Hätten Sie dies vor den Beratungen zum Nachtragshaushalt wirklich ernst gemeint, dann hätten Sie den parlamentarischen Anträgen zur Stärkung der Lehrerinnen und Lehrer an diesen Schulen zustimmen müssen. Diese Anträge haben Sie aber abgelehnt. Was Sie machen, ist Heuchelei pur. Zuerst werden die Finanzmittel abgelehnt. Dann wartet man vier Wochen. Dann stellt man sich hierhin und sagt, man wolle jetzt doch mehr Lehrer einsetzen. Man muss da aber nichts mehr beweisen, weil es keine Haushaltsberatungen mehr gibt.
Klar ist auch, dass das ungefähr zwei Monate vor der Landtagswahl geschieht. Ihr einziges Ziel ist, den Menschen zu erklären, dass Sie mehr Lehrer einsetzen wollten. Damit wollen Sie aber nur Ihre Probleme mit der Landtagswahl wettmachen. Substanz hat das, was Sie wollen, nicht.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nach so vielen Emotionen möchte ich auf ein paar Fakten zurückkommen.
Erstens. Die Budgets werden auf Schulamtsebene verteilt, nicht auf Einzelschulen. Die Verteilung basiert auf einer Formel mit bestimmten Werten. Der Wert war im Schuljahr 2006/2007 bei der Grundschule 1,218. Im Jahr 2008/2009 ist er 1,233. Im Bereich der Hauptschule lag der Wert im Jahr 2006/2007 bei 1,679. Im Schuljahr 2008/2009 beträgt der Wert 1,737. Das bedeutet 230 Stellen mehr. Damit haben wir eine bessere Lehrerversorgung als in den Vorjahren. Wir haben trotz zurückgegangener Schülerzahlen die Einsparmöglichkeiten nicht realisiert. Im Gegenteil, zwecks Abbaus großer Klassen haben wir in den vor wenigen Wochen verabschiedeten Nachtragshaushalt für 85 Planstellen mehr eingestellt.
Herr Pfaffmann, vielleicht haben Sie, als ich eben von der Budgetformel sprach, nicht zugehört. – Was ich sagte, gilt für den Volksschulbereich. Die Entwicklung ist so verlaufen, obwohl die Schülerzahlen zurückgegangen sind. Umgekehrt ist die Budgetformel nennenswert gestiegen. Wenn Sie da nicht zugehört haben, können Sie es im Protokoll nachlesen.
Wir haben hier also tatsächlich eine Verbesserung auf den Weg gebracht. Herr Sprinkart hat zwar gesagt, er habe von den Verbesserungen nichts gehört; aber vielleicht hat
Mir ist kein einziger Fall bekannt, wo dieses Gerede zu irgendeinem Erfolg geführt hätte. Einen solchen Fall gibt es nicht.
Was Herr Kollege Stahl sagt, hat immer etwas kabarettistische Züge. Ich habe mich gemeldet, weil er zum Besten gegeben hat, man wolle die gerechte Behandlung der Volksschulen für das ganze Land. Herzlichen Glückwunsch für diese enorme politische Willensbildung!
Soll ich Ihnen einmal sagen, wie die Gerechtigkeit à la CSU bei den Volksschulen ausschaut? 1200 Planstellen wurden innerhalb von zwei Jahren bei den Hauptschulen gestrichen. 42 % aller Hauptschulstandorte wurden innerhalb von zwei Jahren zugemacht. Es gab keine Antwort auf den Übertrittsdruck und auf den Attraktivitätsverlust der Hauptschulen innerhalb der letzten Jahre.
Es geht noch weiter. Sie haben 299 einzügige Hauptschulen. Für diese Hauptschulen gibt es keine Bestandsgarantie. Ich behaupte: Nach der Landtagswahl wird auch diesen Schulen der Garaus gemacht.
