gesetzt und daran verdient.
Also wurden die Kredite en masse vergeben, herausgeschleudert wie beim billigen Jakob, buchstäblich auf Tupperpartys ohne Ansehen der Schuldner und ihrer Kreditwürdigkeit. Diese Schuldverschreibungen wurden dann von den Banken anschließend tranchiert, umetikettiert, umverpackt, weiterverkauft – wie beim Gammelfleisch.
Das ist ein überaus passender Vergleich; denn bei den eingekauften Papieren handelt es sich, anders als die Staatsregierung bis heute zu glauben scheint, um großenteils minderwertige Ware. Das ABS-Portfolio der Landesbank ist laut Bankangaben etwa zu 11 Milliarden Euro als Prime zu bezeichnen. 13 Milliarden Euro sind nicht Prime, sie sind Nonprime oder Subprime. – 13 Milliarden!
Subprime, das sind windige Geschäfte. Das US-Finanzministerium hat schon 1999 klargestellt, die Bezeichnung „Subprime“ bezieht sich auf Eigenschaften des Kreditnehmers. Der Schuldner zeigt typischerweise eines oder mehrere der folgenden Charakteristika, nämlich zwei oder mehr Zahlungsrückstände von über 30 Tagen innerhalb des letzten Jahres oder mindestens einen Zahlungsrückstand von 60 Tagen innerhalb der letzten zwei Jahre, Kreditkündigungen, Pfändungen oder Abschreibungen auf Verbindlichkeiten innerhalb der letzten zwei Jahre, Insolvenz innerhalb der letzten fünf Jahre, eine hohe Ausfallwahrscheinlichkeit, eine Quote von Kapitaldienst zu Einkommen von über 50 %.
Das heißt, Subprime-Schuldner, das sind Schuldner, die von einer bayerischen Sparkasse keinen Cent bekommen hätten, und in die hat die Landesbank Milliarden investiert. Das ist der Kern des Geschäfts.
Das ist der Kern der windigen Geschäfte. Nun zum Kern unserer Vorwürfe. Minister Huber und Ministerpräsident Beckstein haben bis Mitte Februar die Öffentlichkeit und den Landtag gezielt über Ausmaß und Dynamik der Krise getäuscht. Aus den Akten und aus der Zeugenbefragung geht eindeutig hervor, dass sie es besser wissen konnten, als sie sich hingestellt und gesagt haben, es sind nur 100 Millionen Euro Verluste, oder als Ministerpräsident Beckstein erklärt hat, 2 Milliarden Euro seien Horrorzahlen, die mit der Realität nichts zu tun hätten.
Minister Huber hat darüber hinaus im Plenum gelogen, und zwar am 11.12.2007. Ich erinnere an die Antwort auf die Frage des Kollegen Mütze, die Frau Rupp schon zitiert hat. Auf die Frage, ob es nicht eine Milliarde Abschreibungsbedarf gebe, hat Huber erklärt, dass er den
seits einer scharfen Konkurrenz ausgesetzt, ohne wirklich darauf vorbereitet zu sein. Andererseits hat sie noch für eine Übergangszeit zu den alten Konditionen günstig Geld aufnehmen können. Sie hat also auf Vorrat gekauft, ohne konkrete Verwendung für diese günstigen Gelder zu haben, um für die Zukunft Liquidität zu sichern.
Da kam aus den Reihen der CSU-Fraktion im Ausschuss die Frage: Wohin mit dem Geld? Wo hätte man denn das Geld hintun sollen? So viel Geld, wohin damit? – Da hat die Bank die Geschäfte mit den ABS-Portfolios ausgeweitet als Zwischenlager. Die Landesbank hat praktisch einen Wurstvorrat angelegt. Nun ist ein Wurstvorrat als solcher bekanntlich verderblich, leicht verderblich.
Deswegen hat die Bank ein Kühlhaus gesucht, um den Wurstvorrat, sprich die Gelder, wieder herausholen zu können, wenn sie sie einmal braucht. Man hat sich gedacht, da legen wir die Gelder hinein und dann holen wir sie wieder heraus, wenn wir sie brauchen. Aber dazwischen kam der Stromausfall. Das war das Problem.
In diesem Sinne ist das aktuelle Debakel eine Spätfolge der Gewährträgerhaftung. Es war also richtig, die Gewährträgerhaftung abzuschaffen. Sie sehen, was dabei herauskommen kann, wenn Banken mit Staatsgarantien einfach so draufloswirtschaften können, weil der Staat schon dafür haften wird.