Ihre eigene Antwort zu unserer Anfrage, Herr Staatssekretär, wie viel zweizügige Schulen ab 2008 einzügig werden, lautete: Es sind 73. Vielleicht haben Sie aber auch 78 gesagt; ich weiß es nicht mehr genau. In derselben Antwort haben Sie angekündigt, dann müsse man Umsprengelungen vornehmen. Wissen Sie, was das heißt? Das ist das Ende des Standorts. Nichts anderes! Aber Sie stellen sich hierher und wollen den Menschen verkünden, dass Sie eine gerechte Behandlung der Volksschulen wollten. Sie behandeln die Volksschulen, sowohl die Grund- als auch die Hauptschulen, wirklich stiefmütterlich. Was Sie tun, ist reden, aber in Wahrheit tun Sie nichts. Das ist Ihr Problem.
Zum Schluss noch zwei Bemerkungen zu den Kombiklassen. Sie reden in letzter Zeit, also drei oder vier Wochen vor Schulschluss, den Menschen vor Ort in Ihren grandiosen Informationsveranstaltungen ein, in zweieinhalb oder drei Monaten werde es Kombiklassen, jahrgangsgemischte Klassen geben. Sie sagen den Leuten, das sei pädagogisch sinnvoll. Aber das ist Volksverdummung – nichts anderes!
Wenn so etwas pädagogisch sinnvoll wäre, dann nur unter der Voraussetzung, dass eine Kombiklasse nicht mehr als 20 Schüler hat und in der Klasse möglicherweise zwei Lehrer eingesetzt werden. Unter dieser Voraussetzung könnte man darüber reden.
Sie machen aber etwas ganz anderes. Sie bilden Kombiklassen, um Lehrer einzusparen. Sie wissen ganz genau, dass eine Kombiklasse zur Einsparung fast eines ganzen Lehrers führt. Das ist Ihr Ziel, nichts anderes. Sie machen keine Kombiklassen aus pädagogischen Gründen, sondern aus Einsparungsgründen. Das ist alles. Aber das ist schäbig. Denn gleichzeitig stellen Sie sich hierhin und
einfach sagen: Ja, das ist problematisch, da müssen wir helfen. Da müssen Sie einen Lehrer hinschicken, damit man diese Kombi-Klasse eben nicht wieder neu zusammenwürfeln muss. Da braucht man – –
Werte Frau Kollegin, strapazieren Sie uns nicht zu stark! Das war eine Zwischenfrage, keine Zwischenintervention.
Liebe Frau Lück, der Vorteil dieser Kombi-Klassen besteht beim sozialen Lernen eben darin, dass die Älteren, die Zweitklassler, den Erstklasslern helfen. Das ist der Vorteil beim sozialen Lernen. Wenn wir diese Kombi-Klassen immer von der ersten bis zur dritten Klasse durchführen, bleiben die Großen immer die Großen und die Kleinen immer die Kleinen. Also, diese Durchmischung hat auch entsprechende Vorteile bei dem sozialen Lernen, das wir angesprochen haben.
(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Eine Zwischenfrage! – Staatssekretär Bernd Sibler: Lieber Herr Dürr, fragen Sie!)
Herr Staatssekretär, Sie haben gerade die pädagogischen Vorteile herausgestellt, deretwegen Sie die jahrgangsübergreifenden Klassen machen. Ich frage Sie: Warum machen Sie das nicht in allen Schulen, in allen Klassen, wenn das pädagogisch so wertvoll ist?
Dann würde ich gern noch wissen, ob in dem Stellenschlüssel, den Sie gerade angesprochen haben, die Lehrkräfte für den Ausbau der Ganztagsschulen und die Lehrkräfte, die ans Gymnasium abgeordnet werden, enthalten sind.
Die Lehrkräfte, die ans Gymnasium abgeordnet werden, sind im Gymnasialbudget oben drauf berücksichtigt. Dafür werden 156 neue Grundschullehrkräfte eingestellt. Das ist arbeitstechnisch alles abgesichert. Das ist klar. In den Budgetformeln, die wir angesprochen haben, ist selbstverständlich alles enthalten.
Die Kombi-Klassen werden dort eingerichtet, wo sie gewünscht werden. Insofern sehe ich da gar keinen Widerspruch.