Nur dadurch kam die Bank so leicht an so viel Geld, und nur deshalb hat sie so leichtsinnig investiert.
Wie es um die Qualität dieser Geschäfte steht, weiß man erst, wenn man genauer hinschaut. Der Kern dieser miesen Geschäfte sind US-Immobilienmarkt-Darlehen. Bei uns werden Kredite für Immobilien bis zu einer Höhe von maximal 80 % der Sicherheiten vergeben, und da muss man schon Glück haben. In den USA vergibt man Kredite auf künftige Wertsteigerungen hin. Das heißt, man hat Kredite vergeben bis zu 120 % und 150 % des Wertes, also auf Pump und höchst spekulativ. Kreditnehmer und Kreditgeber haben praktisch darauf gewettet oder sich darauf verlassen, dass die Preise der Häuser weiter steigen und steigen werden. Das war die Abmachung.
Dazu kamen nach dem Motto „Darf es ein bisschen mehr sein?“ noch andere Verbraucherkredite, die im Paket mit den Immobiliendarlehen günstig mit vergeben wurden
und sie genutzt. So hat zum Beispiel der Sparkassenpräsident Naser dreimal die Sparkassenobleute informiert, und der frühere Finanzminister hat vertraulich die haushaltspolitischen Sprecher der Fraktionen informiert, und zwar zu einem Zeitpunkt, wie Faltlhauser glaubhaft versichern konnte, bevor die Krise Dynamik angenommen und die Landesbank sichtbar getroffen hat. Er hat auch versichert, dass er weiter in dem Moment informiert hätte, in dem die Krise Dynamik angenommen hat. Wer nicht informiert hat, ist der Herr, der hier auf dieser Bank sitzt und der hoffentlich bald zurücktreten muss.
Die späteren Bekanntgaben von nicht belastbaren Zahlen – das hat Frau Kollegin Rupp schon ausgeführt – sowie die Quartalsberichte sind ein Eingeständnis des Vorstandes der Bank, des Verwaltungsrats und der Staatsregierung, dass der Landtag und die Öffentlichkeit einen Anspruch auf zeitnahe Information haben. Minister Huber hat nach eigenen Angaben – im Untersuchungsausschuss hat er das gesagt – achtmal den Landtag informiert, aber jedes Mal erklärt, es gebe keine belastbaren Zahlen. Zahlen, die er nicht habe, könne er nicht nennen. Er hat achtmal gelogen. Laut Urteilen des Bayerischen Verfassungsgerichts vom 17. Juli 2001 und vom 26. Juli 2006, die unsere Fraktion zum Auskunftsrecht des Parlaments erstritten hat, ist die Staatsregierung zu Nachforschungen verpflichtet. Sie kann sich nicht auf Nichtwissen berufen. Das heißt, wenn der Landtag wissen will, wie die Situation der Landesbank ist, kann Huber nicht sagen, er wisse nichts, sondern er muss, wie es am 12. Februar geschehen ist, die Bank fragen, ob aus dem vorhandenen Material belastbare Zahlen generiert werden können, damit er dem Landtag eine Antwort geben kann. Das ist seine Pflicht und Schuldigkeit. Gegen diese Pflicht und Schuldigkeit hat dieser Minister sträflich verstoßen.
Nach diesen Urteilen ist das Fragerecht und somit die Verpflichtung zur Auskunft gegenüber Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen als höherrangig einzuschätzen. Huber hat achtmal gegen seine Amtspflichten verstoßen, und deshalb muss er zurücktreten.
Ein weiterer Punkt: Die Landesbank – das hat mich am meisten überrascht – ist aus meiner Sicht in einem erschreckenden Zustand. Sie ist ohne Führung durch die Eigentümer, ohne funktionierende Kontrolle und ohne Geschäftsmodell. Die Bank macht, was sie will, und Beckstein und Huber haben tatenlos zugesehen. Der Wandel von der Bayerischen Landesbank zur selbsternannten internationalen Geschäftsbank ist ein Ergebnis
Als Huber das gesagt hat, lag ihm bereits der Wochenbericht der Bank vom 4. Dezember vor, worin ein Abschreibungsbedarf von 283 Millionen Euro für die Gewinn- und Verlustrechnung und von 1,59 Milliarden Euro für die Neubewertungsrücklage genannt wird. Huber stellte sich dann hin und sagte, er könne 1 Milliarde Euro nicht bestätigen. Noch in der Haushaltssitzung vom 12. Februar – auch das hat Frau Kollegin Rupp schon zitiert; ich finde, das kann man immer wieder hören –
hat er Zahlen über einen hohen Wertberichtigungsbedarf bei der Landesbank „Spekulation“ genannt. Was sagt der Wochenbericht vom 6. Februar 2008, den er auch schon kannte, über den vorläufigen Endstand? Abschreibungsbedarf für die Gewinn- und Verlustrechnung 557 Millionen Euro, Neubewertungsrücklage 1,334 Milliarden Euro, zusammen 1,89 Milliarden Euro. Außerdem wurde für 2008 bereits mit minus 136 Millionen Euro für die Gewinn- und Verlustrechnung und einer Neubewertungsrücklage von 145 Millionen Euro gerechnet. Das sind insgesamt deutlich mehr als 2 Milliarden Euro. Das war etwa zum selben Zeitpunkt, als Beckstein der „Welt Online“ erklärt hat, Zahlen von 2 Milliarden Euro seien Horrorvorstellungen, die mit der Realität nichts zu tun hätten. So gehen sie mit der Öffentlichkeit um, so reden sie im Landtag. Sie wissen genau, dass es anders ist, und erzählen uns das Gegenteil.
Noch am 19. Februar – das ist schon sehr spät – hat Herr Minister Huber im Plenum hinausposaunt: Ich stelle fest, es gibt keine Krise der Bayerischen Landesbank. – Wenn es einen Beweis für eine gestörte Realitätswahrnehmung gibt, dann ist es dieser Ausspruch.
Bei dieser Mauertaktik aus Verharmlosen, Verschweigen und Lügen handelt es sich aber nicht, wie man fälschlich glauben könnte, um ein individuelles Versagen; es ist die systematische Lüge der Landesbank, die sich Kommunikationsstrategie nennt. Der Bankvorstand und der Verwaltungsrat haben sich nämlich vorgenommen, systematisch nicht die Wahrheit zu sagen. Sie haben über Monate daran festgehalten, erst mit der Jahresbilanz im April das Ausmaß der Krise offenzulegen und bis dahin alles zu leugnen. Obwohl sie wussten, was Sache ist, haben sie bis dahin systematisch alles leugnen wollen, und der Verwaltungsrat hat sich dem widerspruchslos untergeordnet. Zum persönlichen Versagen Hubers wird die systematische Lüge wegen seiner Auskunftspflicht gegenüber dem Landtag. Minister Huber hat das Parlament angelogen und damit schwer gegen seine Amtspflicht verstoßen. Es hätte Möglichkeiten gegeben, über die wahre Lage zu informieren. Andere haben diese Möglichkeit gesehen
Wirklich erschreckend in der Deutlichkeit, die der Untersuchungsausschuss aufgezeigt hat, ist die fehlende Ausrichtung der Bank. Die Landesbank ist ohne Geschäftsmodell. Die dubiosen Kreditgeschäfte in den USA sind nur ein Beispiel dafür, dass die Bank nicht weiß, wozu sie eigentlich da ist. An diesen Käufen zeigt sich das zentrale Problem. Weil sie nicht weiß, was ihre Aufgabe ist, nimmt sie, was sie kriegen kann. Die Landesbank sucht verzweifelt einen Auftrag. Überall ist sie dabei. Überall will sie mit dabei sein Jüngst hat die Bank sogar für die IKB geboten.
Die Wahllosigkeit ihrer Beteiligungen wird klar, wenn man aufzählt, was sie angekauft und zum Teil schon wieder verkauft hat: Die BAWAG in Wien, die DKB – Deutsche Kreditbank –, die Tiroler Sparkasse Innsbruck, die Tschechische Bausparkasse, die Landesbank Saar, die Interbanka Prag, die Österreichische Postsparkasse, die Landesbausparkasse Wien, die MKB Budapest, Unionbank Bulgarien, Romexterra Rumänien, Hypo Group Alpe-Adria – das ist die Kärntener Skandallandesbank –, BanqueLBLux Luxembourg, LB(Swiss) Privatbank in Zürich.
Die Zeugenbefragungen haben auch bestätigt, dass der öffentliche Auftrag bei den Geschäftstätigkeiten der Landesbank nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Der Verwaltungsratsvorsitzende hat in dem viel zitierten Brief vom 31. Oktober 2007 an Beckstein und Huber geschrieben – ich zitiere –:
die laut Gesetz insbesondere Staats- und Kommunalbank sowie Sparkassenzentralbank ist. Damit könnte die BayernLB kein halbes Jahr überleben. Die BayernLB ist bereits heute weitaus überwiegend eine internationale Geschäftsbank.