Frau Lück hat eben dazwischengerufen: Wir reden nicht von Durchschnitten. Herr Stahl hat die Durchschnittszahlen aber angesprochen, die Jahr für Jahr zurückgegangen sind. Es gibt auch Einzelfälle; wir verfügen über die Werte dieser Einzelfälle. Diese Zahlen sind gegenüber den früheren Jahren deutlich rückläufig. Das unterstreicht die These, die ich und der Kollege Stahl gerade angesprochen haben, deutlich.
Zu den jahrgangskombinierten Klassen. Wäre das ein Sparmodell, dann würde es bedeuten, dass wir das Budget, das auf das einzelne Schulamt entfällt, zurückfahren müssten, wenn wir solche Klassen einrichteten. Dies tun wir aber nicht. Diese Stunden der jahrgangskombinierten Klassen bleiben weiterhin bei den Schulämtern erhalten. Sie werden aber entsprechend anders verteilt. Es ist gut, dass das auf der Schulamtsebene gemacht wird, weil man damit schwierigeren pädagogischen Bedingungen an der einen oder anderen Stelle eher gerecht werden kann. Man kann Förderstunden und dergleichen durchführen.
Bei den jahrgangskombinierten Klassen sei mit erwähnt, dass mindestens fünf Differenzierungsstunden hinzukommen. In einigen Fällen werden es deutlich mehr sein. Bezüglich der Qualifizierung der Lehrkräfte haben wir eine ganze Menge auf den Weg gebracht.
Mittlerweile gibt es die Situation, dass die Eltern, wenn die jahrgangskombinierten Klassen eingeführt sind, damit durchaus zufrieden sind. Durch die jeweilige Evaluation können wir sehr gute Ergebnisse erzielen. Im kognitiven Bereich sind sie mindestens gleichwertig, im sozialen Bereich eher besser. Das führt dahin, dass dort, wo es die Kombiklassen gibt, die Eltern eine Fortsetzung wünschen.
Herr Staatssekretär, es blinkt bei mir an drei Stellen wegen Zwischenfragen. Die erste Zwischenfrage möchte Frau Kollegin Lück stellen.
Herr Staatssekretär, wenn Sie zugeben, dass es kritische Einzelfälle gibt, frage ich Sie, wie Sie denen abhelfen wollen. Es gibt Fälle, wo Kombi-Klassen eingerichtet worden sind, die auch akzeptiert wurden, wo die Kinder dann aber wieder getrennt worden sind und sich gerade wieder im Schulverbund fangen, weil es wirklich eine große Schwierigkeit ist, wenn man die Kinder in der ersten Klasse anders zusammensetzt, in der zweiten Klasse anders zusammensetzt und in der dritten Klasse wieder anders durchmischt. Wie wollen Sie dem denn abhelfen, wenn die Kinder, die sich gerade in einem Klassenverbund gefunden haben, wieder neu in eine andere KombiKlasse überführt werden. Hier können Sie doch nicht
bedeuten? Wollen Sie damit sagen, dass Sie mehr Lehrer haben? Die Verteilung, die Sie hier ansprechen, erweckt den Anschein, als würden Sie den Schulämtern 100 Euro geben und ihnen sagen, sie sollen 150 Euro verteilen. Das ist die Wahrheit.
Das ist doch ein Schmarrn hoch drei. Die Schulämter verteilen den Mangel. Der wahre Verantwortliche sitzt im Kultusministerium. Geben Sie den Schulämtern mehr Stellen, dann können die Schulämter auch mehr verteilen.
Zum Zweiten: Jetzt haben Sie hier eine wirklich grandiose Erfolgsmeldung zum Besten gegeben: 85 Planstellen für die Volksschulen! Bravo! Ja, Wahnsinn! Wir haben 3300 Grund- und Hauptschulen, und dafür stellen Sie 85 Planstellen zur Verfügung. Lächerlicher geht’s ja gar nicht mehr, liebe Kolleginnen und Kollegen.